Rumänien Rundbrief von Andreas Merker

Rumänien-Rundbrief Nr. 11 (Sommer 2000; ISSN 1433-5867)

Aus dem Inhalt
Zur Lage in Rumänien 2000
Vorsicht vor Wegelagerern
Ein Wolf mehr, 2 Rehe weniger
Vögel Rumäniens und Europas
Socken aus Viscri
Rumänieninitiative Dresden
Rumänienhilfe Potsdam
Buna Salve - Guten Tag (Weimar)
Antwort auf "Hilfe die Helfer ...
Vor den Toren der Festung Europa
Nachrichten in Schlagzeilen

Sommercamps Rumänien 2000

Abenteuer Transsilvanien

16.7.- 5.8. (Alter 12-14) 745,- DM
30.7.-19.8. (Alter 15-25) 745,- DM
über Kinderland Halle e.V.
Info: Maikl - Tel. 0345 / 121 9 121

Höhlen und Gebirge mit AM

ab 16.7. ca. 3-4 Wochen
(ab 16 Jahre) ca. 800,- DM
Projekt "Cabana-Reisen"
Info: Andreas - Tel. 0177 / 6493129

TIPS UND TERMINE

17. - 25.Mai Kultur- und Begegnungstage in St. Jakobus, Ilmenau mit einer Fotoausstellung des Weimarer Rumänien-Freundeskreises

Do, 18. Mai 20 Uhr: Rumänienabend in Weißenfels, Gaststätte "Gruppentherapie", Naumburger Straße mit Dias, Essen u. Musik (vom Band)

Do, 29. Juni 18 Uhr: Zur aktuellen Situation in Rumänien.

Vortrag mit Dias und Diskussion in Halle / Saale, Ludwigstraße 37 (Infoladen)

Referent: Christof Kaiser, Berlin

Sommercamps in Rumänien ab 16. Juli

Informations- und Vorbereitungstreffen vom 23.-25. Juni im Saalkreis

Infos über Tel. 0345 / 121 9 121 (Maikl) oder 0177 / 649 3129 (Andreas)

Suchen ab sofort für 6 Monate oder länger Freiwillige, die beim Aufbau eines europäischen Begegnungszentrums in Rumänien mitmachen wollen. Gesucht werden Handwerker bzw. handwerklich begabte Jugendliche im Alter von 18-27 Jahren, die Lust auf selbständiges Arbeiten im Bereich des Innenausbaus haben. Es wird eine Aufwandsentschädigung gezahlt. Informationen über Holger Miska, Tel. 0351 / 801 4200 oder Mark Alisch, Tel. 0341 / 688 9025 (Europas Kinder e.V., Stadtverw. Zittau - Zi.207, Sachsenstr. 14, 02763 Zittau)

Agentur für Musik aus Rumänien: asphalt tango production, Rosenthaler Str. 39, 10178 Berlin, Tel. 030/ 285 85-28, Fax-12, email: agency@asphalt-tango.de (u.a. Fanfare Ciocarlia)

Mitfahrgelegenheiten von und nach Ungarn über Tel./Fax 0351/4590585, ungarnservices@t-online.de

Rumänien per Rad - aktuelle Tips, Informationen, Karten, Bücher über Thomas Froitzheim, Pfälzer Str.20, 33613 Bielefeld oder http://www.BikeRomania.de.

Intertouring - Reisen nach Siebenbürgen und Bukarest von z.B. von Leipzig (Di, Fr 10:00) über Hof nach Sibiu und zurück für 360 DM: Baseler Platz 3, 60329 Frankfurt a.M. Tel.: 069-252884, Fax: 069-252983. Telefonieren nach Rumänien. Mittels der Vorwahl einer fünfstelligen Netzvorwahl eines Telekommunikationsanbieters (z.B 01051 - kostet 63 Pf/min lt. Ansage) vor der normalen Nummer für das Ferngespräch kann man preiswerter nach Rumänien telefonieren. Die Abrechnung erfolgt durch den Netzbetreiber (i.d.R. Telekom).

Radio Rumänien International sendet auf 7195 kHz (17.30-18.00 und 19.00-20.00 MEZ) in deutscher Sprache.

Höhlenforschergruppe, Studenten der Universität Cluj-Napoca (Rumänien) sucht Partner bei der Erforschung von Höhlen, auch Spenden (z.B. Ausrüstungsgegenstände): Clubul de Speologie " OMEGA", str. Nicolae Iorga 1A, RO-3400 Cluj - Napoca, email: speo.omega@email.ro

Liebe Leserinnen und Leser,

zunächst bitte ich um Verständnis, daß der Rundbrief bis auf weiteres aus Kostengründen ohne Fotos erscheint, da diese bei unserer Billigdruck-Variante kaum zu erkennen sind. Ich habe mal überlegt, eine Serie von 4 farbigen Postkarten drucken zu lassen und als Umschlag um den Rundbrief zu machen, das kostet aber fast 1000,- DM und da müssen erst mal ein paar Überschüsse aus den Abo-Einnahmen zusammenkommen. Mich würde auch Eure / Ihre Meinung dazu interessieren (oder sollen wir Überschüsse lieber für Projekte spenden - und wenn ja für welche?)

Vielen Dank auch für die wieder zahlreich eingetroffenen Texte, hierzu eine Bitte: Wer Texte sowieso schon auf Computer hat, wird gebeten uns diese entweder auf Diskette (am besten als TXT - Format gespeichert, da unsere Computer nicht die aktuellsten Programmversionen haben) oder als email schicken an: popeye7@gmx.de (bitte Betreff Rumänien-Rundbrief angeben). Wer keinen Computer hat, kann die Texte natürlich weiter auf Papier schicken. Viel Spaß beim Lesen wünscht Andreas Merker

Weiterführende Informationen über Rumänien:

- Blick nach Rumänien ( Rumänien InfoDienst )

erscheint 6mal im Jahr, Abo 30,-DM. In der März-Ausgabe ist z. B. die "Notverordnung zum Schutz von Kinderrechten abgedruckt. Zu bestellen bei Edtih Kirchmann, Kapfgasse 13, 72379 Hechingen, Tel. 07471/ 621494, Fax 621499

- Deutsch-Rumänische Hefte über Alexander Kaufmann Tel./Fax: 030 / 6130 4269,

- Allgemeine Deutsche Zeitung über felix matei-verlag, Postfach 3151, D-55021 Mainz, Tel.:06205/922733

- Hermannstädter Zeitung über Renate Petrovsky, Röntgenstr. 38, 69126 Heidelberg, Tel.:06221/375033, http://logon.ro/hz

- "Herzblättchen" - Zeitung der Stiftung Casa Don Bosco, Piata 518, RO-2339 Cincu, Tel. 0040 68 / 244-250, Fax-220 (ein begrenzter Vorrat ist auch bei der Redaktion erhältlich)

- Siebenbürgische Zeitung über Redaktion, Albert-Rosshaupter-Str. 33, 81369 München

- diverses Werbematerial des rumänischen Touristenamtes kann gegen Portoerstattung bei der Redaktion Rumänien-Rundbrief bestellt werden

weiterführende Internetadressen:

http://www.webring.org/cgi-bn/webring?ring=siebenbürgen&list

http://www.imoe.de/rumaeninf.htm

Halbjahreszeitschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur, Politik

http://www.tagesschau.de/archiv/2000/

http://rennkuckuck.de (Rumänien-Rundbrief)

touristisch interessante Adressen:

- Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins (DAV e.V.), Hittostr. 4, 85354 Freising, Tel. 08161 / 3588, Fax 43576

- Arbeitskreis Tourismus im DRW (Deutsch-Rumänischer Wirtschaftskreis)

über RA Detlef G. Barthmes, Ramersdorfer Str. 1, 81669 München, Tel. 089/ 6890 770, Fax 6890 7777, email: Barthmes@KBK.to

- Reisebüro GAEA TOURS, Bruggstr. 28, CH-8942 Oberrieden, Tel. 01/ 77 222-88, Fax-87, email: gaea@gaea.ch / Internet: http://www.gaea.ch

- Salvamont Sibiu (Bergrettungsdienst), str. Nicolae Balcescu 9, Tel. 069/ 216477

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Zur Lage in Rumänien 1999/2000

Seit dreieinhalb Jahren hat sich die politische Situation in dem bis dahin kommunistisch regierten Land geändert. Anfangs war das für viele Grund zu Hoffnung auf baldige Veränderungen. Mit großer Erwartung sah man auf die Vorhaben der neuen Regierung. Doch so leicht sind Veränderungen nicht in Gang gekommen. Alte Machtstrukturen zu durchbrechen, erweist sich als schwierig. Für den Großteil der Bevölkerung hat sich die Lage nicht verbessert. Der Kampf um die kleinen alltäglichen Ding kann schon zermürben. Im Herbst dieses Jahres sollen nun die Leute wieder an die Wahlurne treten. Viele politisch Interessierte und Engagierte sehen diesem Tag mit großen Bedenken entgegen. Der Großteil der Bevölkerung, besonders außerhalb Siebenbürgens wünscht sich wieder eine kommunistische Regierung. Werden dann die alten Machtstrukturen wieder aufgebaut? Für uns ist es schwer nachvollziehbar, doch die Geduld der einfachen Leute ist begrenzt. Viele sehnen sich nach den Zeiten, wo Butter, Brot und vieles mehr zwar knapp, aber bezahlbar waren. Heute findet man fast alles, doch durch die steigenden Lebenshaltungskosten und die sehr geringen Löhne können sich viele nur noch das Lebensnotwendigste leisten. Sicherlich gibt es auch einige, die sich mit den neuen Gegebenheiten gut zurechtfinden und ihren Lebensstandard wesentlich verbessert haben. Das ist aber die Minderheit.Rumänien ist ein Staat , wo viele Nationalitäten miteinander leben. Das es dabei auch oft zu Problemen kommt, ist natürlich ganz logisch. Eine Randgruppe sind die Zigeuner, obwohl sie die größte Minderheit in dem Land sind. Ihre Lebensweise unterscheidet sich stark von der anderer Nationalitäten. Doch gebührt ihnen das gleiche Recht auf einen würdigen Umgang und auf Achtung ihrer Persönlichkeit. Amnesty international schreibt in seinem Jahresbericht 1999 von Gewalt gegenüber einzelnen Personen. Diese sind ausschließlich Zigeuner. Oft ist es der Straßenpolizist, der seine Macht gegenüber diesen Menschen demonstriert. Zigeuner erfahren nur wenig Rechtsbeistand. Sie werden verantwortlich gemacht, für so viele Mißstände unterschiedlicher Art, die es ohne sie genauso gibt. amnesty international in http://www.amnesty.de (aus Infoheft Rumänienini Dresden)

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Vorsicht vor Wegelagerern ! (mit und ohne Uniform)

In letzter Zeit häufen sich Berichte über versuchte und gelungene Betrugsfälle zwischen dem Grenzübergang Bors und der Stadt Oradea. In den uns berichteten Fällen wurden die Opfer von einem (meist mit 2 Pers. besetzten) BMW ausgebremst (mal hatte er deutsche, mal fanzösische Kennzeichen) oder auch an der Tankstelle angesprochen. Angeblich müßte der Fahrer dringend einen 500,-DM -Schein wechseln, um tanken zu können. Nach erfolgtem Wechsel hielten die überrumpelten Opfer nur ein paar Lei in der Hand und die Täter flüchteten. Eine in einem Fall versuchte Verfolgung war vergeblich, weil die Opfer sofort von der Polizei wegen überhöhter Geschwindigkeit gestoppt wurden. Den vorbeirasenden BMW hatten die Polizisten angeblich nicht gesehen.

Wir selbst wurden bei Sibiu von Polizisten gestoppt und sollten eine größere Strafe zahlen, angeblich weil wir in RO nicht mit 7 Pers. im Kleinbus fahren dürften. Ein Polizist zeigte in einem Buch auf eine Summe, als wir sagten, soviel haben wir nicht, fragte er, wieviel wir geben können. Wenn wir nicht zahlen, müßten wir mit aufs Revier kommen. Nach einigem fruchtlosen Diskutieren sagte ich: Gut, fahren wir aufs Revier und telefonieren dort mit unseren deutschen Freunden um zu sehen was wir weiter tun. Daraufhin gaben die 2 Polizisten Führerschein und Pass zurück und fuhren ohne Geld weiter.

In solchen Fällen, wo der Verdacht besteht, daß Beamte mit in kriminelle Handlungen verwickelt sind, empfehle ich eine Beschwerde an das zuständige Ministerium. Zumindest war dies bei uns in einem Streitfall mit einer Schaffnerin hilfreich, die einen Reisenden im Winter ohne Jacke, Geld und Pass versuchte, an einem kleineren Bahnhof rauszuschmeißen (Zum Glück sind solche Fälle nicht die Regel). Andreas Merker

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Ein Wolf mehr, zwei Rehe weniger

1993 ist Rumänien der Basler Konvention zum Schutz der besonders gefährdeten wild-lebenden Arten beigetreten. Zu den geschützten Arten gehört auch der Wolf, wo der Bestand in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Die Schafhalter sind darüber nicht sehr glücklich, denn niemand zahlt ihnen Schadensersatz für die den Wolf zum Opfer gefallenen Tiere. Sie begnügen sich nicht mit einem Schaf, was sie verzehren können, nein sie reißen gleich ein Dutzend und mehr. Auch die Waidmänner sind verärgert, sie neiden ihrem Konkurrenten, dem Wolf, die Beute an Rotwild. Ein Wolf mehr sind zwei Rehe weniger. Heute darf der Wolf nur mit der Büchse erlegt werden und nur in begrenzter Anzahl. Zu Jahresanfang hat es im Kreis Hermannstadt (Sibiu) 99 Wölfe gegeben, von denen bisher 12 Wölfe erlegt worden, weitere 19 stehen zum Abschuß frei. Einen Wolf zu erlegen kostet in Rumänien 1000 DM, für einen Bären zahlt der Besucher, je nach Größe des Tieres, 9.000 - 20.000 DM. Der Wolf ist sehr schwer zu jagen, er ist der vorsichtigste, schlaueste und argwöhnischste Räuber in den Karpaten. Er läuft auf der Suche nach Beute lieber 80 km in einer Nacht, als sich einer vertrauten, nach Schießpulver riechenden Stelle zu nähern. Vor ein paar Jahren noch hätte man für einen Wolf Prämiengeld bekommen. Nun dürfe man den Wölfen kein Leid antun, Europa brauche Nachwuchs. Ein Wolf wird zwölf bis fünfzehn Jahre alt. Der Leitwolf beherrscht das Rudel. Der Aktionsradius in der Nacht beträgt 80 Km. Vielleicht gelangten einige der siebenbürgischen Wölfe bis nach Deutschland. Promberger, laut "Stern"; Europas bester Wolfskenner, beteiligt sich in der Gegend von Kronstadt - an einem Wolf - Mensch Projekt. Zu Forschungszwecken läßt er Wölfe mit Miniatursendern herumlaufen. Das Projekt soll unter anderem die menschlichen Vorurteile vom bösen Wolf widerlegen. Das Leitpaar des von Promberger beobachteten Rudels hatte über Nacht einen Ausflug zu den Müllcontainern am Stadtrand gemacht und war morgens mitten auf der Straße dem Wald zugetrottet, ohne sich um die Menschen zu kümmern.In Deutschland gibt es keine Wölfe in freier Wildbahn, in Polen wird der Bestand auf 24 geschätzt, in Rumänien laufen ganze Hundertschaften durch die Wälder. Auf ihren nächtlichen Beutegängen könnten sich einige bis nach Deutschland verlaufen haben. Rumänien auf dem Weg nach Europa - die Wölfe voran?! aus Hermannstädter Zeitung (gekürzt)

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Vögel Rumäniens und Europas - ein Buchtip

Nun liegt der erste landessprachige Feldführer der "Vögel Rumäniens und Europas" vor - ein weiterer Erfolg in der ornithologischen Entwicklung des Balkanstaates und seiner 1990 gegründeten Societatea Ornitologica Romana (S.O.R.). Alina Marginean, Dan Munteanu, Horatiu Muresan und Laszlo Szabo von der S.O.R. nahmen die sorgfältige inhaltliche und technische Bearbeitung des bekannten "Hamlyn Guide" vor und konnten jetzt das handliche Buch mit Farbabbildungen von 530 europäischen Arten, 465 vierfarbigen Verbreitungskarten sowie 140 S/W-Darstellungen vorlegen. An ausländischen Organisationen beteiligten sich neben dem tragenden Hauptsponsor RSPB auch Nos Oiseaux, Schweizer Vogelschutz, Ligue fran[caise pour la protection des oiseaux sowie Euronatur und der NABU am Gelingen des Werkes. Für die Entwicklung der S.O.R., die bislang 15 Filialen im Land unterhält, und insbesondere für die Jugend- und Nachwuchsarbeit - und damit auch den Naturschutz in Rumänien - dürfte der Feldführer erhebliche Schubkraft entfalten.St. Brehme

BRUUN, Bertel, Hakan DELIN, Lars SVENSSON, Arthur SINGER, Dan ZETTERSTRÖM, und Dan MUNTEANU (1999): PaSaRILE DIN ROMaNIA SI EUROPA - DETERMINATOR ILLUSTRAT, HAMLYN GUIDE/S.O.R., ISBN 0600599647. Octopus Publishing Group Ltd., 320 pp., ohne Preisangabe, Bezug auch über S.O.R., Str. Gheorge Dima 49/2, RO-3400 Cluj Napoca

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Socken aus Viscri

Wir kaufen und verkaufen Socken. So begann es: Bereits viele viele Male hatte sich eine Frau bei uns Lebensmittel erbeten. Nun kam sie mit selbstgestrickten Socken aus Schafswolle, um zu tauschen. Sie brachte mehr Socken, dann ihre Tochter, die Schwiegertochter... Das war im März 1999. Inzwischen haben wir etliche hundert Paar nach Deutschland verkaufen können - und immer wieder hier an Gäste. Mehr als 100 Frauen bringen uns Socken. So begann der Sockenhandel. Montag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr nehmen wir Socken an, zahlen an und aus. Montag: Ein 15jähriges Mädchen kommt mit ihrem ersten Paar. Mit der Anzahlung will sie Brot kaufen. Sie sagt: "Seit Freitag habe ich nichts mehr gegessen." Eine Frau, 44 Jahre alt, hat schon ein Dutzend Paar gestrickt. Davon haben wir eine Reihe verkaufen können. Sie lebt in schwierigen häuslichen Verhältnissen. Mit der Anzahlung will sie Medikamente kaufen. Eine 65jährige braucht Geld fürs Feuerholz. So unterschiedlich die Menschen - so unterschiedlich die Socken. Auf jeden Fall verhelft Ihr durch den Kauf von Socken, vielleicht auch, um sie in Deutschland weiterzugeben, Menschen dazu, sich einen kleinen Verdienst zu verschaffen, der manchmal der einzige ist. Unsere Idee: Langfristig wollen wir einen AbnehmerInnenkreis finden, eine Kirchgemeinde, eine Gruppe, einen Verein, auch Einzelpersonen, z.B. Yoga-LeiterInnen, Menschen in Meditationshäusern, die mit dem Kauf und Verkauf der Socken die Arbeit hier mittragen: echte Hilfe zur Selbsthilfe - und wir arbeiten daran, den Handel hier von den Frauen selbst organisieren zu lassen. Auf Bestellung gibt es auch Schafswollwesten und -decken, Flickenteppiche und andere Webarbeiten. Mehr erfahrt Ihr bei Maria und Harald in RO-3029 Viscri Nr. 57Jud. Brasov (Tel. 0040-986-08680 - nach uns fragen) oder bei Johanna Berger, Wilhelm-Hauff-Str. 3, 12159 Berlin, Tel. 030 / 86 966 292 oder bei Familie Willberg, Tel. 09183 / 950039

Liebe Gäste unseres Dorfes Viscri / Deutsch-Weisskirch!

Ihr reist nach Rumänien! Ziemlich genau in der geografischen Mitte liegt der kleine Ort Deutsch-Weisskirch, den die Rumänen Viscri nennen. Täglich verlässt der "Dacia" gegen 20 Uhr Wien, 851 km fährt der Zug bis Sighisoara. Um 9.30 morgens trifft er ein. Von Prag gibt’s den "Pannonia". Er verlässt den Hauptbahnhof gegen 23 Uhr und ist nach 1195 km Fahrt gegen 18 Uhr am nächsten Tag in Sighisoara. Ein Taxifahrer bringt Euch dann nach Viscri. Wer mit dem Auto fahren will, reist über Budapest auf der E 60 über Oradea in Rumänien ein, durchfährt nach 430 km Sighisoara, hat dann noch 35 km bis Bunesti / Bodendorf. Dort, ziemlich am Dorfeingang, findet Ihr den Hinweis, 8 km bis Viscri. Mit einem Linienbus ist die Reise bequem von Dortmund über Köln/Nürnberg.Ihr seid eingeladen, in gut 10 Häusern mit Gästezimmern Euren Urlaub zu verbringen oder doch wenigstens ein paar Tage Station zu machen. Von hier aus könnt Ihr Land und Leute entdecken.

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Aktivitäten und Projekte der Rumänieninitiative Dresden

Ferienlager mit Kindern aus Arbegen (Agarbiciu)

Im August und Dezember letzten Jahres führten wir wieder für zwei Kindergruppen aus dem Heim in Arbegen ein Ferienlager durch. Im Sommer stand uns dafür das schöne große Gästehaus der ungarischen-evangelischen Gemeinde von Tarlungeni zur Verfügung. Die kalten Wintertage verbrachten wir in dem gemütlichen sächsischen Gästehaus der evangelischen Gemeinde von Eibesdorf. Es ist schon etwas Besonderes, die Höhepunkte eines Jahrhunderts, seien es die Sonnenfinsternis oder eine Jahrtausendwende, inmitten einer aufgeregten, vor Vorfreude kaum zu bändigenden Kinderschar zu verleben. Die Tage im Sommer vergingen wie im Flug. Während die einen ins Dorfbächlein zum Baden gingen, waren die anderen fleißig beim Backen vom Kuchen, Keksen oder Pizza, und wieder andere vertieft im Kartenspielen oder mit Eifer dabei, eindrucksvolle bunte Gemälde mit Wasserfarben fertigzustellen und uns damit zu beschenken. Abends fielen alle todmüde, aber glücklich ins Bett und schliefen bei Gitarrenklängen, Abendliedern und Gute-Nacht-Küßchen schnell ein. Besondere Freude bereitete uns allen ein Besuch im Zoo von Kronstadt (Brasov) und eine gemeinsame Wanderung mit Picknick und Eisessen. Aber all das konnte den Jubel nicht überbieten, der ausbrach, als wir für jedes Kind eine kleine Spezial-Sonnenfinsternis-Brille kauften, um mit Spannung dieses kosmische Ereignis zu erwarten.Doch auch die Tage um Silvester werden uns und den Kindern unvergeßlich bleiben. Statt zu baden, waren wir nun jeden Tag mit den Schlitten unterwegs. Schneemänner wurden gebaut und wilde Schneeballschlachten tobten. Daß die meisten Kinder keine Handschuhe besaßen, bereitete uns allerdings bei dieser Eiseskälte manche Schwierigkeiten. Im warmen Haus hingegen liefen die Vorbereitungen für die Silvesterfeier auf Hochtouren. So lernten die Kinder, Kerzen zu gießen, Obst-Bowle zu bereiten, Waffeln zu backen und bunte Girlanden zu basteln.Erwähnenswert ist noch die Tatsache, daß wir erstaunlich schnell guten Kontakt zu den Dorfbewohnern herstellen konnten, was nicht zuletzt auch daran lag, daß zwei Kinder in Eibesdorf Großmutter und Schwester wohnen haben, die sie kaum kennen. Wir nutzten daher die Gelegenheit, ihnen vorsichtig wieder eine Kontaktaufnahme zu ihren Verwandten zu ermöglichen. Bei einer anderen, sehr armen Familie, die in der Nähe unseres bevorzugten Rodelberges wohnt, durften wir und die Kinder häufig zu Gast sein, uns über dem Herdfeuer die Hände aufwärmen, selbstgebackenes Brot mit Pflaumenmus essen und dazu heißen Kaffee trinken. Einige Kinder kamen dort sogar in den Genuß, auf die beiden Pferde gehoben und im Hof herumgeführt zu werden. Eine weitere Dorfbewohnerin erklärte sich aus freien Stücken dazu bereit, für uns alle am Silvestertag einen riesigen Topf Suppe zum Mittag zu kochen, ein Angebot, das wir an einem solch strapaziösen Tag dankbar annahmen. In der Nacht zum neuen

Jahrtausend schließlich ging es sehr fröhlich und turbulent zu. Vor Mitternacht bekamen alle Kinder, nachdem sie Lieder oder Gedichte vorgetragen hatten, ihre Weihnachtspäckchen, die von einer Zethauer (Erzgeb.) Schule freundlicherweise gespendet worden sind. Danach verließen wir das Haus, jeder mit einer Kerze in der Hand, um draußen die großen lodernden Silvesterfeuer zu bewundern, ehe wir selbst mit Wunderkerzen das neue Jahr begrüßten. Bettina Rost

Drei Dresdner im Bunten Haus in Arbegen (Agarbiciu)

Im Oktober 1999 haben wir drei Dresdner als "Verwaltungsteam" im Bunten Haus Arbegen die Arbeit angetreten. Wir - das sind: Cornelia Schamfuß (23), Kathrin Müller (22, beide Pädagogikstudentinnen) und Stephan Rost (22, Theologiestudent).Das "Bunte Haus" - ein leerstehendes und nun umgebautes und renoviertes Pfarrhaus- soll als Gästehaus eine Begegnungsstätte für verschiedenste Gruppen aus dem In- und Ausland sein. Das waren bisher vor allem Konfirmanden und Religionsschüler aus Mediasch und Hermannstadt (Sibiu), Jugendgruppen, Workcamps, eine Seminargruppe von Sozialarbeitern und viele einzelne, auch private Gäste.

Eine unserer Hauptaufgaben ist natürlich die Arbeit im Kinderheim. Diese konzentriert sich auf die Nachmittage und die Wochenenden."Sinnvolle Freizeitgestaltung" - das hatten wir uns vorgenommen, da in dieser Richtung nur wenig im Heim passiert. Vormittags sind die Kinder in der Schule, nachmittags machen sie Hausaufgaben, und am Wochenende sind nur zwei Erzieher im Dienst, so dass sie wenig Zeit haben. Wir bereiten verschiedene Angebote vor - Malen, Basteln, Geländespiele, Flötenunterricht, Ausflüge, Wanderungen und wählen dafür immer nur eine begrenzte Anzahl von Kindern aus. Gerecht zu bleiben gelingt uns dabei nicht immer ganz. Da wir uns vor allem mit den Heimkindern beschäftigt hatten, entstand im Dorf ein gewisser Neid unter den anderen Kindern. Als dann schließlich schon Steine durch unsere Fensterscheiben flogen, wurde uns alles erst so richtig bewusst, sodass wir beschlossen: das muss anders werden! Am nächsten Tag luden wir die "Nicht-Heimkinder" zu Kuchen und Saft ins Bunte Haus ein, spielten mit ihnen Karten, ließen sie auf unserem Schlitten fahren. Das Verhältnis zwischen uns wurde immer besser und schließlich so gut, dass sie nun regelmäßig kommen und auch an unseren Ausflügen teilnehmen. Etwas Besonderes haben wir für den Kindertag am 1.Juni geplant: ein Straßenfest mit allen Kindern gemeinsam, zu dem vielleicht auch die Eltern kommen, vielleicht auch die Siebenbürger Sachsen. Denen haben wir vorgeschlagen, doch den Kuchen zu backen. Mit den Kindern wollen wir ebenfalls verschiedenen Angebote vorbereiten, die dann stattfinden sollen.Als ich im Februar für eine Woche nach Hause kam, nahm ich auch an einer Studienberatung teil, in der mich mein Studiendekan, dem ich natürlich über Rumänien erzählt hatte, fragte: "Können sie schon sagen, was dieses Jahr für sie selbst bringt?" Ich kann es noch nicht sagen.Ist es das Kennenlernen

dieser anderen Lebensweise, die auf einer so viel elementareren Ebene stattfindet als in Deutschland? Ich meine damit nicht nur die Armut, sondern die Strukturen des alltäglichen Lebens. In der Woche meines "Heimaturlaubes" in Deutschland ging ich Freitagnachmittag in eine Buchhandlung, bestellte zwei selten gefragte Bücher, die am Sonnabend früh um neun da waren, holte Medikamente aus der Apotheke, die ich sofort kostenlos bekam, eine Fahrplanauskunft wurde mir sofort mit allen möglichen Angaben ausgedruckt. In Rumänien werden Fahrkarten mit der Hand geschrieben, das Gehalt auf der Post abgeholt und Strom, Gas und Wasser einmal im Monat bar bezahlt (zumindest in den Dörfern). Das sind natürlich Zeichen für die rückständige Infrastruktur, aber mir sind die vielen Selbstverständlichkeiten bewusst geworden. Es sind aber auch die Einblicke in die Probleme des menschlichen Zusammenlebens, im Kleinen, aber auch zwischen den Kulturen, an denen man zu leicht resignieren könnte. Es sind auch die Freunde, die wir da gefunden haben und viele andere Dinge mehr. Stephan Rost

Viscri (Deutsch-Weißkirch) An dieser Stelle seien einige Übernachtungsmöglichkeiten genannt: eine Gästewohnung bei Roman & Annette, Nr. 75 viscri_reisen@hotmail.com * Zimmervermietung, zu erfragen bei Caroline, Nr. 13 und auch die Nr. 71 bietet weiterhin Unterkunft. Der Schlüssel ist bei Roman und Annette zu erhalten. Die Gastfreundschaft eines Dorfes fernab der Hauptstraßen, eingebettet in sanfte Hügel: dies ist nach wie vor jeden Umweg wert. Und wenn man dann abends auf der Dorfbank sitzt und die heimkehrenden Kühe kauen hört.... Alexander Winkelmann

Gästehaus Tarlungeni

Diese Herberge, 8km östlich von Kronstadt / Brasov, ist eine schöne Unterkunft für Einzelpersonen, Familien und Gruppen, sowie geeigneter Ausflugsort für Wanderungen ins Königstein-, Ciucas- und Bucegi- Gebirge und für Ausflüge nach Kronstadt und zur Kirchenburg in Tartlau. Die Räumlichkeiten sind z. Zt. nur von Mai - Oktober zu nutzen: Biserica evanghelica luterana, str. Republicii 167, RO-2246 Tarlungeni

Anzeigen und Tips

Wir suchen für unsere Projekte in Tarlungeni und Reps folgende Dinge: Handwerkszeug (u.a. Bohrmaschine und Bohrer, Elektrohammer incl. Steinbohrer), Computer mit Monitor (ab 486er aufwärts) und Drucker, Elektro- und Sanitärinstallationsmaterial (Schalter, Steckdosen, Verteiler, Kabel etc.), Medizintechnik und Medikamente, Faxgerät. Wir suchen für das Projekt in Arbegen / Medias ab Herbst Nachfolger.

Impressum: Initiative Rumänien e.V., PF 100 302, 01073 Dresden, Büro: Familie Greuner, Kieler Straße 19, 01109 Dresden, Tel/Fax.: 0351-8804168, (mittwochs 17.00-18.30 Uhr), Spendenkonto: Nr. 300 006 086 LKG Sachsen (BLZ 850 951 64)

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Rumänienhilfe und andere bedürftige Länder e.V. Potsdam

Auszug aus dem Rundbrief 1999

Liebe Mitglieder, liebe Freunde und Helfer des Vereins Rumänienhilfe! Traditionell wollen wir über die Aktivitäten des vergangenen Jahres berichten. Daß dieser Rundbrief etwas anders gestaltet ist, liegt daran, daß Patrick Blindert sein Amt als Rundbriefredakteur niedergelegt hat. Für seine Arbeit in den vergangenen Jahren möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.

Im Dezember 1998 haben noch zwei Fahrten von Mitgliedern des Vereins nach Rumänien stattgefunden. Wolfgang Kautz fuhr mit einer kleinen Gruppe zu vielen Stationen, um einzelnen Bedürftigen zu helfen. Gerhard Scheibler besuchte mit Vertretern seiner Kirchengemeinde eine Behindertenschule in Cluj, die sie bereits seit mehreren Jahren unterstützen. Im Januar 1999 wurden wir um Unterstützung für einen Hilfstransport nach Moldawien gebeten. Wir konnten aus unserem Lager Bettwäsche, Kleidung und andere Hilfsgüter mitschicken. Im Februar beluden wir einen 7,5 t LKW mit Möbeln der Königin-Luise-Schule in Berlin, sowie mit 40 Kisten Kinderkleidung der Lowtec gGmbH, 200 Gummistiefeln und weiteren Spendengütern. Der LKW hatte schließlich 1,5 t Überlast und gelangte trotz Schwierigkeiten an den Grenzen an sein Ziel, ein Internat in Munkatsch in der Ukraine. Der Transport wurde durch einige größere Geldspenden möglich gemacht. Im Frühjahr bekamen wir eine große Sachspende vom Ernährungsinstitut in Rehbrücke. Dort wurde eine Abteilung aufgelöst, und so konnten wir viele wichtige Dinge für unsere Transporte abholen. Unter anderem bekamen wir 14 Krankenhausbetten mit Matratzen, ein Ultraschallgerät, ein Endoskopiegerät, diverses Labormaterial, Bettwäsche und Geschirr. Diese Spende war so umfangreich, daß wir zwei Arbeitseinsätze benötigten, um die Güter abzuholen und einzulagern. Weiterhin spendete das Studentenwerk Potsdam 300 Decken. Durch Briefe an verschiedene Firmen erhielten wir dankenswerterweise folgende Spenden: mehrere Paletten Babyzusatznahrung, Körperpflegemittel von Florena, 2 Paletten diätische Lebensmittel von Flarom-Sionon. Zu der großen Materialspendenflut ereilte uns die Hiobsbotschaft, daß wir das Lager in der Roten Kaserne räumen mußten. Glücklicherweise bot uns das Oberlinenhaus eine Ausweichmöglichkeit an. Wir können unentgeltlich ein Teil der alten Gewächshäuser für die Lagerung von Material und für die Unterstellung der Anhänger nutzen.Im Mai fuhren wir wieder nach Rumänien auf der bewährten Route über Österreich. Unsere erste Station war Valea lui Mihai, wo mit unserer Mithilfe eine Begegnungsstätte entsteht. Dort wurden Kleidung, Fahrräder, waschmaschinen, Schreibmaschinen, Hausrat und Spielzeug abgeladen. Diese Sachen werden in einem Laden verkauft und das Geld fließt direkt in das Projekt. Zweite Station war das Krankenhaus der Bergarbeiterregion Borsa, danach ging es zum Verein "Edelweiß" in Borsa.

Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, Waisen und Halbwaisen in Familien unterzubringen und weiter zu unterstützen. Nächste Station war das Kinderheim in Viseu de Jos. Die Bauarbeiten für eine Wohneinheit waren abgeschlossen, in der Kinder als selbständige Wohngruppen leben. Eine Wohnung besteht aus 4 Zimmern für 2 Personen, einem Aufenthaltsraum und einer Küche. Dieses Projekt ist eine Neuheit in Rumänien , welches noch weitere Unterstützung benötigt. In Cluj fuhren wir wieder zur ungarischen Gemeinde Nr.11 sowie in ein Kinderheim, welches wir vor 3 Jahren besuchten. Das Haus war renoviert, aber es mangelte immer noch an Personal für die Betreuung der Kinder.

Im Juli fuhr Wolfgang Kautz mit einer kleinen Gruppeseine Runde ab, bei der er einzelnen Menschen hilft, die wir mit einem großen Hilfstransport nicht besuchen können. Im August 1999 fand in Borsa ein deutsch-rumänisches Workcamp statt

Wir wollen uns weiter regelmäßig treffen und alle Interessenten sind herzlich dazu eingeladen: - jeden 2. Samstag im Monat um 9.00 Uhr am Hintereingang (Kellereingang) der Nikolai-Kirche Potsdam, - jeden 4. Montag im Monat um 19.30 Uhr im "Phoenix International Centre" in der Feuerbachstr.8 in Potsdam, Tel. 0331 / 964646

Unsere Lager sind so gut wie leer, deshalb gilt es wieder nach Spendengütern Ausschau zu halten. So sammeln wir weiterhin Kleidung, medizinisches Material, Bettwäsche und Decken. Wenn Ihr Quellen auftun könnt, haltet bitte Rücksprache unter Tel. 030 / 2834359, 0331 / 861590, 030 / 4634025 oder 033200 / 83880.

Konto für Geldspenden: Rumänienhilfe und andere bedürftige Länder e. V., BLZ 160 500 00, Kontonr. 350 8052 663, Mittelbrandenburgische Sparkasse.

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Buna - Salve - Guten Tag (Rumänienfreundeskreis Weimar)

Die Aktivitäten des Rumänienfreundeskreises Weimar im Kulturstadtjahr 1999.
Ein Rückblick von Jens Welscher
Wieviele Rückblicke auf Weimar 99 wird es wohl am Ende des vergangenen Jahres gegeben haben? Egal. Jedenfalls haben auch wir, der Rumänienfreundeskreis Weimar, die Gelegenheit wahrgenommen. Manchmal haben wir Ineu 99 gesagt - als solidarischen Gruß nach Ineu in "unser" Kinderheim, welches 1999 wieder so viel Ideen und Stoff für Aktionen und Begegnungen geboten hat.

Natürlich gab es unsere Aktionen auch schon in den Jahren zuvor, denn seit 1991 fahren wir mindestens 2 mal jährlich nach Ineu. Der Freundeskreis ist offen für alle Interessierten und besteht aus ca. 60 Leuten, von denen sich die Hälfte aktiv beteiligt. Aus der Hilfe vor Ort - Kinderbetreuung, Zeltlager, Bauarbeiten, Oster- und Silvesterfeiern etc. - ist mittlerweile auch ein Austausch geworden, der bereits den Chor des Heimes, die Fußballmannschaft und eine Klasse Gärtnerlehrlinge nach Weimar gebracht hat. Angesichts dieser vielfältigen Aktivitäten wird im Rückblick aus jedem Jahr ein besonderes.

Aber 1999 war ein ganz besonderes, eben das Kulturstadtjahr. Auch wenn wir diesem nicht alle Aktionen zu verdanken haben, seien dennoch speziell jene Möglichkeiten lobend erwähnt, die Weimar 99 geboten hat. So konnte Stadtjugendpfarrer Hardy Rylke, der auch dem Rumänienfreundeskreis angehört, in der Weimarer Jakobskirche endlich seine Idee von einer offenen Kirche umsetzen und die Jugendkirche 99 starten. Und in dieses Veranstaltungskonzept konnten wir unsere Fotoausstellung Buna-Salve-GutenTag einbinden.

Der Grundgedanke war mehr ein Gefühl als eine Idee: Irgendwie müßte man mal auf die Masse von Kindern aufmerksam machen, die in diesem Kinderheim auf engstem Raum zusammenleben, und Fotos von allen irgendwo aufhängen... Aber trotzdem ist ein Konzept daraus geworden: Wenn die Kinder und Jugendlichen aus dem Heim in Ineu schon nicht nach Weimar kommen können, dann sollen die Leute ihnen wenigstens in Form von Porträtfotos in der Stadt begegnen. Gerade in diesem Jahr, in dem so viel los ist und so viele Besucher kommen. Solch eine "Begegnung" muß nicht nur Betroffenheit und Bedauern über die Lebenssituation der Kinder auslösen, sie kann auch vergnüglich, interessant und normal sein.

Die Rumänen würden mit "Buna" grüßen, mit "Salve" ginge ein Gruß zurück, und alle würden wissen, daß es "Guten Tag" heißt. So wurden also die Porträtfotos in Schaufenstern und Schaukästen in der Weimarer Innenstadt aufgehängt und Infozettel dazu ausgelegt. Wie gut sich die Fotos in der 99er Ausstellungs-, Aktions- und Plakatflut behauptet haben, wird unterschiedlich beurteilt. Eindeutig als gelungen wurde jedenfalls die Zusammenfassung der Fotoausstellung in der Jakobskirche beurteilt. Dort waren alle 357 Jungen und Mädchen "im Kleinformat" auf großen Tafeln zusammengefaßt. Hinzu kamen Fototafeln einiger Mitglieder des Freundeskreises, die damit ihre persönliche Sicht auf Rumänien und ihr dortiges Engagement wiedergegeben haben.

Am 26. Juli stand das Tagesprogramm der Jugendkirche unter dem Motto "Rumänien". Zum Mittagessen gab es Gulasch aus der Gulaschkanone (woher auch sonst?) und Mamaliga. Das Experiment ist gelungen. So konnten zum Beipiel alle, die Kartoffeln für unverzichtbar hielten, eines Besseren belehrt werden. Selbst die Köche waren überrascht, wie gelungen, passend und wohlschmeckend ein einfacher Maisbrei sein kann. Am Abend gab es einen Diavortrag über das Kinderheim, viele interessante Gespräche, Musik, wieder rumänisches Essen und natürlich tuica, der seit Jahren über uns verläßlich den Weg von Rumänien nach Deutschland findet. Mit von der Partie an diesem Rumänien-Abend und im Organisationsteam der Jugendkirche waren Christi und Sergiu, zwei Lehrer aus dem Kinderheim Ineu. Sie waren Teilnehmer am Freiwilligenprojekt special event, einer Aktion der Ländlichen Erwachsenenbildung (LEB e.V.). Ziel war es, Jugendliche aus Europa nach Weimar zu holen, die in verschiedenen Institutionen der Stadt bei der Vorbereitung und Durchführung von Kulturstadt-Aktionen helfen.

Vielleicht hat den beiden eine Ausstellung besonders gefallen, vielleicht das Essen aus der Gulaschkanone, vielleicht auch das Punkkonzert. Vielleicht hat sich auch Sergiu gefreut, daß er als Mitglied der Siegermannschaft des Fair-play-Fußballturnieres in der Zeitung verewigt war. Mit Sicherheit aber waren sie von der Idee begeistert, bei solch einer offenen Jugendkirche dabeizusein. Wo doch gerade in Rumänien so etwas absolut unvorstellbar ist.

An dieser Stelle sei dem Autor ein Bericht von der Einladung zum deutsch-rumänischen Klößeessen in die elterliche Wohnstube gestattet. Nein, das soll kein Eigenlob sein, sowas verbietet die Bescheidenheit. Höchstens und unbedingt ein Lob für die Mutti, deren Klöße eben doch immer die besten sind. Vor allem aber ist es ein Lob für die rumänische Gastfreundschaft, welche uns seit Jahren bei unseren Besuchen in Rumänien widerfährt. Längst haben sich viele persönliche Kontakte und Einladungen ergeben, da ist eine Gegeneinladung das Mindeste.

Daß es zu solch einem Anlaß Thüringer Klöße gibt, ist selbstverständlich und nicht das erste mal. Vorher einen tuica, zwischendrin Rotkraut (in Rumänien vollkommen unbekannt), hinterher ein paar Familienfotos - und alle haben was dazugelernt. Im Vergleich zur obligatorischen Osterfahrt des Rumänienfreundeskreises war auch die Sommerfahrt in vielen Punkten etwas besonderes. Spontan sind neben den Rumänen weitere special event - Teilnehmer im August mit nach Ineu gefahren.

Für Karin aus Tschechien war es eine lebendige, authentische Erfahrung, denn auch sie wußte von Rumänien vorher nur das, "was man so hört". Kevin wird vielleicht von der zwanzigstündigen Autofahrt und vom fünfstündigen Stau berichten, da er doch in Schottland längstens mal fünf Stunden Bus gefahren ist. Und sein Landsmann Marc lobt zu Hause mit Sicherheit die "fuckin‘ good footballgames", die er mit den Rumänen ausgiebig genossen hat.

Das Hauptanliegen unserer Sommerfahrt war die Teilnahme am Workshop "Together", den die Rumänen für Absolventen des Heimes, für uns und für Lehrlinge des Weimarer Förderkreises JUL e.V. (Jugend, Umwelt, Landwirtschaft) organisiert hatten. Mit den Rumänen ist in diesem Fall nicht das Heim gemeint, sondern der Verein "Impreuna" ("Zusammen"), der sich dem betreuten Wohnen und Arbeiten der Absolventen verschrieben hat, die keine Arbeit finden, wenn sie das Heim nach 3 Jahren Berufsausbildung verlassen (müssen). Für alle Beteiligten war dieses Austauschprogramm eine Premiere. Jugendbegegnung in europäischer Manier mit EU-Fördergeldern aus Bukarest. Der Direktor des Heimes hat verstanden, wie sowas geht und wozu sowas gut ist. Er ist Initiator und Leiter auch dieser Idee, und alle rumänischen Mitarbeiter waren sichtlich bemüht, zum Gelingen der Premiere beizutragen. Arbeits- bzw. Austragungsort war "die neue Ferma", ein ehemaliges "LPG-Gelände" auf dem die Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten für die Absolventen entstehen sollen.

Den Beginn bildet ein großes Wohnhaus mit Küche und Speisesaal. An diesem Haus waren Innenausbauarbeiten nötig und die Errichtung eines neuen Dachstuhles. Eine zweite Gruppe war mit Außenarbeiten beschäftigt, eine dritte mit der Küchenarbeit (die bei der Versorgung von mindestens 50 Leuten nicht zu unterschätzen ist) und eine vierte Gruppe mit der Erarbeitung eines Kulturprogrammes. Im Rotationsprinzip hat jede Gruppe jede Arbeitsstation absolviert. Bevor nach jeweils 5 Tagen gewechselt wurde, trug man die Ergebnisse vor und hielt sie auch schriftlich fest, denn die Geldgeber aus Bukarest wollen schließlich einen Nachweis. Das Ergebnis der Kulturgruppe war jeweils ein Programm von Liedern und Tänzen, und hier standen gerade die Mitglieder des Heim-Chores in der Verpflichtung, denn jener Chor war bekanntlich im September 1995 auch schon einmal in Weimar gewesen.

Während sich die deutschen Teilnehmer meist nach dem landestypischen Essen richten mußten, hatten es deutsche Ideen und Gerichte in der Küchengruppe nicht ganz leicht. Aber nun wissen die Rumänen auch, was Soljanka, Kaltschale und Jägerschnitzel ist. Dicht umlagert war die Zubereitung der Senfsoße, an deren Ende ein Lehrmeister nach dem Rezept fragte, um es seiner Frau mit nach Hause zu nehmen. Zu jedem Arbeitstag gehörte nicht nur individuelle Freizeitgestaltung, sondern auch einige organisierte Ausflüge: In Beregiu gibt es den sog. Brotmarkt, ein alljährliches Fest zu Ehren der neuen Getreideernte. Moneasa, ein Erholungsort im nahegelegenen Bihor-Gebirge, bietet Gelegenheit zum Baden und Wandern, und wer die Kulturinsel in Arad - den Strand - besucht, erlebt eine wunderbare Symbiose von westlicher Kultur und östlicher Mentalität. An einem Labyrinth von Wegen sind Restaurants und Bierkneipen aufgereiht, an einem Ende befindet sich das Freibad, am anderen eine riesige Bühne, auf der just an jenem Abend ein open-air-Konzert stattfand.

Ein Geheimtip war die Weinverkostung und der Klosterbesuch in Siria, bei dem sogar wir als alte Rumänienhasen noch etwas lernen konnten. Natürlich gab es auch Kritisches anzumerken. Es war nicht genügend Werkzeug vorhanden, der Mittelwert zwischen deutschem und rumänischem Arbeitstempo tendierte in die rumänische Richtung, die Effektivität des gesamten Arbeitsablaufes hatte unter der Masse der Teilnehmer zu leiden, und am Ende ließ die gesamte Motivation und Gruppeneinteilungsdisziplin etwas nach. Die JUL-Lehrlinge waren erstmalig in Rumänien und haben sich dafür tapfer geschlagen. Alles war neu und aufregend und irgendwie anders. Manches war nervig und manchmal auch Scheiße, anderes ging bestimmt ganz nah, auch wenn es nur als "geil" betitelt wurde.

Dann kamen die Tränen spätestens beim Abschied. Die Lehrlinge im Heim sind im gleichen Alter, haben dieselben Interessen, und einige von ihnen sind in vergleichbarer sozialer Situation. Spätestens, wenn es in die Disko, zum Fußball oder ans Klamottentauschen ging, war man sich einig. Es gab Heimweh, Bauchweh (das fettige rumänische Essen...), Alkoholopfer und Kopfweh, Liebschaften, Prügeleien, Zusagen für eine Wiederkehr und Gegeneinladungen nach Weimar. Während also die JUL-Lehrlinge 3 Wochen durchgehalten haben, konnten wir unsere Workshopteilnahme etwas freizügiger gestalten, mußten aber auch wieder ein vielfältiges Programm abdecken.

Also nicht nur Arbeiten auf der "Ferma", sondern außerdem Hochwippe bauen, Tagesausflüge für die kleinen Kinder organisieren, Staffelspiele, Disko und Tombola für Große und Kleine veranstalten und den obligatorischen Obstsalat für 120 Kinder schneiden. Dazu kommen die gewohnten Extras: neue Fensterscheibe für den Speisesaal kaufen und einsetzen (Fußballspielen im Hof - der klassische Fall), in den 3 bereits existierenden Absolventenhäusern nach dem Rechten sehen, kleine Reparaturen ausführen und als Freundschaftsdienst Brennholz und Hühner kaufen, einen Jungen (zum Feiertag) nach Arad ins Krankenhaus fahren und ihn am nächsten Tag wieder abholen.

All das ist immer wieder zeitaufwendig und nervenaufreibend. Manches ist erfolgreich und lohnenswert, anderes erscheint wieder als sinnlos. Und doch sind wir froh, daß wir uns auf diese Weise einbringen können. Das wird nicht von allen beachtet oder gewünscht, aber doch von den meisten. Und dann wird man von der Krankenschwester, wenn man mit ihr aus dem Krankenhaus zurückkehrt, mal eben schnell zum Essen eingeladen. Vielleicht wäre zuhause in Deutschland nur 10 Minuten Zeit, aber in Rumänien werden daraus 2 Stunden. Und dann weiß man wieder, daß es genau diese Momente sind, für die man die 1200 Kilometer zurücklegt. Für einen anderen großartigen Moment haben wir die Kilometer diesmal unbewußt zurückgelegt - für "eclipsa", die Sonnenfinsternis.

In Rumänien war die hundertprozentige Abdeckung der Sonne am besten zu erleben, und streß- und staufreier als in Süddeutschland. Von einer weiteren Besonderheit sei als letzter berichtet. Der Kulturverein der Stadt Ineu hat im städtischen Jugendklubhaus erstmalig zu einem Benefizkonzert für das Kinderheim eingeladen. Dazu haben 5 Punk- und Metal-Bands gespielt. Die Aktion ist deshalb bemerkenswert, weil soziales Engagement dieser Art in Rumänien sehr selten ist und noch in den Anfängen steckt.

Heimkinder haben in der rumänischen Bevölkerung kein gutes Ansehen und man hat genug und immer mehr damit zu tun, sich um seinen eigenen Lebensunterhalt zu kümmern. Das soll nicht heißen, daß die Menschen egoistisch sind (siehe "Gastfreundschaft"), und daß nicht einige Verständnis und Engagement zeigen, aber die Meinung der Masse läßt leider eine eindeutige Tendenz erkennen. Eine der Punkbands - Terror Art - war im September zum zweiten mal auf Deutschland-Tournee. Auftritte hatten sie in Freiberg, Chemnitz, Berlin, Jena, Erfurt und Eisenach. Das "Hauptquartier" war das Weimarer Haus für Soziokultur, die Gerberstraße; im dortigen Studio wurden auch wieder neue Songs aufgenommen.

Jens Welscher

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Antwort auf "Hilfe, die Helfer kommen" (Rundbrief Nr. 10)

Im folgenden setze ich mich auseinander mit den Aussagen, die im Rumänien-Rundbrief Nr. 10 auf den Seiten 10-13 auf der Basis dieses Referats wiedergegeben sind.

Hier wird im wesentlichen und leider ohne Differenzierungen festgestellt, daß die Hilfe aus dem Westen eher negative als positive Folgen habe. In schnellen Übergängen wirft Herr oder Frau Kirchmann dabei die Arbeit traditioneller Hilfswerke, schnell entstandner Gruppen und auch westlicher Firmen durcheinander. Er oder sie gebraucht Zahlenwerke, deren Quellen nicht genannt sind, und stellt sie als Fakten hin. Er äußert meistens Ursachen in einem Satz und beschreibt ebenfalls in nur einem Satz die Folgen. Man glaubt an Wunder oder an Kasperletheater.

Mit derart pauschalen, undifferenzierten und die Arbeit vieler sorgfältig arbeitender Gruppen schmälernden Aussagen ist in Wirklichkeit eine sachliche Diskussion nicht aufzunehmen. Bis hin zur Ironisierung der 1989 vorgefundenen Zustände läßt Herr oder Frau Kirchmann kein Mittel aus, um westliche Arbeit in Mißkredit zu bringen.

Wenn ich dennoch die Auseinandersetzung aufnehme, dann im Interesse der Würde vieler guter Arbeit, die im Lande getan wird und solch einen pauschalen Rundumschlag nicht verdient.

Dies bedeutet nicht, daß in der Tendenz nicht vieles richtig sein mag, an dem, was behauptet wird. Auch wir teilen die Sorge, daß weithin durch die Förderung der Heime ein schlimmer Zustand verlängert wird. Diese Auseinandersetzung wird allerdings schon offen und sachlich und auch öffentlich schon seit 1992 geführt. Was Herrn oder Frau Kirchmann entgangen sein mag. Ich muß mich allerdings auf Daten und Fakten beschränken, die ich auch belegen kann.

1. Zahl der Heimkinder

Deborah Fowler hat 1991 die Zahl der Heimkinder und Sozialwaisen mit über 400.000 angegeben. Herr oder Frau Kirchmann nennt 150.000 und stellt eine Zunahme fest. In Wirklichkeit sind beide Zahlen nicht belegbar. Unter der Hand wird seit Jahren inoffiziell eine Zahl von 120.000 bis 150.000 Kindern gehandelt. Offizielle Zahlen von Regierungsstellen werden nicht genannt. In mehreren Veröffentlichungen, die auch im Rumänien-Rundbrief erschienen sind, wird seit Jahren davor gewarnt, ausschließlich mit einer Verbesserung der Heimsituation dazu beizutragen, daß verarmte Familien ihre Kinder erst recht ins Heim bringen.

2. Beispiele praktischer Konsequenzen

Seit 1992 werden zum Beispiel im Judetul Arad Familienhäuser errichtet, um die Kinder in altersverschiedene Gruppen in eine familiäre Situation zu bringen. Initiiert wurde dieses Beispiel von einer Gruppe um die Kinderbuchautorin Else Schwenk-Anger mit dem Verein "Kinderreigen e.V." in Alpirsbach. Dieses Modell wurde von vorbildlichen Einrichtungen, aber leider auch von einigen zweifelhaften kopiert. Das Waisenhaus in Lipova bei Arad konnte inzwischen vollständig aufgelöst werden. Die Gruppe wendet sich jetzt dem Zustand der Säuglingsheime und Altenheime im Bezirk zu.

Seit 1994 arbeitet die Rumänien-Initiativgruppe Hemmingen im Bezirk Harghita an der Umsetzung derselben Idee. Es wurden bisher vier Familienhäuser als Neubauten errichtet, was aber viel überraschender ist und

die fruchtbare Öffentlichkeitsarbeit zeigt, ist daran zu ersehen, daß gleichzeitig andere Gruppen diese Initiative mit übernommen haben, so daß es im Bezirk mehr als zehn Familienhäuser gibt. Die Rumänien-Initiativgruppe Bautzen, die auch an diesem Projekt beteiligt ist, betreut darüber hinaus seit der Wende die Kinder im Heim sozialpädagogisch mit viel Liebe und persönlicher Zuwendung.

Würden Heimerzieher die Kinder dort schlagen, käme es sofort zu einem öffentlichen Skandal, Herr oder Frau Kirchmann!

Das Säuglingsheim in Sanmartin in der Nähe von Miercurea Ciuc konnte dank der engagierten leitenden Ärztin und ihres mutigen Einsatzes vollständig geschlossen werden. Auch dies wäre nicht ohne die Mithilfe westlicher Gruppen und vor allem nicht ohne das mit ihnen aufgenommene öffentliche Gespräch möglich geworden. Die Regierungsbehörden des Bezirks haben längst diese Strategie zu ihrer eigenen gemacht. Aus dem seit fünf Jahren als Gebäude geschlossenen Heim ist kein Kind mehr weg von der Familie in ein Heim gekommen. Die Zahl der rumänischen Adoptiveltern steigt rapide an.

Dies sind nur einige Beispiele von vielen. Vermutlich hat Herr oder Frau Kirchmann das Land nicht so intensiv besucht, daß ihr oder ihm aufgefallen wäre, daß über das ganze Land Familienhäuser oder schlimmstenfalls Kleinstheime entstehen, bedingt durch westliche Hilfe.

3. Ist es billiger, Familienhäuser zu bauen als Heime zu fördern?

Auch dies wurde behauptet, sogar 10 x billiger - in einem Schnellausflug auf deutsche Einrichtungen.

Gegenwärtig kostet die Errichtung eines Hauses für 10 Kinder und ein Erzieherehepaar bei angemessenen Wohnbedingungen als Neubau ca. 180.000,- DM. In manchen Gruppen wird viel in Eigenarbeit getan. Dies ist aber je nach Zusammensetzung der helfenden Gruppen nicht überall möglich.

Die Berechnung, daß im BETRIEB Familienhäuser billiger sind, ist alt und bekannt. Dies schließt aber die Investitionen nicht ein. Vom Schulministerium aus wurden bereits zahlreiche Exkursionen betrieben, in denen Heimdirektioren mit dem Modell "Familienhäuser" vertraut gemacht wurden. Die pädagogische Fakultät Cluj-Napoca bildet ihre Sozialpädagogen nach deutschem Vorbild gezielt unter dem Blickwinkel auf die Errichtung und Führung von Familienhäusern aus. Das Interesse ist überall riesig, aber kaum eine der kleinen westlichen Gruppen ist in der Lage, das zu finanzieren.

Wenn die Familienhäuser errichtet sind und betrieben werden, läßt in vielen Fällen dann leider doch die Administration die Errichter finanziell im Stich. Zwar werden die Erzieher bezahlt, solange die Familienhäuser als Einrichtung der zuständigen Heime gelten; jedoch zu den Betriebskosten wurde in manchen Bezirken kein bani zugezahlt. Die Gelder sind nicht vorhanden.

So wird eine Aussage, die im Prinzip richtiges beinhaltet, doch zur Farce, wenn man nicht an den Realitäten orientiert ist.

4. Angaben zur Größe der Heime

Obwohl Herr oder Frau Kirchmann insgesamt von nur (!) 150.000 Kindern ausgeht, phantasiert er oder sie von Großeinrichtungen, wo "zusammengepfercht in unwürdigen Behausungen bis zu 1.400 Kinder in einer Einrichtung" sind. Ich will nicht ausschließen, daß es solch eine Einrichtung geben mag, obwohl ich noch nie von ihr gehört habe.

Das ausgewiesenermaßen zweitgrößte Heim Rumäniens (nach Selbstaussage der Bezirksdirektion) ist das Waisenhaus in Cristuru Secuiese. Dort ist die Belegung von 550 Kindern (1994) auf 420 Kinder (1999) zurückgegangen.

Selbst wenn also in einem Einzelfall die Größenangabe stimmen würde, rechtfertigt das nicht eine pauschale Behauptung, als sei dies in Rumänien gang und gäbe. Wieder mal wird, vermutlich aus Unwissenheit, generalisiert.

5. Angaben zum Adoptivwesen

Adoptionen zwischen Deutschland und Rumänien werden (bis auf Bayern) ausschließlich von deutscher Seite durch den Internationalen Sozialdienst in Frankfurt, von rumänischer Seite durch die vom Adoptionskomitee eingesetzte Stiftung "Eltern und Kinder" in Bukarest betrieben. Auf anderen Wegen betriebene Adoptionen zwischen beiden Ländern würden bisher nicht als legal anerkannt.

Die Kosten für die Adoption lieben bei z.Zt. maximal insgesamt 4.000 $ Gebühren und Zwangsspenden. Andere Kosten werden abgerechnet. Bisweilen wird von fünfstelligen Summen (mit einer 1 vorne) gesprochen, die aber mindestens die Kosten von zwei Rumänienreisen der Adoptiveltern mit dem Flugzeug beinhalten. Es gibt auch Länder, wie z.B. Luxemburg, wo für eine Adoption keine "Zwangsspenden" erhoben werden.

Wir sind nicht glücklich über diese Situation, auch wenn immer wieder beteuert wird, daß die Zwangsspenden sozialen Projekten zugute kommen sollen. An Alternativen wird gearbeitet, weil es in Deutschland als unmoralisch empfunden wird, daß Kinder erst einmal im Heim seelisch und geistig zerstört werden müssen, bevor sie zur Adoption nach Deutschland freigegeben werden. Mindestalter praktisch zur Zeit ab 4 Jahre. An Alternativen wird gearbeitet, es fragt sich aber noch, ob sie Erfolg haben werden.

Auf jeden Fall aber ist man sehr im Schwanken, ob es sich bei der Aussage, "Man bezahlt heute zwischen 30.000 und 50.000 Dollar für ein rumänisches Kleinkind" um eine bewußte Unwahrheit oder ein um drei Ecken erworbenes Halbwissen über die Praxis privater amerikanischer Agenturen handelt, das dann aber wieder einmal generalisiert wurde, um den Eindruck zu erwecken, bei uns sei es auch so. Ich glaube gar nicht, daß Herr oder Frau Kirchmann sich bewußt ist, wie so notwendige Adoptionen, um die Lebensqualität von Kindern zu retten, durch Falschaussagen, die entmutigen, verhindert werden. Zu fragen bleibt ohnehin, was diese Ausführungen im

Zusammenhang des Themas sollten. Als Adoptionsvater von vier Kindern wäre ich wohl bankrott, wenn ich mich Herrn oder Frau Kirchmanns Informanten anvertraut hätte.

6. Abschließende Bemerkung

Dies ist nur eine Replik in dem Bereich, in dem ich zuhause bin und mein Wissen konkret belegen kann. Auf Wunsch kann ich das praktisch tun, zu jeder hier getroffenen Aussage. Es wäre allerdings vernünftig, erst einmal Herrn oder Frau Kirchmann zu bitten, das öffentlich Geäußerte Punkt für Punkt nachzuweisen. Dieser Vergleich zwingt mich aber, allen anderen Aussagen gegenüber auch sehr skeptisch zu sein Für mich war dies kein sachlicher Beitrag, sondern eine Lachnummer.

Gerade unter dem Druck des Westens ist der Betrieb von Familienhäusern (die auch nicht die beste Lösung sind) in Rumänien seit mehreren Jahren Bestandteil des Schulgesetzes. Seit dem vergangenen Jahr sind alle Heime und Bezirksdirektionen angewiesen, zum Abbau der Heime beizutragen. Die einzigen, die an manchen Orten Hoffnung erregen, diesen Plan verwirklichen zu können, sind westliche Gruppen vor Ort. Wobei die meisten peinlich genau darauf achten, daß die angestellten Kräfte aus eigenen Ressourcen des Landes kommen.

Was außer acht blieb, das sind die zahlreichen gewachsenen vertrauten und liebevollen Kontakte zwischen Gruppen und Gemeinden im Westen und Gruppen und Gemeinden im Osten, ohne die vielerorts schon längst die Hoffnungen geschwunden wären. Es geht nicht immer um das Hemd oder die Medizin, sondern um das darin liegende Zeichen: wir vergessen einander nicht. In einer Zeit, in der Rumänien verzweifelt den Anschluß an den Westen sucht, sind auch die dümmsten und kleinsten Initiativen, vom Paket mit Spielzeug bis hin zu einem Besuch, bei dem der westliche Gast mit Pflaumenschnaps und dem letzten Schwein bewirtet wird, wichtige Teile einer Vernetzung, um etwas schneller mit dem Zusammenwachsen von unten her voranzukommen. Dieser Teil des westlichen Beitrags ist mit Zahlen nicht zu beschreiben, es sei denn, Herr oder Frau Kirchmann legt im nächsten Blatt die aktuellen Zahlen dazu, fertig kommentiert und bewertet, der geneigten Leserschaft vor.

Wolfgang Gerts, Autor des Buches "Unsere kleine Rumänienbande - Kinder aus dem Heim!" (Tel. (dienstl.) 05072/322, /7073, /92329, e-mail: w.gerts@T-Online.de

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Auszüge aus dem 1995 von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration herausgegebenen und vom Kirchlichen Entwicklungsdienst der Evangelischen Kirche in Deutschland durch den ABP geförderten Bericht "Rumänien. Vor den Toren der Festung Europa"- Auslassungen, auch herausgenommene Fußnoten, sind nicht markiert

Rumänien - Vor den Toren der Festung Europa

Als am 24.9.92 - einen Monat nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen - das deutsch-rumänische Rückübernahmeabkommen unterzeichnet wurde, gab es noch internationale Proteste. In Vorahnung der damit verbundenen organisierten Unmenschlichkeit wurde in unterschiedlichen politischen Lagern von einem Deportationsabkommen gesprochen, denn der Vertrag steht in der Tradition der berüchtigten Zigeunerprotokolle, mit denen das Deutsche Reich die Zuwanderung von Roma aus Südosteuropa bekämpft hatte. Um auf den Zusammenhang von Pogrom und Deportation und auf die Verfolgung von Juden, Sinti und Roma während der Naziherrschaft hinzuweisen, wollten französische Juden am 19.10.92 am Rostocker Rathaus eine Gedenktafel anbringen. Dabei wurden drei Personen der Aktionsgruppe verhaftet und zehn Tage in Haft gehalten. In Paris fanden daraufhin Tag für Tag Demonstrationen vor der deutschen Botschaft und der Deutschen Bank statt, bei denen unzählige Scheiben zu Bruch gingen. Der Versuch, auf diese Weise in Rostock auf den historischen Hintergrund des Abkommens hinzuweisen, blieb allerdings die einzige Aktion gegen die einsetzenden Massenabschiebungen nach Rumänien, die größte Abschiebewelle in der Geschichte der Bundesrepublik und Westeuropas. Migrationsbewegungen sind eine Folge von Vertreibung, aber zugleich auch der Suche nach einem besseren Leben. Angesichts der miserablen Verhältnisse, unter denen TransitmigrantInnen aus den drei Kontinenten in Rumänien leben müssen, mag diese allgemeine Feststellung allerdings wie Hohn erscheinen. Denn die Lebensbedingungen in den Außenbezirken von Bukarest ähneln in ihrer sozialen Dramatik denen von Istanbul, Teheran oder Buenos Aires. Für viele ist Rumänien somit zu einer Durchgangsstation geworden, in der das Überleben auf Monate, ja sogar Jahre in Armut selbstorganisiert werden muß. Je mehr Rumänien in die arme Peripherie gedrückt wird, desto sicherer wird der Aufenthalt der Reisenden dort nur vorläufig sein. Die wirtschaftliche Selbstorganisation der MigrantInnen ist schon jetzt durch Razzien und Übergriffe gefährdet. Vielen droht permanent die Beschlagnahme von Handelswaren, bei Festnahme die Abschiebung. Der Export des westdeutschen Abschiebesystems - der sogenannte Domino-Effekt -, die restriktiven Visa-Bestimmungen für Länder mit hohem Migrationsrisiko, die Carrier Sanctions gegen Fluggesellschaften werden bereits jetzt von deutschen Vorlagen abgeschrieben und institutionalisiert. Doch trotz aller Restriktionen, Razzien und Abschiebungen wird Rumänien als Armutsland auch weiterhin unkontrollierbarer sein als die Kernländer der Europäischen Union. So wird es für Flüchtlinge und MigrantInnen ein Transitland zwischen Hunger und Überleben, zwischen Abschieberisiko und Fluchthilfe bleiben.

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Nachrichten in Schlagzeilen

Oktober 1999

- Funktioniert die Justiz? 2 Skandale sorgen in der rum. Presse für Schlagzeilen: in Craiova betätigten sich 2 Staatsanwälte als Pornodarsteller; in Brasov ist ein Bandenkrieg zwischen Devisenschwarzhändlern und Schutzgelderpressern ausgebrochen. Die Presse trägt immer mehr Indizien zusammen, daß der Chef der Kronstädter Staatsanwaltschaft enge Beziehungen zur Unterwelt unterhalte.

- Weltbank gewährt Kredit zur Stillegung von unrentablen Bergwerken (44,5 Mio Dollar)

- Die Kälte als Regelfall: Heizungsnotstand in den Blockwohnungen

- Keiner will Schuldirektor werden: die Hermannstädter Schulbehörde hat noch 210 Stellen frei, auf eine Ausschreibung meldeten sich nur 71 Kandidaten.

- Ticu-Dumitrescu- Gesetz verabschiedet (betrifft Securitate-Akten)

- Studenten demonstrieren in Bukarest, Iasi und Cluj.

- In RO wurde erstmals ein Herz verpflanzt: ein Mann erhielt in der Bukarester "Floreasca-Klinik" ein Frauenherz

- In Budapest auf dem Abstellgleis: der rumänische Dacia-Express wird in Ungarn systematisch schikaniert

November 1999

- Drohbrief vom Finanzamt: der Stadtrat beschloß die Erhöhung der Grundstückssteuer, ohne die Hausbesitzer zu informieren. Die Drohung mit dem Gerichtsvollzieher sei eine Beleidigung der Bürger, aber hat Erfolg: man steht wieder stundenlang an den Schaltern des Finanzamts.

- Wieder Krach in der Koalition: Premier werden voreilige Kompromisse vorgeworfen

- Es rumort im Land: Generalstreiks, Protestmärsche, Straßenblockaden. Das Sozialklima in RO verschlechtert sich zusehends. In Brasov (Kronstadt) haben erboste Arbeiter das Präfekturgebäude gestürmt und alles kurz und klein geschlagen. Die Gendarmen griffen nicht ein, weil der Präfekt es nicht befohlen hatte. Eisenbahnangestellte blockierten 5 Stunden die Gleise des Bukarester Nordbahnhofs, sie fordern eine Gehaltserhöhung und Absetzung des Transportministers Traian Basescu.

- Verbittert und enttäuscht: in der jüngsten Meinungsumfrage führt Ceausescu (1989 erschossener Diktator). Danach meinen 22%, daß Ceausecu dem Land gute Dienste erwiesen habe (Illiescu 9%, Constantinescu 3%). Die Liste der schlechten Dienste führt ebenfalls Ceausescu mit 22% an (Constantinescu 18%, Illiescu 7%). Der Bukarester "Adevarul" veröffentlichte eine Bilanz der Amtszeit Emil Constantinescus: "3 Jahre Ungeschicklichkeiten, Skandale, Krisen, leere Versprechungen und wenige kleine Erfolge". Constantinescus

- Beliebtheitsverlust hat unmittelbar mit den ständig steigenden Lebenshaltungskosten zu tun.

- 2599 Kinder wurden 1999 von Ausländern adoptiert, monatlich werden 300 Kinder zur Adoption freigegeben.

- Grund zur Sorge: statistische Angaben zur Wirtschaftsentwicklung. Von 1997-1999 ging das Bruttoinlandssprodukt um 22% zurück, der Reallohn um 20% und die Kaufkraft um 15%. Die Arbeitslosenrate verdoppelte sich beinahe von 1996 (657.000 = 6,6%) auf jetzt 1,2 Mio (12%)

- Visa auf gefälschte Einladungen: Mihai Ilie, Vorsitzender der Zigeunerpartei und selbsternannter Gouverneur der Roma kommt vor Gericht.

Dezember 1999

- Am Nationalfeiertag (1.12.) wurde Emil Constantinescu in Alba Iulia ausgepfiffen. Nur handverlesene Gäste kamen in die Festung, wo die Feierlichkeitemn stattfanden

- Eisenbahner streiken / Chaos auf den Bahnhöfen

- EU-Beitrittsverhandlungen beginnen im Februar 2000

- Premierminister Radu Vasile abgesetzt (Verfassungsmäßigkeit ist umstritten)

- Bodengesetz verabschiedet: ehem. Besitzer erhalten bis zu 50 ha Land bzw. bis 10 ha Wald zurück. Deutsche Minderheit ist nicht benachteiligt.

- neue Regierung: Mugur Isarescu ist neuer Premierminister.

- in Hermannstadt kamen nur 50 Personen zur Gedenkfeier für die Revolution 1989.

Januar 2000

- Isarescu vereinheitlicht Mehrwertsteuer auf 19% (bisher 22 / 11%). Folge: Brot, Fleisch, Öl, Busfahrt, Medikamente sind 8% teurer. Profitsteuer von 38 auf 25% reduziert. Keine teuren Autos mehr für Beamte.

- Weiterhin Visum auch an der Grenze erhältlich.

- GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) beteiligt sich an Altstadtsanierung

- Erwachsene müssen für Zahnziehen und Plomben 40% selbst zahlen.

- Ab 1.1.2000 Gesamteinkommenssteuer eingeführt, auch Nebenverdienste werden besteuert. Die Schattenwirtschaft soll damit unter Kontrolle gebracht werden, die in RO angeblich 50% der Gesamtwirtschaft ausmacht.

- Deutsch-Rumänische Gesellschaft Bodensee gegründet (Vors. Günther Weinmüller, Alpenstraße 3, 78464 Konstanz, Tel. 07531 / 699849)

- Milch zum Schweine füttern. Seit Nicus Molkerei im Dez. 1999 pleite ging, sind viele Zulieferer nicht zum Konkurrenten Sibiana gewechselt, wegen zu niedriger Aufkaufpreise (ca. 25 Pf / l)

- EU-Beitritt kann frühestens 2007 stattfinden

- ein neues Streikgesetz verbietet politische Streikziele

- Schnee, Lawinen, Verkehrschaos. 15 Tote, -33 °C in Siebenbürgen. Härtester Winter seit 30 Jahren. Im Westgebirge bis 3m Schnee, 50.000 Menschen in ihren Dörfern isoliert

Februar 2000

- Premier Isarescu stellt mittelfristiges Wirtschaftsprogramm bis 2004 vor: Wirtschaftswachstum jährlich 6-7%, radikale Drosselung der Inflation (2000=27%)

- Ökologische Katastrophe in Rumänien und Ungarn. Nach einem Dammbruch nahe der nordrumänischen Stadt Baia Mare am 30. Januar gelangten große Mengen hochgiftige und schwer abbaubare Zyan-Verbindungen über den Somes in die Theiß. Sämtliches Leben in diesen Flüssen ist erloschen. Auch die Donau ist betroffen, was in Serbien zu Trinkwasserproblemen führte. Für das Donaudelta bestehe angeblich keine Gefahr mehr, weil sich das Gift bis zu seiner Ankunft dort ausreichend verdünnt habe. Das von einer australischen Teilhaberfirma praktizierte Zyanidverfahren ist wegen der Umweltrisiken in der EU verboten. Weltweit gab es in den letzten Jahren mehrere ähnliche Unfälle, meist in Entwicklungsländern.

- in den folgenden Wochen werden weitere Flußverschmutzungen bekannt

- 3 Wochen Lehrer-Streik

- Petrom übernimmt das im Bau befindliche Berghotel am Bâlea-See

- Fremde werden geschröpft: Ungleichbehandlung von Ausländern durch neue Steuergesetze

März 2000

- Constantinescu wähnt sich als spätes Securitate-Opfer, Illiescu als Zielscheibe einer neuen Securitate. Wahlkampf 2000 wird zur größten Schlammschlacht seit der Wende geraten.

- Briefporto steigt. Inlandsbrief 1700 Lei, Ausland 9050 Lei.

- Austrittswelle aus der regierenden Bauernpartei PNtCD. Varujan Vosganians "Union der Rechten" (UFD) erhält Zulauf.

- Baia Mare: 25 Greenpeace-Aktivisten veranstalten Aktion vor dem Bergbauunternehmen "Aurul" (vgl. Zyanidkatastrophe)

- Telofonieren ins europ. Ausland jetzt 13.000 Lei / min. Ortsgespräch 550 Lei / min, Überland 3.850 Lei /min.

- 70 Tonnen abgelaufene Pestizide lagern auf ehemaligen Staatsfarmen im Kreis Hermannstadt. Es besteht die Gefahr, daß die Käufer der Farmen diese Pestizide einfach "auslagern", ohne fachgerecht zu sichern. Die Umweltagentur will ein Sammellager in Avrig (Freck) einrichten.

- Oberster Gerichtshof: multikulturelle "Petöfi-Schiller"-Universität kann gegründet werden

April 2000

- in Sibiu werden jetzt 5 Schulen von Gendarmerie bewacht - zur Verhinderung von Randalen, Drogenhandel und-konsum

- neue Donaubrücke nach Bulgarien soll zwischen Calafat und Vidin entstehen

- Uranschlämme in der Schwarzen Kreisch (Bihor-Gebirge). Unkontrollierte Ablagerung von Abraum an Bachläufen als Ursache. Anwohner in Panik, die Gegend ist unzugänglich, weil der Forstweg vom Hochwasser weggespült ist. Der Uranabbau wurde 1992 nach 50 Jahren eingestellt, der ökologische Wiederaufbau hat noch nicht begonnen.

- Exportschlager Altäre und Ikonen. Kirchen in RO werden systematisch ausgeraubt, die Polizei ist machtlos.

- verheerende Überschwemmungen in Siebenbürgen und im Banat. Schlimmer als 1970, 7 Tote, 8.231 zerstörte Häuser, 309 Ortschaften und 60.000 ha Ackerland überschwemmt, 14 km Deiche, 365 Brücken zerstört, 66 Betriebe standen unter Wasser.

- Straßenbenutzungsgebühr ab sofort im Treibstoffpreis enthalten

- Wahlkampagne für Lokalwahlen am 4. Juni beginnt

- Skandal bei Playboy: in der rumänischen April- Ausgabe wird auf das Genaueste beschrieben, "wie man seine Ehefrau schlägt, ohne Spuren zu hinterlassen. Am 24. April fand deswegen in Bukarest ein Protestmarsch gegen häusliche Gewalt statt.

- Wechselkurs am 28.4.2000: 1 DM = ca. 9.300 Lei

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(Dank an Horst Weber von der Redaktion für die Berichtigung der Angaben, die in den letzten Rundbriefen falsch oder veraltet waren)

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Rumänen sollen netter werden

Rumäniens Regierung möchte Ruhe auf den Straßen. Erst sagte Präsident Emil Constantinescu den seit Wochen protestierenden Studenten zu, die Zuweisungen für Wohnheime zu verdoppeln. Auch auf die zur Zeit noch andauernden Verhandlungen zwischen Bildungsminister Andrei Marga und den Studenten setzt Constantinescu: Weitere Zugeständnisse des Staates könnten in den nächsten Tagen folgen, erklärte der Präsident Anfang vergangener Woche, um nur wenig später ein neues Streikgesetz zu unterzeichnen. Arbeitskämpfe sollen ab sofort einvernehmlich gelöst werden. Das Recht auf Streik für Arbeitnehmer soll gesetzlich verankert werden - außer bei politischen Streiks, die weiterhin verboten bleiben. Auch sollen nach dem neuen Gesetz Arbeitsniederlegungen zwangsweise ausgesetzt werden können, "falls das Leben oder die Gesundheit von Bürgern gefährdet ist". Die meisten Streiks der vergangenen Wochen waren von den Teilnehmern hauptsächlich mit der fehlenden Grund- und Gesundheitsversorgung begründet worden.

aus der Wochenzeitung Jungle World, Nr. 48, 24. November 1999

Flucht nach vorne

Dass der rumänische Premier Radu Vasile stürzen musste, war schon beim EU-Gipfel in Helsinki ausgemachte Sache

Als der rumänische Präsident Emil Constantinescu vergangene Woche vom EU-Gipfel in Helsinki nach Bukarest zurückkehrte, war sein Entschluss unumstösslich: Premierminister Radu Vasile musste gehen. Kurz nach der Landung in Bukarest erklärte Präsident Constantinescu der Presse, was er von einer Regierung eigentlich erwarte: "Die Regierung sollte so strukturiert werden, dass Reformen schrittweise umgesetzt werden können", diktierte er Reportern in die Mikrophone. Anschliessend hatte der Präsident in seinem Cotroceni-Palast eine wichtige Gesprächsrunde zu Gast. Die vier Chefs der Regierungskoalition aus Christ- und Sozialdemokraten, Liberalen sowie der Partei der ungarischen Volksgruppe plauderten mit dem Präsidenten über die Möglichkeit, Radu Vasile loszuwerden.

Begründet wurden die intensiven Bemühungen, einen Putsch von oben durchzuführen, mit der Unfähigkeit Vasiles, die der EU gefälligen Reformen zur Sanierung der rumänischen Volkswirtschaft durchzusetzen. "Die Minister haben einen guten Job gemacht, aber was fehlt, ist die nötige Koordination all dieser Anstrengungen. Dieser Zustand ist untragbar", meinte Präsident Constantinescu in einer Ansprache im rumänischen Staatsfernsehen.

Tatsächlich steht es wirtschaftlich um Rumänien nicht zum Besten. Das

Bruttoinlandsprodukt wird am Ende des Jahres höchstwahrscheinlich um vier Prozent gefallen sein, die Inflation erreicht 45 Prozent. Ein konsequenter Niedergang: Seit zehn Jahren schrumpft die noch grösstenteils staatliche Wirtschaft stetig.

Go west

Das Land befindet sich in einer schizophrenen Situation. Um die Bedingungen für den gewünschten EU-Beitritt zu erfüllen, wurde die Wirtschaft teilweise liberalisiert. Doch kaum eine Branche ist auf dem Weltmarkt oder zumindest innerhalb der EU konkurrenzfähig. Werden ehemalige Staatsbetriebe privatisiert oder geschlossen, sind Massenentlassungen und soziale Unruhen meist unausweichlich. Die Revolte der Bergarbeiter zu Beginn des Jahres, die in der Bevölkerung grosse Sympathien geniessen, führte Rumänien an den Rand des Ausnahmezustands.

Zudem arbeiten rund vierzig Prozent der Beschäftigten in einer oft auf Subsistenz-Niveau funktionierenden Landwirtschaft, die relative Mehrheit der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Im Winter gibt es nicht genügend Heizmaterial oder Warmwasser.

In Zukunft will die EU das Land daher finanziell stärker unterstützen. Im Gegenzug fordert die Union aber mehr Einfluss auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Landes. Und das hat durchaus Konsequenzen, wie die Staats- und Regierungschefs auf dem EU-Gipfel in Helsinki demonstrierten. Intensiv redeten sie auf Präsident Constantinescu ein, die Zustände zu ändern, selbst "wenn es personelle Änderungen nötig macht", wie aus der österreichischen Delegation am EU-Gipfel verlautet. Als vorauseilende Belohnung für diesen verfassungsrechtlich umstrittenen Schritt, den Premier fallen zu lassen, wurde Rumänien schließlich in die Gruppe jener Länder aufgenommen, die im nächsten Jahr mit der EU Beitrittsverhandlungen aufnehmen werden.

Aber nicht nur im fernen Helsinki war die Stimmung eher gegen Premier Radu Vasile gerichtet. Auch in Rumänien wurde er scharf angegriffen. Eine Gruppe von Künstlern plazierte zu Beginn der vergangenen Woche ganzseitige Inserate in den wichtigsten Tageszeitungen, in denen Präsident Constantinescu unterstützt wurde. Constantinescu, so heißt es in dem offenen Brief, sei "ein Verbündeter des Westens".

Streiks

Dass Vasile in den vergangenen Wochen immer mehr unter Druck geriet, lag auch an seinem Unvermögen, den Streik der rumänischen Eisenbahner zu beenden. Diese verlangten von der Regierung eine siebzigprozentige Gehaltserhöhung. Unterstützt wurden die Forderungen von anderen Gewerkschaften. Der Arbeitskampf setzte der Wirtschaft des ohnehin darniederliegenden Landes schwer zu. Kurz vor dem EU-Gipfel mußte die

Kohle-Produktion in Rumänien wegen der mangelnden Transportkapazitäten eingestellt werden, die Elektrizitätsproduktion litt ebenfalls unter den Streiks.

Das Vorgehen Radu Vasiles bei den Verhandlungen mit den Streikenden ist symptomatisch für seinen Regierungsstil: Er verhandelte mit den Eisenbahnern, die Gespräche waren nach Aussagen beider Streitparteien "sinnvoll", doch zu echten Ergebnissen kam es nicht.

Auch sein Rücktritt selbst war recht zauderhaft. Noch Stunden nach der Entlassung durch den Präsidenten saß der Premier trotzig in seinem Büro und weigerte sich beharrlich, die Entscheidung zu akzeptieren - obwohl alle fünf Koalitionsparteien und sämtliche Minister ihm das Vertrauen entzogen hatten. Erst am Montagabend räumte Vasile seinen Schreibtisch.

Der neue starke Mann heißt nun Mugur Isarescu. Von Präsident Constantinescu wurde der frisch gebackene rumänische Premier als "Spezialist in ökonomischen und finanziellen Angelegenheiten" beschrieben, der "sowohl in der Heimat als auch im Ausland große Achtung" genieße. Isarescu wurde 1990 zum Chef der rumänischen Zentralbank ernannt und gilt als politisch nicht besonders ambitionierter Technokrat. Ihm wird nachgesagt, bei der Durchführung von sozial schmerzhaften Reformen zwecks Konsolidierung der Wirtschaft unerbittlich zu sein.

Viel Zeit wird der Ex-Banker aber nicht dazu haben. Im nächsten Jahr finden in Rumänien Parlaments- und Präsidentenwahlen statt, und die Popularität der Regierung ist am Boden. Dagegen gewinnen die Ex-Kommunisten um den ehemaligen Staatspräsidenten Ion Iliescu immer mehr an Zustimmung. Gleichzeitig verliert auch Präsident Constantinescu erheblich an Unterstützung durch das Volk.

Wie die Rumänen die veritable Staatskrise nun aufnehmen, ist noch fraglich. Einerseits hat die Zögerlichkeit des Ex-Premiers Vasile zu einer noch weiteren Verunsicherung der Gesellschaft beigetragen, doch die Aussicht auf eine Beschleunigung der marktwirtschaftlichen Reformen wird das Volk auch nicht unbedingt beglücken. Dass die Arbeiter nicht lange fackeln, wenn es gilt, einen Streik anzuzetteln, ist ein weiterer Risikofaktor für die neue Regierung unter Isarescu.

Constantinescus Schritt kann unter diesen Bedingungen nur als Flucht nach vorne betrachtet werden. Der Präsident und sein Protegé Isarescu hoffen offensichtlich auf einen Popularitätsschub durch erfolgreiche Verhandlungen mit der EU und etwas Geduld durch die Bevölkerung. Die EU jedenfalls dürfte beglückt sein von der Lösungskompetenz des Präsidenten.

aus: Jungle World, Nr. 52/1, 22./29. Dezember 1999