Rumänien Rundbrief von Andreas Merker
Titelbild: Foto von Helgard Gebhardt ©
Titelbild: Foto von Helgard Gebhardt ©

Rumänien-Rundbrief Nr. 28/29 - Sommer 2007 - ISSN 1433-5867

Der Rumänienrundbrief

... will Informationen verschiedenster Art über Rumänien vermitteln. Er wendet sich sowohl an Touristen als auch an andere interessierte Personen. Die Bandbreite reicht von Reisetipps und Informationen über Projekte und Hilfsorganisationen bis hin zu politischen, geschichtlichen und kulturellen Themen. Ein wichtiges Ziel ist die Vernetzung von Initiativen und Einzelpersonen, die sich mit Rumänien beschäftigen. Diesen soll der Rundbrief als Sprachrohr dienen.

Im Rundbrief kann jeder veröffentlichen, Honorar kann jedoch nicht gezahlt werden. Der Rundbrief erscheint zweimal im Jahr. Er wird ehrenamtlich erstellt, die Einnahmen sind für Druck, Papier und Postgebühren.

Abos über 4 Ausgaben kosten 10 Euro, darüber hinausgehende Spenden sind gern gesehen. Mehrfachbesteller zahlen ab 4 Hefte 1,50 Euro pro Heft. Alte Ausgaben gibt es, solange der Vorrat reicht. Leser/innen in Rumänien können den Rundbrief bis auf Widerruf kostenlos beziehen.

Abo-Bestellungen bitte an: Rumänien-Rundbrief, Ludwigstraße 37, D-06110 Halle/S., Fax 0345-1701241, oder per E-Mail: rumaenienrundbrief@web.de.
Texte per Email bitte an: rumaenienrundbrief@web.de oder per Post (Dateien auf Diskette oder CD) an: Jens Welscher, Schopenhauer-str. 27, 99423 Weimar.

Inhalt

Liebe Leserin, lieber Leser

Aktuelles
"Mehr wie zum Leben braucht man nicht."
Rumänien: Chinesische Textilarbeiterinnen streiken
Luiza Borac, Klavier
Rumänien zu Gast im Hohen Haus
Einladung zum Sommerworkcamp in Viscri
Folter in der Strafanstalt Codlea

Berichte aus Rumänien und den Rumäniengruppen:
Copilul e.V. - Spenderbrief 26
Paten des Taubstummenheims Hermannstadt (Rumänien) e.V.
Es läuft wie in jeder normalen Familie ...
Der zweite Besuch bei den Ziegelzigeunern von Horezu Poienari
Ethnische Exklusivität und EU-Integration
Gemeinsam lernen - würdevoll miteinander das Leben gestalten
Neues zu den Patenschaften der Initiative Rumänien e.V. Dresden

Tourismus/Wandern/Reisen
Die Banater Semmeringbahn

Literatur
Der Roman "Andreas Waldhütter" von Viktor Roth als Spiegelbild der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert

Impressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor einigen Tagen bekam ich eine Rückmeldung zur Themenauswahl des Rumänienrundbriefes, in der dem Heft ein "immer noch negativer Tatsch" beschieden wird. "Dabei gibt es doch in Rumänien auch durchaus positive Entwicklungen..." heißt es weiter.

Ich nehme diese Meinung zur Kenntnis, weise aber darauf hin, daß wir nicht oder nur bedingt für die inhaltliche Ausrichtung zuständig sind. Wir sammeln lediglich alle eingehenden Beiträge und veröffentlichen sie in dieser Heft-Form. Es ist auch nicht möglich und vorgesehen, noch Artikel hinzuzusuchen, damit das Heft voll wird oder eine bestimmte inhaltliche Themenbreite abgedeckt wird. Wir können also nur das Material nehmen, was vorliegt. Aussortiert werden lediglich Sachen, die sich in Ton und Stil vergreifen, ansonsten findet in der Regel jeder Beitrag einen Platz.

Wenn es zu Themen und Inhalten Diskussionsbedarf gibt: Ring frei! Aber das beste Statement zu den Inhalten sind immer noch die Beiträge selbst, die jemand schickt. Jeder teilt das mit, was für ihn an Rumänien wichtig und schön ist, und daraus entsteht der Rumänienrundbrief... Kleiner Ausblick: Demnächst wird es wahrscheinlich einen Artikel zu einer sozial-pädagogischen Diplomarbeit geben (Kinder- und Jugendhilfe in Rumänien nach dem EU-Beitritt), außerdem die Vorstellung des Touristikunternehmens Klatschmohn Ecotours. Und diesmal gibt es als Besonderheit einen literarischen Beitrag. Um dem Wunsch des o. g. Lesers nach touristischer Werbung Rechnung zu tragen, weise ich noch auf einige Links hin: www.sibiu2007.ro, www.romaniatravel.com und www.rumaenientourismus.de.
Den offiziellen (und gelungenen) Slogan dazu gebe ich auch gern weiter: "Rumänien - einfach erstaunlich!"

In diesem Sinne viel Spaß beim Lesen wünscht Euch und Ihnen

Jens Welscher

PS: Auch diesmal wieder der bekannte Hinweis zu Veröffentlichungen im Rundbrief: Jeder kann Beiträge zur honorarfreien Veröffentlichung vorschlagen und haftet dabei für Wahrheitsgehalt und die Bestimmungen des Urheberrechts. Ich gehe davon aus, dass mir mit der Zusendung die Erlaubnis zur Veröffentlichung erteilt wird (incl. Veröffentlichung im Internet und Versand per E-Mail). Falls das nicht zutrifft, bitte deutlich kennzeichnen.

"Mehr wie zum Leben braucht man nicht."

Eine Ausstellung über Lebenszeugnisse aus Siebenbürgen

von Martina Müller

"Ich wollte nicht mit - mit meinem Sohn. Ich will hier sterben bei meinem Mann (...) Hier will ich sterben - bei der schönen Burg, am sonnigen Hügel. Hier hab ich meine Lieben, Mann und Tochter (...)" - Dies ist nur eine von vielen Botschaften der Fotoausstellung "Mehr wie zum Leben braucht man nicht", die in den vergangenen Wochen in der Berliner

St. Thomas-Kirche gezeigt wurde.

Eröffnet wurde sie von Gemeindepfarrer Christian Müller. Zeitgleich war auch eine Skulpturenausstellung des Brandenburger Bildhauers Hans-Dieter Schmidt zu besichtigen. Manche Besucher wollten gar beobachtet haben, wie sich die hölzernen Stelen und die Frauen beäugt hätten. Einige Ausstellungsbesucher berichteten auch von einem dadurch induzierten besonders angenehmen Raumgefühl in der Kirche.

Klaus Lückert dokumentierte auf feinfühlige Art und Weise Lebenszeugnisse Siebenbürgens - einem Landstrich im rumänischen Karpatenbogen, dessen Kulturgut Schritt für Schritt unwiederbringlich verloren geht.

Das Ausstellungskonzept von Lebensbildern siebenbürgischer Frauen orientierte sich an der Vorläuferausstellung vom Juli 2006 in der Berliner Marheineke-Markthalle. Erstmals zeigte Lückert nun auch eine größere Zahl von Kinderfotos, die er unter siebenbürgisch-sächsischen Bezeichnungen wie Än dr Bauch, Of dr Goss oder En laufanen Gangen zusammenfasste.

30 Tableaus mit 340 überwiegend kleinformatigen Bildern vermittelten einen persönlichen Eindruck über das Siebenbürgen der Neunziger Jahre. Es waren Portraits und Interviewauszüge von Siebenbürger Sachsen dargestellt - einer Bevölkerungsgruppe, die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zum größten Teil den Weg nach Deutschland zu ihren Vorfahren gesucht hat. Im Mittelpunkt der Ausstellung standen einige jener Frauen, die nach der Revolution 1989 in eine Minderheitenposition geraten sind, weil sie - anstatt ebenfalls auszuwandern - in ihrer siebenbürgischen Heimat geblieben sind.

Besucher/innen, die sich den Gefühlen und Gedanken dieser Frauen nähern wollten, konnten dies nicht nur über die gezeigten Fotos tun, sondern auch über deren Aussagen. Das Interessante: Bild und Wort bildeten eine Einheit! Die Frauenportraits trugen Titel wie Ich vermiss niemanden! oder Die Nerven weinen in der Nacht!. Die Frauen verschaffen sich Gehör; sie erzählen über sich selbst und legen Zeugnis ab über ihre Geschichte und ihre Zerrissenheit zwischen den Welten, die sonst selten eine offene Bühne findet.

Die Exponate (Fotos und Interviewauszüge) basieren auf Dokumentarfilmaufnahmen, die Mitte der 90er Jahre während mehrerer Forschungsaufenthalte in Siebenbürgen entstanden (Kamera: M. Stricker). Es wurde nicht nur unter ethnologischen Gesichtspunkten einmaliges Material über die deutsche Minderheit, ihr kulturelles und soziales Leben recherchiert. In den sächsischen Orten Birthälm, Deutsch-Weißkirch, Fogarasch, Nussbach, Rauthal und Malmkrog entstanden beeindruckende Dokumente aus Bild und Ton.

Klaus Lückert im Gespräch mit Katharina Schuster
Klaus Lückert im Gespräch mit Katharina Schuster
Katharina Schuster (geb. 1901, gest. 1997) aus dem Dorf Nußbach
Katharina Schuster (geb. 1901, gest. 1997) aus dem Dorf Nußbach

 

Den Betrachter/innen wird das Einzigartige der siebenbürgisch-sächsischen Kultur auf vielfältige Weise vermittelt: unterschiedliche Biografien - und nicht zuletzt unterschiedliche Lebensentwürfe aus dem Karpatenstaat, einem Land, das seit der politischen Wende einen vehementen Umbruch erlebt. Interessant erscheint, dass zu uns widerstandsfähige Menschen sprechen, die Krieg und Diktatur relativ unbeschadet überstanden haben. Anstatt sich den Verlockungen der grenzenlosen Freiheit zu ergeben, sind sie der siebenbürgisch-sächsischen Heimat treu geblieben. Im Gegensatz dazu: ihre Landsleute. Die große Mehrheit der noch nicht ausgesiedelten Sachsen verließ kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs Siebenbürgen.

Aber auch die Lebenszeugnisse der Frauen sind endlich. Sind sie möglicherweise einige der letzten, die ihre Geschichten weitergeben können?! Um so mehr sei auf die nächsten Ausstellungsorte von Mehr wie zum Leben braucht man nicht verwiesen:

Treffend verkündet Ana Blandianas Gedicht "Im Dorf, in das ich zurückkehre" die Zerrissenheit vieler beschriebener Frauen zwischen den Welten "Gehen oder Bleiben"; "Aufbruch oder Tradition", die in Lückerts Ausstellung auf vielfältige Weise thematisiert werden:

"Im Dorf, in das ich zurückkehre,
Zermalmen Kuckucksuhren die Zeit,
Und große Stücke vom Schweigen
Liegen zerbrochen auf dem Weg im Staub.
Die Zeiger drehen sich fleißig
Und zeigen stets auf etwas, das unsichtbar ist.
Die Stunden haben längst geschlagen,
Die Zeiger laufen immerfort,
Und ratlos, ab und zu,
Erscheint der Kuckuck und verkündet
Singend den Weltuntergang."

(aus: Ana Blandiana, Was fehlt uns? Gedichte, 1997, Neue Sirene, Heft 7, München)

Wandbemalung in der Nußbacher Evangelischen
Kirche A.B.
Wandbemalung in der Nußbacher Evangelischen Kirche A.B.
En laufanen Gangen (Malmkrog)
"En laufanen Gangen" (Malmkrog)

 

Mögen trotz Abschiedsstimmung vom Kulturgut eines Landstrichs und der Zerrissenheit der Menschen, die dort leben, Optimismus und Lebensfreude Anlass genug sein, die Geschichten der Ausstellung zu studieren, und vielleicht fühlt sich ja durchaus die eine oder der andere unserer Leser nun dazu inspiriert, im Herbst oder Winter einmal ein ganz anderes Ziel als sonst anzusteuern, nämlich Regensburg oder eine der diesjährigen Kulturhauptstädte Europas.

Berlin, im April 2007

Nachtrag: Aktuelle Termine der Ausstellung:
Luxemburg: 1. - 30.9.2007 (Tägl. außer Montag 10-12 & 13-19 Uhr - Eröffnung am 19.9. abends)
Regensburg: 28.9. - 31.10.2007 (Täglich 11-18 Uhr - Eröffnung am 30.9. um 18 Uhr)
Hermannstadt: 4.11. - 15.12.2007 (Täglich 11-17 Uhr - Eröffnung am 4.11. um 12 Uhr)
siehe auch: www.klauslueckert.de

Rumänien: Chinesische Textilarbeiterinnen streiken

aus Direkte Aktion Nr. 180 März/April 2007

Ende Januar traten in einer Textilfabrik von "Wear Company" in Bacau 400 Textilarbeiterinnen in einen Streik für höhere Löhne. Alle Arbeiterinnen stammen aus der VR China, wo rumänische Textilfirmen seit kurzem Arbeitskräfte anheuern, nachdem sie immer weniger einheimische Frauen finden, die die schlecht bezahlten Akkordjobs übernehmen wollen. Die Streikenden fordern eine Verdopplung ihrer Monatslöhne von 270 auf 540 Euro. Außer den in Rumänien üblichen Steuern müssen die Arbeiterinnen den Arbeitsvermittlern aus China eine monatliche Kommission sowie einmalig 3.000 Euro dafür bezahlen, dass sie den Job überhaupt bekommen. Der Geschäftsführer der italienisch-rumänischen Textilfarik, Sorin Niculescu, lehnte bis Redaktionsschluss jedes Zugeständnis ab und behauptete, er sei von den Arbeiterinnen angegriffen worden. Der Streik richtet sich nicht nur gegen die Lohnhöhe, sondern auch gegen die Arbeits- und Lebensbedingungen. Seit die 400 Frauen im letzten Jahr in Rumänien angekommen sind, leben sie fast völlig isoliert.

In einem Interview beklagten sie sich darüber, dass "sie den ganzen Tag hungrig seien". Die Firma habe zwar einen chinesischen Koch eingestellt, das Essen sei aber schlecht und zu wenig. Kurz nach Beginn des Streiks haben sich chinesische Diplomaten eingeschaltet und versucht, die Arbeiterinnen zur Wiederaufnahme der Arbeit zu bewegen. Wir finden es ein gutes Zeichen für uns alle, dass gleich das erste Kontingent chinesischer Kontraktarbeiterinnen in Rumänien versucht, für sich eine deutliche Erhöhung der Löhne und Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen zu erkämpfen. Für die Firmenleitung dürfte das umso unangenehmer sein, als sie für Ende Februar eigentlich die Einstellung von 300 weiteren chinesischen Arbeiterinnen vorgesehen hatte.

Luiza Borac, Klavier

Pressemeldung

Die rumänische Pianistin Luiza Borac, Gewinnerin des BBC Music Magazine Awards 2007 spielt am Freitag, den 9. März, um 19.30 Uhr im Rumänischen Kulturinstitut "Titu Maiorescu" Berlin: Im Programm: W. A. Mozart - Sonaten KV 310 und 331; Violeta Dinescu-Torre di Si; George Enescu (1881-1955) - Carillon nocturne; Fr. Chopin- Etüden op. 10.

Biografie

Von der internationalen Fachpresse als "poetische Künstlerin" (Joachim Kaiser, Süddeutsche Zeitung) und "Virtuosin von erstaunlicher Brillanz" bezeichnet, hat sich Luiza Borac in den letzten Jahren als eine der charismatischsten Künstlerinnen ihrer Generation etabliert.

Sie ist Gewinnerin von über 25 nationalen und internationalen Preisen und Auszeichnungen, darunter die Silbermedaille des Internationalen Klavierwettbewerbs Gina Bachauer in den USA, den Carnegie Hall Debut Preis in New York 2000, 1. Preise beim Mendelssohn-Wettbewerb des Preußischen Kulturbesitzes Berlin und Internationalen Wettbewerb Viotti-Valsesia, Italien 1997, den 1. Preis Prix d'Oslo, den Publikumspreis und den Grieg Interpretationspreis des Concours Grieg Internationaler Klavierwettbewerbs Oslo 2002.

Luiza Borac wurde schlagartig bekannt, als sie 1991 beim Schleswig-Holstein Musik Festival für den erkrankten Svjatoslav Richter einsprang und sich geradezu euphorische Kritiken erspielte. Im gleichen Jahr wurde sie Preisträgerin des Internationalen George Enescu Klavierfestivals und erhielt den Rumänischen Kritiker Preis mit der Auszeichnung "Künstlerin des Jahres".

1995 war sie Preisträgerin der Holland Music Sessions Concert Artists mit mehreren Konzerten im Concertgebouw Amsterdam und Holland.

Sie erhielt 1998 den Henry Havergal Memorial Prize in Glasgow und das Stipendium des Internationalen Richard Wagner Verbands, Bayreuth. Weiterhin war sie Preisträgerin bei den Internationalen Chopin-Klavierwettbewerben in Deutschland und Italien. Die Förderpreise Mozarteum Salzburg, und Tomassoni, Köln, Stipendien der Chopin Gesellschaft Hannover und der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn sowie weitere Preise bei internationalen Klavierwettbewerben Senigallia, Italien und Maria Canals, Spanien, vervollständigen die Liste ihrer Auszeichnungen.

Ihr internationaler Konzertkalender umfasst Klavierabende im Concertgebouw Amsterdam, Steinway Hall London und New York, NDR Hamburg, Kölner Philharmonie, Puccini Saal Mailand, Palais Pallfy Wien, Athenaeum Bukarest so wie zahlreiche CD-, Funk- und Fernsehensproduktionen europaweit und in den USA. Luiza Borac gastiert bei zahlreichen internationalen Festivals wie dem Prokofjew Festival im Barbican Centre London, Aldeburgh Festival, Grieg Festival Oslo, den Chopin Festivals Wien und Mailand, dem Pontino Festival, Schleswig-Holstein Musik Festival u.a.

Zu den Orchestern, mit denen Luiza Borac als Solistin spielte, gehören das Netherlands Philharmonic Orchestra Amsterdam, die Philharmonie der Nationen unter Justus Frantz, das Radio Orchester Bukarest, das WDR Orchester Köln oder das Utah Symphony Orchestra.

1999 begeisterte sie open air 10 000 Zuhörer mit ihrer Interpretation von Chopins und Liszts Klavierkonzerten.

In Rumänien geboren, wurde sie an der Enescu Musikschule für hoch begabte Kinder und an der Musikakademie in Bukarest sowie an der Hochschule für Musik und Theater Hannover bei Karl-Heinz Kämmerling und der Comer See Klavierstiftung Italien ausgebildet.

Weitere Kurse bei Murray Perahia, Radu Lupu, Karl-Ulrich Schnabel, Leon Fleisher, Fou Ts'ong, Noretta Conci.

Luiza Boracs CD Einspielung für AVIE Records der Klaviersuiten von George Enescu, erhielt große internationale Annerkennung ('excellent playing' Gramophone, 'formidable interpreter' San Francisco Chronicle, 'best performance' BBC Music Magazine) und wurde durch das führende Fachblatt Fono Forum mit der höchsten Wertung von fünf Sternen sowie mit dem "Stern des Monats" ausgezeichnet. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen zeichnete ihr Enescu Projekt mit dem Dorothea-Erxleben Stipendium aus.

2005 erschien ihre nächste CD Einspielung für Avie, Wanderer mit Werken von Schubert und Liszt, die ebenfalls großes Lob erntete ('impressive mastery, pianist of enviable professionalism' Gramophone, 'sicheren Gespür für Spannung und Entspannung' Fono Forum, 'mercurial readings and prismatic colours' Fanfare).

Mit ihrer nächsten Doppel CD set - George Enescu Vol. 2 - vervollständigte Luiza Borac 2006 die Einspielung des gesamten Klavierwerkes von George Enescu, weltweit die einzige Aufnahme in dieser Form. Die CD ('spectacularly played and recorded' Los Angeles Times) wurde in März 2006 als Cover Story für die führende Klassik CD Zeitschrift Fanfare, USA ausgewählt, und gewann Anfang März 2007 den prestigeträchtigen BBC Music Magazine Awards.

Im Dezember 2006 spielte Luiza Borac ein Konzert auf Einladung des rumänischen Präsidenten in seine Palastresidenz Cotroceni.

Rumänien zu Gast im Hohen Haus

Barbara Prammer eröffnet Ausstellung über Kulturhauptstadt Sibiu

Parlamentskorrespondenz/08/30.11.2006/Nr. 886

(aus www.parlament.gv.at)

Wien (PK) - Der bevorstehende EU-Beitritt Rumäniens sowie der Status von Sibiu/Hermannstadt als europäische Kulturhauptstadt 2007 boten heute den Anlass für eine festliche Veranstaltung im Parlament, bei der Rumänien einem interessierten Publikum als neuer europäischer Partner vorgestellt wurde. Eine Fotoausstellung in der Säulenhalle widmet sich dabei der Kulturhauptstadt Sibiu/Hermannstadt und seiner bis ins zwölfte Jahrhundert zurückreichenden Geschichte.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die unter den zahlreichen prominenten Gästen den Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses Caspar Einem und den ehemaligen Präsidenten des Bundesrates Herbert Schambeck sowie Abgeordnete aus dem Kreis des Nationalrates und des Bundesrates willkommen hieß, erinnerte in ihren Begrüßungsworten an die Präsenz der Rumänen im multi-ethnischen Parlament der Habsburger Monarchie und an die gemeinsame Vergangenheit Österreichs und Rumäniens. Vom bevorstehenden Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union erwartete sich die Nationalratspräsidentin eine neue Qualität des Miteinanders, wobei sie auch von der strategisch wichtigen Rolle innerhalb der EU als Verbindung nach Südosteuropa sowie als Teil der östlichen Außengrenze der Union sprach, die Rumänien ab Jänner 2007 zukommt.

In seiner Festrede sprach der rumänische Außenminister Mihai-Răzvan Ungureanu Österreich seine Dankbarkeit für die Unterstützung des EU-Beitrittes aus und betonte, Wien sei ein vertrauensvoller Partner auf dem Weg Rumäniens in die Union gewesen. Die letzten Jahre haben Österreich und Rumänien so nahe gebracht wie noch nie zuvor. Ungureanu unterstrich in diesem Zusammenhang vor allem die wirtschaftliche Kooperation, aber auch die Zusammenarbeit im Rahmen des Donauraumes und der Zentraleuropäischen Initiative.

Den 1. Jänner 2007 bezeichnete der Außenminister als historischen Meilenstein sowohl für Rumänien als auch für die EU. Rumänien habe sich die Werte und Ziele der Union angeeignet und werde sämtliche Verpflichtungen erfüllen und damit einen positiven Beitrag zur Entwicklung der EU leisten, versicherte er. Sein Land werde auch ein entschlossener Befürworter der Fortsetzung der Erweiterung sein. Um die Funktionsfähigkeit der EU zu erhalten, müsse jede Erweiterung aber gut vorbereitet sein, stellte Ungureanu klar. Zu den Prioritäten Rumäniens zählte er neben dem Westbalkan vor allem den Schwarzmeerraum, der, wie er mit Nachdruck betonte, eine Zone der Stabilität, der Sicherheit, des Wohlstandes und der Demokratie werden müsse. Überdies gehe es Rumänien als EU-Mitglied aber auch darum, Moldawien näher an die Union heranzuführen. Die europäische Perspektive sei für Chisinau ebenso wichtig wie für Pristina, Belgrad oder Sarajevo, meinte Ungureanu.

Michael Metzeltin, Professor für Romanistik an der Universität Wien, präsentierte eine umfassende Enzyklopädie mit dem Titel "Rumänien" (LIT Verlag, 49,90 Euro), die er gemeinsam mit Professor Thede Kahl und Außenminister Mihai-Răzvan Ungureanu herausgegeben hat. Diese Publikation beleuchtet, wie er erläuterte, Raum und Bevölkerung, Geschichte und Geschichtsbilder, Kultur, Gesellschaft und Politik, Wirtschaft, Recht und Verfassung sowie historische Regionen und stellt damit eine Premiere im deutschsprachigen Raum dar. Dieses Sammelwerk könne als eine der vollständigsten Bestandaufnahmen über das Phänomen Rumänien dazu beitragen, das weiten Kreisen nach wie vor unbekannte Land in Südosteuropa der westlichen Öffentlichkeit näher zu bringen, meinte Metzeltin. Er bezeichnet Rumänien im Übrigen als Brückenland, in dem sich die Latinität mit der Orthodoxie und das Barock mit den byzantinischen Kunstformen verbinde. Durch den EU-Beitritt werde sich Rumänien nun zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Drehscheibe entwickeln, erwartete Metzeltin.

Karl-Zeno Pinter, Unterstaatssekretär im Department für interethnische Beziehungen der Regierung von Rumänien, hob in seinem Referat den Beitrag der Sachsen zur Entwicklung Siebenbürgens und Rumäniens hervor. Er drückte seine Hoffnung aus, dass die deutsche Minderheit, die derzeit 60 000 Menschen zählt, durch den EU-Beitritt ihren Platz in dem neuen Europa der Minderheiten findet.

Martin Bottesch, Präsident des Kreisrates Sibiu präsentierte schließlich das Projekt "Sibiu/Hermannstadt, europäische Kulturhauptstadt 2007". Sibiu sei nicht nur eine Stadt mit Kultur, sondern auch eine Stadt der Kulturen, in der sich verschiedene Sprachen und Konfessionen seit langem schon begegnen und bis heute entfalten, betonte er.

Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie - etwas zeitverzögert - auf der Website des Parlaments im Fotoalbum: www.parlament.gv.at

Einladung zum Sommerworkcamp in Viscri

Sommerworkcamp in Viscri
Sommerworkcamp in Viscri

 

Liebe Rumänienneugierige, Viscrifreunde und -freundinnen, Sockenliebhaber und -liebhaberinnen,

wir, der Vorstand von Gemeinsam mit Viscri e.V., laden ein zum Sommerworkcamp nach Viscri/Deutschweißkirch. Wer endlich einmal den Ort des Geschehens, die Wiege der Viscri-Socken kennenlernen möchte, sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Das Kennenlernen soll nicht nur ein Besuch werden, sondern ein workcamp. Zu DDR-Zeiten hieß sowas "Lager für Arbeit und Erholung", heute würde man in den Namen bestimmt etwas mit "Wellness" oder "Aktiv-Urlaub" einflechten. Das Prinzip bleibt aber gleich: Urlaub mit Arbeitsaufgabe, und zwar in der bekannten Reihenfolge "erst die Arbeit und dann das Vergnügen".

Die Arbeit ... wird an der Spinnerei stattfinden.  Geplant ist die Errichtung einer Wollwaschanlage mit Überdachung und der Bau von Trockengestellen für die Wolle. Außerdem wollen wir bei Reparaturen und Instandsetzungsarbeiten an anderen Häusern im Dorf mithelfen. Es ist also handwerkliches Können gefragt, vor allem aber Begeisterung und Improvisationskunst. Ein wichtiges Ziel ist die Überschaubarkeit. Die Arbeiten sind so ausgewählt, dass sie in der zur Verfügung stehenden Zeit zu bewältigen sind.

Das Vergnügen ... wird mindestens Spinnen und Sockenstricken beinhalten, dazu natürlich das Kennenlernen aller Sozialprojekte im Dorf. Aber es ist natürlich noch viel mehr möglich. In Viscri gibt es bekanntlich eine weltberühmte Kirchenburg. Und sollte diese nicht genügen, kann man noch viele andere Kirchenburgen besuchen. Um Viscri herum lässt sich vortrefflich über die Hügel wandern. Das hat zu jeder Jahreszeit einen eigenen Reiz, so auch zur Hochsommer- und Erntezeit. In Reps/Rupea (der nächstgelegenen Stadt) ist jeden Freitag Markttag, auch das sollte man in Rumänien erlebt haben. In Sighisoara/Schäßburg kann man auf den Spuren von Vlad Ţepes ("Dracula") wandeln und in Brasov/Kronstadt auf den Spuren von Peter Maffay. Pflichtprogramm ist natürlich die europäische Kulturstadt 2007: Sibiu/Hermannstadt.

Der Termin: Abfahrt: Samstag, 4. August 2007, Rückankunft: Sonntag, 19. August 2007.

Die Fahrt ... wird mit Autos stattfinden. Das ist noch immer billiger als eine Bahnfahrt. Mit Auto lassen sich Materialien mitnehmen, außerdem können wir Viscri besser erreichen und sind vor Ort flexibler. Hin- und Rückfahrt müssen jeweils in 2 Teile (mit Zwischenübernachtung) geteilt werden, denn 1500 km am Stück sind selbstverständlich nicht zu schaffen. Wir freuen uns also besonders über Leute, die ein Auto haben und dieses auch zur Verfügung stellen.

Die Kosten ... belaufen sich auf ca. 300 Euro. Grundsätzlich sollten alle versuchen, für ihre Kosten (Fahrt, Unterkunft und Verpflegung) selber aufzukommen. Wir als Verein werden uns jedoch bemühen, Kosten zu übernehmen, falls dies im Einzelfall nicht möglich ist. Art und Höhe der zu übernehmenden Kosten ist in Absprache individuell festzulegen.

Die Anmeldung ... kann erfolgen bei:

Jens Welscher, Schopenhauerstraße 27,

99423 Weimar, Telefon 03643-772261, jenswelscher@yahoo.de.

Wir bitten um folgende Angaben: Name + Adresse / Personenzahl / mit oder ohne Auto / besondere handwerkliche Fähigkeiten und Kenntnisse.

Wichtig ist außerdem der Rückmeldetermin:

18. Juni 2007.

Folter in der Strafanstalt Codlea

Quelle: www.depeschedondemidoff.com (gekürzt)

Pater Don Demidoff bekommt Anzeigen von immer mehr Inhaftierten. In Codlea folgen den Folterungen Drohungen. Den von Pater Don Demidoff unternommenen Massnahmen zur Beendigung der Folteraktionen in der Strafanstalt Codlea folgten ungewöhnliche Reaktionen der Verwaltung der Strafanstalt. Die Inhaftierten, welche mit Pater Don Demidoff in Verbindung geblieben sind, werden in letzter Zeit schlechter als vorher behandelt.

Eines der letzten Beispiele ist dasjenige eines Inhaftierten, welcher, obwohl er auf Bewährung freigelassen werden sollte, von der Verwaltung "unterstützt" worden ist, sich noch mehrere Monate in der Strafanstalt aufzuhalten. Zufällig oder nicht, war dieser Inhaftierte einer derjenigen, welche in der Vergangenheit einen umfangreichen Briefwechsel mit Pater Don Demidoff führten.

Die Signale, welche ich von den Insassen aus Codlea empfange, beunruhigen mich. Der betreffende Inhaftierte hat eine längere Strafe erhalten, nur weil er auf die dortigen Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht hat. So geht es nicht mehr weiter. Die Folterungen dort müssen sofort gestoppt werden und die Insassen müssen wie Menschen behandelt werden, sagt Pater Don Demidoff.

Pater Don Demidoff hat einige Fragebögen an die Inhaftierten ausgeteilt um zu erfahren, welches die Sachlage in dieser Strafanstalt ist. Der Fragebogen folgt mehreren Briefen seitens der Verwaltung der Strafanstalt, welche Pater Don Demidoff versicherten, dass sich die Bedingungen in der Strafanstalt Codlea gebessert haben. Aus den Ergebnissen des Fragebogens geht aber so etwas nicht hervor. Laut den Aussagen der Insassen, die diese Fragebögen ausgefüllt haben, sind die Bedingungen weiterhin schlecht und alle erwähnen die Folter und die Schlägereien, denen sie ausgesetzt sind.

Die Gefängnisleitung erwähnt die Folter nicht

Pater Don Demidoffs unzählige Benachrichtigungen betreffend der Situation in Codlea haben letztendlich zu einer Reaktion des Staatsanwaltes Alexandru Serban, Generaldirektor der Nationalverwaltung der Strafanstalten, geführt. In einer Antwort auf ein Schreiben des Paters  erwähnt Serban seine Bereitschaft ein neues Protokoll mit der Liga für Moralische Wiedergeburt, deren Vorsitzender und Gründer Pater Don Demidoff ist, zu unterzeichnen, damit der Pater die religiöse Betreuung der Inhaftierten in Codlea sichern kann. In seiner Antwort aber vermeidet Serban elegant jegliche Bezugnahme auf das Hauptelement der vom Pater angezeigten Probleme: die Folter, der die Inhaftierten ausgesetzt sind. Durch mehrere Eingaben haben Sie ihren Standpunkt (...) gegenüber den Haftbedingungen im System der Strafanstalten und der moralischen und beruflichen Rechtschaffenheit der Leitung der Strafanstalt Codlea geäussert, aber diese gaben auch Übertretungen der Rechte der Inhaftierten als auch strafbare Taten an. (...) Die in den Eingaben angegebenen Aspekte haben sich nicht bestätigt, ist der einzige undeutliche Bezug Serbans auf die von Pater Don Demidoff erwähnten Folterungen.

Pater Don Demidoff verfolgt sein Vorhaben weiter

Das ständige Schweigen der Behörden bezüglich des Folterverdachts in der Strafanstalt Codlea entmutigen den Pater aber nicht. Dieser ist fest entschlossen die legalen Maßnahmen fortzusetzen und die zuständigen Behörden zu benachrichtigen, zu untersuchen und danach die notwendigen Schritte einzuleiten um jegliche unmenschliche Behandlung, der die Insassen ausgesetzt sind, zu beenden.

Da die rumänischen Parlamentarier, das Justizministerium und die Nationalverwaltung der Strafanstalten Pater Don Demidoffs wiederholte Anklagen bezüglich der Situation in Codlea völlig ignoriert haben, hat der Pater beschlossen, die Untersuchungsorgane zu verständigen und er hat sich mit den Staatsanwälten der Staatsanwaltschaft Brasov getroffen.

Berichte auch aus anderen Strafanstalten

Es scheint, dass die Situation in Codlea keine Ausnahme ist. Andere Inhaftierte aus dem Land haben von dem Vorhaben des Paters erfahren und haben ihm in ihren Briefen die eigene Situation geschildert. So ein Beispiel ist dasjenige eines Inhaftierten aus Arad, der in einem langen Brief die unmenschlichen Bedingungen, unter denen die Insassen leben, die Tatsache, dass die Agenten oftmals die Inhaftierten verprügeln, manchmal sogar maskiert um nicht erkannt zu werden, beschrieben hat.

Pater Don Demidoff ist es gelungen, die Klagen der Inhaftierten vor die Ermittlungsbehörden zu bringen

Die Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Brasov haben begonnen, die von Pater Don Demidoff angezeigten Gesetzesübertretungen in der Strafanstalt Codlea zu untersuchen. Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, prüft diesen Fall auch.

Ich habe den Staatsanwälten in Brasov alle Dokumente in dieser Sache , die ich gesammelt habe, vorgelegt. Es sind einige Bände Akten, die meine Anklagen gegen die Folter in Codlea beweisen. Ich habe hier auch einen Teil der ca. 300 Briefe die ich von den Inhaftierten bekommen habe, hinzugefügt. In diesen Briefen schildern die Inhaftierten die unmenschlichen Zustände, das Fehlen der ärztlichen Sorge und besonders die Folterungen, denen sie in der schon berühmten Sektion V ausgesetzt sind. Jemand muss diese Dinge untersuchen und ich freue mich dass die Staatsanwälte aus Brasov damit begonnen haben, so Pater Don Demidoff.

In den vom Pater den Staatsanwälten vorgelegten Briefe, sind die Namen der Inhaftierten, die die Folter beklagen, ausgelöscht, um diese von weiteren "Behandlungen" zu schonen. Ich bin bereit den Staatsanwälten die Namen dieser Inhaftierten bekannt zu machen, aber erst im Moment in dem ich die Gewissheit habe, dass die Untersuchungen seriös sind. Alle müssen wissen, dass das was in Codlea passiert, keine Kleinigkeit ist. Es ist sehr ernst. In einer Demokratie ist der Freiheitsentzug die maximale Strafe, nicht aber auch die Folterung und die unmenschlichen Bedingungen in Codlea, sagt Pater Don Demidoff.

Reaktionen der Europäischen Kommission

In sehr kurzer Zeit hat Pater Don Demidoff auch eine Reaktion seitens des Präsidenten der Europäischen Kommissionen, José Manuel Barroso, erhalten. In der Antwort durch Barrosos Kabinett, erklären die Vertreter der Europäischen Kommission dass sie sich vorläufig nicht in den von Pater Don Demidoff angegebenen Fall involvieren, erst müssen alle gerichtlichen Wege in Rumänien erschöpft sein, und wenn es in Rumänien nicht gelingt diese Situation zu lösen, kann man sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wenden. Doch sehr wichtig ist die Erklärung der Vertreter der Europäischen Union, dass sie die Entwicklung dieser Situation sehr aufmerksam verfolgen.

Die Beichten in der Strafanstalt

Im letzten Jahr hat Pater Don Demidoff die religiöse Betreuung der Inhaftierten in Codlea auf der Grundlage eines Protokolls mit der Verwaltung der Strafanstalt übernommen. Aufgrund seiner Kritiken der Zustände wurde der Pater gezwungen, die Zusammenarbeit mit der Verwaltung der Strafanstalt zu unterbrechen. Ich mache mich nicht mitschuldig mit Menschen die foltern, erklärt Pater Don Demidoff. In der Folge der Auflösung des Protokolls haben die Inhaftierten hunderte Briefe verfasst, in denen sie verlangen, dass der Pater zu seiner Tätigkeit zurückkehren soll. Danach wurde es den Inhaftierten verboten dem Pater weitere Briefe zu schreiben.

In Codlea ist ein Inhaftierter gestorben

Ein 33jähriger Inhaftierter ist in dieser Woche in der Hochsicherheitsstrafanstalt Codlea unter ungeklärten Umständen gestorben. Der Tod des Inhaftierten trat ein, obwohl Pater Don Demidoff seit über einem halben Jahr unzählige Klagen und Informationen bezüglich der in der Strafanstalt ausgeübten Folter und der unmenschlichen Lebensbedingungen, die dort herrschen, veröffentlicht hat.

Zufälligerweise war Sorin Crivat, der junge 33jährige Mann, der in Codlea gestorben ist, auch ehemaliger Sicherheitsdirektor der APAPS. Laut der Zentralmedien, soll der Vater von Sorin Crivat behauptet haben, dass sein Sohn während der Dauer seiner Haft in Codlea mehrmals bedroht worden ist. Ausserdem sind auch die Bedingungen, unter denen der junge Mann gestorben ist, unklar. Die Vertreter der Strafanstalt haben eine Pressemitteilung veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Sorin Crivat erst nachdem er in das Nothilfespital geschickt worden war, in Ohnmacht gefallen sei. Die Rechtsanwälte des jungen Mannes haben aber gestern den Medien erklärt, dass der Arzt und die Krankenschwester behaupten, der Häftling solle tot befördert sein worden. Das gerichtsärztliche Vorattest zeigt, dass Sorin Crivat wegen eines Herz-Atemstillstands gestorben sei. Die Gerichtsmediziner werden die Endergebnisse erst in drei Wochen bekannt geben.

Copilul e.V.

Hilfe für notleidende Kinder in Fagaras/Rumänien

Ahrensburger Redder 21, D-22926 Ahrensburg

Tel.: 0 41 02 - 6 33 46

Spendenkonto: Sparkasse Stormarn,

BLZ 230 516 10, Kto.-Nr. 900 33 293;

E-Mail: info@copilul.de; www.copilul.de

Spenderbrief Nr. 26

Dezember 2006

In einer Meditationsanleitung1 heißt es: "Verbreite Segen, wohin Du auch gehst. ... Eine gute Tat macht oft die Runde um die ganze Welt, wenn sie nur von Mensch zu Mensch weitergereicht wird."

Naiv? Vielleicht. Aber es ist einmal eine andere als die gängige Vorstellung von Globalisierung - und vielleicht für manch einen unserer Spender Motivation, immer wieder eine gute Tat zu tun und damit Segen zu verbreiten. Und als Segen werden unsere Hilfen von den Empfängern in Fogarasch/Rumänien empfunden. So zum Beispiel drückt es die Leiterin der dortigen Sonderschule, Frau Doina Comsa aus: "Wir haben Säcke mit Kleidern bekommen. Es waren sehr gute und schöne Sachen. Jedes Kind ist mit mehreren Kleidern nach Hause gegangen. Im Namen der Kinder danken wir Ihnen..."2 Und eine Lehrerin der Grundschule des Nachbardorfes Schirkanyen, Frau Anna Mago, schreibt über eine von uns bezahlte Schüler-Freizeit von 21 Erst- bis Viertklässlern: "... Noch einmal vielen, vielen Dank für diese schöne Zeit!" Und über eine Lieferung gebrauchter Stühle, Hocker und Wandtafeln (gestiftet von der Heimgartenschule Ahrensburg, der Wöhrendammschule und der Grundschule im Schulzentrum Großhansdorf): " ... Die sind super! ... Wir wünschen Ihnen alles Gute, Gott segne Sie und alle, die uns helfen und geholfen haben."3

Diesen Dank und diese Segenswünsche müssen und möchten wir hiermit weitergeben an unsere Spender. Denn wir können ja nur weitergeben, was man uns als Spende gibt ...!

Das Jahr 2006 ist für unseren Verein bisher ein wenig turbulent verlaufen. Zunächst hat uns die in Rumänien grassierende Vogelgrippe und eine komplette Quarantäne für Fogarasch und den Landkreis Kronstadt/Brasov einen Strich durch unsere Maifahrt gemacht.

Aber dann haben wir "aus der Not eine Tugend gemacht" und anstelle der ausgefallenen Maifahrt gleich zwei "Ersatzfahrten" organisiert - wieder einmal mit Hilfe von Testfahrzeugen von AUTO-BILD:

Umfassend von dieser letzten Fahrt zu berichten würde Seiten füllen (solche ausführlichen Berichte gibt es jeweils nach jeder Fahrt in einer erweiterten Vorstandssitzung, Termin stets im Internet unter www.copilul.de). Hier stellvertretend nur ein Streiflicht:

Da sich in Rumänien die Kindernot zunehmend verlagert von den Institutionen (z.B. Heimen) in die Familien, war ein Schwerpunkt der Reise ein Besuch in unseren Patenfamilien. Unsere zweite Vorsitzende, Beate N., hat alle Patenfamilien besucht. Unter anderen auch eine Familie in einem der Abrisshäuser im ehemaligen Chemie-Kombinat. Schon das Treppenhaus abweisend, übelriechend, dunkel. Die Stufen aus rohem Beton, ohne Geländer. Statt Fenstern leere Mauerhöhlen. In den Stockwerken rechts und links vom Treppenhaus lange unbeleuchtete Gänge mit Türen zu den Einraumwohnungen ohne Heizung, Wasser, Bad oder Küche. "Gemeinschaftsküche" und die "Gemeinschaftstoilette" abstoßend, schmutzstarrend, selbst bei allerbescheidensten Ansprüchen unbrauchbar. In der Wohnung drangvolle Enge, ein Kanonenofen mit Ofenrohr aus dem vernagelten Fenster dient zugleich als Herd und Heizung ... Wenn wir einer Familie mit mehreren Kindern in einer solchen Situation einen dreiflammigen Campingkocher samt zwei Gasflaschen schenken, kostet uns das wenige Euros - und löst doch bei ihnen eine solche Freude und Dankesbezeigungen aus, als sei Weihnachten, Ostern und Pfingsten auf einen Tag gefallen.

Und: In Rumänien ist jeder Euro das zwei- bis dreifache wert. So können wir schon mit kleinen Summen Großes bewirken.

Um nicht nur auf Spenden angewiesen zu sein, lassen sich vor allem die Frauen in unserem Verein immer Neues einfallen. So haben sie aus gefärbten Bettlaken Einkaufstaschen in den

rumänischen Nationalfarben genäht, mit unserem Logo bedruckt und mit Überraschungen gefüllt und dann als Wundertüten verkauft. Sie haben auch Puppen mit selbstgefertigten Puppenkleidern ausstaffiert und auf vier Basaren (in den letzten drei Wochen!!) an den Mann (oder genauer: an Großeltern, Eltern und Kinder) gebracht. Allen sei hiermit herzlich gedankt!

Trotzdem sind wir für unsere langfristigen Verpflichtungen weiterhin auf Ihre Spenden angewiesen. Sicher sind Ihre und unsere "guten Taten" nicht der Ausweg aus der Globalisierungsfalle, aber sie geben uns die Möglichkeit, nicht tatenlos zuzusehen, sondern wenigstens etwas zu tun!

Ich wünsche Ihnen eine erfüllte Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr,

Ihr Achim Keßler-Binder

1 Das "24-Stunden-Buch" der AA, Meditation zum 27. Juni

2 E-Mail vom 11.11.2006

3 E-Mail vom 14.11.2006

P.S.: 1.) Die Daueraufträge müssen bitte im Laufe von 2007 auf die Sparkasse Holstein umgestellt werden!!

2.) Mehrere Hilfsorganisationen für Nord- und Osteuropa haben aus unterschiedlichen Gründen ihre Hilfen mit Secondhand-Kleidung eingestellt. Seither landen alle diese Kleiderspenden bei uns. Dadurch sind wir inzwischen überfordert: Wir mussten in 2006 drei zusätzliche Transporte organisieren und bezahlen. Dadurch fehlt uns dann das Geld für Wichtigeres. Wir

bitten daher um Verständnis: Bitte nicht mehr offensiv werben für Kleiderspenden - und, wo möglich und sinnvoll, Ihre eigenen Spenden ruhig anderweitig an Bedürftige weitergeben. (A. K.-B.)

Paten des Taubstummenheims Hermannstadt (Rumänien) e.V.

Am Mühlenseifen 19, 57072 Siegen

Tel. 02 71 - 4 38 20, Fax 02 71 - 48 45 14

Spendenkonto: Volksbank im Siegerland

BLZ: 460 600 40, Konto: 851 208 601

Jahresbericht 2006

Liebe Mitglieder, Spender und Förderer,

eisige Kälte und der erste Schnee, der sich über die Dächer gelegt hatte - so erlebte unsere Vorsitzende Antje Schmidt-Classen ihren Aufenthalt in Hermannstadt, von dem sie in diesen Tagen mit vielen neuen Eindrücken zurückkehrte. Den erfreulichsten Eindruck hinterließ dabei der tadellose Zustand des Taubstummenheims, sicherlich auch ein Ergebnis unserer ständigen Bemühungen, ein Bewusstsein für Ordnung, Sauberkeit und damit für eine angenehme Wohnatmosphäre zu schaffen.

Unbeeindruckt von solch wohlwollenden Ratschlägen zeigt sich freilich die Bausubstanz des Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert. Längst überfällig war darum die Renovierung der Dusch- und Waschräume, die jetzt abgeschlossen werden konnte. Im Zuge dieser Maßnahme wurde auch ein neuer Heizkessel installiert. Darüber hinaus erhielt das Dach des Hauses eine neue Ziegeleindeckung, für die der Kreisrat erfreulicherweise die Finanzierung übernahm. Für die Anschaffung neuer Bettdecken und Kopfkissen für die 130 Mädchen und Jungen des Heimes rechtzeitig zum Beginn der kalten Jahreszeit zeichnet wiederum der Patenverein verantwortlich. Er sorgte auch dafür, dass eine drei Paletten umfassende Spende mit Bastelmaterial auf die Reise von Siegen ins Taubstummenheim ging. Dort geht inzwischen eine neu eingestellte Kunstpädagogin sehr ideenreich zu Werke und weckt die Kreativität der Mädchen und Jungen. Momentan gestalten sie einen Jahreskalender mit Hermannstädter Motiven. Der Kalender soll zu Beginn des kommenden Jahres erscheinen. Dann darf sich Hermannstadt für ein Jahr "Kulturhauptstadt Europas" nennen.

Wenn auch die Infrastruktur des Heimes inzwischen sehr verbessert werden konnte, ist die Verpflegung der Bewohner noch immer nicht zufrieden stellend. Und so haben wir auch in diesem Jahr einen Großteil Ihrer Spenden für den Kauf von Lebensmitteln verwendet. Dadurch stehen regelmäßig Obst, Joghurt, Honig und auch Schweinefleisch auf dem Essensplan. Zusätzlich kommen die Paten im Winter für die Kosten einer Vitamin-Kur zur Stärkung des Immunsystems auf.

Problematisch gestaltet sich auch nach wie vor die Situation der jungen Heimbewohner am Wochenende. Die beengten Verhältnisse im Heim und ein fehlendes Freizeitprogramm sorgen für Tristesse und Langeweile unter den 130 Mädchen und Jungen, die inzwischen aus ganz Rumänien kommen, um hier optimale Lehr- und Lernbedingungen vorzufinden. Zur Verbesserung dieser Situation wollen wir den Schwerpunkt unserer Arbeit im kommenden Jahr auf den Ausbau unseres Garten- und Freizeitgeländes in Sadu, einem Dorf vor den Toren Hermannstadts, legen. Durch die notwendige Verlegung einer zwei Kilometer langen Leitung ist die Wasserversorgung auf dem Grundstück inzwischen sichergestellt. Ein Stromanschluss ist ebenfalls vorhanden. Damit sind die Voraussetzungen für den Bau einer Hütte mit Übernachtungsmöglichkeiten und Aufenthalt bei schlechtem Wetter gegeben. Die Lehrer haben bereits viele Ideen entwickelt, um gemeinsam mit Eltern ein attraktives Sozialprogramm für die Heimbewohner zusammenzustellen.

Bereits erfolgreich angelaufen ist die Zusammenarbeit mit der Universität Hermannstadt. Die Fachbereiche Sonderpädagogik und Informatik bilden in den Räumen der von uns errichteten Behindertenwerkstatt inzwischen angehende Sonderpädagogen aus, die sich gemeinsam mit ihren Dozenten der Kinder annehmen.

Wenn eben von der künftigen Kulturhauptstadt Hermannstadt berichtet wurde, so dürfen jedoch diejenigen nicht vergessen werden, die in den Seitengassen und Hinterhöfen der wieder erblühenden Metropole Siebenbürgens ihr kümmerliches Dasein fristen. Notleidende Familien, Alte, Kranke: Sie können dem Beitritt Rumäniens in die EU im nächsten Jahr keine positiven Seiten abgewinnen. Sie leben den täglichen Kampf ums Überleben. Und käme unser Repräsentant, Herr Dipl.-Ing. Nicu Zaharie, nicht in regelmäßigen Abständen, um ein Lebensmittelpaket oder dringend benötigte Medikamente zu bringen, hätte manch einer von ihnen seinen Lebensmut längst verloren. Etwa 50 Familien und Einzelpersonen erfahren so unsere Hilfe. Ein finanzieller Zuschuss zu den explosionsartig gestiegenen Energiekosten oder zum Arztbesuch lindert dort außerdem die größte finanzielle Not. Seit nunmehr 16 Jahren, liebe Mitglieder, Spender und Förderer, sind die Paten in Rumänien aktiv. Dies haben Sie mit Ihrer Unterstützung ermöglicht. Im Namen aller, denen Ihre Hilfe bisher zuteil wurde, sagen wir ganz herzlich Dankeschön. Ihnen und Ihren Familien wünschen wir eine friedvolle Adventszeit, ein frohes Weihnachtsfest sowie viel Zufriedenheit und Gesundheit im Jahr 2006.

Für den Vorstand

Dr. Thomas Kleber

Schriftwart

Es läuft wie in jeder normalen Familie ...

Ein Haus Für Morgen

Rumänien Arbeitsgruppe Hemmingen e.V.

Sitz: Ev.- luth. St. Vitus-Gemeinde Wilkenburg-Harkenbleck

Kirchstr. 18, 30966 Hemmingen

Tel. 0511/4108778, Fax. 0511/425121, www.ragh.de

Schirmherr: Claus-Dieter Schacht-Gaida, Bürgermeister von Hemmingen

Spendenkonto des Vereins: Konto-Nr. 150 120 99, Kreissparkasse Hannover, Bankleitzahl 250 501 80 - Spenden sind steuerlich absetzbar.

Oktober 2006

Bei der Rumänien-Arbeitsgruppe ist es üblich, dass ein- bis zweimal im Jahr Mitglieder des Vereins unser Projektgebiet um Cristuru Secuiesc in Siebenbürgen besuchen. Wir prüfen, ob die gesammelten Spenden dem Zweck entsprechend eingesetzt werden und besprechen mit dem Geschäftsführer László und den Familienhauseltern anstehende Probleme.

In diesem Sommer, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Rumänienfreunde, war das Ehepaar Grätsch 14 Tage zu Besuch und konnte sehen, wieviel Gutes durch die eingesetzten Spendengelder möglich wurde. Kinga, Tünde und Ilonka haben ihren qualifizierten Schulabschluss erreicht. Piroska aus der Familie Bálint hat das Abitur bestanden, und es war wie im Märchen: Während unseres Aufenthalts meldete sich eine dem Verein bekannte Familie aus den USA, die die Studienkosten für sie übernehmen will! Melinda und Tünde aus dem Familienhaus in Ruganesti werden heiraten und haben bereits das Familienhaus verlassen.

Die einfühlsame Betreuung durch Familienhaus-Eltern gibt den Jugendlichen eine gute Lebensgrundlage für ihren künftigen Weg. Es läuft alles wie in einer normalen Familie: gemeinsame Freude, üblicher Alltag, aber auch Probleme.

Durch die rumänische Kinderschutzbehörde sind alle bisher freigewordenen Familienhausplätze sofort wieder besetzt worden. Zehn neue Kinder im Alter zwischen 5 und 13 Jahren sind in unsere vier Familienhäuser eingezogen und haben sich offensichtlich schon gut eingelebt. Zwei von ihnen haben körperliche Schäden, die besondere medizinische Behandlungen brauchen. Die kosten zusätzlich Geld. Für Spenden für diesen Zweck wären wir sehr dankbar.

In zwei Familienhäusern haben die Familieneltern gewechselt. In Ruganesti hatten die Familieneltern Lukács die Altersgrenze erreicht, bei dem anderen Elternpaar waren persönliche Umstände der Grund für ihr Aufhören. Ganz besonders das neue Elternpaar Bán hat in den sechs Monaten schon viele Akzente gesetzt.

Die landwirtschaftliche Ausrichtung ist unübersehbar: Mit den Jugendlichen des Hauses hat Robert Bán einen Schweinestall gebaut, in dem sich drei Schweine tummeln. Außerdem gibt es Hund und Katze, Schafe und Kaninchen. Obst und Gemüse - zur Ergänzung der Nahrungssituation - überwiegen im Garten.

50 Rebstöcke wurden im März diesen Jahres von einem deutschen Winzer für die Familienhäuser gespendet, von Mitgliedern unserer Gruppe nach Rumänien gebracht und gemeinsam gepflanzt. Sie gedeihen bestens.

Auch für die zuständige Kinderschutzbehörde hat sich gezeigt, dass unser Familienhauskonzept besonders geeignet ist, Kindern mit Waisenhausschädigungen doch noch ein gutes Gedeihen zu ermöglichen. Bei einem Treffen mit dem zuständigen Vertreter der Kinderschutzbehörde berichtete Herr Bódo, dass die Zahl der zurückgelassenen Kleinkinder in Rumänien in letzter Zeit zugenommen hat. Familienhäuser wie unsere sind mehr denn je nötig, um den Kindern Chancen für ein normales Leben zu geben.

Das lang geplante 5. Familienhaus ist gekauft worden und kostete 33.000 Euro. Es liegt im 900 Einwohner zählenden Ort Simonesti, etwa 7 km von Cristuru Secuiesc entfernt in schöner hügeliger Landschaft. Das Haus ist in gutem baulichen Zustand. Um es als Familienhaus für weitere 8 - 10 Waisenkinder nutzen zu können, sind jedoch umfangreiche Umbauten nötig. Die Schmitz-Hille-Stiftung und die Ev. Landeskirche Hannover haben bereits zugesagt, einen Teil der Baukosten zu übernehmen. Aber das wird leider noch nicht reichen, deshalb bitten wir weiterhin um großzügige Spenden.

Ein Höhepunkt unserer Reise war das Kennenlernen der Nachmittagsschule in Filias. Die Idee zu diesem Projekt hatten wir zusammen mit Alpár und Márta Bartha im April des vergangenen Jahres. Diese Einrichtung will sozial benachteiligte Kinder fördern. Das bedeutet nach einem kleinen Imbiss Hygieneunterricht, Benimmregeln, Hilfe beim Lesen, Schreiben, Rechnen und Förderung der Kreativität durch gemeinsames Singen und Spielen. Freiwillige und regelmäßige Teilnahme sind Bedingung. An zwei Nachmittagen in der Woche treffen sich Lehrerin und Kinder in

einem Gartenhaus der Kirchengemeinde. Die Förderung läuft parallel zum Schuljahr. Die Mehrheit der Kinder sind Roma. Alle sechs teilnehmenden Kinder waren bis zum Ende des Schuljahrs offensichtlich begeistert dabei und haben sichtbare Fortschritte gemacht. Von einer Schülerin haben wir erfahren, dass sie jetzt ihre Eltern unterrichtet. Den größten Teil der finanziellen Unterstützung zu diesem Projekt spendete die St. Nicolai-Kirchengemeinde in Hannover-Bothfeld aus ihren Basarerlösen. Alle Beteiligten danken herzlich für die engagierte Hilfe. Da sich das Konzept nach einem Jahr bewährt hat, wollen die Leiterinnen der Nachmittagsschule die Schülerzahl erhöhen. Der Bedarf ist groß!

Unsere Hilfstransporte sind bei der noch immer allgemein herrschenden Armut weiter nötig. Sie sind Hilfe für die Familienhäuser, die Bedürftigen der Kirchengemeinden, und nicht zuletzt können die heiratswilligen jungen Frauen und Männer der Familienhäuser den Grundstock für eine bescheidene Aussteuer aus Ihren Spenden erhalten. Neben ordentlicher Kleidung aller Art (auch Kinderkleidung), werden Kinderspielzeug, Sportartikel, Teppiche, Bettwäsche, Handtücher und Hausgerät benötigt.

Bis Ende Oktober (2006) sammeln wir wieder für den nächsten Transport im Gemeindehaus von St. Vitus in Wilkenburg, Kirchstraße 18. (Dienstag, Donnerstag und Freitag von 10.00 bis 12.00 Uhr, telefonische Vereinbarung ist über 0511 417997 möglich). Für eine finanzielle Unterstützung zum Umbau des 5. Familienhauses wären wir Ihnen dankbar. Wir garantieren Ihnen eine 100%ige zweckentsprechende Verwendung der Gelder. Selbstverständlich stellen wir Ihnen nach Ablauf des Jahres eine Spendenbescheinigung für alle von Ihnen im Gesamtjahr getätigten Spenden aus.

Oktober 2006 - Der Vorstand der Rumänien-Arbeitsgruppe-Hemmingen: Siegfried Graetsch, Peter Hass, Günther Heinken, Dr. Johannes Leonhardt, Elisabeth Rotthaus

Der zweite Besuch bei den Ziegelzigeunern von Horezu Poienari

Von Stephan Drube

Diesmal habe ich Glück: Als ich zum Jahreswechsel 2006/2007 von Corabia, fast parallel die Donau entlang nach Westen fahre, den mäandernden Fluß Jiu überquerend und gleich den Hügelrücken hinauf, bin ich in Valea Stanciului angekommen. Dies ist die Gemeinde, zu der Horezu Poienari gehört.

Fast ausschließlich alte Bebauung, eine geduckte, silbern glänzende orthodoxe Kirche, ein paar Menschen auf der Straße, die ich anspreche. Man hilft mir weiter und nach zwei, drei Kilometern stehe ich vor dem Haus der Familie Marin.

Die wichtigste Person ist anwesend: Elena Marin, 1993 zufällig beim Holzholen für die Ziegelöfen mit drei Kindern im Wald des Harbachtales/Valea Hirtibaciului bei Marpod/ Kreis Sibiu, getroffen, wo ich gerade rastete. Die gegenseitige Überraschung überwunden und ein Gespräch angefangen, was sich als sehr ergiebig erweisen sollte. Während des Gespräches gelingen mir einige Photos, danach Verabschiedung und vierzehn Jahre nicht mehr gesehen.

Vor zwei Jahren war ich schon einmal in Horezu Poienari, aber vergeblich: Frau Marin arbeitete bei einem Großgrundbesitzer weiter nordöstlich, hackte die Rüben. Das war mir zu weit.

Jetzt finde ich sie, ihren Mann und den inzwischen siebzehnjährigen Sohn Florin im mittleren der drei Häuser der Familie: ein einfaches, einstöckiges oltenisches Ziegelhaus, unverputzt. Zwei Kinder sind noch dazugekommen, die mir unbekannt sind. Die beiden Ältesten sind außer Haus, einer davon lebt verheiratet in Rom, die Tochter mit eigener Familie in Rumänien.

Es ist nicht einfach, eine Gewährsfrau auszufragen, wenn sie gleichzeitig etwas für den Gast vorbereiten will. Die Oma kommt und hilft, ein Stück Schweinernes steht auf dem Tisch, alle Formen von Verwandtschaft füllen die kleine Stube, darunter auch der "Bulibascha", der Onkel von Florin. Dieser nimmt das Wort an sich, erklärt, daß er des Deutschen, Englischen, Französischen mächtig ist und gibt gleich eine Probe.

"In der Ceausescu-Zeit wollten wir lieber nach Indien zurückziehen, aber das war damals unmöglich. Nach dessen Ende hatten wir uns in Deutschland am besten gefühlt - so wie man uns dort behandelt hat", meint Herr Sandu, der Bulibascha. (Vielleicht als ein kleines Lob für den unbekannten Deutschen zu verstehen?)

In den zwölf Dörfern der Umgebung leben 4000-5000 Roma, fast alle suchen Arbeit. Allein hier in Valea Stanciului sind es dreihundert von insgesamt 11.000 Einwohnern, die alle bisher etwas mit der Ziegelherstellung zu tun gehabt haben. Fast alle sind Wanderarbeiter, die zusammen mit ihren Familienangehörigen Ziegel für den Hausbau in den verschiedensten Regionen des Landes herstellen. Da wo Lehm, Wasser und Holz (zum Brennen) vorhanden sind, arbeiten sie den Sommer über. Damals in Marpod 1993 hatte sie der Förster geholt, sie waren zufrieden dort.

Von EU-Mitteln für Roma hat Herr Sandu noch nichts gehört - in der Schule gibt es noch nicht einmal Unterricht in Romanes. Irgendeine Form von Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur? Fehlanzeige. Die Gelder der EU verlieren sich im Getriebe der rumänischen Behörden.

Wenn es ein derartiges Programm gäbe, würde es schon besser werden. Es seien bis zu sieben Millionen Roma im Land, alle zusammengefasst. "Das wäre ein Drittel der Gesamtbevölkerung Rumäniens", werfe ich ein und erzähle, daß man auf der Roma-Versammlung diesen Sommer in Alba Iulia gerade auf die Wichtigkeit des exakten Zählens hingewiesen hatte, um die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Roma-Frage hervorzuheben.

"Was uns fehlt ist ein Investor. Jemand, der Geld in Ziegelpressen investieren kann, damit wir wieder Arbeit haben. Ein größerer Laden wäre nicht schlecht, Holzhandel und Verarbeitung. Oder einer, der in Landwirtschaft investiert. Bisher kostete der Hektar Boden etwa 400 Euro, was er nach der Aufnahme Rumäniens kosten wird, steht in den Sternen."

Seit einem Jahr sind die Mitglieder der Familie der Religionsgemeinschaft der "Pfingstler" beigetreten. Florin spricht davon, daß er bereits in der 7. Klasse ist und später nach Deutschland gehen möchte. Sein Berufswunsch: Manager werden. Die Oma bittet um gebrauchte Kleider für Horezu Poienari.

Noch zwei Photos von der Familie draußen vor dem Haus, dann muß ich nach Corabia zurück.

Ethnische Exklusivität und EU-Integration

Einfach, aber kompliziert und konfliktuell - Chancen im rumänischen Transsilvanien

Von Jens Langer

"Was wollt ihr hier", verwundert sich der Besucher aus Deutschland, "hier gibt es ja nicht mal eine Bar." Seit über 20 Jahren tourt er sommers durch Rumänien und Siebenbürgen, entlang dem Transeuropäischen Korridor der atemberaubenden Verkehrsströme zwischen Skandinavien und Türkei. Zum ersten Mal landet er nun abseits von den Magistralen in Hosman/Holcmány/Holzmengen, einem siebenbürgischen Dorf bei Sibiu/Hermannstadt, trifft auf Bekannte von Bekannten und wundert sich. Die Antwort der anderen: "Wir wollen hier leben." Die einst 240.000 Siebenbürger Sachsen sind durch Krieg und Verstrickung in deutsche Schuld, durch Deportation, durch ideologische Verfolgung und schleichende Abwanderung dezimiert. Der lawinenartige Exodus ab 1990 führte die ethnische Minderheit an den Rand der Existenz.

Von den 601 deutschen evangelischen Einwohnern (1939) gibt es 2004 in unserem Dorf noch 4, zwischen 75 und 85, in den Vierzigern und Fünfzigern, zwei mit orthodoxen Rumäninnen aus Roma-Familien verheiratet. Eine junge Familie aus Deutschland ist zugezogen. Am Christfest 2003 wird ihr Kind getauft. Im scheinbar für immer geschlossenen Taufregister wird eine neue Seite aufgeschlagen und beschrieben.

"Keine Rede von Holocaust und von unserer Mit-Verwicklung in den Nationalsozialismus. Man sang noch in den achtziger Jahren die alten Soldatenlieder des Zweiten Weltkriegs, so als hätte man diesen gewonnen", urteilt Paul Philippi, emeritierter Theologieprofessor in Hermannstadt, über die politischen und kulturellen Muster, die die aus Deutschland zum Heimatbesuch kommenden Siebenbürger den Daheimgebliebenen vermittelten. "Sie brauchen die vertrauten Defizite und Defekte in der Heimat als Bestätigung für ihre Ausreise. Darum lehnen sie neue Entwicklungen und Transformationen ab", ergänzt für die Gegenwart ein Neuankömmling. Das ist aus dem TV-Film von Antonia Schmidt "Hoffnungsmacher. Aufbruchstimmung in Hermannstadt" (2004) zu erfahren.

Aus dem kirchlichen Betreuungspunkt Hosman/Holcmány/Holzmengen mit seiner Handvoll Mitglieder wird eine lebendige Gemeinde auf schmaler Basis. Als vor Ostern 2005 fünf Ungarinnen und Ungarn unter Segen, Wort und Sakrament in die Gemeinde aufgenommen werden, wird die Zahl erstmals wieder zweistellig. Es ist klar, mit rein deutsch ist rein gar nichts, aber mit evangelisch schon eine ganze Hoffnung, die sich verstärkt, als sich im Sommer 2005 einige mehr auf die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien (14.460 Mitglieder) einlassen.

"Nu plecaţi!" ("Geht nicht weg!") wurde dem heutigen Bischofsvikar Hans Klein, Theologieprofessor und Stadtrat in Sibiu/Hermannstadt, im Dezember 1990 von 5000 Demonstranten zugerufen, als er im Gedenken an die Ereignisse vor Jahresfrist zu ihnen vom Balkon des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) sprach. Sie knieten nieder zum Gebet mit ihm. Was für Möglichkeiten und was für Versuchungen! Klein interpretiert in seinen "Dokumenten einer Hoffnung" (2004) auch die Wiederwahl des siebenbürgischen Oberbürgermeisters von Sibiu im Sommer 2004 - 88,6 % der Wählerstimmen für den Vertreter einer Stadtminderheit von 1,6 %: Wir haben in der Vergangenheit über lange Jahre viele Freunde und Verwandte verloren, in der Wahlnacht haben wir sehr viele Schwestern, Brüder und Freunde erhalten. Wie pragmatisch lässt sich auf die Herausforderungen für die Kirche reagieren? "Mit 10 % der Gemeindeglieder von 1970 muss sie die Tradition erhalten und weiterbauen, muss etwa 200 Kirchengebäude, viele Kirchenburgen erhalten und sich um die vielen Einsamen kümmern", bilanziert Klein nüchtern.

Bereits 2000 hat er für den Weg ins Jahr 2005 festgestellt: "Es wird uns nicht erspart bleiben, in den nächsten 10 Jahren in harten Diskussionen den Weg unserer Kirche neu zu definieren." Ebenso ernüchternd seine Beobachtung zur Milleniumswende: "Prognosen offen / Berechnungen unstimmig / Botschaften unsicher / Mittelpunkt fehlt."

Die Erfahrungen der jungen Christmenschen aus Hosman/Holcmány/Holzmengen bestätigen Notwendigkeit und sogar Chancen einer identitätsbewährenden Transformation vom Mittelpunkt des Evangeliums aus in die zentralen Fragestellungen hinein und ebenso partiell die Ferne von diesem Zentrum, Geistvergessenheit und Unzuständigkeit von Vertretern dieser Kirche, die für sie eigentlich Ansprechpartner sein sollen.

Die Freunde aus Holzmengen erleben, wie Sprachlosigkeit und Ausgrenzung die Freude und den Dank für die Gemeinschaft am Evangelium anfechten. Denn als der Ortspastor aus disziplinarrechtlichen Gründen, die noch in seiner alten Heimatkirche Hannover liegen, amtsenthoben wird, beginnt ein zähes Agieren gegen die Neuaufgenommenen. Sind sie überhaupt alle Christen? War ihre Aufnahme kirchenrechtlich in Ordnung? Ausgereiste Sachsen, die zum Urlaub kommen, wollen den Gottesdienst boykottieren, wenn Ungarinnen und Ungarn daran teilnehmen. "Auswanderung verletzt die Geborgenheit. Zuwanderung auch," schreibt die Redakteurin der Hermannstädter "Kirchlichen Blätter" im Mai 2006. Das Landeskonsistorium setzt den zuständigen Mitarbeitern eine Frist zur Klärung. Aber die kommen nie zu einer Klärung, ob sie die neuen Schwestern und Brüder wollen.

Ein reformierter Pfarrer übernimmt schließlich für eine Gymnasiastin am Schulort die Unterrichtung im lutherischen Katechismus für die Konfirmation. Die Hoffnungsleute bereiten eine alte Scheune auf dem Mühlengehöft für die Konfirmation vor. Palmarum 2006, am Todestag Dietrich Bonhoeffers, feiern Menschen aus dem Dorf und von weither das Heilige Abendmahl über kulturelle und nationale Grenzen hinweg als Fest der Ermutigung für Mutlose. Pfarrer und Kantor der Evangelisch-Lutherischen Kirche (32.500 Mitglieder) ermöglichen das. Die Freunde treten dieser Kirche bei und hoffen auf die Einheit der beiden Lutherblöcke, die es bis ins 19. Jahrhundert hinein schon einmal gab. Sie erklären der Kirche, die sie nicht haben wollte, ihren Schritt, ihren Schmerz, ihre Traurigkeit.

Nachdem alle Fristen verstrichen sind, reagieren Bischof und Hauptanwalt. Sie entschuldigen sich für Verhalten und Nichtverhalten der zuständigen Mitarbeiterschaft. Der Brief kommt nach Verzweiflung und Zorn der Verdrängten zu spät. Als Ausdruck von Kommunikation aber wird er als ein erstes freundliches Entgegenkommen empfunden.

Die hochsubventionierte Kirchenburg steht ungenutzt. Auf ungarisch und deutsch und bald wohl auch rumänisch wird Gott z. Z. gefeiert in der Kirchenscheune der Alten Mühle von Hosman/Holcmány/Holzmengen. Die Zeichen der Zeit stehen schon lange auf Veränderung, sei es eine prekäre Perspektive oder eine Transformation, die Identität bewährt. Und dort werden sie noch lange stehen bleiben.

"Gemeinsam lernen - würdevoll miteinander das Leben gestalten"

Neues vom Projekt für Menschen mit Behinderung in Rupea/Reps und Umgebung

Von Tina Bing (rum. Koordinatorin)

Es wird im Frühjahr `07 schon ein Jahr alt - unser Projekt mit Menschen mit Behinderung im ländlichen Umkreis von Rupea "Gemeinsam lernen - würdevoll miteinander das Leben gestalten", initiiert vom Dresdner Verein VfJ e.V. und dem rumänischen Partnerverein "Copiii Europei" und teilfinanziert von "Aktion Mensch". "Es ist viel passiert seit unserem letzten Bericht im Rumänienrundbrief. Dazu einiges in Übersicht:

Die Basisarbeit in den Familien wird gern angenommen. Ende Januar 2007 hatten wir bereits 15 Familien besucht bzw. betreuen sie noch. Weitere 6 Familien wurden von uns erfasst. Unsere Besuche fanden bisher in 6 von 25 Orten statt, Personendaten aus weiteren 3 Orten stehen uns zur Verfügung.

Ich sehe es als Herausforderung an, gerade im ländlichen Umfeld eine Beratungsstelle einzurichten. Es ist für uns ungewohnt, von den Menschen zu hören, dass sie daran glauben, ihr behindertes Kind sei eine Strafe Gottes.

Etwas so neues wie eine Beratungsstelle, die auch Raum für Begegnungen der Familien untereinander bieten soll, ist meiner Meinung nach ein lohnenswertes Ziel. Nach langem Suchen hat uns die Stadt Rupea einen recht großen und zentral gelegenen Raum dafür zur Verfügung gestellt. Im Juli 2007 soll die Beratungsstelle eröffnet werden und sich zu einer wichtigen Anlaufstelle für die Familien der Umgebung etablieren.

Hier noch einige Auszüge aus aktuellen Aussagen der Mitarbeiter des Projektes:

Alexander Borchert (angehender Rehabilitationspädagoge), Mitarbeiter für Öffentlichkeitsarbeit: "Mit meiner Frau habe ich seit September 2006 vor allem Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland gemacht. Man kann sich kaum vorstellen, dass in einem EU-Mitgliedsstaat immer noch solche Zustände herrschen, wie wir sie in der Zeit vor Ort erlebt haben. Aus diesem Grund werde ich auch vorerst weiterhin das Projekt unterstützen."

Rupea/Reps
Seit letztem Winter besuchen wir diese Familie mit insgesamt 3 Kindern. Herr D. kümmert sich liebevoll um Adi, 6 Jahre alt. Er ist seit einer frühkindlichen Meningitis schwer behindert. Gemein sam mit einem Ergotherapeuten arbeiten wir mit Adi und seinem Vater an der Erweiterung seiner Bewegungen und es gibt es schon viele Fort schritte in Adis Alltag. Außerdem erhält Herr D. die nötige Beratung, um für Adi die Rente zu beantragen. Adi kann spezielles Spielzeug ebenso gebrauchen wie z.B. einen Softknetball. Kontakt: Tina Bing, Koordinator Rupea: koordinatorin@copiii-europei.org
Rupea/Reps
Alin (17) hat eine geistige Behinderung. Des wegen konnte er keine Schule besuchen und kann auch nicht arbeiten gehen. Seine Mutter Valentina versorgt ihn zu Hause. Sie erhält für Alin lediglich 12 Euro Kindergeld. Daher ist sie froh, ihre selbst gestrickten Schafwoll - Socken verkaufen zu können. Ihr Kauf hilft dieser Familie sehr!

 

Ricarda Borchert (angehende Rehabilitationspädagogin), Mitarbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit: "Wir konnten einigen Studenten der Pädagogik und der Soziologie das Projekt näher bringen und über unsere Erfahrungen in Rumänien berichten. Über das geweckte Interesse hinaus, hoffen wir auch auf zukünftige Praktikanten. Weiterhin haben wir zwei Vorträge an Gemeindeabenden in den Kirchengemeinden Oschatz und Strehla gehalten und waren über das ehrliche Interesse und Engagement unserer Zuhörer sehr beeindruckt. Es ist ein sehr gutes Gefühl Menschen zu treffen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, die das Leid dieser Welt noch nicht abgestumpft hat."

Rupea/Reps

C. Binder, Praktikantin: "Nach meinem 6-monatigen Praktikum bin ich nun schon wieder in Deutschland. Mit etwas Abstand betrachtet kann ich sagen, dass die Basisarbeit in diesem Projekt wirklich außergewöhnlich und nicht einfach ist. (...) Die strapaziösen Anfahrtswege, die Lebensumstände der Familien, all das relativierte sich mit der Zeit, wirkte normal. Die Dankbarkeit und Offenheit unserer Klienten und ihrer Familien, die Freundlichkeit mit der wir oft empfangen wurden, machte die Arbeit schön und gab Mut. Wir konnten hilfreiche Informationen übermitteln und zumindest positive Entwicklungen anstoßen.

Raluca Zanca, Koordinatorin Brasov: "Menschen mit Behinderung sind eine jener Gruppen, die am meisten Hilfe benötigen, um sich in die Gesellschaft, in der wir leben zu integrieren. (...) Wir müssen diesen Menschen helfen, ein normales Leben zu leben. Das ist nicht möglich, wenn es uns nicht gelingt, der gesamten Gesellschaft klar zu machen , diese Menschen sind ebenso Menschen wie wir."

Tina Bing, Koordinatorin Rupea: "Begeistert bin ich vom Erfolg in den Familien. Dieser resultiert meiner Meinung nach aus den intensiven Vor- und Nachbereitungen. Es hat sich mehr bewährt, als auf die Schnelle ein paar Familien "abhaken" zu wollen. Erschreckend ist die Erkenntnis, was mangelnde Förderung bei diesen Kindern und Jugendlichen anrichtet. Sie sind also nicht annähernd auf dem (sozialen) Stand, welchen sie haben könnten, wenn sie entsprechend gefördert werden."

Torsten Erler, Koordinator Dresden: "Ich sehe die Welt mit meinen Augen. Du siehst die Welt mit Deinen Augen. Ich kann nicht sehen was Du siehst. Aber ich kann mich neben Dich stellen und versuchen mir die Welt aus Deiner Perspektive vorzustellen. Was ich da sehe ist manchmal so neu für mich, so interessant, dass ich nun meine Welt mit neuen Augen sehe. Ich sehe, dass es andere Wege gibt. Ich sehe, dass es anders möglich ist. Meist gibt es mehrere Lösungen für ein Problem. Fragen bedeutet, dass es mehrere Antworten gibt. Der Versuch lohnt, sich die Welt aus anderer Perspektive zu betrachten. "

Der dritte Schwerpunkt sind Fortbildungen für ErzieherInnen aus Einrichtungen der Behindertenhilfe in und um Brasov/Kronstadt. Begeistert nahmen 14 Frauen und ein Mann am ersten Seminarblock im März 2007 in Dacia/Stein teil. Deutlich wurde, dass die Rahmenbedingungen in Rumänien schwieriger sind, als in Dresden. Doch auch in Dacia/Stein waren die MitarbeiterInnen froh, über ihre Arbeit, "ihre" Kinder, ihre Erfolge und die geringe Wertschätzung ihrer Arbeit zu sprechen. ... Aber mit einfachen Dingen, gegenseitiger Akzeptanz und Wertschätzung ist mit kleinen Schritten viel für Kinder, Menschen mit und ohne Behinderung zu erreichen. (Torsten Erler)

Mehr zum aktuellen Stand erfahren Sie im Internet unter www.copiii-europei.org

per e-mail : friedler@copiii-europei.org oder may@europaeische-jugendarbeit.org sowie unter projekt-fMmb@web.de

Neues zu den Patenschaften der Initiative Rumänien e.V. Dresden

von Tina Bing

Es wird Zeit, etwas zu den Familienpatenschaften zu schreiben. Momentan erhalten

11 Familien in Rumänien einen monatlichen Geldbeitrag (zwischen 10 und sogar 100 Euro !) von ihrer jeweiligen Spenderfamilie. Diese Patenschaften funktionieren nun schon recht lang. Es hat auch schon außer den Briefkontakten zwischen den Familien richtige Besuche in Rumänien gegeben. Sicherlich sehr interessant für beide Seiten, sich mal live kennen zu lernen.

Meine Aufgabe als Sozialarbeiter vor Ort ist es, nicht nur monatlich die Gelder den Familien auszuzahlen, sondern auch die Ausgaben zu besprechen, z.B. bei der Schuldentilgung behilflich zu sein. Allerdings muß ich anhand der Teuerungen in Rumänien feststellen, dass der Großteil der erhaltenen Gelder von den Familien doch nach wie vor für Lebensmittel verwendet wird. Natürlich kaufen sie sich auch Medikamente und bestreiten davon laufende Unterhaltskosten.

Es gibt immer wieder Anfragen von Familien in Eibesdorf oder Mediasch, welche sich auch eine solche Unterstützung durch eine deutsche Familie wünschen. Wir versuchen allerdings, nur jene Familien zu vermitteln, die auch aus Eigenantrieb (über-) leben können, damit dieses Geld nicht bequem macht, sondern einen Ansporn bzw. Zusatz zu ihren Einkünften bedeutet.

Außerdem ist es einem engagierten Dresdner zu verdanken, durch dessen Initiative eine Firma Geld spendete, dass davon zwei Roma-Familien eine Kuh erhielten! Nun können sie nicht nur einen Teil der Milch für ihre Kinder verwenden, sondern eben auch das erwirtschaftete Geld von der lapteria (Molkerei) erhalten. Es bleibt nur zu hoffen, dass einige EU-Richtinien die rumänischen Dörfer erst spät erreichen, damit das mit der Hand melken noch möglich ist... Dazu haben die so Beschenkten trotzdem viel zu tun: nämlich genügend Heu machen, um die Winternahrung zu sichern, natürlich tägliches Ausmisten und Füttern etc. Auf dem Foto unten ist Familie Hali sehr stolz auf ihre Kuh, die auch bald kalbt!

Lenuta und Silviu H. mit ihrer Kuh neben dem neu gebauten Stall
Lenuta und Silviu H. mit ihrer Kuh neben dem neu gebauten Stall

Als letzter Gedanke an dieser Stelle sei die Idee zu nennen, bei 4 Patenschafts-Familien in Eibesdorf, welche ziemlich ärmlich ohne Strom leben, mit Hilfe von Solartechnik "Licht zu machen". Preisvergleiche zwischen Deutschland und Rumänien machten allerdings deutlich, dass man auf keinen Fall (jedenfalls noch nicht!) so etwas in Rumänien kaufen sollte. Die sparsamere Variante in Deutschland wäre leider auch mit einem Hintransport verbunden...., melde sich bitte bei:

Wenn auch Sie an solch einer Patenschaft interessiert sind, und mehr Informationen benötigen, oder Sie sich für dieses Solarprojekt interessieren, evtl. Infos haben oder dafür spenden möchten, melden Sie sich bitte bei: Mathias.Greuner@t-online.de

Soviel erst einmal zu den Patenschaftsprojekten, bald schnapp ich wieder meine Tochter Leni ins Auto und ab geht die Fahrt zu den Familien, deren Kinder uns schon gut kennen und fast auf Leni warten zum Spielen, während ich die Kassenbons durchsehe...

Die Banater Semmeringbahn

von Uwe Steinweg

Der Name der höchsten und schönsten Gebirgsbahnline Rumäniens kommt, der Ähnlichkeit wegen, vom Semmering in den österreichischem Alpen. Diese Bahnlinie wurde in den Jahren 1860-1863 gebaut und hat eine Länge von 33 km. Der erste Abschnitt, Lisava-Oravita wurde 1954 gebaut, um Kohle aus dieser Zone zur Donau zu schaffen. Für den nächsten Abschnitt war ursprünglich eine Bahnlinie vorgesehen, bei der die Waggons von Tieren gezogen werden sollten, was aber dann doch nicht geschah.

Bei der offiziellen Eröffnung im Jahre 1863 war die Linie 33 km lang und hatte 10 Viadukte (zusammen 843 m) und 14 Tunnel (2084 m). Der Bahndamm mußte stellenweise in den Fels gehauen werden, große Felsblöcke wurden dazu über tiefen Schluchten festgemauert. Die ganze Strecke besteht praktisch aus Viadukten, Tunnels und Kurven. Der größte Radius einer Kurve mißt 114 Meter, weswegen hier nur Lokomotiven fahren können, deren 1. und 4. Achsen drehbar sind. Die Höhendifferenz zwischen Abfahrt und Ziel beträgt 337 m.

Die Bahnlinie beginnt in Oravita und erreicht nach 5 Viadukten - der größte ist der von Racovita mit 115 m Länge und 27 m Höhe die Haltestelle Brandsoaru de Jos. Zwischen dieser und der nächsten Haltestelle Lisava liegt der schönste Teil der Banater Semmeringbahn: lange Tunnels, weite Serpentinen, Engpässe, riesige Wälder.

Zwischen Lisava und Garliste sieht der Mitfahrer uralte Wälder, aber auch den spektakulärsten Viadukt der ganzen Strecke, den von Jitin, der131 m lang und 32 m hoch ist. Hier sieht man keinerlei menschliche Siedlung. Nun folgt die Haltestelle Garliste und nach weiteren 6,5 km die Endstation Anina.

Auch heute, nach 142 Jahren ihrer Existenz, fährt die Banater Semmeringbahn noch immer durch die gleich schöne und aufregende Landschaft. Tag für Tag fahren drei Paar gemischte Züge - ein Personen-Waggon und mehrere Güterwagen - in 2 Stunden und 5 Minuten die 33 km lange Strecke.

Eine Fahrt mit der Banater Semmeringbahn bereitet dem Touristen in jeder Jahreszeit besondere Freude. Erstens einmal lernt er eine außergewöhnlich schöne Landschaft kennen, zweitens muss er die Erbauer dieser Strecke bewundern, die da gebaut haben, "wo sonst nur die Adler fliegen" und drittens kann er all diese Schönheiten fotografieren und filmen. Am Ende der Reise - sei es in Oravita, sei es in Anina - erwarten ihn andere grandiose Ansichten dieser von Gott gesegneten Landschaft.

Der Vergleich mit der Semmeringbahn in den österreichischen Alpen ist kein Zufall, denn es gibt da viele Ähnlichkeiten: Erstere ist 40 km lang, die Banater Bahn 33 km, erstere hat 15 Tunnel , die Banater 14, erstere weist 388 m Höhendifferenz auf, die Banater 337 m.

Es soll noch hinzugefügt werden, dass die Banater Bahn nur 9 Jahre nach der österreichischen ihre erste Reise antrat, noch vor denen durch den Brenner (1857 ) und den St. Gotthard.

Der Roman "Andreas Waldhütter" von Viktor Roth als Spiegelbild der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert

Rezension von Udopeter Wagner

Am 22. April 1936, also vor genau 70 Jahren, wurde Viktor Roth aus dem Hallenchor seiner geliebten Stadtpfarrkirche getragen und so ein Bogen geschlossen, der 62 Jahre früher, ebenfalls in Mühlbach, begonnen hatte. Der Anblick dieses Chores und des Altares hatte den Knaben so beeindruckt, dass er sich vornahm, sein Leben der Erschließung der siebenbürgisch-sächsischen Kunstwerke zu widmen.

Er wurde als Lehrersohn am 28. April 1874 geboren und studierte, nach Absolvierung des Kronstädter Honterusgymnasiums, in Tübingen, Klausenburg, Halle und Erlangen Germanistik, Latein und Theologie. Seine Doktordissertation schrieb er über die Metrik in Ludwig Uhlands Dichtung.

Da ein Studium der Kunstgeschichte damals noch "außerhalb des Bereichs praktischer Möglichkeiten" lag (es steckte noch in den Kinderschuhen), kehrte Viktor Roth 1897 nach Siebenbürgen zurück und wurde Schulleiter in Großschenk am Alt. Ein Jahr später finden wir ihn als Gymnasiallehrer in seiner Vaterstadt Mühlbach.

1902 zieht er sich als Pfarrer in die neben Schäßburg gelegene Gemeinde Großlasseln zurück, dem "Klosdorf" seines Romans "Andreas Waldhütter". Er lässt es sich Zeit und Geld kosten, Fahrten zu Kunstdenkmälern des In- und Auslandes zu unternehmen, um übergreifenden Zusammenhängen nachzugehen, auch verschickt er Fragebogen in die entlegendsten, von Sachsen bewohnten siebenbürgischen Dörfer. 1910 kommt er nach Hermannstadt und ab 1918 bis zu seinem Tod wirkt er in Mühlbach als Stadtpfarrer.

In 6 gewichtigen Büchern fing er den Gesamtbereich der siebenbürgisch-sächsischen Kunstgeschichte ein. Hinzu gesellten sich noch etwa 180 Einzeluntersuchungen. Die Bücher erschienen zum Großteil in Strassburg, was das Prestige beweist, dessen sich der siebenbürgische Forscher im Ausland erfreute.

1905 erschien die "Geschichte der deutschen Baukunst in Siebenbürgen", ein Jahr darauf eine gleichlautende Darstellung der plastischen Kunst, 1908 folgte die "Geschichte des deutschen Kunstgewerbes in Siebenbürgen", 1914 "Beiträge zur Kunstgeschichte Siebenbürgens"; 1916 (trotz des Krieges) erschien seine Arbeit über "Die Siebenbürgischen Altäre", vor allem die Tafelmalerei berücksichtigend, 1922 schließlich in Hermannstadt sein Werk über die "Goldschmiedearbeiten".[Die im "Heitz"-Verlag in Strassburg erschienenen Arbeiten machten die siebenbürgisch-deutschen Kunstschätze auch im Ausland bekannt.]

Als Zeichen seiner internationalen Wertschätzung erhielt er 1921 die Ehrendoktorwürde der Universität Wien. Nach 1918 trat er auch in Beziehungen zu rumänischen Gelehrten z.B. Nicolae Iorga, mit dem ihn gleichlaufende Interessen zusammenbrachten. Als Folge dieser wissenschaftlichen Kontakte zum "Altreich" wurde er 1926 Korrespondierendes Mitglied der Rumänischen Akademie.

Viktor Roth war, wie man sehen kann, kein Stubengelehrter, er versagte sich auch der sächsischen Gemeinschaft nicht, wenn er gefordert wurde. So war er z. B. aktiv in dem Hermannstädter kulturfördernden "Sebastian Hann"-Verein, wo er sich an der Seite von Männern wie Arthur Coulin, Adolf Meschendörfer oder Emil Sigerus für heimische Kunstbestrebungen einsetzte. Mit Letzterem hatte er noch etwas Gemeinsames: beide waren Spezialisten auf dem Gebiet der Kunstgeschichte und beide dilettierten auf jenem der Literatur mit eigenen Versuchen. Sigerus erzielte in Anekdoten einen gewissen Achtungserfolg ("Von alten Leuten und Zeiten"), jagte der Muse aber auch mit mäßigem Erfolg auf dem Gebiet des Dramas und der Kurzgeschichte nach, wie in jüngster Zeit festgestellt werden konnte.

Viktor Roth setzte schon im reifen Alter seinen Ehrgeiz in die Erstellung eines Romans darein, dem er den Titel "Andreas Waldhütter" mit dem Zusatz "Ein siebenbürgischer Pfarrerroman" gab.

Wie bekannt, stellten die Pfarrer und Lehrer, die in den meisten Fällen beides in Personalunion waren, jahrhundertelang die geistige Elite des siebenbürgisch-sächsischen Volkes. Sehr viele von ihnen waren auch schöngeistig bzw. schriftstellerisch tätig, beginnend mit dem Kronstädter Reformator Johannes Honterus (16. Jh.), über die Humanisten Christian Schesäus ("Pannonische Trümmer") und Damasus Dürr, der als Pfarrer von Kleinpold im Unterwald ein Meister der Predigtenliteratur wurde. Am Anfang des siebenbürgisch-deutschen Romans (18. Jh.) stand der Kleinscheuerner Pfarrer Michael Lebrecht ("Das unerkannte Verbrechen oder die Merkwürdigkeiten Samuel Hirtendorns"), Daniel Roth, evangelischer Pfarrer in Jassy und Christian Heyser Superintendent der evangelischen Kirche in Österreich markierten die Anfänge des siebenbürgischen Dramas und der historischen Erzählung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Namen wie Michael Albert, Friedrich Wilhelm Seraphin oder Gottfried Daichend sind zwar eher dem Schulbetrieb zuzuordnen, waren aber gleichermaßen auch Pfarrer. Dem in Stolzenburg, neben Hermannstadt, geborenen und wirkenden Pfarrer Johann Plattner gelangen, wie später Viktor Roth, eine Reihe lebensechter Bauerngestalten.

Ernst Thuliner, einer der Vorgänger Roths im Amt des Mühlbacher Stadtpfarrers, schrieb Gedichte in der sächsischen Mundart, von denen einige, in ihrer vertonten Variante, auch heute noch gesungen werden.

Oskar Wittstock, der Vater des berühmten Erzählers Erwin Wittstock, Pfarrer in verschiedenen sächsischen Gemeinden und Gymnasiallehrer in Hermannstadt, entwarf, aus der Haltung eines lutherischen Geistlichen heraus den Lebensweg einer sächsischen Lehrerin am Anfang des 20. Jahrhunderts ("Der sechste Tag", 1907).

In neuerer Zeit (nach dem II. Weltkrieg) haben Pfarrer wie Andreas Birkner, Eginald Schlattner, Harald Siegmund, Peter Barth (aus Siebenbürgen), Anton Josef-Ilk (aus Oberwischau), oder die Mundartdichter (und nicht nur) Walther Seidner und Wilhelm Meitert unterschiedliche literarische Leistungen erbracht. Die meisten, mit Ausnahme Andreas Birkners ("Die Tatarenpredigt") haben ihr Wirken als Geistlicher nicht in den Mittelpunkt ihres Werkes gestellt, wie das bei Viktor Roth in seinem "siebenbürgischen Pfarrerroman" der Fall war.

Es wird nun im folgenden eine Eingliederung des Romans "Andreas Waldhütter" in größere Zusammenhänge versucht werden. Mit den Begriffen "Stammesdichtung", "Grenzlanddichtung", "Literatur der Ränder" kann man sich dieser Prosa behutsam nähern. Hermann Pongs definiert die Stammesdichtung wie folgt: "Die naive Lebensfülle stammlicher Dichtung, auch wo sie sich zum Blickpunkt so genannter Heimatkunst verengt, bleibt der Kraftrückhalt eines Volkes...".

Ein Gegenstück zu Viktor Roth könnte der Priester Peter Dörfler aus Bayerisch-Schwaben darstellen, der etwa in derselben Zeit wie dieser (1934-1936) seine "Allgäu"-Trilogie verfasste. Sein Credo: "Etwas, das nicht zugleich mein Volk anginge, vermöge ich nicht zu schreiben."

Ebenfalls Hermann Pongs hebt hervor, dass "Die Besonderheit der deutschen Lage inmitten Europas eine besondere ...Dichtung der Grenzräume" entstehen lasse, die ihre eigene Bewertung fordert." In Viktor Roths Roman kommt das Problem des sächsischen Volkes als Träger deutscher Kultur und "protestantische Insel im Meer der Orthodoxie" zur Sprache.

Auch innerhalb der "Grenzräume" bietet sich ein Pendant zu Viktor Roth an, es ist der Südtiroler Probst Joseph Weingartner (1885-1952), dem Tirol die klassische Darstellung seiner Kunstdenkmäler verdankt und der auch dichterische Prosa verfasste, z.B. den im Brixener Milieu spielenden Roman "Über die Brücke". Eine geistige Brücke zwischen Siebenbürgen und Tirol stellte dann auch das Wirken unseres Landsmanns, des Germanisten Karl Kurt Klein in Innsbruck dar.

Wie oben angeklungen, stellt der Begriff "Heimatroman" eine qualitativ niedere Stufe der Stammesdichtung dar, kann daher, aus verschiedenerlei Gründen, auf den Roman "Andreas Waldhütter" nicht angewendet werden. Bei Otto F. Best kann man nachlesen: "Der Heimatroman schildert dörfliches Leben harmonisierend-idyllisierend, d.h. unter Aussparung der Lebensprobleme der modernen Zivilisations- und Industriewelt und ist meist der Trivialliteratur zuzurechnen." Das in Viktor Roths Werk dargestellte Leben entbehrt nicht der Widersprüche materieller (z.B. Spekulanten) geistlicher (das Problem der aus Amerika heimgekehrten Sektierer) oder innerkirchlicher Art (die ständigen Dispute mit zu laschen Amtsbrüdern oder das Problem der Vetternwirtschaft.) Es gibt zwar Anklänge an die Trivialliteratur aber anderer Art, über die noch zu sprechen sein wird.

Von den klassischen Romantypen, wie Bildungs- oder Erziehungsroman, ist nicht die Rede, da der Held am Anfang des Romans als "fertiger" Familienvater, Pastor und junger Forscher dasteht. Es besteht weder die Bemühung des Helden mit einer kulturgeprägten Umwelt durch Lernen und Erfahren in Berührung zu gelangen (der junge und später reifende sächsische Rechtsgelehrte findet schon früh Anerkennung in der Reichshauptstadt Budapest), noch wird der Erziehungsprozess eines jungen Menschen infolge äußerer (pädagogischer) Einflüsse dargestellt.

Mit Maßen könnte man von einem "Entwicklungsroman" seiner Persönlichkeit, in ständiger Auseinandersetzung mit den Einflüssen seiner Umwelt sprechen. Andreas Waldhütter erkämpft sich seine Einsicht über den letzten Sinn des Lebens als liebendes Dienen an seiner Gemeinschaft über viele Irrwege, Höhen, Tiefen und Leid (der Tod seiner geliebten Frau Melitta) und Entsagung (verschiedenerlei, vor allem innere Bindungen und Hemmungen lassen ihn auf die ihn liebende und gleichgesinnte und -gestimmte Susanna verzichten) hinweg.

Für einen Gesellschafts- oder Zeitroman ist der dargestellte Weltausschnitt viel zu klein: Wenn Waldhütter sich aus seinem engen dörflichen Wirkungskreis löst, geht es entweder nur bis in ein Nachbardorf oder in die nahe liegende Kreisstadt, einmal, zusammen mit dem "deutschen" Schwiegervater quer durchs Sachsenland (etwa Hermannstadt und Kronstadt), die Abstecher nach Budapest oder die in Deutschland verbrachte Zeit ist ziemlich blass und schematisch dargestellt ohne in typische, gesellschaftliche Prozesse streifende Beschreibungen einzugehen. Es existierten damals und auch zur Zeit der Entstehung des Romans in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts im ganzen "Bärenland" im eigentlichen Sinne keine Großstädte. Es gab in denselben dreißiger Jahren einige Romane der Urbanität bei den Rumäniendeutschen, wie z.B. Adolf Meschendörfers Evozierung Kronstadts als der "Stadt im Osten" (1931), Erwin Wittstocks "Bruder, nimm die Brüder mit" (1934), Heinrich Zillichs Zeitroman ,.Zwischen Grenzen und Zeiten" (1936) ebenfalls um Kronstadt kreisend oder Erwin Neustädters Romanerstling "Der Jüngling im Panzer" (1930-1932 entstanden) als psychologische Reaktion auf die durch den Ersten Weltkrieg bedingten Veränderungen. Der Meister par excellence der urbanen Welt war aber der Bukarester Oscar Walter Cisek, der in seinem Romandebüt "Unbequeme Liebe" (1932) auf Erkundungen seelischen Innenlebens auszieht.

80% der siebenbürgisch-sächsischen Bevölkerung lebte um die Jahrhundertwende auf dem Land, wie im Roman "Andreas Waldhütter" festgestellt wird. Diese Welt wurde in den zwanziger und dreißiger Jahren außer von Viktor Roth in der rumänisch-deutschen Literatur von dem Sachsen Hans Lienert in seinem Roman "Im heiligen Ring" (1925) und vom Bukowinadeutschen Heinrich Kipper "Die Enterbten" 1925) dargestellt. Zum Unterschied von der "Heimatkunst", die in Deutschland um die Jahrhundertwende etwa von F. Lienhard oder A. Bartels als Reaktion auf die Großstadtkunst des Naturalismus propagiert wurde , war das in Siebenbürgen nicht nötig, weil der Modernismus damals erst in den Anfängen steckte (etwa um Meschendörfers "Karpathen") und auch bis zu den dreißiger Jahren im Klingsor-Kreis nur einige wenige Adepten besaß. Die Volkserzählung hatte in unseren Breiten hingegen ein Heimatrecht, sowohl in ihrer mundartlichen als auch in ihrer hochdeutschen Ausprägung, die Traditionen reichten bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück, und erfasste einige der besten Namen der siebenbürgisch-deutschen Literatur. Auf diese Traditionen konnten dann die späteren Romane der Dorfwelt aufbauen. Einschränkend mag angeführt werden, dass die etwa zeitgleich entstandenen Romane Lienerts und Kippers im wahrsten Sinne "Bauernromane" sind, weil ihre Protagonisten diesem Stande angehören, die Verhältnisse aber in Viktor Roths "Andreas Waldhütter" anders liegen; weil der "Held" ein Intellektueller ist, der sich zwar in dörflichem Milieu aber nicht nur entfaltet.

Damit im Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Umgang des Autors mit den Strukturelementen der epischen Formen: Figur, Raum und Geschehen. Der Roman ist an und in sich zwiespältig: einerseits soll er einen Wunsch nach Fiktionalem erfüllen, andererseits die Neugierde nach Faktischem befriedigen. "Andreas Waldhütter" scheint eher in die zweite Richtung auszupendeln. Viktor Roths Roman ist unseres Erachtens eine Mischung von Figurenroman (schon durch die Titelgebung angekündigt), der u.a. Gefahr läuft zum Lyrismus zu neigen (man denke z. B an

die Szene mit Susanna) und Raumroman. Er kommt von der Autobiographie her, und die Kritik hat das auch warnend unterstrichen. Harald Krasser äußerte zurückhaltend aber unmissverständlich, dass dem intendierten Leser mit der realen Biographie des Pfarrers Roth besser gedient gewesen wäre. Elemente des Raumromans scheinen uns dort zu begegnen, wo die Addition zum notwendigen Bauprinzip wird. Als Kunstgriff erscheint ein Rückzug in die Einsiedelei, der aufgehoben wird, sobald es notwendig wird. Uns erscheint die Flucht des Helden in die Einsamkeit der Berge nämlich

einer tieferen Motivation zu entbehren (davon wird noch zu sprechen sein.)

Ein Großteil des breitausgesponnenen epischen Werkes (274 Seiten sind nach den etwa 1/4 des Typoskriptes umfassenden Kürzungen des Herausgebers geblieben) speichert die Realien des dörflichen Lebens in Siebenbürgen um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert. Gemeint ist das Dorf Großlasseln, wo Viktor Roth zwischen 1902 und 1910 Pfarrer war, seinen Protagonisten Andreas Waldhütter läßt er einige Jahre früher nach Klosdorf " kommen und 10 Jahre dort wirken.

Im Bewusstsein, dass nicht die künstlerische Realisierung des Romans vorrangig sein würde, haben wir als Thema der Arbeit die Wiedergabe daselbst der hauptsächlichsten Aspekte des Lebens der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft vor etwa 100 Jahren gewählt. Das Werk ist nämlich über seine künstlerischen Mängel hinaus, ein wertvolles Zeugnis einer damals noch intakten Dorfwelt und Kommunität.

Die Dorfgemeinschaft, so wie sie im Roman dargestellt wird, weist eine ziemliche Geschlossenheit sowohl wirtschaftlich als auch kulturell auf. Jeder in dieser Gemeinschaft hatte seinen fest gefügten Platz innerhalb der Nachbarschaften, von denen ihm auch seine Rechte und Pflichten von der Wiege bis zur Bahre zugewiesen wurden. Das für alle verbindliche Brauchtum - man trug z.B. durchgehend die Volkstracht - verstärkt noch den Zusammenhalt. Anlässlich der ausführlich im Roman beschriebenen Brauchtumsfeiern, wie z.B. des Weihnachtsfestes, wo ein Turmbläser das alte Kirchenlied "Puer natus in Bethlehem" wiedergibt, wird darauf hingewiesen, dass dieses Brauchtum so alt sei, dass es gewiss noch aus der Urheimat vor mehr als 700 Jahren mitgebracht wurde. Bei der ebenfalls ausführlichen Auflistung der Handgriffe bei der Weinlese, wird des gebogenen Rebenmessers Erwähnung getan, dessen gleichlautende Bezeichnung ("heep") wie im Rheinland auf die Urheimat der Sachsen hinweise.

Die Blasmusik, die so genannten "Adjuvanten" und der "Männerchor" gehören ebenfalls zu den Traditionen einer sächsischen Gemeinde. Sie begleiteten kirchliche und soziale Ereignisse des Dorfes, wie Taufen, Hochzeiten oder Begräbnisse.

Die Bauern waren um die damalige Jahrhundertwende mit wirtschaftlichen Problemen besonderer Art konfrontiert, wie z.B. Veräußerung des Bodens, die Auswanderung nach Amerika, bedingt, besonders im Weinland, durch das Überhandnehmen der Reblaus, Geburtenrückgang u.a. Die Pfarrer konnten, so sie ein Gewissen hatten, ihre Bauern nicht vor diesen Problemen allein lassen, sie lebten oft eine zupackende landwirtschaftliche Tätigkeit vor, wie das z.B. im Passus über die so genannten "Pfarrer-Bauern" des Schwarzwasser-Kapitels zur Sprache kommt. Der Autor-Erzähler nimmt in fast allen wichtigen Problemen, beginnend mit den wirtschaftlichen, eine konservative Stellung ein; so in der Frage der Zusammenlegung des Bodens, der so genannten Kommassation, eine für die moderne Landwirtschaft unerläßliche Maßnahme, die Waldhütter alias Roth ablehnt, weil sie den Gemeinsinn schwäche, zur Proletarisierung und als Folge davon zur Auswanderung führe. Er erwirbt ein Gut in Siebenbürgen, das er später, durch geschickte Schachzüge vor der Enteignung durch die rumänische Regierung rettet und bewirtschaftet eine Zeitlang in Vertretung den von seinem Gegenvater Brinkmann nachgelassenen Besitz in der Mark Brandenburg, bis dieser von seiner Tochter Annelore übernommen wird.

Dieselbe bewahrende, im Grunde fortschrittsfeindliche, Haltung nimmt Waldhütter und der Kommerzienrat Brinkmann als Sprachrohr des Autors in wirtschaftlichen Problemen von großer Subtilität ein: der Berliner verliert den Glauben an das Börsensvstem, weil es krisenanfällig sei und kauft Grundbesitz und Immobilien in Siebenbürgen.

Mit geringem schriftstellerischen Geschick, weil durch direkte Charakterisierung, läßt der Autor vor unseren Augen eine Galerie von Dorfbewohnern von ihren sozialen Spitzen bis hin zu den "Außenseitern" erstehen, wobei der Typisierungsgrad ziemlich hoch ist. Die indirekte Art, durch Handlungen, wäre gelungener gewesen. Dabei werden soziale Gegensätze nicht eingeebnet : der städtisch gekleidete Kleinkrämer, der, außer den Spitzen des Dorfes (Amtmann, Notar, Richter, Pfarrer usw.) allen

einen 100% Aufschlag berechnet, der "Stadtflüchter", der unkirchlich eingestellt als "schlechter Volksfeind" dargestellt wird, und sich der ungebrochenen Autorität des Pfarrers schließlich beugen muss; der sich in Besitzgier Verzehrende, der aus Amerika als gebrochener Mann Zurückkehrende haben ihren Platz in die Darstellung neben Außenseitern wie Alkoholikern, Frauen von leichtem Sittenwandel oder dem Dorftrottel.

Der Schule und ihren Vertretern kommt im Roman auch ein angemessener Platz zu, konnte sich doch das siebenbürgische-deutsche Bildungssystem mit jenen Mitteleuropas messen; so geht es auch in "Andreas Waldhütter" um den Bau einer neuen Schule, die eine Gesinnung der Treue, des Gewissens und des evangelischen Glaubens vermitteln sollte. Die Lehrer nehmen in der Gemeinde eine Mittelstellung ein: sie werden wegen ihrer Bildung geachtet, haben aber ein geringes Einkommen. Sie sind weniger Männer der Wissenschaft als des pragmatischen Zupackens und werden auch mit einem Anflug von Humor dargestellt: da sehen wir den Rektor Wilhelm Falk, einen lebensfrohen Sohn des Weinlands, der den Unterricht vernachlässigt aber Ungarisch (die Staatssprache) kann. Ihm zur Seite steht der Konrektor und der Prediger Alfred Broser, der zwar Interesse für die Theologie aufbringt aber nur mit geringen Geistesgaben ausgestattet ist. Ergänzt wird die Reihe der Pädagogen durch den 60-jährigen Kantor, Robert Walmen, einem Gegner aller Neuerungen des Unterrichts und der Erziehung.

Gemäß der Autorenintention im Untertitel, einen "siebenbürgischen Pfarrerroman" zu geben, wird diesem Thema ein breiter Platz im Roman eingeräumt. Schon am Anfang des Werkes wird eine Begründung der Berufswahl des Protagonisten gegeben: er sei Pfarrer geworden, weil es eine höhere Laufbahn im sächsischen Gemeinwesen nicht gegeben habe. Die Situation in den Gemeinden sei eine missliche, wegen der Armut können sich die Hälfte keine Pfarrer mit Diplomabschluss leisten und mussten mit Seminaristen Vorlieb nehmen. Indem er eine Anzahl von Pfarrern seines Kapitels vorstellt, nimmt er zu damaligen Problemen der Landeskirche Stellung. Der Pfarrer Gunesch z.B., sei von altem Schlag, nehme es mit der Bibelauslegung nicht so genau, sei dafür aber von einem tätigen zugreifenden Christentum. Waldhütters Freund, Schochterus, eine der liebenswerten Figuren des Romans, gehe auf die Religiosität der Bauern zu, in der noch viel Heidentum stecke. Auch hier werden Widersprüche nicht wegstilisiert - ein Amtsbruder nimmt sich das Leben, weil er mit den sich vor ihm auftürmenden Problemen nicht zurecht kommt, erhält aber ein christliches Begräbnis, das von der Gemeinde getragen wird, ein Zeichen der Toleranz und Menschlichkeit.

Andreas Waldhütter ist ein Seelsorger, der es sich nicht leicht macht, er tritt in einen verständnisvollen Dialog mit den Abweichlern und beklagt es, dass die Bürokratie der Theologie den Rang abgelaufen habe, missbilligt auch die Vetternwirtschaft in der Landeskirche. Er schickt regelmäßig Eingaben an den Bischof, von denen einige auch von Erfolg gekrönt sind, so wird z.B. ein Fortbildungsunterricht bei jungen Vikaren eingeführt. Auch wendet er sich gegen die Vernachlässigung der Theologie im Pfarrberuf und die Überbetonung des Materiellen; wichtig für die Völker sei auch, dass der rechte Geist in ihnen lebendig gehalten werde. Mit der Theologie nimmt er es sehr ernst: "Denn jede Unterlassung ist Schuld, und mangelnde Einsicht ist Vergehen am Heiligen Geist."

Um dem Gefühlsleben seiner Schäfchen näher zu sein, predigt er für die Wiedereinführung der Predigt in sächsischer Mundart und versucht sich auch in der Übersetzung der Bibel (des Neuen Testamentes) in das Siebenbürgisch-Sächsische und liegt damit, wie mit den meisten seiner Unterfangen und Pläne, gegen den Fluss seiner Zeit.

Ein Problemkomplex, dem hier noch nachgegangen werden soll, ist jener der Positionierung des Protagonisten als Vertreter sächsischer Intelligenz, auch deckungsgleich mit des Autors Ansichten zu dem "Mutterland" Deutschland. Das Aufgehen Andreas Waldhütters in den Reihen der siebenbürgischen Gemeinschaft ist der eine Teil dieses Problems, es wird schon unmissverständlich im Untertitel als "siebenbürgischer" Pfarrerroman angesprochen, außerdem endet der Roman mit einem Ausspruch in der Mundart, einem alten Gebet "Herr, hälf es zem Fridden". ("Herr, beschere uns den Frieden.")

Andererseits sieht er sich und die ihn tragende Gemeinschaft auch als einen Teil des großen deutschen Muttervolkes, allerdings nur auf die Sphäre geistiger Werte bezogen. Es heißt an einer Stelle des Romans, dass die Siedler weiland ein Stück Deutschland in ihre Arme genommen und es in diesen Boden eingepflanzt hätten. Die geistigen Beziehungen zu Deutschland werden intensiv gepflegt, wie das seit Generationen Tradition war. Andreas Waldhütter dokumentiert sich für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Rechtsgeschichte in München und unterhält Kontakte, auch gesellschaftlicher Natur, zu den Vertretern deutscher Hochschulen oder dem Verein für das Deutschtum im Ausland. Allerdings ist die Sicht, nach beiden Seiten hin, klischeehaft. Einerseits sieht Waldhütter als verbindendes Glied mit dem Mutterland "Treue als Wesen des Seins" und huldigt damit der festgefahrenen Meinung, dass die Treue ein Primat des Deutschtums sei, andererseits sind die Deutschen in der Beurteilung der Siebenbürger Sachsen bereit, ihnen den "Exotenbonus" zu gewähren. "Reichsdeutsche" Professoren, die im Urlaub aus landeskundlichem Interesse Siebenbürgen besuchen, sind darüber erstaunt, hier ihnen ebenbürtige Intellektuelle anzutreffen. Als Zeichen dieser Ebenbürtigkeit, die von einigen doch anerkannt wird, bietet man dann Waldhütter einen Lehrstuhl an einer deutschen Universität an. Ein anderes Klischee ist jenes des "urwüchsigen Ostens": Melitta sieht diese Ursprünglichkeit der Siebenbürger als einen Anziehungspunkt für sie an.

In den Stellungnahmen deutscher, rumänischer (und nicht nur)Politiker wurde und wird immer wieder auf die "Brückenfunktion" hingewiesen, die der deutschen Minderheit auf dem Weg unseres Landes nach Europa zukomme. Wenn heute, angesichts unserer dezimierten Minderheit, von dieser Brückenfunktion gesprochen wird, um wie viel gewichtiger muss das Problem vor 100 Jahren gewesen sein, als diese Minderheit noch intakt war. Viktor Roth sieht das so: "Und den Sachsen in Siebenbürgen ist die Aufgabe zugewiesen ... in Bildung und Gesittung, im Schaffen und Leisten, im Wollen und Glauben das Beispiel wahren Europäertums aufzurichten." [Hervorhebung Wagner]

Wenn heute Europa als "näher denn je" empfunden werden sollte, so ist das bloß eine Wunschvorstellung, wir befinden uns nämlich auf dem Weg zurück nach einem Europa, das obigen Wertvorstellungen entspricht, und das wir, bedingt von mehr als einem halben Jahrhundert undemokratischer Verhältnisse, verlassen mussten. Damals, vor 100 Jahren, waren wir ein Teil Europas, durch Gemeinsamkeit der Werte, der Traditionen, der Religion, Kultur und anderem.

Anhand der Darstellung der Beziehungen Waldhütters zu den beiden Frauen aus seinem Leben, seiner Ehefrau Melitta und Susanna, sollen einige Höhepunkte aber auch Schwachstellen Rothschen Erzählens analysiert werden. In der Beschreibung des liebreizenden Wesens Melittas, der verwöhnten Großstadttochter, lässt sich der Geschmack des kunstsinnigen Autors leicht erkennen. Es heißt von ihr, dass sich ein Hauch ihres Wesens über alle Dinge breite, die sie berühre, ihr Sinn verleihe den Gegenständen Leben und Ausdruck. Einen gewissen Höhepunkt in dem handlungsarmen Roman stellt die Szene des sommerlichen Glücks in dem mittelalterlichen Schloss dar, die gleichsam von dem sich schon anbahnenden Gewitter todesüberschattet ist. Der Autor hätte die Szene des todbringenden Gewitters (die zarte Frau holt sich eine Lungenentzündung, der sie erliegt), als symbolische Überhöhung, weiter ausbauen können.

Wahrscheinlich versagt seine Kunst vor der Darstellung der Sterbezimmerszene, denn er lässt Waldhütter und den Arzt im Garten auf und ab gehen. Dessen erster Rückzug ins Gebirge bleibt noch im Bereich menschlich verständlicher und nachvollziehbarer Reaktionen mit seinem emotionalen Argument gegen die Gottheit, die so etwas zugelassen hat: "Hier wollte er mit seinem Schicksal Abrechnung halten, seinen Gott verstehen und sich selbst begreifen."

Nach Wochen richtet er sich an dem Paulus-Wort auf über die Bestimmung alles Sterblichen zu Leid und Tod. Die Beziehung des Autors zum Apostel scheint eine enge gewesen zu sein, da an mehreren Stellen des Romans Bezug auf Paulus genommen wird.

Susanna, die Tochter des Kurators, sticht schon unter den Konfirmandinnen hervor, auch wenn die Wortwahl "wie eine Prinzessin" überzogen scheint. Da sie offenbar "zu Höherem" bestimmt ist, wird sie auf das Anraten Waldhütters hin in der Stadt als "höhere Tochter" erzogen. Doch, oh Schreck, das Mädchen ist zu leidenschaftlich, was beschwichtigend mit ihrer angeblichen Herkunft von einem italienischen Offizier erklärt (oder entschuldigt?) wird. (Als hätten die sächsischen Frauen und Mädchen nicht auch zuweilen die Röcke gelupft). Diese Leidenschaftlichkeit äußert sich zunächst in Worten: "Und wenn ich zugrunde ginge, ich täte doch, was mein Glück verlangt." (S 188). Sie will ihren Glücksanspruch verfechten, ihre natürliche Humanität ausleben. Noch bewegt sich die Beziehung im Geistigen, im Bereich der Kunst. Ihr Klavierspiel von Friedemann Bachs Vertonung des einzigen Liebesgedichtes seines Vaters, wie es im Roman heißt, von "Willst du dein Herz mir schenken. so fang es heimlich an" ist eine denkbar innige und zarte Liebeserklärung, wird aber von dem, an den sie gerichtet ist, erst später verstanden.

Vielleicht sind Viktor Roth die Künstlernovellen Thomas Manns vorgeschwebt, als er das Motiv der Zusammenbindung von Kunst und Debilität verwendete. Susanne muss ihr Musikstudium am Leipziger Konservatorium aus Krankheitsgründen unterbrechen und stirbt später an einem Herzversagen.

Nachdem in psychologischer Distanz über das Überhandnehmen der gegenseitigen Gefühle berichtet wird, (die Beziehung steuere auf "Intimität" hin, sie nehme in seinem Leben einen "unverrückbaren" Platz ein, er könne sie aber aus Rücksicht auf das Andenken an seine Frau, nicht "ganz an sein Leben fesseln") kommt es dann zur leidenschaftlichen Vereinigung, wobei das Mädchen die Aktive ist.

Die verwendete Sprache ist, wenigstens für unser heutiges Empfinden, zu schwülstig. Nachdem er sich durch ihr Spiel "...von den Tondichtungen der alten Meister über alle Erdenschwere in die Vorhalle paradiesischer Losgelöstheit" hatte emportragen lassen, (141), "beugte ihn sein Blut herrisch unter dem Sturm des Verlangens. Andreas nahm, was Susanne ihm schenkte." Man könnte sich fragen, ob er ihr seinerseits nichts zu schenken hatte.

Einen Schwachpunkt des Romans scheint uns Waldhütters Entschluss, sich nunmehr in die Einsamkeit des Gebirges zurückzuziehen, darzustellen, was auch von dem Herausgeber in seinem "Editionsbericht" vermerkt wurde.

Er habe, so schreibt Joachim Wittstock, die Gründe für dieses Eremitendasein auf die Richtung zum Arbeitsethos hin verlagert (die Übersetzung des Neuen Testaments und die Ausarbeitung einer siebenbürgischen Rechtsgeschichte), die vom Autor bevorzugten Gründe aber eliminiert, weil sie (vor allem heutzutage) nicht stichhaltig seien: sein Schuldgefühl der verstorbenen Gattin Melitta und der Kirchengemeindegegenüber, die von der Romanze mit Susanna verursachte Gewissensnot, die "Bußbereitschaft ungewöhnlicher Intensität."

In der "sächsischen Welt", aus der er verschwindet, in der er gedient habe "als einem Stück des ewigen Reiches unseres Herren" (S 200), hatte und hat, so möchten wir hinzufügen, die Liebe ihren willkommenen und fest gefügten Platz. Die Argumentation ist auch dort brüchig, wo er zwar vorgibt, um des Andenkens Melittas wegen sich seiner neuen Liebe nicht verbinden zu können, ein lebendiges Zeugnis der ehelichen Verbindung mit Melitta, die Tochter Annelore, aber verlässt. Den Sinn seiner Selbstverbannung findet er nach eigenen Aussagen, in einem Wort des Heiligen Augustinus begründet: "Meine Seele ist unruhig in mir. bis sie nicht ruhig wird in dir" (S 211). Später fasst er sich und findet einen Lebenssinn "denn in seinem Lauf war Gelegenheit des Schaffens und Möglichkeit der Weltgewinnung." (S 225)

Mit der Übersetzung des NT ins Sächsische will er der Gemeinschaft, der er entsprossen ist, einen Dienst erweisen.

Er verläßt diese selbstgewählte Einsamkeit, getrieben von der Einsicht, dass ihn nur Eigensucht und Selbstgenügung hergebracht hätte. Das lässt eine Distanzierung des Erzählers zu seinem Protagonisten erkennen.

Es wurde angemerkt, dass der Roman auch seiner Naturschilderungen halber lesenswert sei. Viktor Roth war zwar auch Jäger (übrigens eine seltsame Paarung mit dem Pfarrerberuf), aber die Passagen, die der Karpatenwelt gewidmet sind, erlauben keine, oder nur sehr wenig Parallelen zu den siebenbürgischen Natur- und Jagdschilderungen eines Emil Witting, Richard Jakobi oder Oskar Paulini, wo die Natur- und Jagdbeschreibung zum Selbstwerk wird. Es gibt zwar auch hier gelungene Tierbetrachtungen z. B. eine Auerhahn-Balz (Waldhütter ist eher Heger denn Jäger und schießt nur Raubwild), aber die Gebirgskapitel haben im Roman, unseres Erachtens, wie schon einmal hingewiesen wurde, nur einen kompositorisch bedingten Wert, als Möglichkeit der Weltflucht des Protagonisten. Andreas Waldhütter vertieft sich in eine Naturmystik. nähert sich pantheistischen Auffassungen: "Sein Gotteshaus war nun der Dom des Waldes mit dem Säulenheer der Fichtenstämme, die Frühgotik der bauenden Schöpfung. Seine Orgel war das Adagio des Abendwindes und das Fortissimo furioso des Sturmes zur Tag- und Nachtgleiche, wo krachende Bäume im Sturz die Pedale traten und der Nordwind die Register zog. Der Sternenhimmel über ihm, der in der Kälte des Januars in unwahrscheinlichem Glanz leuchtete, wurde ihm zum Lehrbuch der Glaubenslehre und der Sonne und alles, was zum Licht empordrängt, zum Glaubensbekenntnis" (S 211). Auch hier kann man das künstlerische Empfinden des Autors erkennen.

Man mag sich abschließend die Frage nach dem Aktualitätswert dieses Werkes stellen, dass ans Licht der Öffentlichkeit geholt wurde, als viele der hier behandelten Probleme nicht mehr von großer Aktualität waren. Wenn es auch gewiss nicht zu den Glanzleistungen der siebenbürgisch-deutschen oder gar rumäniendeutschen Literatur gehören wird (hier wagen wir eine Antizipierung der Rezeptionswirkung), so wird es durch die Konservierung verschiedener Realien des Lebens in unserer Gemeinschaft vor einem Jahrhundert für uns Nachgeborene doch zumindest von dokumentarischem Wert sein. Vielleicht können wir uns die auf unsere heutige Lage vorausgreifenden Worte mitnehmen: "Wir wollen nicht ängstlich fragen, ob es noch lohnt und nützt, sich in die Bresche zu werfen. Das Leben und Bestehen der Völker ist niemals an die Vorbedingung der Zahl und der äußeren Macht gebunden gewesen. Immer war es die Kraft. die Gott gibt und die allein unüberwindlich ist. Wer seinen Brüdern hilft, zu solcher Kraft zu gelangen, der tut das Größte. was er zu wirken vermag..." (S 267)

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Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 20.10.2007

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