Rumänien Rundbrief von Andreas Merker

Liebe Leserinnen und Leser,
zunächst möchte ich mich herzlich bedanken für die gute Zahlungsmoral. Nach Einführung der "Förderabos" haben viele von Euch / Ihnen freiwillig den höheren Betrag bezahlt, so daß wir auch weiterhin an finanzschwache Leser/innen in Rumänien kostenlos liefern können. Ferner besteht die Idee, ein Honorar für bestimmte Beiträge und Fotos an Autoren aus Rumänien (10 DM je gedruckte Seite) zu zahlen. Das betrifft z.B. politische Hintergrundberichte, aber auch Reiseberichte und Beiträge aus dem normalen Alltagsleben. Damit wollen wir versuchen, den Rundbrief noch vielseitiger zu machen. Wir bitten um Bekanntmachung bei Euren / Ihren Bekannten und Verwandten in Rumänien. Kontaktadresse: Klaus-Dieter Untch, str. Libertaţii 7, RO-2300 Făgăraş, Tel.+Fax 068 / 213 460. Artikel in rumänischer Sprache werden dort übersetzt, deutsche Beiträge können auch direkt an die Redaktion geschickt werden.

Diese Ausgabe erscheint ohne Bestellcoupon, da die Post letztens (zum Glück nur) einen Rundbrief als "Büchersendung" zurückgewiesen hat, weil sie ihn als für diese (um 1,50 DM billigere) Versandart nicht erlaubte Preisliste betrachtete. Anbei war eine Kopie aus den Allg. Geschäftsbedingungen der Post, die einen solchen Wust an unübersichtlichen Bestimmungen enthielt, daß bei genauer Befolgung wohl die Hälfte aller Bücher durch eine Prüfung fallen würde. Alle auf den letzten Coupons aufgeführten Artikel sind nach wie vor lieferbar.

Adressen werden nach wie vor kostenlos veröffentlicht. Wir bitten bei Umzügen um Information, um stets den aktuellen Stand zu haben, folgende Adressen im "Extra 1998" sind nicht mehr aktuell: Marschall SNC (Neuss), Romania Touristik (Frankfurt/M.), Spiecker Reisen (Rheineberg), Chopin Tourist (Mannheim). Die neuen Adresssen sind der Redaktion z.Zt. nicht bekannt. Ivan Tours wurde bereits 1995 von Intertouring (beide Frankfurt/M.) übernommen.

Endlich hat jetzt auch unser "Info- und Lesecafé" offen. Vorerst Di, Do, Fr von 16-20 Uhr in der Ludwigstr. 37 in Halle. Dort gibt es Bücher zu vielfältigen Themen (u.a. Rumänien). Rumänien war ja auch Thema der Buchmesse in Leipzig vom 26.-29.3.1998, es war aber noch keine Zeit das Material gründlicher zu sichten. Rezensenten sind herzlich willkommen! Aus Zeitgründen verschoben wird auch die im "Extra 1998" angekündigte Rezension von "Reiseland Rumänien". Dringend benötigt wird auch redaktionelle Mitarbeit z. B. im Hinblick auf das Eintippen von Nachrichten in den Computer.

Abschließend laden wir alle recht herzlich zu unserem Rumänientag am 13.6.1998 in Halle ein, Jugendliche von 14-21 außerdem zum Camp "Abenteuer Transsilvanien" im August und zum Vorbereitungstreffen nach Elben (Saalkreis) vom 5.-7.6.1998 (Näheres unter "Tips und Termine"). Andreas Merker

Sportklettern in Rumänien

Liebe Rumänien Freunde, ich habe zwei Eurer Rundbriefe gelesen und freue mich, daß es eine solche Initiative gibt. Ich selbst fahre seit 1988 regelmäßig nach Rumänien und habe sehr viele positive Bekanntschaften gemacht und auch Freundschaften geschlossen.

Meine Passion ist neben dem Bergsteigen und Wandern vor allem das Felsklettern, worin ich zur Zeit auch beruflich engagiert bin. Im Jahr 1993 habe ich zusammen mit Freunden einen Kletterführer (Sportklettern in Rumänien) verfaßt, der inzwischen vergriffen ist. Intention des Führers war, daß möglichst auch Sportler aus Deutschland in das Land kommen und helfen, dort Erst Erstbegehungen zu machen und Kletterrouten einzurichten. Da die rumänischen Kletterer große (Visums-)Probleme beim Verlassen des Landes haben, freuen sie sich über jeden Kontakt zur europäischen bzw. internationalen Kletterwelt.. Besonders fehlen ihnen die finanziellen und technischen Möglichkeiten, sichere Kletterwege in ausreichender Anzahl einzurichten. Deshalb möchte ich die phantastische Felsenwelt des Landes auch deutschen Freunden der Vertikalen nahebringen. In der Zwischenzeit gibt es auch wieder neue Klettergebiete im Lande, so daß ich über eine Neuauflage des Führers nachdenke. Um auszuloten, ob dafür das Interesse vorhanden ist, mochte ich Euch bitten, mich unter dem Stichwort Kletterführer in die Adressenliste aufzunehmen. Weiterhin würde ich bei Bedarf auch einen Artikel über das Klettern in Rumänien für den Rundbrief verfassen.

Ich hoffe, eine Zusammenarbeit kommt zustande, herzliche Grüße: Gerald Krug, Martha-Brautzsch-Str. 16, 06108 Halle, Tel. 0177 / 278 1007.

Begegnungszentrum "Pfarrhof Seiburg / Jibert" in Siebenbürgen, Rumänien

Urlaub, Rüstzeiten, Seminare, Freizeiten

Ende 1996 wurde in der Kirchgemeinde Reinsberg ein Ausschuß gegründet, der zum Ziel hat, die Partnerschaft zwischen der Kirchgemeinde Seiburg A.B. (rum. Jibert) und unserer Kirchgemeinde zu festigen. Die Aufgabe des Ausschusses besteht insbesondere im Aufbau und Betrieb des Pfarrhofes als Begegnnungsstätte zur Förderung des Kontaktes zwischen Jugendlichen aus Osteuropa und Deutschland. Da der Pfarrof schon mehr als 10 Jahre leer stand, kam die Idee, das Haus wieder für gemeinschaftliche Zwecke zu nutzen.

Der Pfarrhof ist malerisch gelegen. Das Haus verfügt über eine einfache Ausstattung mit 20 Übernachtungsplätzen, küche, Bad, Trockenklosett, großem Gemeinschaftsraum und Selbstversorgung. Bettzeug oder Schlafsack sind selbst mitzubringen. Der Preis je Übernachtung beträgt 5 DM pro Person. Das Pfarrhaus ist aufgrund seiner Räumlichkeiten sehr gut für Familien geeignet. Die Koordination vor Ort übernimmt ein Zivildienstleistender.

Kontakt: Holm Patzig, Parohia Evanghelică C.A. Jibert, RO-3030 Jibert, str. Principală 1, jud. Braşov. oder Ev. Luth. Pfarramt Reinsberg, Pfr. Michael Rentsch, Kirchgasse 6, 09629 Reinsberg. Tel. 037 324 / 7548, Fax 7362. Spendenkonto: Kirchgemeinde Reinsberg / Rumänienkonto-Nr. 105 050 500, BLZ 850 951 64, Landeskirchliche Kreditgenossenschaft Sachsen.

Ausflugsziele in der Umgebung: Wanderungen durch die Wälder, Siebenbürgische Kirchenburgen, Stadtbummel durch Schäßburg (Sighişoara, 60 km), Kronstadt (Braşov, 80 km) oder Hermannstadt (Sibiu, 80 km), Wanderungen und Wintersport im Fogarascher Gebirge, die Salzseen von Ocna Sibiului, Burg Bran und Sinaia.

Projekt Freizeitheim für Kinder und Jugendliche in Seligstadt

In der evangelischen Kirchengemeinde A.B. Fogarasch wird ein besonderer Akzent auf Kinder- und Jugendarbeit gelegt. Die Voraussetzungen sind hoffnungsvoll: 180 Kinder besuchen den evangelischen Religionsunterricht und etwa 30 Kinder und Jugendliche die Gottesdienste der evangelischen Gemeinde, die 311 Glieder zählt. Um diese Kinder und Jugendlichen zu fördern und damit ihre Integration in die Gemeinde zu erleichtern, wäre ein Freizeitheim in der Nähe von Fogarasch (rum. Făgăraş) etwas sehr Schönes.

In besonderer Weise bietet sich dafür die Kirchenburg in Seligstadt (rum. Seliştat) an. Sie ist eine der ältesten Kirchenburgen in Siebenbürgen. Die frühgotische Saalkirche wurde zu Beginn des 14. Jh. gebaut als Schutz gegen Einbrüche der Tatare, Türken und Kuruzen. Das Pfarrhaus wurde vor zwei Jahren von innen ausgemalt und ist gut bewohnbar. Trotzdem ist noch sehr viel zu tun. Wir rechnen mit Ihrer Unterstützung.

Erste Schritte der Verwirklichung sind unternommen wurden: Holz sägen, Matratzen und Geschirr herbeischaffen, Waschmaschine, Kühlschrank und Ofen hineinstellen... Danach haben wir bereits ein erstes Konfirmandenwochenende verbracht, miteinander lernend, arbeitend, singend, brotbrechend und betend. Daß es keine Wasserleitung gibt, stört keinen, sondern trägt eher noch dazu bei, daß alles abenteuerlicher wirkt.

Unsere Hoffnungen: Nächste Schritte sind das Setzen von drei Öfen und Betten, Schränke etc. zu besorgen. In Perspektive denken wir an eine Wasserpumpe, die Herrichtung der Küche und des Badezimmers und nötigste Arbeiten am Dach. Wir haben uns vorgenommen, mit den Jugendlichen im Sommer Fenster und Türen zu streichen und die Auffahrt in den Pfarrhof herzurichten. Der Leipziger Bauingenieur Jens Pietsch hat sich bereiterklärt, von Mai bis Juni mit einigen Freunden kostenlos die wichtigsten Sanierungsarbeiten an der Kirchenburg vorzunehmen.

Der Erfolg ist auch vom Mammon abhängig. schon mit kleinen Beträgen ist einiges getan. Bei Summen über 500.000 Lei oder 200 DM berichten wir Ihnen unaufgefordert, bei welchem Teilprojekt wir Ihr Geld eingesetzt haben. Auch sonst geben wir Ihnen gerne Auskunft. Evang. Pfarramt A.B. Fogarasch, Piaţa Republicii 16, RO-2300 Făgăraş, Tel.+Fax 0040 / 68 / 211 994. Überweisungen bitte an Parohia Evanghelică C.A. Făgăraş, Vermerk: Freizeitheim Seligstadt. Bankverbindung: Banca Comercială Română Filială Făgăraş, cont: 472 141 000 610 (DM) oder 451 0156 201 (Lei).

Anm. d. Red.: Seligstadt (Seliştat) liegt ca. 25 km nördlich von Făgăraş und ist zu erreichen über şoarş und Bârcut. Die unter Seiburg / Jibert genannten Ausflugsziele treffen im Wesentlichen auch für Seligstadt zu.

Aktivitäten und Projekte der Initiative Rumänien e.V., Dresden

1997 fuhren Mitglieder und Freunde der Initiative regelmäßig nach Rumänien. Dabei wurden bei fünf Hilfstransporten ca. 400 Pakete transportiert, Hilfsgüter für das Krankenhaus in Reps und das Gästehaus in Tartrang befördert, Projekte finanziell unterstützt sowie unsere Aktivitäten vor Ort koordiniert.

Das Gästehaus in Tartrang (Tarlungeni)

Im Dorf Tartrang, 12 km östlich von Kronstadt (Braşov) am Rande der Karpaten gelegen, baute die ungarische evangelische Gemeinde ein Gästehaus auf dem Grundstück des Pfarrhofes. Das Haus soll Gruppen und Einzelpersonen unterschiedlicher Nationalität als Stätte der Erholung und Begegnung offen stehen. Im Haus wurde eine Ferienwohnung, ein Gruppenschlafraum und ein Aufenthalts- sowie Speiseraum eingerichtet. Als Nutzung sind Ferienaufenthalte von Familien und Kindergruppen (u.a. aus rumänischen Kinderheimen) oder Rüstzeiten vorgesehen. Wird aus dem Projekt Gewinn erzielt, so ist geplant, dieses Geld wieder in soziale Projekte für Dorf und Gemeinde einfließen zu lassen. Ein Kooperationsvertrag zwischen der ungarische Gemeinde in Tartrang und der Initiative Rumänien e.V. wurde im Juli 1997 unterzeichnet. Das dringend notwendige Geld für den Weiterbau haben wir der Gemeinde übergeben. Bis zum letzten Sommer ist der Ausbau zügig vorangekommen, so daß bereits eine Gitarrenrüstzeit und ein Ferienlager mit zwanzig Kindern aus Arbegen stattfinden konnten. Auch zu Weihnachten wurden wir herzlich aufgenommen und konnten uns so den fast 200 Paketen widmen. Nun wollen wir das Projekt in Deutschland bekannt machen. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit privat oder als Gruppe nach Tartrang zu fahren und dort den Urlaub oder eine Rüstzeit zu verbringen.

Das Haus in Deutsch-Weißkirch (Viscri)

Ab Herbst ´97 betreuen die beiden Bukarester Anton Hoinic und Veronica Tulpan das Haus Nr.71. Auch in diesem Jahr steht das Haus für Gäste offen. Bei größeren Gruppen bitten wir um Anmeldung. Neben der Instandsetzung des Hauses werden sozial schlecht gestellte Dorfbewohner mit verschiedenen Hilfeleistungen unterstützt. Für dieses Jahr ist wieder ein Einsatz von Bukarester Architektur-Studenten zur weiteren Renovierung und Erhaltung der Kirchenburg geplant.

Literaturtips: * "Ohne Heim ohne Grab" von Rajko Djuric, Aufbau Verlag, sehr empfehlenswert für alle diejenigen, welche mehr über die Geschichte der Roma wissen möchten.* "Das Koch- und Backbuch meiner Mutter" von Olga Farca im Eigenverlag für die Gourmetfreunde. Ein unterhaltsames Kochbuch mit historischen Anmerkungen über die Kochkunst und Bräuche der Banater Schwaben.

Initiative Rumänien e.V., PF 100302, 01073 DresdenBüro: Ökumenisches Informationszentrum (ÖIZ), Zi.415, Kreuzstr.7, Tel. 0351-4923370 (nur Mi 17.30 -19.00), Fax 03529-523062. Spendenkonto: Nr. 300 006 086, LKG Sachsen (BLZ 850 951 64).

Für weitere Informationen den Rundbrief der Initiative anfordern (direkt oder bei uns für 1,10 Porto) oder in den Rumänienrundbriefen 1, 3, 5 und Extra 1998 lesen.

Katharina Markel, 1912 - 1998

Wer kennt sie nicht?

Wer kennt sie nicht, die "Tante", die alte Katharina Markel in Haus Nr. 158. In Deutsch-Weißkirch, auf den rumänischen Karten "Viscri" genannt. Als sie geboren wurde, 1912, gehörte der Ort zu Ungarn, und die Ungarn nannten ihn "Szászfehégyháza". Als Katharina zur Schule kam, war das oben an der imposanten Kirchenburg. Ihre Seele hat diesen Ort verlassen.

Heute, an einem schönen Sonntag, dem 1. März 1998, wird ihr irdischer Leib hier, nicht weit weg von Kirche und Schule, der Erde übergeben.

Ein Dorf trägt ihren Namen

Ich will Euch erzählen, was mich mit ihr verbindet. Ich schreibe und spreche für die vielen Menschen, für die Deutsch-Weißkirch ein Ort ist, der auch Katharina-Markel-Dorf heißen könnte. Manchmal werden Orte und Straßen nach bedeutenden Persönlichkeiten benannt, nach Menschen, die wir dann später, manchmal noch zu Lebzeiten, in den Konversationslexika finden können.

Katharina Markel wird sich einreihen in die Millionen von Ungenannten, der Grabstein wird, wie weitere zehn Grabsteine auf diesem Friedhof, den gleichen Namen tragen: Katharina Markel. Sie wird dort versenkt - und sie wird in unseren Herzen weiterleben - nicht einmal als Original, das sie zweifellos war - aber das sind wir alle, jeder und jede von uns ist eine eigene Schöpfung Gottes.

Das Besondere der Katharina Markel

Was macht für mich das Besondere an dieser Frau aus?

1993 war ich das erste Mal hier in Deutsch-Weißkirch. Wieviele Tage war ich im Dorf, bis jemand, vielleicht Axel oder Uta, die damals die Begegnungsstätte der Rumänien-Initiative Dresden verwalteten, sagten: Kommst Du mit zu Katharina Markel, zur Tante? Vielleicht waren wir drei, Maria, meine Frau, Dorothee, unser Töchterchen, und ich, das erste Mal gemeinsam dort in dem Haus Nr. 158, vielleicht hab ich später geschrieben: Eine kleine, knochige starke Frau mit blitzenden, lachenden, fröhlichen Augen, vielleicht hab ich auch geschrieben, wie ich's bei ihr und im Haus erlebte: vieles war ihr damals schon gleichgültig, muß alles blitzblank und sauber sein, um zu leben? Muß alles geordnet und gerichtet sein?

Gäste hatte sie von überall

Für die überwiegend jungen Leute aus der Dresden-Initiative und deren viele Gäste wurde Katharina Markel zur Institution, ein Besuch im Dorf war immer auch ein Besuch bei Katharina Markel - ich kann mir nicht vorstellen, daß jemand nicht bei ihr war. Später fragte sie nach allen, nach Axel und Uta, nach Kathrin und André, nach Radu und Heike, die ihr besonders ans Herz gewachsen waren. Keinen ließ sie aus, sie wußte, wer kommt und wie lange er oder sie bleibt. Sie war unterwegs, wie oft hab ich sie in der Nummer 41, später in der 71 gesehen, mit flinken Händen Äpfel zum Einwecken vorbereitend oder Krapfen backend, bei sich oder bei den Dresdnern.

Und stets hilfsbereite Hände

Sie konnte gut für sich sorgen und holte sich Hilfe für alles, was ihr wichtig war: Holz hacken und sägen, Reparaturen am Dach, Anstrich, Obst pflücken oder sammeln, ... Nie war sie geizig, sie bot mir Äpfel an aus dem Korb, ich nahm einen, und sie sagte: Na, nun nimm! Wer nicht richtig gibt, gibt nichts! Eine rumänische Familie sollte auf Verlangen der sächsischen Besitzer das von ihnen gemietete Haus in wenigen Tagen verlassen. Das Kind war gerade geboren. Katharina empörte sich: Das ist Sünde! Stets wußte sie, was sie sagte und was sie wollte.

Ich habe Stimmen gehört, die meinten, sie fantasiere. Mag sein. Auch Märchen haben ihre eigene Realität. Deshalb werden sie so gern gehört. Ich habe sie, Katharina Markel, deshalb geliebt. Manche Geschichte im Detail drei, vier, fünf Mal gehört, immer gleich und immer neu.

Der ungewöhnliche Reichtum der Katharina Markel

Ihr Leben war reich, und sie hat Reichtum hinterlassen in uns, in Euch, in allen, die ihr verbunden sind. Das wird zählen, nur das. Sie hat Menschen glücklich gemacht, indem sie heilte, Brüche und Wunden, vielleicht auch, lange mit ihrem Mann, dem Martin, zusammen, Seelen. Die Sachsen nannten sie liebevoll "Schiena-Tante", denn sie legte Hand und Schienen an.

Katharina Markel hört auf

Ich bin glücklich, daß wir, Maria und ich, sie bei uns in den letzten 8 Tagen ihres Lebens begleiten durften und konnten, daß wir sie Tag und Nacht behüteten, daß unsere Tochter und ihre Freundinnen und Freunde so gut Anteil hatten, wir haben für sie gesungen und mit ihr gebetet - und während sie sich der Worte immer mehr entsagte, öffneten sich ihre Ohren weit, sie hörte auf uns und sie hörte auf die Stimme, die sie rief - auf den, der uns bei unseren Namen rief - und der sie nun heimruft. Sie hörte auf ...

Harald Riese, Deutsch-Weißkirch, 1.3.1998

Adresse: Nr. 57, RO-3029 Viscri, jud. Braşov

Die Zigeuner / Roma in Rumänien

Die Roma in Rumänien leben in ca. dreißig eigenständigen Gruppen, die sich nach Stämmen und ihrer jeweiligen Beschäftigung unterscheiden. Allerdings haben eine Vielzahl dieser Gruppen ihre Muttersprache fast völlig vergessen. Nach Indien, dem Iran und Armenien wurde Rumänien das größte und bedeutendste Zentrum der Roma. Wann die Roma auf rumänisches Gebiet gelangt sind, ist nicht genau bekannt. Offiziell wird das Jahr 1417 erwähnt. In Siebenbürgen vermerkt ein Kronstädter Chronist 1416 über die Roma: Ihre Edelleute sind wohlgekleidet und ehrbar, sie sprechen viele Sprachen. Als erwiesen gilt, daß die Roma bald nach ihrer Ankunft in der Walachei und der Moldau zu Sklaven wurden. Je nach Eigentümern differenzierten sich die Roma-Sklaven in dem Staat gehörend, den Bojaren gehörend und den Klöstern gehörend. Roma wurden als Sklaven geboren und galten nicht als Rechtspersonen, sondern als Eigentum des Sklavenhalters. Für sie gab es einen speziellen Strafrechtscodex. Es gab besondere Gefängnisse für Roma-Sklaven, einige davon waren in privater Hand. In Rumänien existierten auch Sklavenmärkte. Verkauft wurden ganze Roma-Großfamilien. Ehen zwischen Roma und Nicht-Roma waren verboten, ebenso Ehen zwischen Roma verschiedener Besitzer. In Siebenbürgen wurde die Sklaverei 1853 abgeschafft. In Abhängigkeit vom Willen seines Herren konnte der Sklave die Freiheit erlangen und mit Genehmigung des Herrn auf dessen Gut ein Haus bauen. In solch einem Fall wurden die Roma zu Dienern, die für wenig Geld oder Naturalien arbeiteten. Die Sklavenhalter wurden reichlich entschädigt. Die Roma reagierten in unterschiedlicher Weise auf diese persönliche Freiheit. Es kam zu verstärkten Auswanderungen nach Bulgarien, in die Ukraine, nach Serbien, Rußland und Ungarn. Unter den in Rumänien gebliebenen Roma sind die Folgen der Sklaverei noch heute deutlich spürbar. Da es ihnen in der Vergangenheit untersagt war, ihre Muttersprache zu sprechen, haben viele Gruppen diese eben so vergessen wie ihre Bräuche und Kultur. Nur wenige Roma führten ihre traditionellen Gewerbe als Wandergewerbe fort. Bis 1929 ließ man die Roma seit Aufhebung der Leibeigenschaft in Frieden leben. Um 1926 wurden Bruderschaften gegründet, welche sich für gesellschaftliche Anerkennung und bessere Bildungschancen einsetzten. Im sozialen Bereich ging es um die Unterstützung notleidender Roma, die Betreuung der Kinder in Kindergärten und eine unentgeltliche Krankenbetreuung. Zur gleichen Zeit erschienen die ersten Roma-Zeitschriften. Rivalitäten und Spannungen zwischen den Verbänden und ihren Repräsentanten verhinderten jedoch eine kontinuierliche Umsetzung der Pläne der Roma-Organisationen. Schon 1944 arbeiteten die Kommunisten ein Programm zur Seßhaftmachung aller Roma aus. Ihr Besitz wurde konfisziert, viele Familien verloren dadurch ihr einziges Kapital und ihren traditionellen Schmuck in Form von Goldmünzen. Als Minderheit wurden die Roma fortan nicht mehr erwähnt, sie galten als lästig. 1977 verbot man ihnen ihre traditionellen Treffen, ihre althergebrachte Kleidung und verpflichtete sie zur Fabrikarbeit. Die Maßnahmen der Kommunisten waren darauf angelegt, Haß und Mißgunst zu schüren. Oft wurden Roma in Häuser einquartiert, die den nach Deutschland ausgereisten Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben gehört haben. Selber unmenschlich unterdrückt, richtete sich der Haß der Rumänen auf jene Gruppe, die auf der untersten Stufe der Gesellschaft stand. Amerikanische Forscher hoben hervor, daß die Roma "wie einst die Schwarzen in Amerika" behandelt wurden. Sie verrichteten die allerniedrigsten Arbeiten und lebten "wie die Hunde". Rein theoretisch war Rassenhaß zwar verboten, offiziell existierten auch keine Roma, sondern nur Asoziale. Am Sturz des Diktators Ceauşescu im Dezember 1989 waren Roma maßgeblich beteiligt. Der Direktor für Spionageabwehr gab später zu Protokoll: Die ersten, welche in den Revolutionstagen das Temeschwarer Inspektorat des Inneren ernstlich bedrohten, waren Zigeuner. Die Roma begannen sich nach der Revolution als freie Bürger zu fühlen. In vielen Stellungnahmen bekräftigten sie ihren Anspruch, als gleichberechtigte Bürger am Aufbau Rumäniens mitzuwirken. Es entstanden immer neue Roma-Vereinigungen und politische Parteien, die Entwicklung überschlug sich fast. Aber auch hier machten ständige Rivalitäten, Kompetenzgerangel und persönliche Differenzen es leicht, die Rechte der Roma zu mißachten. Die Roma wurden seitens des Postkommunisten Iliescu als nationale Gefahr stigmatisiert, da sie dem "Ansehen Rumäniens im Ausland" schadeten. Viele Roma versuchten in dieser Situation die Wohlstandsflucht nach Westeuropa. Die Mehrheit der Roma lebt nach wie vor in unwürdigen sozio-ökonomischen Verhältnissen. Sie leiden massiv unter der allgemeinen Wohnungsnot und der Arbeitslosigkeit. Finden Roma Arbeit, ist sie meist deutlich unterbezahlt. Als Folge der Industrialisierung des Landes mußten viele Roma-Gruppen ihr angestammtes Handwerk aufgeben. Nach dem Ende des Diktators Ceauşescu gibt es heute eine Vielzahl von Roma-Zeitungen. Nach langem Hin und Her wurde den Roma in Bukarest ein Gebäude für ein Kulturzentrum zur Verfügung gestellt. Seit 1995 gibt es sogar eine kleine Radiostation für Roma.

Demographische Faktoren:* Anzahl der Roma ca. 3 Millionen* 43 % der Familienmitglieder sind bis 16 Jahre alt* Das durchschnittliche Heiratsalter ist 17 Jahre bei Frauen und 18 Jahre bei Männern* Ein Fünftel der Frauen bekommt ein Kind unter 16 Jahren und die Hälfte aller Frauen vor Vollendung des 18. Lebensjahres* Jede Frau bekommt mindestens 5 Kinder* 62 % der Frauen kennen keine Verhütungsmethoden und 27 % treiben ab.

Soziale Faktoren:* Die meisten Roma leben in Familien, die aus 2, 3 oder sogar 4 Generationen bestehen* Pro Zimmer wohnen im Durchschnitt 3,87 Mitglieder der Familie * 58 % der Männer und 89 % der Frauen haben keinen Beruf* 32 % der Familienoberhäupter sind arbeitslos und nur 3 % der Roma bekommen Arbeitslosengeld* 27 % der Roma können weder lesen noch schreiben* 40 % der achtjährigen haben noch keine Schule besucht * Viele Roma-Kinder wachsen seit frühester Kindheit in Heimen auf bzw. werden ausgesetzt, weil ihre Eltern sie nicht ernähren und kleiden können.

Aus dem Rundbrief der Initiative Rumänien e.V., Dresden, März 1998

Freundeskreis Rumänienhilfe e.V. Chemnitz "Hoffnung durch Hilfe"

Rückblick:

Trotz zunehmender beruflicher Belastung eines jeden Vereinsmitgliedes konnten wir im zurückliegenden Jahr drei Hilfstransporte durchführen. Dabei stand die Versorgung und Betreuung unserer Projekte im Vordergrund. Durch den kontinuierlichen persönlichen Kontakt zu unseren rumänischen Freunden waren wir immer gut informiert und konnten auch kurzfristig auf entstandene Probleme reagieren. Einige Probleme konnten wir trotz gemeinsamer Bemühungen bis heute nicht beseitigen. Ein Beispiel: Das Kinderferienheim in Vlahita wird durch Oberlandleitungen mit der notwendigen Elektroenergie versorgt. In dem sehr dünn besiedelten Gebiet erhält, neben wenigen Bauerngehöften, noch ein Holzsägewerk Starkstrom aus diesem Netz. An Wochentagen ist die Gesamtspannung gerade ausreichend, während am Wochenende (wenn das Werk nicht arbeitet) Überspannung auftritt. So sind schon einige Motoren an verschiedenen Maschinen durchgebrannt.

Seit Bestehen unseres Vereins hat unsere Osterpaketaktion einen festen Platz. Im vergangenen Jahr konnten wir diese Aktion auch auf das Weihnachtsfest ausdehnen. Durch unsere Vermittlung von Adressen bedürftiger Familien entstanden inzwischen viele Kontakte. Viele dieser in Armut lebenden Menschen sind durch persönliche Schicksale wie Krankheit oder Tod von Angehörigen auf Unterstützung angewiesen.

Die kleinen wirtschaftlichen Fortschritte des Landes bringen diesen Menschen keine sichtbare Lebensverbesserung, da sie die neuen Konsumgüter nicht bezahlen können. Arbeitslosigkeit ist auch in Rumänien kein Fremdwort mehr. Eine Unterstützung wie in Deutschland gibt es nicht. Bei unserer Weihnachtspaketaktion erzählte man uns von einem verunglückten jungen Mann, der seine Frau und drei kleine Kinder zurück ließ. Daß auch an diese Familie ein liebevoll gepacktes Weihnachtspaket adressiert war, freute uns besonders. Viele der Empfänger können nicht lesen und schreiben. Wundern Sie sich bitte daher nicht, wenn Sie keinen unmittelbaren Dank erhalten.

Im Krankenhaus in Schäßburg wurde inzwischen ein Second Hand Shop eingerichtet. Dort werden gespendete Kleidungsstücke anderer Hilfsorganisationen angeboten. Der aus dem Verkauf resultierende Erlös wird zur schrittweisen Rekonstruktion des Krankenhauses verwendet.

Wir werden in diesem Zusammenhang immer wieder gefragt, warum wir keine Textilien annehmen. Bedingt durch sehr strenge Zollbestimmungen der Transitländer ist dies nur mit Sondergenehmigungen möglich. Der Aufwand übersteigt unsere vorhandenen Möglichkeiten, so daß wir auch weiterhin von der Annahme textiler Spenden unbedingt absehen müssen.

Sehr zufrieden sind wir mit den Fortschritten unseres Kindergartenprojektes. Im September lernten wir die meisten der Mütter und Väter bei einem Elternabend kennen. Anfangs bemerkten wir eine gewisse Skepsis, da bereits verschiedene, nicht erfüllte Versprechungen aus dem Ausland gemacht wurden. Inzwischen ist die erste Arbeit, ein Schrank, fertiggestellt. Wir hatten einem rumänischen Tischlermeister den Auftrag erteilt. Auch die Eltern engagierten sich. Sie haben die vorhandenen Spielgeräte im Garten repariert und neu angestrichen. lm Frühjahr werden die alten verfallenen Sandkästen durch neue ersetzt. Die Eltern haben dafür einen Baum gekauß, aus welchem das benötigte Holz geschnitten wird. Unser Weihnachtsgeschenk bestand aus Holzschutzmittel und Werkzeugen. Außerdem hatten wir für jede Gruppe ein Grundsortiment an Bastelmaterial zusammengestellt. Besonders interessiert waren die Erzieherinnen an pädagogischer Literatur. Zur Zeit besuchen 160 Kinder die Einrichtung. Die zur Verfügung stehende Kapazität reicht zur ganztägigen Betreuung aller Kinder nicht aus. So können jeweils nur 80 Kinder vor- bzw. nachmittags den Kindergarten besuchen.

Ein Erfolg der besonderen Art war die von unserem Verein organisierte Fotoausstellung RUMÄNIEN - AUGENBLICKE, die im Rahmen der Interkulturellen Wochen 1997 in der Chemnitzer Pertri-Kirche ausgestaltet wurde. Die Arbeiten des Fotografen Holger Stein sprachen eine große Zahl von Menschen an. Im ausgelegten Gästebuch trugen sich Besucher aus fünf Kontinenten ein. Besonders haben wir uns über die rumänisch-sprachigen Eintragungen gefreut. Vor allem war uns wichtig, Rumänien einmal von seiner schönen Seite zu zeigen, da es in den Medien meist nur im Zusammenhang mit Kriminalität erwähnt wird.

In unserem letzten Freundesbrief hatten wir von einem behinderten Jungen aus Neudorf (Nou Sasesc) berichtet. Durch fehlende medizinische Betreuung bei der Geburt kam er vor 13 Jahren schwerstbehindert zur Welt. Seine Eltern, einfache Landarbeiter, sagten zu diesem Kind ,Ja", obwohl Behinderte in Rumänien vor der politischen Wende meist in Waisenhäuser gesteckt, sich selbst überlassen und tot geschwiegen wurden. Unter den damaligen Umständen war keinerlei medizinische und therapeutische Betreuung gewährleistet. Durch die zunehmende Größe des Kindes fällt es den Eltern immer schwerer, die notwendige Betreuung zu bewältigen. Die Mutter ist inzwischen auch schwer erkrankt. Der Vater muß den Lebensunterhalt allein verdienen. Eine andere Hilfsorganisation stellte der Familie einen ausrangierten Rollstuhl zur Verfügung, welcher sich als unzweckmäßig erwies. Das Kind konnte sich darin nicht halten und fiel mehrfach heraus. Ursachen hierfür sind hauptsächlich sein stark verformter Rücken sowie die schlecht befestigten Straßen und Wege im Ort. Ein Chemnitzer Sanitätshaus hat sich bereit erklärt, einen für diese Bedingungen geeigneten Kinderrollstuhl kostenlos zur Verfügung zu stellen. Das Kind braucht zusätzlich eine speziell gefertigte Sitzschale. Die damit verbundenen, nicht unerheblichen Kosten muß unser Verein aufbringen. Dafür wurde zur "Musik zur Christnacht" mit einer speziellen Spendenaktion begonnen. Allen Spendern und Beteiligten ein herzliches Dankeschön!

Vorhaben für 1998:

Projekt Kinderrollstuhl: Im Februar wird ein Vereinsmitglied mit einem Rehatechniker nach Rumänien fahren und den erforderlichen Rückenabdruck des behinderten Kindes nehmen. Anschließend wird die Sitzschale in

Deutschland gefertigt. Zu Ostern soll das Kind den neuen Rollstuhl erhalten.

Projekt Krankenhaus Schäßburg: Die Abteilung Innere Medizin im Krankenhaus Schäßburg soll ein spezielles Herzdiagnostikgerät bekommen.

Projekt Kinderferienheim Vlahita: Vorrangig muß wegen der steigenden Zahl der zu betreuenden Kinder (1997 ca. 1.700) die Ausstattung der Großküche verbessert werden.

Projekt Kindergarten Schäßburg: Wir möchten das verwahrloste Außengelände des Kindergartens schrittweise verschönern und mit neuen Spielgeräten für die Kinder attraktiver gestalten. Das Gebäude wollen die Eltern in überschaubaren Abschnitten renovieren. Das dafür benötigte Material wird von unserem Verein zur Verfügung gestellt. Dieses Projekt soll gleichzeitig eine Art Modellversuch für alle Kindergärten der Stadt sein und ein Stück Vorbildwirkung haben.

Projekt Familienpakete: Auch zum Osterfest 1998 wollen wir diese wichtige Aktion fortsetzen.

Wir wären sehr dankbar, wenn wir auch in diesem Jahr bei der Umsetzung unserer Vorhaben mit Ihrer Unterstützung rechnen könnten. Mit unserer Arbeit wollen wir weiterhin ein Zeichen der Hoffnung setzen. Bitte helfen Sie uns dabei.

Wir erbitten Ihre Spende auf unser Hilfskonto: Sparkasse Chemnitz Konto-Nr.: 350 101 3000 BLZ: 870 500 00

Bitte teilen Sie uns auf dem Einzahlungsbeleg Ihre vollständige Adresse mit. Nur so ist es uns möglich, Ihnen eine steuerlich absetzbare Spendenquittung zukommen zu lassen. Für das Jahr 1998 wünschen wir Ihnen und uns eine gute Zeit. Ihr Freundeskreis Rumänienhilfe e.V. Chemnitz

Auf Messers Schneide - Gratwanderung in den Südkarpaten

Text: Ulrich Heimann, Fotos: Falk Kienas

Zu DDR-Zeiten waren die Karpaten ein beliebtes Reiseziel, stellten sie doch irgendwie einen Alpenersatz dar. Ganze Trekker-Kolonnen zogen über den Kamm des Fogarasch-Gebirges. Dann kam die Wende und mit ihr wurde es ruhig in Rumäniens Bergwelt. Jetzt waren die echten Alpen "in". Ulrich Heimann und Falk Kienas stellten sich jedoch gegen den Strom und fuhren in ihr altes Trekking-Revier. Zusammen mit ihren rumänischen Freunden wollten Sie das Fogarasch-Massiv in den Südkarpaten durchqueren. Wie es 6 Jahre nach der Grenzöffnung im Fogarasch aussieht, lesen Sie selbst.

''Hier Brasov, eingefahrener Schnellzug fährt um 4.35 Uhr weiter nach Bukarest.", tönt es über den Bahnsteig, als ich schwerbepackt aus dem Zug klettere. Jetzt heißt es erst einmal warten, bis es hell wird. Irgendwie muß ich ein paar Lei für den Anschlußzug nach Zărneşti auftreiben. Aber wo? Ich stehe ziemlich unschlüssig in der Gegend rum, als mich jemand anspricht: "Sind Sie aus Deutschland? Wollen Sie ein Taxi?", fragt mich ein Mann. Schnell handeln wir den Preis aus - 35 DM bis zur Berghütte Plaiu Foii, dem Ausgangspunkt unserer Fogarasch-Tour. Ich spare mir den Zug nach Zărneşti, und das Wechselgeld reicht sogar noch für ein Bier. Auf einem Grashügel oberhalb der Hütte baue ich noch im Dunkeln mein Zelt auf und hole einige Stunden Schlaf nach. Als ich wach werde und nach draußen schaue, ist die mächtige Silhouette des Königstein-Massivs wolkenumkränzt. Ich erinnere mich an die Worte eines Siebenbürgener Bergführers: "Der Königstein ist nur sieben Tage im Jahr so zu sehen, wie man es gerne hätte." Heute ist so ein Tag.

Der Königstein oder Piatra Craiului erstreckt sich wie eine hohe und schmale Kalksteinklinge auf einer Länge von etwa 22 km zwischen den Tälern der Flüsse Dâmboviţa und Bârsa einerseits sowie der Senke des Ţara Bârsei (Burzenland) andererseits. Die höchste Erhebung ist die Hirtenspitze mit 2238 m, die auf rumänisch La Om heißt. Mehr als 16 Gipfel über 2000 m bilden den Kamm. Der Wanderer wird begeistert sein, wenn er am frühen Morgen von Norden aufsteigt, sich in der Kühle des Schattens an Seilen und Ketten hinaufarbeitet, aus einer Scharte tritt und unter sich im Wolkenmeer die blauen Erhebungen des Schulerau (Poştavaru), des Hohenstein (Piatra Mare) und des Krähenstein (Cincas) erblickt. Beim Abstieg an der Dianswand befindet er sich in einem der Bergsteigerparadiese dieses Massivs. Inzwischen ist Mittag und es regnet, zum Glück nicht lange. Ich klettere auf eine Anhöhe um Ausschau nach meinem Wanderkollegen Falk zu haben. Ein Jeep hält: es ist Falk mit seinen

rumänischen Freunden Dana und Tudor. Nach der Begrüßung macht erst einmal die Zuika-Flasche die Runde. Dieser hochprozentige Pflaumenschnaps wird in Rumänien meist selbst gebrannt und schmeckt ausgezeichnet. Na dann Prost - auf ein gutes Gelingen unserer Tour.

Am nächsten Morgen rappeln wir uns um 6.00 Uhr auf. Das ist zwar lästig, aber es klappt. Früher fuhr unten an der Brücke, wo der Bach Bârsa Tamasului in den Bârsa Grosetului mündet, ein Forst-LKW ab und nahm die Wanderer mit nach Rudariţa. Von einem LKW ist nichts zu sehen, doch ein kleines Pferdefuhrwerk ist kurz vor uns. Schnell ein paar Worte mit dem Kutscher gewechselt und wir können aufsteigen. Besser schlecht gefahren als gut gelaufen, denn laufen müssen wir noch genug. So zuckelt unser Fahrzeug im Schatten hoher Fichten dem Aufstieg entgegen: der Forststation Rudariţa. Nach 75 Minuten steigen wir mit schmerzendem Hintern ab, zahlen zusammen 1500 Lei (DM 1,50) und stehen am Eingang zum Fogarascher Gebirge. Wir folgen dem mit rotem Punkt markierten Pfad, über den Vacaria-Mare-Rücken. Unser Gepäck diktiert das Tempo. Auf der Stirn bilden sich die ersten Schweißperlen: Zeit für eine Pause. Rucksack ab, Trinkflasche vorkramen und denkste.In der Flasche schwappert nur noch ein Rest vor sich hin. Bei den anderen sieht es ähnlich aus. Wir haben vergessen, an der Berghütte unsere Flaschen aufzufüllen. Das Wasser aus den Bächen war braun vom Lehm, ein Zeichen, daß es gestern im Gebirge sehr stark geregnet hat. Es wird schon reichen, denke ich. Pünktlich zur Mittagszeit ziehen dunkle Wolken auf, doch es regnet noch nicht. Schnell ein paar Bissen, um den Magen zu beruhigen, dann gehen wir weiter. Der Rücken schmerzt noch gar nicht richtig, als es anfängt. Dicke Tropfen trommeln auf unsere Regenumhänge. Die

Schuhe von Dana und Tudor sind bald klatschnaß. Eine leere Sennhütte rettet uns. Der Boden vor der Hütte ist von Rindem, Pferden und Schafen so zertrampelt, daß wir mit den Schuhen knöcheltief in der Pampe versinken. In einem der beiden Räume liegt frisch gehacktes Holz, im anderen stehen zwei Pritschen, auf denen man zur Not die Nacht verbringen könnte. Bald flackert ein Feuer, im Topf brodelt das letzte Wasser und an der Wand hängen unsere Socken zum Trocknen. Tudor schnitzt kleine Spieße und steckt Speckstücke darauf. Ich schaue aus dem Fenster und sehe bereits unser Tagesziel: den Comisu-Sattel. Das Wetter bessert sich, wir können weiter. Kaum stehen die Zelte, bricht auch schon wieder das Unwetter los. In unser Zelt dringt Wasser ein. Eifrig am Wischen denke ich mir: Das kann ja heiter werden. Wird es auch wenig später. Im Osten leuchtet der Königstein herüber. An ihn schließt sich nach Süden die Kette des lezer-Papuşa-Massivs - auch ein interessantes Wandergebiet. Die Sicht nach Westen versperrt uns der große "Grashaufen" des Comisu-Gipfels.

Als wir uns am Morgen aus den Schlafsäcken wühlen, bleiben die Pudelmützen erst einmal auf - es ist saukalt hier oben. Die Schäfer der nahen Stâna (Sennhütte) haben ihre Herden schon lange auf die Weiden getrieben, nur zwei zurückgelassene Pferde schauen unserem morgendlichen Tun zu. Beim Frühstück bringt uns Tudor eine wenig erfreuliche Nachricht: "Wir werden absteigen. Unsere Ausrüstung ist für die Tour einfach nicht geeignet. Ich hoffe Ihr seid uns nicht böse." Sind wir nicht. Wir wünschen den beiden viel Glück, vielleicht klappt es ein anderes mal. Falk gibt mir einen seiner Teleskopstöcke, und zu zweit gehen wir die erste große Steigung an. Ab jetzt ist der Weg mit einem roten Band markiert. Es dauert nicht lange, und der Comisu mit seinen 1887 m liegt hinter uns. Voller Begeisterung schauen wir zurück zum Königstein. An den Hängen gegenüber grasen die Schafherden und aus den

Tälern hören wir das Wasser der Gebirgsbäche rauschen. Noch ein paar Meter, und wir stehen auf dem ersten 2000er - dem Virful (Gipfel) Buzduganu (2176 m). Unter uns breitet sich ein großes Plateau aus, die Curmatura Lutelor. An der nächsten Quelle, die uns entgegensprudelt, befreien wir uns von den langen Klamotten. Der Wind weht noch immer kalt die Berge herunter, trotzdem ist das Laufen jetzt viel angenehmer. Allzulang währt der Genuß jedoch ncht: Wolken ziehen heran, dunkel und schwer. Erst hüllen sie die umliegenden Berge ein, bald auch uns. Schnell in Regenhose und Anorak geschlüpft und weiter, auf und ab. Immer in der Hoffnung, daß der Zirnei-Sattel, unser Etappenziel nicht mehr weit ist. Ein Übel kommt selten allein. Zu dem schlechten Wetter machen sich auch die ersten Blasen an den Füßen bemerkbar. In großem Bogen führt der Weg um einen Gipfel herum und neigt sich in einen Sattel. Aus dem Nebel taucht wie ein Gebilde aus einer anderen Welt die Biwakschachtel im Zirnei-Sattel auf - es ist geschafft. Neben einer Reihe kleinerer Seen finden wir einen guten Platz für unser Zelt. Unter der Apsis röhrt der Juwel-Kocher, und beim Duft von Falks Früchtetee vergesse ich, daß es draußen regnet. Vor 15 Jahren - auf meiner ersten Tour im Fogarasch - hatten wir kurz vor einem starken Regenguß den Zirnei-Sattel erreicht, schnell die Zelte aufgebaut und danach ein Gewitter erlebt, wie ich es mir schlimmer nicht hätte vorstellen können. Rings um die umliegenden Berge gingen die Blitze wie Feuerwände nieder und die hier weidenden Pferde jagten angstvoll schreiend von einer Seite der Bergkuppe zur anderen. Heute ist es nur leichter Regen, doch die Erinnerung kehrt immer wieder. Gegen 17.00 Uhr hört es auf zu regnen, und die Sonne kommt hervor. Mit den Sonnenstrahlen erwachen auch Insekten - Käfer, Fliegen und Spinnen. Es surrt und krabbelt überall. Im Westen

verschwindet die Sonne hinter dem Urlea-Gipfel und bald zeigt sich über den Bergen ein zaghaftes Abendrot. Ob das ein Zeichen für schönes Wetter ist?

Der dritte Tag beginnt tatsächlich mit blauem Himmel und Sonnenschein, was Falk schnell aus dem Schlafsack bringt. Denn wenn sich die Sonne über die Gipfel schiebt, gibt es bestimmt einen stimmungsvollen Augenblick, den es lohnt festzuhalten. Ich bereite das Frühstück und koche Kaffee. Das Wasser in dem Tümpel neben unserem Zelt ist eiskalt, es treibt einem auch das letzte Stück Schlaf aus den Augen. Trinken wollen wir es aber nicht. Wir schultern unsere Rucksäcke und folgen dem Weg durch eine Felsengasse. Überall blüht es üppig. Vor allem der Thymian mit seinen kräftigen violetten Blüten fällt ins Auge. Wir lassen die Felsen hinter uns und steigen über saftigen Rasen zum Zirna-Gipfel (2316 m ). In einem Sattel links unterhalb des Gipfels legen wir eine Pause

ein, nicht nur wegen des Ausblicks. Blau leuchten die vor uns liegenden Berge bis zum Moldoveanu, unserem Tagesziel. Ich bin besonders glücklich, das zu sehen, da wir diesen Abschnitt vor 15 Jahren in sehr starkem Nebel gehen mußten. Bis hinüber zum Vârful Fundul Bindei queren wir eine Wiese, steigen etwas ab und gelangen nach kurzer Zeit zu der Bergkette, die das Urlea-Tal nach Westen abschließt. Der Weg schwenkt nach Norden und nimmt erst beim Erreichen des Urlea (2473 m) seine Ost-West-Linie wieder ein. Der 2429 Meter hohe Vârful lezenului ist über und über mit Schafen bedeckt. Vorsichtig gehen wir heran, doch die Hirtenhunde sind nicht mehr so aggressiv wie früher. Sie sehen auch besser emährt und sauber aus. "Buna ziua - Guten Tag" rufen wir den Hirten zu. Sie hocken auf einem Felsen und heben lässig die Hand. Da unser "Motor" seinen Treibstoff fordert,

hocken wir uns auch auf den nächsten Felsen. Müsli-Riegel und etwas Studentenfutter geben uns Kraft für die nächsten Aufstiege, von denen noch genug vor uns liegen. Wenn es auch nicht immer über die Spitzen geht, haben sie es doch in sich. Nach zwei Stunden stehen wir am Großen Fenster (Fereastra Mare a Sâmbatei) - einer Felsformation mit typischem Aussehen - und schauen in das tief eingeschnittene Tal Valea Sâmbatei. Zwischen hohen Fichten sehen wir das Dach der Sâmbatei-Hütte und weit draußen im Vorland leuchten die Hütten eines Touristenkomplexes, unmittelbar daneben das Sâmbata-Kloster, eine Stiftung des Fürsten Brâncoveanu. Immer, wenn wir von einem Sattel aus weit in die Täler schauen können, geht es gleich wieder steil hinauf. So wie jetzt auf den Buduru mit seinen 2268 Metern. Hinter ihm weidet eine kleine Herde Maultiere in unmittelbarer Nähe eines

Kreuzes. 1970 war drei Meter davon entfernt ein Student abgestürzt. Noch einmal gehen wir auf 2470 Meter hoch, steigen ab und umrunden den Virfol Galbenele. Vor uns erhebt sich majestätisch der Moldoveanu, mit >2544 m der höchste Berg Rumäniens. Nach links schauen wir in das Valea Rea Tal und stellen fest: die SALVAMONT (rum. Bergwacht) - Schutzhütte ist zerstört. Schafe weiden dort. Sollte es das Ergebnis der neuen Besitzverhältnisse sein? Direkt im Sattel steht eine neue kleine Hütte. Wir lassen sie rechts liegen und steigen kurz vor dem Aufstieg zum Vistea Mare, dem Nachbargipfel des Moldoveanu, nach Süden ab. Mehrere Terassen bieten gute Zeltmöglichkeiten mit ausreichend Wasser gleich um die Ecke. Etwas weiter unten funkelt der Moldoveanu-See. Wind kräuselt seine Oberfläche und verzerrt das Bild des Gipfels, der sich in ihm spiegelt. Nach achteinhalb Stunden bergauf, bergab haben wir uns eine Tasse Tee redlich verdient. Während das Wasser im Topf blubbert, können wir uns unseren Blasen widmen. In der Nacht werde ich mehrmals wach. Die Blasen schmerzen und die Erlebnisse meiner ersten Tour gehen mir durch den Kopf. Damals wurden wir aufgrund der Kälte geweckt, dadurch erlebten wir ein grandioses Schauspiel. Die Sonne habe den oberen Teil des Moldoveanu und des Vistea Mare mit ihren ersten Strahlen erreicht und in rote Berge verwanden. Im Tal war es noch stockdunkel, unzählige Wasserläufe schimmerten herauf. Oben am Grat hatten sich Gemsen eingefunden und schauten hinab ins Tal, direkt zu uns. Das Fell der Tiere leuchtete rot in der Morgensonne. Es war ein wundervoller Anblick. Ob es morgen auch wieder so sein wird?

Nichts ist mit Gemsen und Morgensonne! Die Berge sind zwar frei, doch es ist trübe. Da der geplante Abschnitt für den vierten Tag nicht so lang sein wird, lassen wir uns Zeit. Gegen 9.00 Uhr brechen wir auf, steigen zunächst zum Kammweg und von dort steil zum Gipfel des Vistea Mare hinauf. Oben legt Falk seinen Rucksack ab und kraxelt zum Moldoveanu. Ich bleibe beim Gepäck, auf dem dritthöchsten Berg des Landes >(2527 m). Vistea Mare heißt eigentlich "Große Aussicht", doch auf diese Morgenstunde trifft das leider nicht zu. Hängt doch gerade jetzt eine große Wolke darüber. Immer wenn sie aufreißt, sieht man über den Getreidefeldern der Ebene die Sonne scheinen. Dann ist die Sicht auch frei auf die vielen Berge, die wir schon geschafft haben, aber auch auf die, die vor uns liegen. Die nächsten fünf Stunden geht es auf und ab, bis zum Podragu-Sattel. Zelten ist hier unmöglich. Tief unter uns sehen wir die Podragu-Hütte am gleichnamigen See - dem Tiefsten des Fogarasch-Gebirges. Bis zur Hütte würde es eine halbe Stunde dauern und wir müßten morgen mindestens eine Stunde aufsteigen. Es ist noch zu zeitig, um die Tour zu beenden. Wir kommen zu der gleichen Entscheidung wie damals: Wir laufen weiter in Richtung Capra-See. Nach kurzem Anstieg gelangen wir zu einem kleinen Gletschersee in >2226m Höhe. Auf dem Wasser treiben Eisschollen, dazwischen spiegelt sich der Arpaşu Mare, dessen steilen Hang wir nach kurzer Rast angehen. Dicht unterhalb des Gipfels macht der Weg einen großen Bogen nach Süden, um uns gleich darauf wieder tief hinab zu schicken, in einen Sattel mit dem Nerlingerdenkmal. 1934 kamen hier die Bergsteiger F. Nerlinger und Ruth Rusicka ums Leben. Das kleine Denkmal sieht schon ziemlich ramponiert aus. Eigentlich müßten wir jetzt vor dem massigen Felsstock des Arpaşu Mic stehen, doch zu sehen ist er nicht. Soll uns auch nicht weiter stören, denn der Weg weicht ihm aus und wechselt auf die Nordseite des Massivs. Über die Felsenbarriere mit dem unheilvollen Namen "la

trei pasi de moarte" - "drei Schritte bis zum Tod" wechseln wir wieder ins Capra -Tal auf der Südseite. Namen sind oft Schall und Rauch, so auch hier. Alles ist halb so wild, an den etwas schwierigeren Stellen sind Ketten gespannt, eine wirkliche Gefahr stellt der Abschnitt jedoch nicht dar. Der Weg danach ärgert uns viel mehr. Tiefe, vom Regen ausgewaschene Rinnen lassen den folgenden Abstieg zur Qual werden - es ist der häßlichste Teil auf der ganzen Tour. Gott sei Dank wird es wieder besser. Noch fünf Minuten und der Capra-See liegt vor uns. An der Südseite seht ein Obelisk, der an den Lawinentod von vier Bergsteigern erinnert. Wir sind nicht die einzigen Wanderer. Am Ufer

wimmelt es von Zelten. Genug gelaufen? Wir sind zwar k.o., aber unten im Tal lockt die Bâlea-Hütte oder besser das Bier drinnen. Falk steigt ab und kommt nach eineinhalb Stunden wieder, im Rucksack unsere Trinkflaschen voll edlem Gerstensaft. Das die Nudeln für das Abendessen nur noch lauwarm sind, stört nicht weiter. Der Mond steht noch über der Spitze des Iezerul Caprei als wir abbauen. Zischen dem Iezerul Caprei und dem Vânătoarea lui Buteanu liegt der Capra-Sattel, über den man zum Bâlea Lac (Buleasee) und zur Hütte gelangt. Von Norden kommt die Transfogarasch-Autostraße rauf, durchquert den Gebirgskamm in einem Tunnel und windet sich nach Süden hinab ins Capratal, vorbei am Vidraru-Stausee. Die Anlage dieser imposanten Straße muß für die alte Regierung von großer Bedeutung gewesen sein, hat sie doch zum Bau Soldaten und Gefangene eingesetzt. Man wollte früher das Bâleakar zu einem internationalen Sport- und Skigebiet gesalten, hörte aber nicht auf die Warnungen der Umweltschützer, die befürchteten, daß sich durch den Bau des Tunnels die klimatischen Verhältnisse im Tal verändern würden. Der Tunnel wurde gebaut, das Klima veränderte sich, da die warme Luft aus dem Süden hindurch konnte. Lawinen gefährdeten die Bewohner der Dörfer, sodaß sie umgesiedelt werden mußten, und von einem internationalen Skigebiet ist kaum noch die Rede gewesen. Wir steigen nicht hinunter ins Bâlea-Tal sondern folgen der Markierung blaues Kreuz links der Capra-Spitze, verlassen den markierten Weg, queren über eine Wiese nach rechts und gelangen wieder auf den Kammweg mit dem roten Band. Im Laita-Sattel, wo von Norden der Wanderweg aus dem Bâleakar auf den Hauptweg stößt lagern Familien, die bis zum Bâleasee mit dem Auto gefahren sind

und hier oben den Sonnenschein genießen. Wir genießen einen Müsliriegel und einen Schluck Wasser und setzen unseren Weg fort. An der Felswand der Laita-Spitze geht es abwärts durch Geröll. Nach drei Stunden stehen unsere Rucksäcke am Calţun-See. Über große Felsplatten steigen wir zur Portita Calţunului empor und haben den Blick frei auf den größten Berg des westlichen Fogarasch-Massivs: den Negoi mit seinen 2535 m. Wir klettern weiter nach links über Geröll und Schneefelder bis vor den Einstieg zur Strunga Dracului - der Drachenschlucht. Kurz zuvor gibt es eine Möglichkeit, durch die Strunga Doamnei die Drachenschlucht zu umgehen (bei Schlechtwetter ratsam). Wir lassen eine Gruppe Jugendlicher vorbei und steigen ein. Die Drachenschlucht hat den Charakter eines Klettersteiges, doch an vielen Stellen können wir auf die z.T. maroden Sicherungen verzichten. Die Kletterei macht Spaß, und es dauert nicht lange bis wir auf dem zweithöchsten Berg Rumäniens stehen. Unser Tagesziel ist greifbar nahe, doch auch noch sehr weit entfernt. Zwischen Negoi und Şerbota liegt der berüchtigte Felsengrat des Kirchendaches - der schwerste Abschnitt der Tour. Wir steigen in einen Sattel, der als Popaşul lui Mihai bezeichnet wird. Hier besteht die Möglichkeit über blaues Dreieck nach Norden zur Negoi-Hütte (Robert-Gutt-Hütte) abzusteigen. Vor uns erhebt sich der Saratli-Felsen. Wir können ihn umgehen, doch anschließend geht es zum Grat Custura Saratli, der alpinen Charakter aufweist und uns alles abverlangt. Der Weg wechselt von der einen zur anderen

Seite des Grates. Mal geht es steil hinab, bald wieder steil hinauf und das alles mit unseren Rucksäcken. Für Falk ist es noch schwerer als für mich, laufend ärgert ihn die Fotoausrüstung vor dem Bauch, was er durch lautes Fluchen kundtut. Unterhalb des Şerbota-Gipfels zweigt links ein nicht markierter Trampelpfad ab. Wir aber folgen gutgläubig den Markierungen. Es war falsch. Wir werden mit einer guten vierer Stelle belohnt. Mit viel Mühe schinden wir uns die letzten 200 Meter zum Gipfel. Wir sind völlig fertig aber glücklich, denn die größten Schwierigkeiten liegen hinter uns. Später lasen wir auf einem steinalten Wegweiser, daß dieser Wegabschnitt, den wir gerade hinter uns hatten unpassierbar sei. Mit wackligen Beinen steigen wir in den Şerbota-Sattel ab und bauen das Zelt auf. Falk steigt nach Norden ab, um Wasser zu suchen. Er ist lange unterwegs, später stellen wir fest, daß auf der Südseite nur wenige Meter unterhalb des Passes eine Quelle munter ihr Wasser freigibt - cest la vie. 1987 mußten wir nach heftigen Gewittern und Hagelschauern über den Şerbota zur Negoi Hütte absteigen - zwei Tage später herrschten auf dem Kamm - 14 ° C. Tief unter uns fließt der Olt. Wolken tauchen über dem Serbota auf und im Sattel zieht von Süden her Nebel heran, wird zurückgedrängt, zerfliegt. Noch einmal schimmert die Sonne rot durch eine dünne graue Wolkendecke, der fünfte Tag neigt sich dem Ende entgegen.

Das morgendliche Einlaufen ist immer wieder eine Qual. Unsere Füße sind mittlerweile beidseitig "luftbereift". Um den Piscul Gârbova müssen wir wieder klettern. Der Weg sieht in diesem Jahr ganz anders aus als ich ihn in Erinnerung hatte. Schnee und Regen haben ihre Spuren hinterlassen. Wir drücken uns vorsichtig an Felswänden vorbei. Ehemals vorhandene Sicherungen hatte jemand abgesägt. Am Avrig-See kommt uns ein Wanderer nach dem anderen entgegen - Rumänen, Tschechen, Deutsche - die Kette reißt auch nicht ab, als unser Zelt steht. Vor einigen Jahren hatte der Karpatenverein tausende Blechbüchsen aus dem See geborgen. Heute sieht es wieder aus, wie

auf einer internationalen Müllhalde. Müll scheint auf manch einen irgendwie anziehend zu wirken. Auch unsere Abfalltüten, die wir nachts unter der hinteren Apsis verstauen, waren am nächsten Morgen nicht mehr an ihrem Platz. Zwischen Grasbüscheln leuchteten Müsli-Verpackungen, alte Pflaster und Plastiktüten. Hunde waren es gewiß nicht: sie würden keine Trinkflasche zurücklassen. Vom Budislavu, mit 2371 m der letzte 2000er auf unserem Weg, blicken wir noch einmal zurück auf den zerklüfteten Kamm des Fogarasch. Wie Perlen einer Kette reihen sich die Gipfel aneinander: Scara, Şerbota, Negoi, Calţun und weit hinten im Dunst glauben wir den Moldoveanu zu erkennen. In ein paar Stunden werden wir in Turnu Rosu sein, uns ins erstbeste (oder einzige) Wirtshaus hocken und den Trip zünftig ausklingen lassen. Wir schaffen unsere Tour in sieben Tagen. Wer hätte das gedacht.

INFO: TREKKING IM FOGARASCH-GEBIRGE (RUMÄNIEN)

Die Südkarpaten - oder Transsilvanische Alpen, wie sie auch genannt werden - sind die höchsten, felsigsten und ausgedehntesten Gebirgsfommationen der Karpaten auf rumänischem Boden. Das Fogarscher Gebirge (Muntli Făgăraş) ist der Zentralteil der Südkarpaten. Es hat eine Länge von etwas über 70 km und ist ca. 40 km breit. Im Westen begrenzt es der Olt-Durchbruch und im Osten das Gebirgsmassiv des Königstein (Piatra Craiului). Die höchste Erhebung ist der Moldoveanu (2544 m). Im Westteil des Gebirges erhebt sich der markante Gipfel des Negoi. Er ist mit 2535 m der zweithöchste Berg. Etwa 18 weitere Gipfel sind über 2000 m hoch. Vom Hauptkamm zweigen 34 kurze schroffe Grate nach Norden und 7 lange nach Süden ab. Etwa 100 Seen beleben das Gebirgsmassiv. Auf dem Hauptkamm, der mit rotem Band gekennzeichnet ist, kann man auf gut sichtbaren, zum Teil gesicherten Wegabschnitten von Ost nach West oder von West nach Ost gehen. Die Strecke ist bei guter Kondition und normalem Wetter in sieben Tagen zu schaffen. Anfänger sollten das "Kirchendach" über die Negoi-Hütte umgehen.

Etappen von Ost nach West:

1. Berghütte Plaiu Foli - Curmatura Comisu

2. Curmatura Comisu - Curmatura Zirnei

3. Curmatura Zirnei - Valea Rea (unterhalb des Moldoveanu)

4. Valea Rea - Capra See

5. Capra See - Şerbota Sattel

6. Şerbota Sattel - Avrig See

7. Avrig See - Turnu Rosu (im Olttal)

Man kann auch von Hütte zu Hütte gehen und dort übernachten oder in deren Nähe zelten. Allerdings benötigt man für die Abschnitte Comisu-Sattel und Zirnei-Sattel ein Zelt. Als Hütte stehen zur Verfügung: Urlea-Hütte, Sâmbatei-Hütte, Podragu-Hütte, Negoi-Hütte, Suru-Hütte sowie Biwakstationen im Zirnei-Sattel, am Moldoveanu und Caltun See.

Anreise:

Flugzeug: Flüge von Deutschland nach Bukarest-Otopeni ab ca. DM 600,-. Von dort mit dem Bus/Taxi zum Nordbahnhof. Mit der Bahn weiter über Sinaia nach Braşov / Kronstadt. Sinala, Buşteni und Predeal sind gute Ausgangsorte für Touren ins Bucegi-Gebirge. Von Braşov kann man auch Touren zum Hohenstein (Piatra Mare) und zum Schuler (Poştavaru) mit Schuler Au (Poiana Braşov) untemehmen.

Zug: Ab Heimatort über Budapest - Curticii nach Braşov, ca DM 500,- bis DM 600,-.(mit etwas Aufwand geht´s auch preiswerter - siehe "Billige Reisemöglichkeiten" im Extra 1998.)

Von Brasov fährt man mit der Bahn bis Zărnesti. Ab Bahnhof mit dem Bus bis zur Endstation an der Kirche (Biserica). Von dort aus heißt es 12 km laufen oder trampen (wenig Verkehr) bis zur Berghütte Plaiu Foli. Eine Alternative ist das Taxi (siehe Text).

Bus: Wer billig nach Rumänien reisen will, sollte sich nach Busunternehmen umsehen, die u.a. ab Nürnberg oder Freiburg (siehe Extra 1998) nach Rumänien fahren. Die Fahrten gehen meist bis Arad, Timişoara oder Sibiu, von wo man den billigen Landestarif nutzen kann.

Abreise: Von Turnu Roşu mit dem Zug bis Sibiu (Hermannstadt). Will man mit dem Flugzeug zurück, nimmt man von Siblu den Zug nach Bukarest über Braşov oder durch das Olttal über Râmnicu Vâlcea - Pitesti. Bei der Rückreise mit dem Zug fährt man bis Braşov und weiter mit dem Nachtzug nach Berlin oder München.

Beste Reisezeit: ist die letzte Juli- und die ersten drei Augustwochen. Auf der Tour dennoch immer mit schlechtem Wetter - auch Schneefall - rechnen. Bei Wetterproblemen kann man zu o.g. Hütten schnell absteigen.

Ausrüstung: Bergstiefel mit guter Profilsohle, Wamme Bekleidung, Wetterbekleidung, Sonnenschutz, Kopfbedeckung, Handschuhe, Benzinkocher (andere Brennstoffe im Land kaum erhältlich), TeleskopWanderstöcke.

Verpflegung: Für die komplette Tour muß Verpflegung mitgenommen werden, da es auch in den Hütten nicht immer ausreichend Verpflegung gibt. Auch in den Ortschaften ist es nicht immer möglich genug Lebensmittel zu erwerben, allerdings gibt es jetzt Brot zu kaufen. Als Notration empfehle ich Müsli. Auf der Gesamtstrecke ist zwar Wasser vorhanden, trotzdem sollte man ständig eine gefüllte Trinkflasche mit sich führen (1,5 - 2 Liter).

Geld: Umtausch von Devisen bei Banken und zugelassenen Wechselschaltern (auch in Hotels möglich). Quittungen aufbewahren! Der Kurs ist ca. 1 DM zu 4.500 Lei (Stand April 1998-d.Red.). Reiseschecks empfehlenswert (US-Dollar am günstigsten).

Informationen: In Sibiu und Braşov gibt es Büros des SALVAMONT (Bergrettung), die Auskünfte erteilen. Außerdem: Rumänisches Touristenamt, Zeil 13, 60313 Frankfurt /M.; Tel.: 069/29 52 78-79, Fax.: 29 29 47. Auskunft über individuelle Reisen nach Rumänien in kleinen Gruppen, aber auch über andere nützliche Dinge gibt. Uwe Steinweg, Osnabrücker Str. 24, 06124 HallelS.; Tel.: 0345/66 32 94. Für Nachfragen steht der Autor selbst gern zur Verfügung. Tel.: 03581 / 40 34 71. Weitere Adressen im "Extra 1998".

Bücher und Karten: Die Wanderkarte Munti Făgăraş (M 1: 100.000) bekommt man mit etwas Glück in größeren Berghütten oder Touristenbüros im Land. Im Verlag EDITURA SPORT - TURISM, Bukarest wurde die Reihe UNSERE BERGE auch in deutscher Sprache herausgegeben. Die Bücher geben für fast alle rumänischen Gebirge einen guten Überblick, mit genauer Wegbeschreibung und Karte. In rum. Buchläden nachfragen (Solange keine Nachauflagen erscheinen nur in Antiquariaten, da die alten Auflagen lange vergriffen sind -d.Red.). Weitere Bücher: Walter Kargel: Die Bergwelt Rumäniens - Ein Wanderführer, 2. korrigierte Auflage 1990, 244 Seiten, Vertrieb über die Redaktion, 15 DM. Tim Burford: Hiking guide to Romania, 1. Auflage 1993, Bradt Publications, UK, 328 Seiten, DM 35,80; ISBN: 0 946983 78 X. Zeitschrift Outdoor, Heft 4/1994.

Autorenporträts: Ulrich Heimann, 56, lebt in Görlitz. Er ist gelernter Turbinenschlosser, fuhr jedoch fünf Jahre zur See. Zum Bergwandern kam er relativ spät, als ihn Freunde auf eine Tour mitnahmen. Seitdem war er in zahlreichen Gebirgen Osteuropas unterwegs. Allein acht mal durchstreifte er die Karpaten. Falk Kienas, 31, lebt z.Z. in Norsingen. Er ist foto-technischer Assistent und arbeitet als Fotojournalist u.a. für das Reisemagazin Outdoor. Neben Touren in Osteuropa zog er für mehrere Monate durch Kanada/Alaska und Neuseeland.

Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen: Rumänienhilfe wird Verein

Am 11. 3. wurde aus der Rumänien-Arbeitsgruppe ein Verein gegründet unter dem Namen: Verein "Ein Haus für morgen" Rumänien-Arbeitsgruppe. Er hat bisher 20 Gründungsmitglieder. Die Mitgliedschaft und damit die Förderung der Projekte des Vereines können durch einen monatlichen Beitrag von mindestens 5,-DM erworben werden.

Das Ziel des Vereines ist es, Sozialwaisen eine Alternative zu den bestehenden großen Heimen zu verschaffen, um sie in einer geborgenen familiären Umgebung aufwachsen zu lassen. Das erste Haus wird im Mai bezogen, der Bau des zweiten in diesem Jahr begonnen.

Am 11. Juli veranstaltet die Gruppe den zweiten Weltrekordversuch im Einradfahren (größte Einradstafette der Welt). Angemeldet sind bereits mehr als 130 Einradfahrer. Weitere werden noch gesucht, auch im Wedemärker und Neustädter Raum.

Familienhäuser als Mittel zur Überwindung von Heimerkrankungen rumänischer Sozialwaisen

Diese kompakt gefaßte Darstellung basiert auf:

a). Auswertung der Erfahrungen eines befreundeten Projektes in Lipova/Rumänien seit 1992 durch die Führung von jetzt insgesamt sieben Familienhäusern. Soz.-päd. Diplomarbeit Stefanie Schwenk.

b). Angaben des Internationalen Sozialdienstes, Frankfurt, als Zentralstelle für Adoptionsvermittlungen von Rumänien nach Deutschland; Adoptionsberichte.

c) Auswertung ärztlicher Befunde anläßlich der eigenen Adoption von drei Kindern, besonders durch ihre ständige Behandlung im Sozialpädiatrischen Zentrum in Hannover und an der Medizinischen Hochschule Hannover (gastroenterologische Abteilung).

Die Quellen wurden von mir eigenständig zusammengefaßt und ausgewertet. Belege auf konkrete Nachfragen sind selbstverständlich Leibringbar. Ich muß allerdings betonen, daß ich kein Mediziner bin und versuche, die Verhältnisse als Laie möglichst adäquat zu beschreiben. Die Beobachtungen wurden getroffen an Kindern aus dem Säuglingsheim "Sânmartin" und dem Waisenhaus in Cristuru Secuiesc, beide Bezirk Harghita.

1. Allgemeine Beobachtungen körperlicher und seelischer Schäden im Heim

Es ist schwer, eine genaue Abgrenzung zwischen körperlichen und seelischen Schäden vorzunehmen, da das Umfeld "Waisenhaus" psychosomatische Entwicklungen in Gang setzt, die eine klare Trennung nicht zulassen.

Hospitalismus

Das Waisenhaussystem beginnt mit dem "Säuglingsheim", das offiziell eine Abteilung des Bezirkskrankenhauses in Miercurea Ciuc ist. Dementsprechend wird das Haus von einer Ärztin geleitet und untersteht dem Gesundheitsministerium. In der Regel verbringen die Kinder die ersten drei Lebensjahre dort. In zahlreichen Fällen konnten wir aber beobachten, daß Kinder wegen der Überfüllung der Waisenhäuser und wegen des Fehlens adäquater Einrichtungen bei besonders geschädigten Kindern noch über das 5. Lebensjahr hinaus im Säuglingsheim untergebracht waren. In der Regel werden die Kinder anschließend in das Waisenhaus Cristuru Secuiesc überführt, in dem sie zunächst in der Kindergartenabteilung und anschließend in der Schülerabteilung mit eigener Schule ihr Leben unter ca. 500 anderen Heimkindern fristen, bis sie zur "Berufsausbildung" entlassen werden und noch für einige Jahre - nur für Wochenenden - in das Heim zurückkehren können, bis sie volljährig geworden sind. Zuständig ist jetzt die Schulaufsichtsbehörde der Bezirksregierung in Miercarea Ciuc. Die Betreuung durch Einrichtungen der Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen, der Rumänien-Initiativgruppe Bautzen (nur Kinder im Heim) und Domus Rumänien (nur Heimabgänger) kann die Entwicklung der vielen Kinder nur sehr eingeschränkt fördern und begleiten.

Bereits im Säuglingsalter konnten wir schwere Hospitalismusschäden feststellen, die sich unter anderen äußern in ständigem Schaukeln (oft liegen zwei Kinder in einem Bett!), Schielen, Bettnässen, Hypermotorik, fast völligem Fehlen von Konzentrationsfähigkeit und der Fähigkeit, persönlichen Bindungen zu aufzubauen. Filmmaterial können wir vorlegen. Diese Entwicklung setzt früh im Säuglingsheim ein, setzt sich fort im Waisenhaus. Dort zum Beispiel konnten wir beobachten, daß das Bettnässen und Schaukeln auch noch im Pubertätsalter bei vielen Kindern an der Tagesordnung ist. Bei dem einzigen in Deutschland vom Augenarzt untersuchten Kind wurden 10 % Sehfähigkeit und starke Stabsichtigkeit festgestellt. Die schulischen Leistungen sind weit unterdurchschnittlich, was aber gegenüber der Öffentlichkeit verborgen bleibt, da sämtliche Kinder in einem eigenen Schulsystem unterrichtet werden und sich einem Vergleich mit anderen Kindern entziehen. Nicht einmal die Fähigkeit zum Spielen haben die Kinder erlernt. Es gibt in der Regel Spielzeug nur für eine kurze Zeit nach entsprechenden Hilfslieferungen, bis alles wieder von den "Großen" in der Stadt für Zigaretten etc. versetzt worden ist.

Bei den selbst adoptierten Kindern konnte die mangelnde Konzentrations- und Leistungsfähigkeit dauerhaft beobachtet und teilweise behoben werden. Doch sie werden im deutschen Schulsystem der "Sonderschule" kaum mehr entgehen. Die Beobachtung des Sozialpädiatrischen Zentrums geht dahin, daß fehlende Vernetzungen von Gehirnteilen (durch Nicht-Inanspruchnahme während des Heimlebens) nicht mehr vollständig zu beseitigen sind.

Schwere frühkindliche Deprivation

lautet die medizinische Diagnose körperlicher und seelischer Mangelerscheinungen, an denen die von uns adoptierten Heimkinder seit dem Verlassen des Heimes behandelt werden. Die uns bekannten Hospitalismus-Erscheinungen sind zwar schnell abgeklungen, auf das mit "schwerer frühkindlicher Deprivation" bezeichnete Krankheitsbild werden sie aber seit mehr als 3 Jahren nach wie vor behandelt. Im Heim konnten wir ständig beobachten, daß die Kinder kaum Betreuung finden, individuelle Betreuung schon gar nicht. Ich bin aber nicht in der Lage, zu differenzieren zwischen den Folgen von mangelnder Zuwendung und Mangel-Ernährung. Körperlich wurde an unseren Kindern ein zu kleiner Wuchs und ein im Verhältnis zur Körpergröße zu kleiner Kopfumfang festgestellt, ferner eine kaum vorhandene Muskelausbildung, die auf Mangelernährung zurückgeführt wurde.

Chronische Zahnerkrankungen

Außerdem litten die Kinder (auch seelisch) schwer unter den Folgen fehlender Zahnbehandlung, die bei vielen Kindern zu chronischen Schmerzen und schließlich auch seelischen Erkrankungen führen. Depressionen und hysterische Psychosen vervollständigen das Bild der Beobachtungen, die wir treffen mußten. Vom Heimpersonal werden Kinder kaum zu den ohnehin dünn gestreuten Zahnarztpraxen gebracht. Die Kosten für die Behandlung sind zu teuer. So haben häufig die deutschen Mitarbeiter im Kinderheim die Initiative ergriffen und die Kosten aufgebracht. Löcher in den Zähnen wurden in der Regel mit Gips gestopft' das natürlich nicht lange hält. Bei einem Mädchen konnten wir einen typischen Fall beobachten: Bei einem Deutschland-Aufenthalt mußten ihr sechs Zähne gezogen werden; praktisch das ganze Gebiß war rundherum vereitert. Periodisch wiederkehrende Schmerzanfälle - die wir zuvor für hysterische Psychosen gehalten hatten - legten sich schlagartig. Dies ist der Grund, der uns zur Ausführung kompletter Zahnstationen in die Umgebung von Keresztur bewogen hat.

Chronische Rachitis (Verformung von Gliedmaßen) und Anämien

Die von uns beobachtete chronische Rachitis bei vielen Kindern entsteht aus einer Kombination von kalziumarmer Ernährung (Kalzium ist wichtig für den Knochenbau), Vitamin-D-Mangel und fehlenden Entwicklungsphasen im Kleinkindalter. Da die Kleinkinder des Säuglingsheimes fast ständig nur im Gitterbett verwahrt werden, entfällt eine Krabbelphase (die für die seelische und körperliche Entwicklung sehr wichtig wäre). Anstatt zu krabbeln, richten sich die Kinder sehr früh an den Gitterbetten auf. Raum zum Krabbeln ist nicht gegeben. Sie lernen - entsprechend ihren Bewegungen an den Bettgittern - seitwärts gehen, was sich auch in späteren Jahren an einem schaukelnden Gang zeigt. Die Beinchen sind o-förmig stark durchgebogen, auch andere Gliedmaßen verändert. Bei unserem eigenen Kind aus dem Säuglingsheim haben sich die Verformungen durch ausgewogene Ernährung (ohne orthopädische Hilfen!) vollständig zurückgebildet.

Anämien wurden mehrfach und unterschiedlich von den behandelnden Ärzten festgestellt, sind aber auch in den rumänischen Gesundheitspapieren unserer Kinder verzeichnet.

Infektionsgefährdung

Festgestellt wurden Lamblien, Bandwürmer, tropische Keime, ständige Infektionen besonders der Atemwege. - Eine besondere Beobachtung ergab sich durch die Tätigkeit junger Deutscher Mitarbeiter der Rumänien-Initiativgruppe Bautzen im Heim. Die Kinder haben tagsüber fast nur das verdorbene Leitungswasser (Farbe: rostbraun) zu trinken. Immer wieder ergab sich, daß deutsche Mitarbeiter, wenn sie dieses Wasser genossen, sofort an Infektionen schwer erkrankten. Die Kinder härten im Laufe der Zeit wohl einigermaßen ab, aber zum Beispiel Hinweise auf "chronische Bronchitis", die teilweise in Krankenhäusern behandelt werden mußte, konnte ich in den Krankenberichten von Heimkindern besonders häufig feststellen.

HIV pos. und Hepatitis B

gehören leider zu den häufigeren Erkrankungen in rumänischen Heimen. Nachdem wir beobachteten, daß im Säuglingsheim - in einem abgeteilten verdunkelten Raum - eine ganze Gruppe solcher Kinder bis zum Alter von sieben! Jahren untergebracht waren, wurden wir auf dieses Thema aufmerksam. Amerikanische Sendungen berichteten davon, daß aus Rumänien fast nur HIV pos.- hepatitiskranke Kinder zur Adoption ausgeführt worden seien. Wir fragten beim Internationalen Sozialdienst in Frankfurt nach und erhielten die klare Auskunft, daß ca. 80 % der nach Deutschland adoptierten Heimkinder unter chronischer Hepatitis B leiden. Inzwischen hat mir auch ein verantwortlicher Arzt der Medizinischen Hochschule Hannover mitgeteilt, daß unter den Hepatitis B-Patienten der MHH Osteuropäische Patienten besonders häufig sind, darunter ehemalige Heimkinder darunter Rumänen besonders häufig. "Heilungen" sind nicht zu erwarten. Die Lebenserwartung dieser Kinder ist drastisch gefährdet oder gar eigeschränkt.

Aus eigener Erfahrung konnten wir feststellen, daß es sich hier nicht um "böse Absicht" des rumänischen Adoptionskomitees handelt. - Eines unserer Kinder galt als Hepatitis- frei und war sogar ordentlich schutzgeimpft worden. Erst ein Krankenhausaufenthalt in Deutschland ergab die Diagnose, daß das Kind unter einer - wahrscheinlich pränatalen - Hepatitis B leidet. Die rumänische Ärztin, die sehr sorgfältig und umsichtig arbeitet, war sehr erschrocken und bedrückt über diese Information. Es stellte sich heraus daß die beschränkte Diagnostik in Rumänien nicht geeignet ist (bei vor allem besonders häufigen pränatalen Hepathitis-B- Fällen), die Erkrankung sicher festzustellen.

Inzwischen haben auf unseren Bericht hin der Internationale Sozialdienst und das Rumänische Adoptionskomitee das Thema aufgenommen, um für eine verbesserte Diagnostik zu sorgen. In unserem Zusammenhang ist die Beobachtung wichtig, daß gerade unter rumänischen Heimkindern das Auftreten von HIV pos. und Hepatitis B im internationalen Vergleich wahrscheinlich an der Spitze steht. Durch eine Veränderung der Lebenssituation (Heim) können vorhandene Erkrankungen nicht behoben, wohl aber die Zunahme der Erkrankungen und erneute Infizierungen durch die Begrenzung des Kontaktes aller Kinder untereinander vermindert werden indem man die Kindergruppen und damit das Infektionsrisiko drastisch verkleinert.

Zusammenfassung

Wir mußten konkret in unserer bisherigen 6-jährigen Arbeit beobachten, daß in dem von uns beobachteten und sicher noch als ein besonders gut geführtes zu betrachtenden Heim das Auftreten von Hospitalismus, schweren frühkindlichen Deprivationen, chronischen Erkrankungen wie Rachitis, Atemwegserkrankungen, Anämien, Parasiten, tödlichen Erkrankungen wie Aids und Hepatitis B, dazu seelische und körperliche Mangelerscheinungen und Entwicklungen an der Tagesordnung stehen. Diese sehr persönlich erlittenen Beobachtungen kennzeichnen sicher nur die "Spitze eines Eisbergs". Daher halten wir es für wenig sinnvoll, die Erkrankungen im einzelnen anzugreifen:

Die Ursache für die Heranbildung kranker und auch aus sozialpsychologischen Gründen nicht lebensfähiger Menschen liegt im Heimwesen selbst!

Folglich ist die einzig richtige Therapie zur Behebung dieser Gesundheitsmängel die Aufhebung des Heimwesens selbst. Die Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen hat sich zur Aufgabe gestellt, auf allen möglichen Wegen und mit Unterstützung aller, die sich dazu bereitfinden, das herkömmliche Heimsystem als Ursache für diese Erkrankungen an sich anzugreifen.

Die Rumänische Öffentlichkeit soll durch das exemplarische Beispiel selbst zu der Einsicht finden, daß nur ein Abbau des Heimwesens langfristig und radikal die Vielzahl an schweren körperlichen, geistigen und seelischen Erkrankungen bei jedem rumänischen Sozialwaisen-Kind beenden kann. Nach der Angabe von Deborah Fowler liegt die Zahl der rumänischen Sozialwaisen bei über 400.000. Wir konnten in den letzten Jahren aber leider ein Anwachsen der Belegungszahlen der Heime beobachten.

Wir sehen eine der Ursachen in falsch verstandener "westlicher Hilfe": Der Lebensstandard in den Heimen wächst zweifellos, was sich an Kleidung, Verbesserung der Ernährung, besserer sozialpädagogischer Betreuung, einschl. Ferienaufenthalten usw. zeigt. Aber gerade dieser Umstand führt dazu, daß noch mehr verarmte Familien für ihre Kinder einen Ausweg darin sehen, ihre Neugeborenen dem Heim zu überlassen. Diese Entwicklung darf nicht gefördert werden, da die Verbesserung einzelner Elemente des Heimlebens nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß die Grundursache für die zerstörte Zukunft vieler Kinder im Heimaufenthalt an sich liegt.

2. Familienhäuser als Alternative zur Gesundheitsverbesserung von Sozialwaisen

Die Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen hat sich 1994 entschlossen, aus den oben dargestellten Beobachtungen die Konsequenz zu ziehen, anstatt seiner bisherigen Beiträge zur graduellen Verbesserung der Situationen in den begleiteten Heimen neben die "symptombezogene" Arbeit (Verbesserung der Heimsituationen) eine Strategie zur grundsätzlichen Bekämpfung von Heimerkrankungen zu entwickeln. Sie ist zu der Erkenntnis gekommen, daß diese nur in der Auflhebung des Heimwesens selbst liegen kann. Da dies von einer kleinen Gruppe nicht zu leisten ist, muß sie sich auf eine modellhafte Alternative begrenzen. Zu den konkreten Maßnahmen gehören:

1. Zusammenschluß mit und Aufklärung von allen Gruppen, die eine Alternative zum Heimwesen suchen. Zahlreiche Kontakte existieren bereits, die hier im einzelnen nicht beschrieben werden können. Hervorzuheben ist aber besonders die eng abgestimmte Zusammenarbeit mit der Rumänien-Initiativgruppe Bautzen seit 1992 und anderen Organisationen vor Ort.

2. Fortsetzung aller bisherigen Bemühungen, soweit sie dem allgemeinen Ziel einer modellhaften Alternative nicht

zuwiderlaufen, hierunter Einsätze in Dorfgemeinden, um zu verhindern, daß Familien ihr Kind erst ins Heim geben.

Solche Arbeit ist in verschiedener Gestalt in drei Dörfern der Umgebung vorhanden. Schaffung eines Traktorenringes in

einer Landgemeinde, Errichtung einer Zahnstation in einer Landgemeinde mit sieben Dörfern; Errichtung einer

Zahnstation in der Stadt Cristuru Secuiesc als unseren Anteil am Gesamtprojekt einer Gesundheitsstation, die sowohl

Einwohnern als auch Heimkindern zugutekommen soll, Versorgung des Säuglingsheimes, des Krankenhaus und der

Poliklinik mit Medizintechnik. Medikamenten und Pflegemitteln.

Alle bisher genannten Beitrage sind finanziert!

3. Rückführung von Sozialwaisen in ihre Ursprungsfamilien oder in Pflegefamilien - in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen. Dieser Weg ist leider nur im Einzelfall gangbar. Hüten möchten wir uns vor dem teilweise praktizierten Modell, Pflegefamilien durch ständige finanzielle Zuwendungen von westlicher Hilfe abhängig zu machen.

Errichtung von Familienhäusern als Modell zur Überwindung des Heimwesens

Das erste Familienhaus ist mitten in einem Dorf vorgesehen, wo seine Existenz wahrscheinlich die örtliche Grundschule

vor der drohenden Auflösung retten wird. Somit sind die Kinder, auch wenn ein Großteil von ihnen ROMA sein werden,

dort besonders willkommen. - Um das Heim nicht in Ängste hinsichtlich seiner Existenz zu versetzen, wird das Personal

ausschließlich unter den Mitarbeitern des Waisenhauses ausgesucht. Das Familienhaus wird Teil des Waisenhauses bleiben. Ein Vertrag sichert die Finanzierung der Ernährung und Versorgung der Kinder, den Unterhalt des Familienhauses und die Bezahlung von vier angestellten Erziehern und Mitarbeitern durch staatliche Stellen.

Die auszuwählenden Kinder werden altersverschieden sein, vorhandene Verwandtschaften (Geschwister) werden besonders berücksichtigt, um Reste von überkommenen Familienstrukturen zu wahren. Denkbar ist eine Fortsetzung der Betreuung nach der Zeit im Familienhaus über Domus, Rumänien.

Der langfristige Erfolg ist abgesichert durch einen Vertrag mit der Bezirksregierung von Harghita, der uns den Aufbau der Familienhäuser ausdrücklich gestattet.

Gesundheitliche Folgen für die Kinder in einem Familienhausprojekt

Durch mehrere Besuche haben wir in einem uns seit Jahren befreundeten Projekt (in Lipova, Familie Schwenk) die Folgen der Lebensveränderungen der Kinder beobachten können. Hinsichtlich der eigenen Konzeptionen stehen wir in engem Austausch mit den Trägern dieses Projektes. Es wurde inzwischen dort erreicht, daß nach einem Besuch einer Delegation von ca. 30 Waisenhausleitern und einer Regierungsdelegation Familienhäuser fester Bestandteil des Gesetzes über das Schulwesen geworden sind. Die Sozialpädagogin Stefanie Schwenk (Tochter der Initiatorin des Projektes) berichtet detailliert über die gesundheitlichen Folgen, die Ärzte und Psychologen nach zweijähriger Unterbringung an den im Familienhausprojekt untergebrachten Kindern gemacht haben:

* Die typischen Ausdrucksformen von Hospitalismus (Bettnässen, Schaukeln u.a.) haben sich bereits nach kürzerer Zeit vollständig gelegt.

* Die Konzentrationsfähigkeit der Kinder ist gegenüber dem Vergleich mit den Heimkindern drastisch angewachsen, was sich vor allem in deutlich besseren Schulnoten ausdrückt.

* Die Liebes- und Bindungsfähigkeit der Kinder nimmt deutlich zu, dazu alle Fähigkeiten, die ein Kind im Heim nicht erlernen kann: Umgang mit Eigentum, soziale Verantwortung füreinander, Erlernen von Fähigkeiten des täglichen Zusammenlebens: Spielen, Basteln, Kochen, Umgang mit Geld usw.

* Der allgemeine Gesundheitszustand der Kinder verbessert sich ständig.

Hinzu kommt die Beobachtung, daß sämtliche Erzieherinnen, die durch das Familienhausprojekt den bisherigen 6-Stunden!-Tag mit einer Vollzeitbeschäftigung bei gleichbleibender Bezahlung eingetauscht haben trotz der gewachsenen Belastung nicht wieder zurück wollen an ihren ursprünglichen Arbeitsplatz im Heim.

Ähnliche aber noch viel drastischere positive Entwicklungen des Gesundheitszustandes der dem Heim entronnenen Kinder, lassen sich natürlich bei den drei von unserer Familie adoptierten Kindern machen. Dabei zeigt sich allerdings ein auch deutliches Gefälle: Je früher ein Kind in die Familie gekommen ist, um so stärker sind die Aussichten, daß aus diesen Kindern einmal vollständig geheilte, lebensfähige Menschen werden.

Besonders aus dieser Beobachtung heraus halten wir eine Förderung Jugendlicher nach dem Heimaufenthalt zwar für sinnvoll, aber nicht für ausreichend. So ist es notwendig, daß sowohl die Überwindung des Heimwesens selbst, die Betreuung von Kindern im Heim als auch die Förderung von Heimabgängern einander ergänzen und aufeinander abgestimmt sind, obwohl es sich um drei verschiedenartige Wege handelt, denselben Zielen zu dienen. Allerdings sollte das gemeinsame Ziel aller beteiligten Hilfsorganisationen eindeutig und kompromißlos in der Überwindung des Heimwesens liegen, da die körperliche und seelische Beschädigung, die jedes Kind in einem Heim erleidet, auch mit den besten Methoden nie wieder aufzuheben ist. Wir sind froh, daß wir als Sprecher unserer Arbeitsgruppe den ASTA-Vorsitzenden der MHH, Johannes Leonhardt, und weitere junge Mediziner als Mitarbeiter gewinnen konnten. Er wird im Sommer ein Praktikum an einem rumänischen Krankenhaus durchführen und nach Möglichkeit dieses durch einen Laien erarbeitete Bild fachlich vertiefen helfen.

Zusammenfassung

Unsere Beobachtungen lassen nur die eine Folgerung zu:

In der Errichtung von Familienhäusern handelt es sich um ein weittragendes und direkt auf die Ursachen vielschichtiger Erkrankungen bezogenes Gesundheitsprojekt allerersten Ranges. - Der Modellcharakter des Projektes eröffnet die Möglichkeit, daß seine Verwirklung einen stark multiplizierenden Charakter haben wird.

V.i.S.d.P. - Wolfgang Gerts, Brückenstraße 13, 31535 Neustadt, 05072/322 oder /7073; Fax 05072/92329

Flüchtling mißhandelt: Initiative sammelt Geld für Operation

Die Oldenburger Initiative für offene Grenzen hat sich mit einem dringenden Spendenaufruf an die Öffentlichkeit gewandt. Grund ist die lebensbedrohliche gesundheitliche Situation des 30-jährigen rumänischen Flüchtlings Daniel Grecu, dem bereits vor zwei Jahren in Rumänien eine Mangelfunktion der Aorta und eine bakterielle Infektion des Herzens attestiert worden war. Wenn er nicht innerhalb von zwei Jahren einen operativen Eingriff vornehmen ließe, so die behandelnden rumänischen Ärzte damals, bestünde Lebensgefahr. Um die erforderlichen umgerechnet ca. 10 000 DM zu verdienen, war Daniel im März 1997 mit seinem Schwager Mihai Sandu in die BRD gekommen, um hier einen Asylantrag zu stellen und das Geld für die dringend erforderliche Herzoperation zu verdienen.

Daniel und sein Schwager wurden der ZaSt Bankenburg / Oldenburg zugeteilt. Aufgrund des bestehenden faktischen Arbeitsverbots für Asylbewerber war es Daniel nicht möglich, Geld zu verdienen. Und auch die zuständigen deutschen Stellen weigerten sich, die Kosten zu übernehmen, da laut Asylbewerberleistungsgesetz nur akute und keine chronischen Krankheiten behandelt werden. Nachdem sein Schwager Mihai -für die Initiative unter bis heute nicht geklärten Umständen - im Sommer 1997 in der Hunte ertrunken war (Junge welt berichtete), entschloß sich Daniel Grecu schockiert und verängstigt, unterzutauchen. Zu diesem Zeitpunkt nahm er Kontakt zu der Initiative für offene Grenzen auf, die ihm Unterstützung anbot. Da er jedoch langfristig keine Perspektive sah, entschloß sich der junge Asylbewerber, nach Rumänien zurückzukehren. Auf seiner Rückreise wurde er am 30. Oktober 1997 an der Grenze vom Bundesgrenzschutz (BGS) aufgegriffen und inhaftiert. Wie er später in einem Brief an die Initiative berichtete traktierten ihn Beamte im 24 Stunden dauernden Arrest mit »Polizeiknüppeln und Elektroschocks«. Nachdem der BGS ihm wegen »mittelbarer Falschbeurkundung« und »illegalem Aufentfalt 951,- DM in bar abgenommen hatte, durfte Daniel nach Rumänien weiterreisen. Für die BRD erhielt er ein unbegrenztes Einreiseverbot. In Rumänien ist es ihm nun weiterhin unmöglich, das erforderliche Geld aufzubringen, so daß die Initiative mit einem Spendenaufruf versucht, das Geld für die Operation zu sammeln. Guido Sprügel, aus "junge Welt" vom 27.2.1998

Spendenkonto: Projektehaus K 14 e.V., Kennwort: Daniel Grecu, Kto.-Nr.: 017192329, LZO Oldenburg, BLZ 28050100.

Nachrichten

Die Hermannstädter Zeitung (HZ), aus der die meisten der folgenden Nachrichten übernommen sind, ist eine politisch unabhängige Wochenschrift. Redaktion: str. Tipografilor 12, RO-2400 Sibiu. Tel. / Fax 069 / 213422, 437765. Bezugsmöglichkeiten: über die Redaktion (Vierteljahresabo für's Ausland kostet zur Zeit 40.000 Lei), oder über Renate Petrovsky, Röntgenstr, 38, D-69126 Heidelberg (Tel. 06221 / 375 033) oder über Österreichische Landsmannschaft, Arbeitskreis Siebenbürgen, Fuhrmannsgasse 18a, A-1080 Wien. Die HZ im Internet: http://www.wad.org/Sibiweb, Email: hz@logon.ro

HZ 31.10.1997: NATO und Jazz. Alle Hotels in Hermannstadt (Sibiu) sind ausgebucht für die ersten zwei Novemberwochen, wenn die NATO mit ihren osteuropäischen Partnern ein Manöver abhält. Am 7. und 8. November findet ebenfalls das Jazzfestival statt. Ein hübsches Freizeitangebot für die NATO-Militärs, aber auch Anlaß zur Besorgnis für die Jazz-Veranstalter, weil etwa 60 erwartete Journalisten und Fernsehleute keine Übernachtungsplätze finden.

HZ 31.10.1997: Ein Reha-Zentrum für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen wurde im Pfarrhaus von Burgberg (Vurpăr) eingeweiht. Die "Insel der Hoffnung" ist die erste Einrichtung dieser Art in Rumänien.

HZ 31.10.1997: www-Wirtschaftsinfos. Das Wirtschaftsblatt "Capital" empfiehlt Internet-Usern u.a. folgende Seiten: "Meet Romania - Business Page" (www.dntis.ro/mr/business/index.html), eine gut informierte Homepage von Dynamic Network sowie "Romanian Yellow Pages" (www.cccis.ro:81/contact/indewx.html), eine Art Telefonbuch der Geschäftsadressen.

HZ 7.11.1997: Präsident Emil Constantinescu eröffnete am Mittwoch das NATO-Manöver "Cooperative Determination ´97", an dem über 500 Militärs aus 12 Ländern teilnehmen. Zehn Tage lang werden die NATO-Truppen im Raum Hermannstadt versuchen, einen imaginierten Territorialkrieg zwischen zwei Nachbarstaaten unter extrem erschwerten Bedingungen (Erdbeben) zu befrieden. Täglich wird die Presse über die Friedenserfolge der NATO informiert.

HZ 7.11.1997: Weiter profitieren, später prüfen. Die Vereinigungen der Revolutionsteilnehmer von 1989 erwirkten den Aufschub eines Gesetzes, das ihre Privilegien schmälern sollte. Nachdem sie mehr als drei Wochen lang vor dem Senat im Hungerstreik campierten und sich am Mittwoch ein Protestler öffentlich angezündet hatte, gab Ciorbea nach. Ein Untersuchungsauschuß der Regierung soll nun die Rechtmäßigkeit aller (ca. 40.000) Ansprüche prüfen.

HZ 7.11.1997: Kreis Hermannstadt wurde Euroregion. Die AER (Assembly of European Regions) will den Föderalismus und die Anliegen der Regionen stärker in das Blickfeld der europäischen Gremien rücken. 300 Regionen aus 23 Ländern sind Mitglied der AER, aus Rumänien die Kreise Harghita und Hunedoara (seit 1992), Alba, Arad, Bistritz-Nassod, Brăila, Sathmar und Temesch.

HZ 7.11.1997: 300-700 Dollar die Nacht im Hilton-Hotel. Vor kurzem eröffnet wurde das erste Hilton-Hotel in Rumänien. Es handelt sich um das rennomierte Bukarester "Athenée Palace".

HZ 7.11.1997: Kein Interesse am Aufschwung? Es sei schwer zu glauben, daß IWF und Weltbank ein echtes Interesse an einer konkurrenzfähigen Industrie und Landwirtschaft in Osteuropa hätten, weil diese den interationalen Wettbewerb nur verschärfen würden, meint Ioan Georgescu, ein leitender Mitarbeiter der Wirtschaftszeitung "Capital". "Die Experten des IWF und der Weltbank versuchen in den Ländern mit Übergangswirtschaften Wirtschafts- und Handelspolitiken auszuprobierewn, die sie in den eigenen Ländern nicht haben durchsetzen können".

HZ 7.11.1997: Mehr und mehr Kartentelefone. Telefonkarten gibt es auf den großen Telefonämtern.

HZ 7.11.1997: Auf Ungarns Autobahnen treiben Diebesbanden ihr Unwesen. Zu diesem Thema erschienen in der HZ in den letzten Monaten mehrere Berichte. Dabei gingen die Täter meist wie folgt vor: An der Grenze (zu Österreich) wurden die Reifen von Fahrzeugen so zerstochen, daß die Luft nur langsam entwich. Dann boten sie Hilfe an und entwendeten dabei Geld und Wertgegenstände.

HZ 21.11.1997: Nur 1,9% der erwachsenen Bevölkerung Rumäniens schätzt ihr Vermögen auf über eine Milliarde Lei (etwa 220.000 DM), und nur 0,3% verfügen über mehr als eine Milliarde Lei Bankguthaben, Aktien oder Bargeld. Da ließ die Wirtschaftszeitung "Capital" ermitteln. Acht Jahre nach der Wende ist die Mittelklasse - mit Vermögen zwischen 100 Millionen und einer Milliarde Lei so gut wie nicht vorhanden (nur 2,3%), diese wohlhabende, aber nicht ausgesprochen reiche Bevölkerung lebt größtenteils in den Städten Siebenbürgens und der Moldau. Nur 1,6% der Rumänen können es sich leisten, einmal oder öfter die Woche im Lokal zu essen, 71% gehen nie zum Essen aus. Urlaub im Ausland machten diesen Sommer nur 1%, 75% blieben zu Hause oder fuhren bestenfalls zu Verwandten.

HZ 14.11.1997: Am Mittwoch tagten die Minderheiten in Bukarest. Die Vertreter des Minderheitenrates und die Vertreter des Regierungsdepartements waren sich einig in dfer Unterstützung des von der UDMR (Ungarnverband) eingebrachten Änderungsantrages zum Schulgesetz. Sie forderten weiterhin ein entschiedeneres Vorgehen der Regierung gegen xenophobe und antisemitische Bewegungen und forderten die Rückgabe der ehemaligen Gemeinschaftsvermögen.

HZ 21.11.1997: Nationalisten im Kommen? Durchgefallen ist in der Abgeordnetenkammer der von der Einheitspartei der Rumänen (PUNR) eingebrachte Antrag zum Schutz der Rumänen in den mehrheitlich ungarisch besiedelten Landkreisen Harghita und Covasna. Mitunterzeichnet hatten den Antrag neben der PDSR und der PRM auch der Abgeordnete der Ökologischen Partei (PER), Otto Weber. Während der Nationalismus in der Kammer in die Schranken gewiesen wurde, wurde er im Senat virulent. Hier einigte sich die größte Koalitionspartei (PNŢCD) in der Debatte zur Änderung des Schulgesetzes, daß die Geschichte der Rumänen und die Erdkunde Rumäniens auf Rumänisch unterrichtet werden sollen.

HZ 21.11.1997: Securitate-Gesetz einen Schritt weiter. Abgesegnet hat der juristische Ausschuß des Senats den Gesetzestext zur Öffnung der Securitate-Archive. Der Hauptinitiator, Ticu Dumitrescu hat monatelang gegen den Widerstand aus der eigenen Parteispitze (PNŢCD) ankämpfen müssen. Der Zeitung "Ziua" erklärte er, das Gesetz habe nur eine Chance bei einer nominellen Abstimmung im Senat, bei einer geheimen Abstimmung fällt es durch.

HZ 28.11.1997: Kein extra Visum mehr für Österreich. Rumänische Staatsangehörige müssen seit dem 1. Dezember 1997 bei der Einreise nach Österreich ein gültiges "Schengen-Visum" besitzen. Dieses gilt für alle Länder des Schengener Abkommens (außerdem: BRD, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Griechenland). Dieses Visum ist kostenpflichtig, während es das vorherige für Österreich nicht war. Die deutschen Konsularstellen gewähren ein "Schengen-Visum" jedoch nur, wenn Deuschland das Reiseziel ist.

HZ 28.11.1997, 30.12.1997: Falsche Diplomaten und illegale Grenzgänger.

Unter dieser Überschrift berichtet die Hermannstädter Zeitung vom 28.11.97 über ein Interview der Bukarester Zeitung Ziua mit dem rumänischen Außenminister Adrian Severin. Er beantwortete dabei Fragen für die Gründe, daß "Rumänien hinsichtlich der EU-Visa auf der Schwarzen Liste bleibt". So seien in der "Jüngstvergangenheit" Diplomatenpässe an Personen von zweifelhaftem Ruf ausgegeben und zwielichtige Gestalten zu Honorarkonsuln ernannt worden. Nur 41 Prozent der rumänischen Botschaftsangehörigen sind dem Außenminister unterstellt, in "sieben Botschaften und etwa zwei Konsulaten" gar ist kein einziger Mitarbeiter dem Außenministerium rechenschaftspflichtig, weil diese Auslandsvertretungen von anderen Ministerien verwaltet werden. Dieser Mißstand sei auf den Amtsvorgänger zurückzuführen, der die Botschaften nach politischer Interessenlage anderen Ministern "geschenkt" hätte. Diese Anomalien konnten bis dato noch nicht behoben werden. Ein Regierungsbeschluß scheiterte bislang, weil "bestimmte Kollegen in der Regierung eigene Vertreter mit Diplomatenstatus im Ausland haben wollen". Desweiteren verärgerten die illegalen Grenzgänger die Westeuropäer.

HZ 28.11.1997: Subventionierte Altenheime. Die Abgeordnetenkammer hat einen Gesetzentwurf angenommen, der staatliche Subventionen für private soziale Einrichtungen möglich macht. Der schon vom Senat gebilligte Entwurf läßt eine Subvention in Höhe der Pflegesätze in staatlichen Heimen zu. Die Bedingungen unterliegen jedoch dem Ermessen der Regierung.

HZ 28.11.1997: Für den Bau einer Umgehungsstraße, die das Hermannstädter Straßennetz entlasten soll, habe der Transportminister 20 Millionen US-Dollar von der Europäischen Union zugesprochen bekommen.

HZ 5.12.1997: Die Novellierung des Bodengesetzes vom November 97 erweitert die Restitutionsansprüche der ehemaligen Besitzer. Diese bzw. ihre Erben können nun bis zu 50 Hektar Ackerboden (bisher 10 ha) und bis zu 30 Hektar Wald (bisher 1 ha) aus dem ehemaligen Familienbesitz zurückverlangen. Auch bei den Kirchen vergrößert sich das Anspuchsrecht von bisher fünf auf jetzt zehn Hektar Ackerboden und 30 Hektar Wald. Ebenfalls anspruchsberechtigt sind jetzt rumänische Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland sowie solche, die ihre rumänische Staatsbürgerschaft zeitweilig verloren oder abgesagt und mittlerweile wiedererworben haben.

HZ 12.12.97: Monarchisten und Nationalisten verursachen Regierungskrisen. Zwei Krisen erschütterten das eben erst umgebildete Kabinett, in beiden Fällen mußte Präsident Constantinescu einschreiten. Drei Minister (Kulturminister Ion Caramitru, Landwirtschaftsminister Dinu Gavrilescu und der frisch eingesetzte Informationsminister Sorin Botez befürworteten in einer Erklärung 50 Jahre nach der erzwungenen Abdankung (am 30.12.1947) die Rückkehr zur Monarchie. Schwerwiegender war der Regierungsstreik von Minderheitenminister György Tokay und Tourismusminister Àkos Birtalan, nachdem der Senat in geheimer Abstimmung über das Unterrichtsgesetz den Universitätsunterricht in der Muttersprache zu Fall gebracht hatte. Der Ungarnverband und auch die seriöse Menschenrechtsorganisation Liga pro Europa beschuldigten Remus Opriş (Generalsekretär der Regierung) der Parteilichkeit im Konflikt um ein Kinderheim in Odorheiu Secuiesc (Szekelyudvarhely), welches griechisch-katholische (also rumänische) Ordensschwestern führen sollen. Dazu kommt, daß die Regierung aus unerklärten Quellen 1,17 Milliarden Lei für die Restaurierung der rumänisch-orthodoxen Kirchen in den ungarischen Gebieten springen ließ, nachdem die Zeitung Adevărul eine pro-orthodoxe Spenden- und gleichzeitig eine antiungarische Hetzkampagne gestartet hatte. Präsidemt Constantinescu schlichtete den Konflikt, er wolle kein Unterrichtsgesetz abzeichnen, daß den muttersprachlichen Unterricht nicht zuläßt, aber Geographie und Geschichte müsse in rumänischer Sprache unterrichtet werden. Damit klopft der Präsident (bewußt oder unbewußt) die antieuropäische Nationalideologie fest, die sich in den genannten Fächern seit Ceauşecus Zeiten ungestört bewahrt hat.

HZ 12.12.97: Der neue Finanzminister Daniel Dâianu hat bei einer Anhörung im Parlament erklärt, daß er zwischen 1975 und 1978 Mitarbeiter im Wirtschaftsdepartement des Auslandsspionagedienstes DIE gewesen sei. Nach der Flucht des DIE-Chefs 1978 in die USA habe er demissioniert. Eine Arbeit für die "politische Polizei" habe er nicht geleistet. Premierminister Victor Ciorbea erklärte in diesem Zusammenhang, daß er die Erklärung überprüfen werde, sobald das Gesetz über die Öffnung der Securitate-Archive inkraft trete. Bei einer weiteren Verschleppung durch das Parlament werde er mit einem Regierungserlaß nachhelfen. Der Gesetzesentwurf war zum wiederholten Male bei der Abstimmung über die Tagesordnung durchgefallen.

HZ 12.12.97: Benzinpreise. Durch große Lagerbestände senkte die rumänische Regierung den Benzinpreis im Dezember von 2900 auf 2750 und für Bleifrei von 2800 auf 2650 Lei. Die Treibstoffverbilligung habe sich noch nicht auf andere Produkte ausgewirkt. Im März 1998 wurde durch die Anhebung der Verbrauchersteuer der Benzinpreis auf 4400 Lei pro Liter (Bleifrei 4250) angehoben.

HZ 12.12.97: 400.000 mehr Renten- als Lohnempfänger leben laut Adevărul derzeit in Rumänien (5,6 Mio Ruheständler und 5,2 Mio Beschäftigte). Gründe: Betriebsschließungen, Umstrukturierungen, fehlender Wirtschaftsaufschwung.

HZ 12.12.97: Katalysator verpflichtend. Nach Rumänien importierte Neu- und Gebrauchtwagen müssen ab 1. Juli 1998 mit Katalysator ausgestattet sein, Busse und LKW´s ab 1.9.1998. Rumänische Autohersteller müssen bis 1. Januar 1999 umrüsten, ab 1.1.2000 wird kein Auto mehr zugelassen, das nicht fabrikmäßig mit Katalysator bestückt ist und mit bleifreiem Benzin fährt. Bereits zugelassene "Stinker" dürfen aber weiterfahren.

HZ 19.12.97: Präsident Constantinescu mit allen Ehren in Bonn empfangen. In Deutschland warb er auf drei Zusammenkünften mit Vertretern der Wirtschaft um Investitionen in Rumänien, wobei er die deutsche Minderheit als nützlichen Faktor des Brückenschlags bezeichnete (mit ihm reiste u.a. auch der DFDR-Vorsitzende Dr. Paul Philippi). Zu den Großprojekten, die mit deutscher Hilfe in Rumänien realisiert werden könnten, gehört der Ausbau der Gebiete um Hermannstadt (Sibiu) und Kronstadt (Braşov) zu attraktiven Wirtschaftestandorten und Reisezielen. Als Einzelziele wurden der Bau eines internationalen Flughafens und die Sanierung des historischen Zentrums von Hermannstadt genannt.

HZ 19.12.97: Import von Schweinefleisch 60 Tage zollfrei. Ziel ist die Senkung der Preise. Im letzten Jahr ist die Schweinefleischproduktion in Rumänien um 12,5% (1,3 Mio Tiere) gesunken. Die staatlichen Schweinemastkomplexe erhielten diesen Sommer keine Kredite, weil die Regierung ihre Privatisierung angedroht habe, so daß im Spätsommer zahlreiche Notschlachtungen erfolgten.

HZ 19.12.97: Für Vereinsautos keine Zollfreiheit mehr. Ein Teil der rund 26.000 regierungsunabhängigen Organisationen hat im Jahr 1995 60.000 und 1996 sogar 180.000 PKW zollfrei eingeführt und verschachert. Wegen Mißbrauchs der Zollfreiheit hat die Regierung am 6.11.1997 diese Vergünstigung aufgehoben.

HZ 19.12.97: Der Verein "Arche Noah" ist eine Interessengemeinschaft zur Unterstützung von Rück- und Einwanderern in Rumänien. Er berät die Leute bei Problemen, vermittelt Kontakte und Adressen. Rumäniens Gesetzgebung ist auf den Zuzug von Ausländern nicht vorbereitet: Ausländer, die in Rumänien verheiratet sind und Kinder haben, werden von der Polizei als Touristen geführt. Mehr Informationen beim "Verein Arche Noah", Frau Maria Luise Roth-Höppner, str. Someşului 13, RO-2400 Sibiu, Tel. 069 / 211839, 212588, Fax 211839, e-Mail: hoeppner@logon.cjnet.ro.

HZ 30.12.1997: Severin geht, Pleşu kommt. Adrian Severin trat kurz vor Weihnachten von seinem Amt als Außenminister zurück. Er hatte in einem Zeitungsinterview behauptet zwei, drei Parteichefs und Zeitungsdirektoren ständen im Dienst ausländischer Mächte. Die rumänischen Nachrichtendienste SRI und SIE bestritten dies für die genannten Personen. Sein Nachfolger ist der Kunstkritiker, Essayist und Publizist Andrei Pleşu. Der Herausgeber der Wochenzeitung Dilema studierte zeitweilig als Humboldt-Stipendiat in Deutschland und war 1990/91 Kulturminister. Ihm wird nachgesagt, daß er "in den Beziehungen Rumäniens zu Deutschland ein gewichtiges Wort zu sagen haben wird".

HZ 30.12.1997: Meinungsumfrage: 14% würden Corneliu Vadim Tudor wählen (Chef der Großrumänienpartei PRM, der Präsident Constantinescu, 49%, unlängst einen Agenten fremder Geheimdienste schimpfte. Ebenfalls 14% würden Teodor Meleşcanu (Allianz für Rumänien, Abspaltung von der PDSR) wählen, 13% Ion Illiescu (PDSR), 5% Petre Roman (PD) und 2% Gheorghe Funar (PUNR). Dem Parlament wird am meisten mißtraut, wenig Vertrauen genießen auch Banken, Regierung, Justiz, Polizei, Bürgermeisterämter und Staatsbetriebe. Am meisten vertrauen die Rumänen immer noch der Armee und der Kirche. 52% sind der ungarischen Minderheit "günstig gestimmt", gar 93% den Rumäniendeutschen. 67% hegten jedoch ablehnende Gefühle gegenüber den Roma.

HZ 30.12.1997: Haftpflicht verdoppelt. 1998 sind je nach Hubraum 190.000 bis 350.000 Lei zu zahlen.

HZ 30.12.1997: Nach einem angedrohten Steuerstreik der Kleinunternehmer (HZ, 2.12.97) legte die Regierung am 21.12. einen Dringlichkeitserlaß vor, der eine Steuerreform vorbereiten soll. Darin wurde die Einführung einer Einkommenssteuer für Freiberufliche und für Zweiteinkommen festgelegt. Zusatzeinkommen (bisher 60, jetzt 40%), Einkommen aus Vermietung (bisher 40, jetzt 15%) werden deutlich entlastet, der Immobilienhandel, Erbschaften und Spenden ganz von der Steuer befreit. Pensionen, Stipendien, Sozialhilfe und Kindergeld werden nicht besteuert, ebenso die Gewinne aus dem ländlichen Tourismus und der staatlichen Lotterie. Desweiteren brauchen Kriegsveteranen bzw. ihre Witwen, Invalide, sowie Männer ab 70 und Frauen ab 65 Jahren keine Steuern zahlen. Das Einkommen soll im Voraus selbständig geschätzt werden. Nur wenn es um mehr als 15 Prozent von der Schätzung abweicht, wird eine Neuberechnung erforderlich.

HZ 9.1.1998: Seit Jahresbeginn müssen auch Privatpersonen Steuer für Luxusgüter zahlen. Bisher war dies Firmen vorbehalten. Die Steuer müssen die Hersteller bzw. Importeure von Alkohol, Kaffee, Tabakerzeugnissen, Pelzen, Kristallglas, PKWs und Unterhaltungselektronik entrichten. Zu den steuerpflichtigen Luxusgütern zählen auch Mobiltelefone und Mikrowellenherde.

HZ 9.1.1998: Die Strampelhosen-Entführung: Aus dem Kinderheim auf der Soldischbastei karrte das Personal deutsche Hilfsgüter in Taxis nach Hause. Das Hermannstädter Kinderheim war schon früher wegen veruntreuter Hilfsgüter im Gerede. Im Winter 1996/97 kam das Heim wegen einer Darmgrippe mit zwei Todesfällen in die Schlagzeilen. Inzwischen hat die Wirtschaftspolizei Ermittlungen eingeleitet.

HZ 16.1.1998: Abgezockt. In der rumänischen Botschaft in Budapest sind zwischen 1992 und 1994 rund 180.000 US-Dollar veruntreut wurden. In Paris hingegen vermißt die Botschaft 7 Millionen Francs und eine größere Menge Blattgold.

HZ 16.1.1998: Unterkunft im frisch restaurierten Schullerhaus stellt das Mediascher Forum seinen Gästen zur Verfügung. Für die Übernachtung mit Frühstück wird eine kostendeckende Spende erwartet. Anmeldungen: Franz Dizmacsek - Tel. 069 / 821347, Fax 069 / 822390.

HZ 16.1.1998: Leu fällt, Inlation steigt. 1997 betrug der Werteverlust der rumänischen Währung 84,4 %, die Inflation sei mit 151,4 % nahezu doppelt so hoch gewesen, erklärte die ADZ (Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien).

HZ 16.1.1998: Die einzige Autobahn Rumäniens wird modernisiert. Für veranschlagte 98 Millionen US-Dollar soll die 100 Kilometer lange Autobahn (Bukarest-Piteşti) verbreitert und mit Nottelefonen und zwei Mautstellen ausgerüstet werden. Dafür erhielt Rumänien einen 53 Millionen-Dollar-Kredit der Europäischen Entwicklungsbank. Den Zuschlag erhielt dieselbe italienische Firmengruppe, die auch die Nationalstraße durch das Alttal erneuert hat.

HZ 23.1.1998: Die Mehrwertsteuer steigt von 18 auf 22, Prozent für Lebensmittel auf 11 Prozent. Von der MWSt befreit sind Heizenergie, Strom und Trinkwasser. Vorbereitet wird ein Gesetz zur Senkung der Lohnsteuer von 60 auf 40 %. Damit erhoffen sich die Finanzexperten des Kabinetts einen leichteren Zugriff auf die Steuerabgaben der Bevölkerung

HZ 23.1.1998: Der Hermannstädter Kreisrat hat die Haus-, Boden- und Autosteuer verdoppelt. Laut "Rondul" bedeutet dies für den Besitzer einer Zwei-Zimmer-Block-Wohnung und eines Dacia eine Jahressteuersumme von 49.000 Lei (Vorjahr 24.000).

HZ 23.1.1998: 1777 Aussiedler aus Rumänien sind 1997 in Deutschland registriert worden. 1996 waren es 4284 und 1995 noch 6519.

HZ 30.1.1998: Ein neues Attentat auf die alten Hütten. Ein neuer Bebauungsplan für den Luftkurort "Hohe Rinne" (Păltiniş) will die Voraussetzungen für ein modernes Skigebiet schaffen. Dafür sollen die alten Schutzhütten, die vor ca. 100 Jahren durch den Siebenbürgischen Karpatenverein (SKV) erbaut wurden, verschwinden. Dieser Platz sol zum Mittelpunkt einer Anlage werden, die sich den Ferienbetrieb in den Alpen zum Maßstab genommen hat. Der SKV will das Abtragen der Hütten verhindern.

HZ 6.2.1998: Seit Februar kann jeder rumänische Bürger unbegrenzt ausländische Zahlungsmittel erwerben. Privatpersonen dürfen jetzt 10.000 US_Dollar in bar ein- und ausführen.

HZ 6.2.1998: Außenminister Andrei Pleşu fliegt nach Bonn. Er wird am 12. und 13.2. u.a. Gespräche mit seinem Amtskollegen Klaus Kinkel führen und die Humboldt-Stiftung besuchen, deren Stipendiat er früher einmal war.

HZ 6.2.1998: Kulturförderung wird attraktiver. Wer in Kultur, Unterricht, Umweltschutz und humanitäre Projekte investiert, kann beim Finanzamt eine 10%ige Steuerermäßigung beantragen. Mit 8% weniger Steuern wird die fianzielle Förderung von Wissenschaft und Forschung, des Schutzes der Menschenrechte, des Denkmalschutzes und des Sports (ohne Fußball) belohnt. 5% Steuernachlaß bekommt, wer gemeinschaftliche, soziale, religiöse Projekte sowie den Fußball fördert. Das sieht ein Regierungserlaß vor, der das Sponsorengesetz novelliert.

HZ 6.2.1998: SKV-Hütten bleiben, wo sie sind. Positives Resultat einer hitzigen Stadtratsdebatte.

HZ 13.2.1998: Eginald Schlattner hat dieser Tage das Manuskript seines Romans "Der geköpfte Hahn" nach Wien abgeschickt. Das Werk wird im August im Paul Zsolnay Verlag erscheinen. "Der geköpfte Hahn" erzählt, wie die Bevölkerung von Fogarasch in der vierziger Jahren in den Sog des Nationalsozialismus gerät. Abgeschlossen hat Schlattner auf seinem Pfarrhof in Rothberg / Roşia auch das Manuskript eines weiteren Romans "Weiße Flecken", in dem er die Zeit seiner Haft in "Stalinstadt" (Braşov / Kronstadt) in den fünfziger Jahren aufarbeitet.

HZ 13.2.1998: Das Pflegepersonal ist gestern in den Generalstreik getreten. Es fordert die Verdopplung der Gehälter und eine bessere Ausstattung der Spitäler. Für die Dauer des Streiks wird nur der Notdienst versehen. Ein Arzt in Rumänien verdient monatlich zwischen 484.600 und 700.000 Lei, eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger höchstens 500.000 Lei. Ein Müllarbeiter bekommt hingegen 808.000 Lei und ein Parlamentarier 2,6 Millionen Lei (laut Adevărul)

HZ 20.2.1998: Für Herbst dieses Jahres hat das DFDR ein Stipendium an einer bayrischen Staatsuniversität zu vergeben. Voraussetzungen: Wer sich bewirbt, muß in Rumänien zum Studium zugelassen sein, der deutschen Minderheit angehören und sich verpflichten, hnach dem Studium auf Dauer nach Rumänien zurückzukehren.

taz 20.2.1998: Hungertod in der Psychiatrie. Ein Bericht des Anti-Folter-Komitees das Europarates wirft Rumänien vor, daß in einigen Psychiatrien "unmenschliche und verheerende Zustände herrschen". 1995 seien in der Anstalt Poiana Mare 25 Menschen verhungert. Viele Patienten seien wegen katastrophaler hygienischer Bedingungen von Krätze befallen gewesen.

HZ 27.2.1998: Die Sanitas-Gewerkschaft ist mit 25 % Gehaltserhöhung im Gesundheitswesen unzufrieden und streikt weiter. Auch die Lehrer drohen mit Generalstreik. Am Mittwoch haben sie einen zweistündigen Generalstreik veranstaltet, an dem auch die Lehrer in Hermannstadt teilnahmen, bis auf jene von der Brukenthalschule, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Sie fordern 5-6% vom Bruttosozialprodukt für das Unterrichtswesen und höhere Gehälter.

HZ 27.2.1998: Zwei NGO`s für ein Straßenkind. 12.000 Vereine und Stiftungen haben sich die Betreuung der Straßenkinder als Aufgabe gesetzt, meldeten kürzlich Zeitungen und Fernsehen. In Rumänien wird offiziell von 6.000 Straßenkindern gesprochen.

Junge Welt 3.3.1998: Fleisch statt Geld. Der finanziell angeschlagene rumänische Fußballerstligist hat seinen Mittelfeldspieler Ion Radu für zwei Tonnen Fleisch an Zweitligist Vâlcea verkauft. "Wir werden das Fleisch weiterverkaufen, damit wir die übrigen Spieler von den Einnahmen bezahlen können", erklärte Clubpräsident Catuti den ungewöhnlichen Deal.

HZ 6.3.1998: Benzin jetzt 1 DM. In Hermannstadt kostete gestern der Liter Superplus 4.600 Lei, Premium 4.400 Lei, Bleifrei 4250 Lei und Dieselöl 3.300 Lei. Eine allgemeine

HZ 6.3.1998: Die rumänische Regierung erwartet aus den für dieses Jahr geplanten Privatisierungen einen Gewinn von 6000 bis 7000 Milliarden Lei. Auf der Liste stehen unter anderem Romtelecom, die Post, Romgaz, die Nationale Erdölgesellschaft Petrom und Sidex Galatz. Diese Unternehmen reißen durch ihren Schuldenberg von 10.000 Milliarden Lei ein Riesenloch in den Staatshaushalt.

HZ 6.3.1998: Noch weit bis zum Rechtsstaat. Die rumänische Gesetzgebung sei nur zu 50% an das europäische Recht angeglichen worden, kritisierte Präsident Emil Constantinescu. Er finde es "unglaublich", daß 1997 landesweit nur sieben große Korruptionsfälle vor Gericht verhandelt worden seien. Die Großkrimminellen würden systematisch von der Vorbeugehaft ausgenommen, während diese Maßnahme auf die kleinen Fische "exemplarisch" angewandt würde.

HZ 6.3.1998: Die Geldstrafe für ein überzogenes Visum ist erheblich gestiegen, von 5.000 Lel auf 750.000 bis 4 Millionen Lei.

HZ 6.3.1998: Befremdend abenteuerlich. Der deutsche Journalist Frank-Reginald Evertz (49) will in Siebenbürgen ein Kibbuz gründen. Bei den Sachsen ist das Projekt nicht gerade auf Gegenliebe gestoßen: "Machen Sie Ihren Kommunismus anderswo", schallte es ihm entgegen. Evertz meint, da liege ein Mißverständnis vor. Er will jungen Leuten aus Deutschland und Österreich eine Aufgabe geben: Sie sollen verhindern helfen, "daß die hiesige deutsche Kultur, die sich 850 Jahre lang halten konnte, dem vor einigen Jahrzehnten eingesetzten Aderlaß erliegt". Der deutesche Generalkonsul Harald Gehrig sei bereit, das Projekt zu unterstützen, sofern es nicht politisch ausgerichtet ist.

HZ 13.3.1998: SKV-Hütte abgebrannt. Die Mălăieşti-Schutzhütte, an der Nordseite des Bucegi-Gebirges gelegen, ist am 5. März völlig abgebrannt. Die Brandursache ist noch nicht geklärt.

Seit Jahresbeginn ist das Limit für Textilexporte in die Europäische Union aufgehoben worden. Diese waren seit dem Vorjahr bereits zollfrei.

taz 16.3.1998: Ein Kirchenstreit tobt in Siebenbürgen. In Rumänien fordern die Griechisch-Katholischen die Rückgabe ihres von den Kommunisten enteigneten Besitzes. Die Orthodoxen stellen sich quer. Nach einem Urteil muß nun die Kathedrale von Cluj zurückgegeben werden.

HZ 27.3.1998: Preise steigen weiter. Ab 1. April werden die Bahn, der städtische Verkehr, das Trinkwasser und das Abwasser, sowie die Medikamente aus heimischer Produktion um 8,9% teurer.

Hinzu kommen Preissteigerungen beim Strom und Telefon und natürlich bei allen anderen Produkten wegen der jüngst erfolgten Erhöhung der Treibstoffpreise und der Mehrwertsteuer. Die Renten werden im März und April um je 5% erhöht und von Mai bis Dezember um je 3,3%. Ab 1.April wird der Mindestlohn 350.000 Lei betragen (bisher 250.000), das Kindergeld wird von 50.000 auf 65.000 Lei erhöht. Die Gewerkschaften hatten 600.000 Lei Mindestlohn gefordert.

HZ 27.3.1998: Bücher und Banden. Am Mittwoch ist in Leipzig die Buchmesse eröffnet worden (Schwerpunktthema Rumänien). Im Frühstücksfernsehen des ZDF konnten die Leipziger und ihre Gäste einen eindrucksvollen Bericht über eine im Kölner Raum identifizierte Bande von rumänischen Taschendieben sehen - 100 Kinder sollen von 25 Hintermännern brutal zum Hamstern abgerichtet worden sein. Seit 1996 ermittelt ein Sonderkommando der Kölner Kripo gegen den Ring. Angehörige der rumänischen Botschaft in Bonn sollen beim Ausfolgen falscher Pässe an die Bandenmitglieder behilflich gewesen sein. Präsident Constantinescu hat umgehend die Untersuchung des Falles angeordnet. Die rumänischen Journalisten, die an der Buchmesse teilnehmen, waren entsetzt über die Imagepflege, die das deutsche Fernsehen zum Auftakt der Buchmesse dem Länderschwerpunkt Rumänien angedeihen ließ. Die große Masse der Journalisten ließ das Thema eher kalt.

HZ 3.4.1998: Radu Vasile heißt der neue Premierminister. Das Mehrheitsbündnis versucht mit einer neuen Regierung die politische Krise zu beenden. Victor Ciorbea hat aufgegeben. Drei Monate, nachdem er seinen damaligen Transportminister Traian Băsescu wegen allzu offener Kritik am Kabinett gefeuert und damit den entgültigen Bruch mit der Demokratischen Partei (PD) provoziert hatte, ist er zurückgetreten. Er verzichtete gleichzetig auf das Amt des Bukarester Oberbürgermeisters.

HZ 3.4.1998: Die Industrieproduktion ist im Januar 1998 um 20% gegenüber Januar 1997 gefallen. Ene Februar gab es 961.600 registrierte Arbeitslose in Rumänien (9,6%).

HZ 3.4.1998: Aus einem Gespräch mit Staatsanwalt Ovidiu Silaghi (Amtsgericht Hermannstadt): Gibt es gravierende Unterschiede zwischen unserer Straf-und Zivilgesetzgebung und der anderer europäischer Länder ? - Beleidigungen, auch Schlägereien ohne schwere Folgen werden in Deutschland zivilrechtlich behandelt, bei uns sind es Straftaten. Dagegen ist bei uns die Schwarzarbeit keine Straftat, lediglich der Unternehmer kann wegen Steuerhinterziehung belangt werden. - Sind Sie mit der vor einigen Jahren erfolgten Reform des rumänischen Strafrechts zufrieden ? - Nicht unbedingt. Zu schaffen macht uns das neu festgeschriebene Strafmaß für vorsätzlichen Diebstahl. Dafür sind jetzt 3-15 Jahre Freiheitsentzug vorgesehen, vorher gab es 3-5 Jahre mit Bewährung. Die Möglichkeit, den Dieb auf Bewährung auf freiem Fuß zu lassen, ist nicht mehr gegeben. Dagegen erwartet Mörder, wenn mildernde Umstände vorliegen, nur 2-7 Jahre Haft. Am 25. Juli 1997 wurden eine ganze Reihe von Gefängnisinsassen begnadigt - Diebe ausgenommen!

HZ 10.4.1998: Mitarbeiter der Hallenser Osteuropahilfe waren dieser Tage damit beschäftigt, beim Diakonischen Werk in Hermannstadt ("unser stabiler Partner") die Zollformalitäten für einen Mammographen, ein Ultraschallgerat (die dem Kreiskrankenhaus zugute kommen werden), für Medikamente im Wert von ca. 100.000 DM, einen Fahrzeugmotor für "Salvamont" und andere "Kleinigkeiten" zu erledigen. Weitere Spenden sollten in Klausenburg bei einem Selbsthilfeverein für Behinderte, im Dorf Jucu in einer Sonderschule und in Baia Mare beim Deutschen Forum abgeladen werden.

HZ 17.4.1998: Visum für Ungarn? Eine Erklärung des österreichischen Innenministers Karl Schlögl löst in Rumänien Empörung aus. Er hatte laut ADZ am Samstag vor Ostern gedroht, daß sein Land die Aufnahme Tschechiens und Ungarns in die EU blockieren werde, wenn Prag und Budapest nichts gegen den Flüchtlingsstrom aus dem Osten täten. Konkret forderte er die Nachbarländer auf, die Visumpflicht für rumänische Staatsbürger einzuführen. Anlaß für diese Erklärung boten offenbar 59 Rumänen, die vorigen Freitag an der tschechisch-österreichischen Grenze beim Versuch aufgegriffen worden, illegal in den Schengen-Raum einzureisen. Neben der Presse hat auch das rumänische Außenministerium reagiert. Man könne nicht einverstanden sein mit "Lösungen", die das Recht auf Reisefreiheit einschränken.... Man nehme andererseits mit Genugtuung die Einstellung der ungarischen Seite zur Kenntnis, welche erklärt hatte, die Visaeinführung sei nicht opportun.

HZ 17.4.1998: Durststrecke bis 2000. Das neue Kabinett legt heute den Eid vor Präsident Constantinescu ab. Radu Vasile "versprach", der wirtschaftliche Aufschwung und folglich auch eine Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung könne "nach den optimistischsten Prognosen" nicht vor dem Jahr 2000 erwartet werden.

HZ 17.4.1998: Strampelhosen-Entführer strafrechtlich verfolgt. Gegen drei Mitarbeiter des Kinderheimes auf der Soldisch wurde wegen Diebstahls von Hilfsgütern die strafrechtliche Verfolgung aufgenommen (vgl. 9.1.1998).

HZ 17.4.1998: Die neuen Telefontarife seit 1. April: Ortsgespräche (selber Ort oder Kreis) kosten von 10-16 und 19-21 Uhr 240 Lei / min., von 7-10, 16-19 und 21-23 Uhr 120 Lei / min. und von 23-7 Uhr sowie an Sonn-und Feiertagen 60 Lei / min. Überlandgespräche kosten 1.920, 1.440 bzw. 960 Lei / min. (Zeiten wie oben) Auslandsgespräche in Europa 6.900 Lei / min und nach Übersee 12.700 Lei / min. (zu jeder Zeit). Bei einem Kurs von z. Zt. 1 DM = 4500-4600 Lei sind das also etwa 1,50 DM / min nach Deuschland o.a. Länder.

20.000 Väter in Erziehungsurlaub. Seit im Juli 1997 der Erziehungsurlaub neu geregelt wurde, haben 20.000 Väter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. 85 Prozent Lohnausgleich stehen dem erziehenden Elternteil bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes zu.

Tips und Termine

Vorbereitungstreffen für Abenteuercamp Transsilvanien vom 5.-7.6.1998 in Elben / Saalkreis. Teilnehmerbeitrag 20 DM. Angemeldete Teilnehmer/innen werden eingeladen, andere melden sich bitte vorher an bei Kinderland e.V. , Oleariusstr. 9, 06108 Halle, Tel. 0345 / 290 0696.

Rumänientag in Halle am 13. Juni 1998 ab ca. 16 Uhr in der Ludwigstr. 37. Vortrag von William Totok "Cyberspacelegionäre - rumänischer Postfaschismus im Internet", Buchlesung Helmuth Frauendorfer "Landschaft der Maulwürfe", Essen + Trinken, Bücher- und Infotisch, Gelegenheit zur Selbstdarstellung für Initiativen, gemütliches Beisammensein, evtl. Filmvorführung. Eintritt frei. Übernachtungen mit Schlafsack im Haus oder mit Zelt im Garten möglich (Für Übernachtung bitte anmelden bei der Redaktion). Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit "Mitwelt - Heinrich-Böll-Stiftung" in Sachsen-Anhalt organisiert, diese sorgt bei entsprechender Nachfrage (min. 5) auch für Kinderbetreuung.

Lesung von Andrei Pleşu am 20. Juni 1998 in 42119 Wuppertal um 19.30 Uhr im Böhler Hof 1, Tel. 0202 / 42 83 09. Veranstalter ist der Verein "Der Verein Deutsch-Rumänische Kulturbegegnungen e.V. gibt ein Magazin heraus, das vorläufig kostenlos bestellt werden kannn bei: DeR KuB e.V., Heinrich-Böll-Str. 161, D-42277 Wuppertal. Tel.+Fax 0202 / 66 23 29.

Deutsch-Rumänische Kulturbegegnungen", dieser gibt auch ein Magazin heraus, das vorläufig kostenlos bestellt werden kann bei: DeR KuB e.V., Heinrich-Böll-Str. 161, D-42277 Wuppertal. Tel.+Fax 0202 / 66 23 29.

Rumänien-Konsultation vom 22.-24. Juni 1998 in der Evang. Akademie Bad Boll. Die Akademie plant in Zusammenarbeit mit dem Gustav-Adolf-Werk und dem Verein für internationale Jugendarbeit eine Konsultation von Organisationen und Initiativen, die in Rumänien Aktivitäten und partnerschaftliche Beziehungen in den Bereichen Gemeindeaufbau, Diakonie und Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut haben.

Die Sommerferien in Rumänien gehen vom 13.6.-5.9.1998.

Abenteuercamp Transsilvanien für Jugendliche von 14-21 vom 9.-29. August 1998. Info: Kinderland Halle e.V., Tel. 0345 / 290 0696 oder über Redaktion.

Seminar-Wochenende "Wem helfen wir (eigentlich)?" - Praktische Nächstenhilfe in Rumänien. In Rumänien waren und sind viele junge Menschen in sozialen und diakonischen Diensten tätig. So schön dieser Dienst ist oder sein kann - es gibt auch eine Reihe von Problemen auf verschiedenen Ebenen, die leichter zu lösen sind, wenn man sie gemeinsam bespricht und seine Erfahrungen austauscht. In Zusammenarbeit mit einer Initiative aus Westfalen, die Zivildienstleistende aussendet, lädt die Evangelische Akademie Siebenbürgen zu einem Seminar-Wochenende

vom 11.-13. September 1998 in Michelsberg (Cisnădioara) bei Hermannstadt (Sibiu) ein. Wir bitten Interessierte, sich möglichst bald zu melden bei Ev. Akademie Siebenbürgen, z. Hd. Gerhard Möckel, str. Cetaţii 6, RO-2400 Sibiu. Tel./Fax 0040 - 69- 211595.

Die Grüne Liga Sachsen e.V., der Umweltverband im Osten Deutschlands, möchtezum dritten Mal den Taschenkalender "Umweltschwung Osteuropa" herstellen. Neben dem übersichtlichen Kalendarium enthält dieser Kalender breite Informationen zu Osteuropa: Umweltprobleme, politische Situation, Kontaktadressen, Aktivitäten der Gruppen vor Ort, Erfolge der Zusammenarbeit und Anregungen über neue Reiseziele. Bitte schickt Fotos und Berichte an die "Grüne Liga Sachsen e.V.", Schützengasse 18, D-01067 Dresden. Tel. 0351 / 4943 369, Fax -450, Email: gl.dresden@ipn-b.comlink.apc.org. Steffi Schwandt

Für soziale und diakonische Dienste senden wir Zivildienstleistende (Zivis) und Freiwillige im Sozialen Jahr nach Rumänien. Kontakt: Dr. Klaus Peter Schumann, Lessingstr. 20, D-33604 Bielefeld, Tel. 0521 / 61585, Fax 61599.

Stammtisch der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft immer am 2. Mittwoch des Monats im Restaurant Florian (Berlin-Charlottenburg, Kantstraße - Ecke Kaiser-Friedrich-Str.; S-Bahnhof Charlottenburg, U-Bahnhof Wilmersdorfer Str.). Das Restaurant Florian wird von einem Rumänen betrieben.

"WO SICH HIRSCH & BÄR GUTE NACHT SAGEN"
Vărşag
Eine Erlebnisreise in das Tier - und Pflanzenreich
des Harghita- und Gurghiu-Gebirges

Im Juli 1999: Reise zur Sonnenfinsternis
OUTDOOR - HOBBY - SPORT
Freebird Erlebnis-und Abenteuerreisen
Rumänienreisen - Reiseberatung
Informationen bei:
Uwe Steinweg, Osnabrücker Str. 24, D-06126 Halle (Saale)
Tel. 0345 / 68 71 294
oder
Peter Weber, str. Kogălniceanu 19, RO-3125 Mediaş
Tel. + Fax 0040 69 / 814 036