Rumänien Rundbrief von Andreas Merker
Winterferien in Rumänien

Rumänien-Rundbrief Nr. 16 – Winter 2002 / 2003

Inhalt:

leer Tips & Termine
leer Telefonieren
leer 4. Ferienintensivkurs Rumänische Sprache, Literatur u. Kultur
leer Fundatia Romhelp
leer Weil wir Hoffnung haben, hoffen wir für diese Welt
Leben und Arbeiten in einem kleinen rumänischen Dorf
leer Textilindustrie in Rumänien
leer Das Europäische Haus „Hermannstadt“
leer REGIONALINITIATIVE „MENSCHEN AUS SIBIU FÜR FRIEDEN“
leer Erlebnisbericht zur Fahrt nach Rumänien Sylvester 2001/2002
leer Copilul e.V. Hilfe für notleidende Kinder in Fagaras/Rumänien
leer Eine Chance für Waisen im „Land der verlorenen Kinder“
leer Das "Brukenthal-Park-Projekt" zu Freck / Avrig
leer Rumänien – Ökologie aus dem Blickwinkel der Mütterchen?
leer Ein verwunschenes Bad im Karpatenbogen
leer Winterüberquerung des Fogarascher Gebirges
leer Nachrichten in Kurzform

Der Rumänien-Rundbrief will Informationen verschiedenster Art über Rumänien vermitteln. Er wendet sich sowohl an Touristen als auch an andere interessierte Personen. Die Bandbreite reicht von Reisetips, Informationen über Projekte und Hilfsorganisationen bis hin zu politischen, geschichtlichen und kulturellen Themen.

Ein wichtiges Ziel ist die Vernetzung von Initiativen und Einzelpersonen, die sich mit Rumänien beschäftigen. Diesen soll der Rundbrief als Sprachrohr dienen.

Im Rundbrief kann jeder veröffentlichen, Honorar kann jedoch nicht gezahlt werden. Der Rundbrief erscheint zweimal im Jahr. Er wird ehrenamtlich erstellt, die Einnahmen sind für Druck, Papier und Postgebühren.

Abos über 4 Ausgaben: Normalabo  7 € , Förderabo  10 € (oder mehr). Mehrfachbesteller zahlen ab 4 Hefte 1,25 € pro Heft. Alte Ausgaben gibt es, solange der Vorrat reicht. Leser/innen in Rumänien können den Rundbrief bis auf Widerruf kostenlos beziehen.

An die sockenstrickenden Frauen in Viscri
RO-3029 Viscri Nr. 57, jud. Brasov 
            Ich bestelle einen Beutel mit 25 Paar Echte Schafswoll-Socken aus Viscri“,   gemischt, 3 Paar Kinder, 19 Paar Gr. 36-44, 3 Paar Übergröße zum Inklusivpreis von 90 Euro
            Ich bestelle dasselbe im Abo, einmal im Jahr 25 Paar Socken zum Sonderpreis von 85 Euro.
Ich möchte sie im Monat                    haben.
            Ich möchte mehr wissen und benötige Hintergrundinformationen.
                                                                                              
Unterschrift                            Vor- und Zuname in Druckbuchstaben
                                                                                              
Straße, Hausnummer                Postleitzahl, Ort
                                                                                              
Vorwahl, Telefon, Fax
Einzelbestellungen bitte an Charlotte Willberg, Mühlbachweg 13, D-90559 Burgthann, Tel. 09183 / 95 00 39, email: HHWillberg@Compuserve.com



Liebe Leserinnen und Leser,

Nachdem ich bei Ende Oktober noch fast keine Texte hatte, wollte ich diese Ausgabe fast ausfallen lassen. Eine Rundmail brachte dann doch noch reichlich Material, so dass ich einige Berichte wegen Überlänge diesmal nicht veröffentlichen kann und zum Teil für kommende Ausgaben aufheben werde.

Für 2003 habe ich mir mal was Neues überlegt:

das Faltblatt „Rumänien 2003“. Es soll in einer Auflage von 5.000 Exemplaren (4-Farbdruck) im Mai 2003 erscheinen. Dieses farbige Faltblatt soll einerseits als Umschlagseite des Rundbriefs dienen (ca. 500 Ex.), die restlichen 4.500 Ex. werden kostenlos an Rumänien-Interessierte verteilt und verschickt.

Ich bitte um Verständnis, dass für die Finanzierung der Druckkosten ein Unkostenbeitrag von 5,00 € für einen Adresseintrag auf diesem Faltblatt erhoben werden muss. Angesprochen sind sowohl Vereine als auch Firmen vor allem im touristischen Umfeld. Wer im Faltblatt eine Anzeige schalten möchte, findet die Preise auf der hinteren Umschlagseite.

Veröffentlichungen im Rundbrief: Wer Texte sowieso schon auf Computer hat, wird gebeten uns diese entweder auf Diskette (am besten RTF oder TXT-Format) oder als email zu schicken an: rumaenienrundbrief@web.de. Wer keinen Computer hat, kann die Texte natürlich weiter auf Papier schicken. Wer etwas auf der Webseite veröffentlichen will, mailt bitte direkt an reti@rennkuckuck.de

Frohe Feiertage wünscht Euch und Ihnen

                                                                                                Andreas Merker

Kreuzworträtsel in Heft 15: Ein Überraschungspäckchen erhält Liv Rehahn aus Dresden, sie war leider die einzige Einsenderin. (War`s zu schwer oder hatte sonst niemand Lust?)

Impressum
Redaktion: Rumänien‑Rundbrief, Ludwigstraße 37, D-06110 Halle/S.
Fax 0345 / 170 1241, email Redaktion: rumaenienrundbrief@web.de
Internet: www.rumaenienrundbrief.de (Umleitung zu www.rennkuckuck.de )
email zum Internetmacher: reti@rennkuckuck.de
Bestell-Nr. ISSN 1433-5867, Auflage ca. 500 Stück
V.i.S.d.P.: Andreas Merker, Tel. 0345 / 959 6262
Unterzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder, die Rechte für diese Beiträge liegen bei den Autoren.
Haftung für den Inhalt der Beiträge und Werbeanzeigen ausgeschlossen.

Lecker Tee vom Kräuterboten, Ludwigstr. 37, 06110 Halle

Tel. 0345 / 959 6262, Internet: www.kraeuterbote.de

Inhaltsverzeichnis

Tips & Termine

- XVII. Siebebbürgische Ferienakademie in Thalmässing bei Nürnberg: vom 27.12.2002 - 2.1.2003. Teilnehmerbeitrag 65 € (für Teilnehmer aus RO und H: 15 €) incl. Unterkunft und Verpflegung. Anmeldung bis 06.Dez. an Gerald Volkmer, Uhlandstr. 7, D-55268 Nieder-Olm, Tel.+Fax 06136 / 5982, email: Gerald.Volkmer@t-online.de (Weitere Infos: www.sibiweb.de/st)

- Visafrei können ab 01.01.2001 alle Staatsangehörigen der Mitgliedsländer der EU mit gültigem Reisepass nach Rumänien einreisen (bis 30 Tage). Üblicherweise wird auch schon der Personalausweis akzeptiert, dann erhalten die Reisenden einen extra Zettel mit dem Einreisestempel (nicht verlieren!)

- Meldepflicht: Wer Ausländer in RO länger als 15 Tage beherbergt, muß das binnen 3 Tagen bei der Polizei melden (gilt auch für „visafreie“ EU-Bürger) 

- Umtauschkurse am 22.11.2002: 1 Euro=33660 Lei, 1 USD= 33576 Lei

Inhaltsverzeichnis

Billig telefonieren von Deutschland nach Rumänien (Stand 10.11.2002)

Festnetz RO: 18,50190028
 17,9010012
 15,50190051
 16,401086
Bukarest:15,0010012
Mobil:22,00190028
 17,9010012
 17,90190051
 23,901086


- Neue Telefon-Vorwahlen in Rumänien: Seit 14.9.2002 gelten nur noch folgende fett gedruckte Nummern (in Klammern die alten Vorwahlnummern)

Ländervorwahl Rumänien: 0040 (bei Vorwahl wie üblich die „0“ weglassen)

Judetul / Kreis 
Alba0258 (058)
Arad0257 (057)
Arges0248 (048)
Bacau0234 (034)
Bihor0259 (059)
Bistriţa0263 (063)
Botosani0231 (031)
Braila0239 (039)
Brasov0268 (068)
Bucuresti021 (01)
Buzau0238 (038)
Calarasi0242 (042)
Caras-Sev.0255 (055)
Cluj0264 (064)
Constanta0241 (041)
Covasna0267 (067)
Dâmbovita0245 (045)
Dolj0251 (051)
Galati 0236 (036)
Giurgiu0246 (046)
Gorj0253 (053)
Harghita0266 (066)
Hunedoara0254 (054)
Iasi0232 (032)
Ialomita0243 (043)
Maramures0262 (062)
Mehedinti0252 (052)
Mures0265 (065)
Neamt0233 (033)
Olt0249 (049)
Prahova0244 (044)
Salaj0260 (060)
Satu Mare0261 (061)
Sibiu0269 (069)
Suceava0230 (030)
Teleorman0247 (047)
Timis0256 (056)
Tulcea0240 (040)
Vâlcea0250 (050)
Vaslui0235 (035)
Vrancea0237 (037)
Mobilvorwahlen 
Connex0721 (091)
 0722 (092)
 0723 (093)
Orange0740 (090)
 0744 (094)
 0745 (095)
Cosmorom0766 (096)
Zapp0788 (098)


4. Ferienintensivkurs Rumänische Sprache, Literatur u. Kultur

Zwischen dem 17.-28. März 2003 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Es werden Sprachkurse auf 3 (bei Bedarf 4) Niveaus angeboten: Grundkurs (für Anfänger ohne Vorkenntnisse), Kommunikativer Kurs für Anfänger mit geringen Vorkenntnissen (nur bei ausreichenden Anmeldungen), Fortgeschrittenenkurs und Aufbaukurs. Vorgesehen sind auf jedem Niveau etwa 60 Unterrichtseinheiten zu 45 Minuten vorgesehen: Sprachunterricht, Grammatik, Konversation, Lektüre und Hörverstehensübungen. Jeder Teilnehmer erhält ein Zertifikat über den Besuch des Kurses. Je nach Interessengebiet der Teilnehmer werden zudem Seminare und Vorträge zu ausgewählten Themen der rumänischen Literatur- und Sprachwissenschaft, zur Geschichte, Gesellschaft und Politik angeboten. Für den Erwerb von Leistungsnachweisen besteht die Möglichkeit, sich an einer Abschlussprüfung zu beteiligen. In Absprache mit dem rumänischen Bildungsministerium wird für die Teilnehmer eine Anzahl von Stipendien zum Besuch von Ferienkursen im Sommer 2003 in Rumänien bereitgestellt.
Gebühren für 2 Wochen Kurs (einschließlich Unterrichtsmaterial) und Rahmenprogramm:
Studenten und Dozenten der Universität Jena: 25 Euro Studenten und Dozenten anderer Universitäten:  75 Euro Sonstige Teilnehmer:  250 Euro Preiswerte Unterbringung wird auf Wunsch von der Kursleitung vermittelt. Ausführliche Informationen und das Anmeldeformular finden Sie ab dem 15.11.2002 unter http://www.romanistik.uni-jena.de/rumaenisch
Anfragen an: Wolfgang.Dahmen@uni-jena.de

Fundatia Romhelp

Hilfe für Straßenkinder und Familien in Bukarest

Wer wir sind: Romhelp ist eine in Rumänien amtlich anerkannte Stiftung mit Tätigkeitsfeld in Bukarest, die sich um die dortigen Straßenkinder und in Not geratene Familien kümmert, Patenschaften vermittelt und eine eigene kleine Schule unterhält. Romhelp entstand aus der Interessengruppe "Hilfe für Straßenkinder in Rumänien", die in Rumänien seit 1990 bis Ende 1999 tätig war. Im gleichen Jahr wurde die Stiftung gegründet, welche die Arbeit fortsetzt. Unterstützt wird sie dabei dabei von der Gruppe Romhelp-Deutschland in München und dem Verein Romhelp-Austria in Wien, die Sach- und Geldspenden sammeln, Hilfsgütertransporte organisieren und Informationsarbeit leisten.
Spendenkonten: Kto.30-728104-9 POFICHBE, Swiss Post,
Deutschland: Kto.31685702, BLZ 700 202 70, HypoVereinsbank München,
Österreich: Kto. 20010-705-321, BLZ 14200, easybank
Webseiten:
www.romhelp.ro, www.romhelp.de, www.romhelp.at, www.romhelp.com



Weil wir Hoffnung haben, hoffen wir für diese Welt

Leben und Arbeiten in einem kleinen rumänischen Dorf

Seit über sieben Jahren leben wir in Siebenbürgen, auch Transilvania genannt, in Rumänien, nahe bei Schäßburg (Sighisoara) in Deutsch-Weißkirch (Viscri).

Zunächst wollten wir uns selbstversorgen – Maria kommt aus der Naturkostbranche -, Kenntnisse und Fähigkeiten im Bio-Anbau entwickeln.

Aus dem Mit-Leben aber auch Mit-Leiden ergaben sich mit der Zeit vielfältige Aufgaben für uns. Zunächst nahmen wir Ioana auf, die gern mit Dorothee eingeschult werden wollte, jedoch keine Möglichkeit zu haben schien.

Immer mehr Kinder versorgten wir bei uns – inzwischen sind es in der Schulzeit außer Dorothee sieben Kinder zwischen 10 und 16 Jahren. Für die vielen weiteren hungrigen Mäuler richteten wir eine Suppenküche ein, in der jetzt Kinder während der Schulzeit täglich ein Schulbrot und eine warme Mahlzeit erhalten. 25 – 30 Kinder werden dort beköstigt. Dafür wiederum organisierten wir eine Kleinst-Bäckerei, die Vollkornbrot für uns und die Suppenküche backt.

Damit mehr Kinder die Schule schaffen, bauten wir mit Frauen aus dem Dorf eine Schularbeitenhilfe auf, in der viele Kinder in vielen Gruppen Unterstützung erhalten.

Dorfbewohner, wir und Gäste im Gespräch am Brunnen:

„Warum holt Ihr kein Wasser mehr von hier?“ „Es ist schmutzig, er müsste gereinigt werden, das ist teuer, der Brunnen ist sehr tief!“

Unsere Gäste bezahlen die Säuberung des fast 30 Meter tiefen Brunnens und sechs Familien können in ihrer Nähe Wasser ziehen.

Eines Tages verkaufte uns Leana, eine Frau aus dem Dorf, handgestrickte Socken, das war Ostern 1999.

Wir griffen dies auf – daraus wurde eine Organisation für das ganze Dorf. 139 Frauen verdienen sich heute einen Teil, sogar einen beträchtlichen Teil ihres Lebensunterhaltes mit dem Stricken von Socken.

Die Socken werden im westlichen Ausland gekauft, vor allem mit Hilfe von Charlotte Willberg bei Nürnberg, unterstützt von ihrem Mann, Pfr. Hans Harald Willberg.

Für die reichlich anfallende Schafwolle bauten wir eine Spinnerei auf – dabei wurden wir sehr aktiv vom Deutschen Komitee des Weltgebetstages der Frauen in Deutschland unterstützt. Zum Aufbau bekamen wir 12 500 DM und für Weiterbildungskurse der Frauen 4 000 DM.

Viele Freundinnen und Freunde halfen mit Geldspenden, insgesamt bekamen wir von ihnen weitere 30 000 DM für die Spinnerei.

Eine Idee, die uns seit längerem beschäftigte, hat in den letzten Wochen Annette umgesetzt. (Annette lebt mit Roman etwa so lange hier wie wir.) Sie hat sich sehr aktiv für die Wiederbelebung des Dispensars, der ambulanten Krankenstation, eingesetzt. Dafür hat sie eine Reihe von Menschen in Deutschland gewinnen können, die dafür notwendige Gelder zur Verfügung stellen. Unser Dorf ist vom öffentlichen Nahverkehr abgeschnitten. Nun kommt, wenn es denn klappt, wenigstens alle 14 Tage eine Ärztin.

Die vor allem durch die reizvolle Kirchenburg, unlängst ins Weltkulturerbe aufgenommen, ins Dorf kommenden Besucher und Besucherinnen laden wir in das mit Annettes Initiative eröffnete Café ein, und wir können uns dort auch mit den Menschen treffen, die sich für die Arbeit hier besonders interessieren. Und Überschüsse aus dem Café wandern ins Dispensar.

Im Mai d.J. zogen Tina und Ronni ins Dorf. Sie hatten sich hier ein Haus gekauft. Tinas Interesse ist einerseits eine eigenständige sozialpädagogische Arbeit aufzubauen, dazu gehört eine Straßenschule, aber auch aktiv an dem mitzuarbeiten, was wir hier initiiert haben. Ronni wird eine Tischlerei aufbauen. – und wir hoffen, dass sich dort eines Tages ein paar junge Leute einarbeiten können, um dieses Handwerk zu erlernen.

„Weil wir von Hilfe leben, helfen wir an diesem Tag,

helfen wir dem ohne Hilfe und verändern den Tag.

Weil wir von Hoffnung leben, hoffen wir für diese Welt,

hoffen wir für Hoffnungslose und verändern die Welt.“

So klingt ein Lied – und so leben wir, denn all das Geschilderte klingt so selbstlos, so als ob uns all das zugefallen ist, als ob wir ohne Anfechtungen hier einen geraden Weg gehen können.

Und es gab und gibt viele Schwierigkeiten: sei es, dass die Selbstorganisation in den verschiedenen Frauengruppen so viel Einsatz braucht, sei es, dass uns die Gäste fordern und wir nicht das richtige Maß finden für Einkehr und Stille.

Es braucht viel Gottvertrauen, um dieses Werk wirklich immer wieder beleben zu können und nicht in den Unwägbarkeiten und Untiefen zu stranden.

Es braucht Menschen, die für uns hier die Hände falten – und viele tätige Menschen in Gruppen, Gemeinden, Einzelne.

Maria, Harald & Dorothee in 3029 Viscri Nr. 57, jud. Brasov, România Juli 2002: wer uns und unsere Arbeit unterstützen will, sende seinen Beitrag auf das Konto 3700 283 bei der Ökobank BLZ 500 90 100 Schalomdiakonat in Rumänien Harald Riese

Textilindustrie in Rumänien

aus RID – Blick nach Rumänien, Juni 2002, Ausgabe 2

Dieses Jahr war der Weltgebetstag der Frauen für die Frauen in Rumänien bestimmt. Viele von uns haben im Zuge des Weltgebetstages Vorträge gehalten, ihr Wissen weitergegeben und konnten Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Das Arbeitsbuch zum Weltgebetstag vermittelt in einer gebündelten und kurzen Zusammenfassung die wichtigsten Informationen. Zum Lesen ist es auch jetzt im Nachhinein zu empfehlen. Es kann unter folgender Adresse bestellt werden:

Bayerischer Mütterdienst der Evang-Luth. Kirche, Schriftenversand Postfach 1240, 90544 Stein, Tel. 0911/6806 157 oder Fax 0911/6806 177 oder im Buchhandel unter der ISBN Nummer 3-87309-173-9. Es kostet 10,12 Euro.

Besonders interessant ist der Artikel über die Textilindustrie in Rumänien. „Made in ... Rumänien“ von Bettina Musiolek befasst sich mit den Problemen der Textilindustrie und der Ausbeutung der Frauen, die damit einhergeht.

Viele von uns wissen um die Probleme der Arbeitslosigkeit in Rumänien und wie froh man ist, wenn eine Frau einen Arbeitsplatz in einer Näherei bekommt. Oft sind diese Frauen die einzigen Verdiener in der Familie und der Lohn willkommen. Die Löhne liegen bei 200 – 300 DM im Monat und decken aber oft nicht das Existenzminimum einer Familie ab.

Zusätzlich ist folgendes zu bedenken:

- die NäherInnenlöhne liegen wie überall auf der Welt am Ende der Lohnskala,

- die NäherInnenlöhne entsprechen oft nicht dem Mindestlohn von derzeit 1.400.00 Lei,

- der Lohn wird oft nur willkürlich ausbezahlt,

- es gibt keinen Überstundenbonus,

- die Frauen arbeiten oft ohne Arbeitsbuch und Sozialversicherung 12 – 14 Stunden am Tag,

- sie dürfen sich nicht gewerkschaftlich organisieren,

- sie sind mitunter sexuellem Missbrauch ausgesetzt, an den sehr oft eine Weiterbeschäftigung oder Beförderung gebunden ist

- und falls man sich beklagt, gibt es 10 andere Frauen, die schon auf diese Stelle warten.

Die Textilindustrie war schon während des kommunistischen Regimes der zweitgrößte Arbeitgeber in Rumänien und hatte eine lange Tradition. Die ausländischen Produzenten, überwiegend Deutsche und Italiener, haben eine gute Infrastruktur vorgefunden und die geographische und kulturelle Nähe sind ideal. Anders als in asiatischen Ländern sprechen viele in Rumänien deutsch und die Transportwege sind kürzer.

Der Textil- und Bekleidungsexport ist zwischen den Jahren 1993 und 1997 um 220 Prozent gestiegen. Nur ca. 5 Prozent des Umsatzes werden für den heimischen Markt genäht. Der Anteil am Verkaufspreis liegt für die rumänische Näherin bei etwa 5 Prozent.

Die rumänischen Nähereien sind auf die ausländischen Aufträge angewiesen, denn je nach Auftragslage hat man Arbeit, man spricht von „flexibel abrufbaren Werkstätten“. Wenn die Produktion in einem anderen Land billiger ist, verlieren die Werkstätten ihre Aufträge. Viele Nähereien in Rumänien haben die Aufträge an Nähereien in Polen verloren.

Das Produktionssystem verläuft folgendermaßen:

- die zugeschnittene Ware wird nach Rumänien oder Polen exportiert,

- dort zusammengenäht und verpackt,

- und wieder nach Deutschland oder Italien reimportiert.

- Man spricht deshalb von einem „Lohnsystem“, weil die rumänischen Nähbetriebe nur ihre Arbeit beitragen.

Man fragt sich, ist dieses System denn eigentlich kostendeckend? Es ist es, wenn man sich die Zahlen, die von der Kampagne „Clean Clothes Campaign“ – abgekürzt CCC – herausgegeben werden, anschaut.

Preiszusammensetzung von Jeans aus Osteuropa:

- 50 % Handelsgewinn, Verwaltung u. andere Ausgaben, incl. 15 % MwSt

- 25 % Markenname, Verwaltung und Werbung

- 14 % Materialkosten, Gewinne und Löhne der Fabrik in Osteuropa, die Arbeiterinnen haben einen Anteil von 1 %

- 11 % Transport, Steuern Import

Wer sich näher über die Arbeit von CCC informieren will, kann dies auf der Internetseite http://www.saubere-kleidung.de tun. Dort kann man auch Bücher, Broschüren, Videos und Faltblätter bekommen. Die Telefonnummer ist: 0211/4301 317, Faxnummer 0211/4301 387. Sehr informativ ist auch die Homepage des europäischen Sekretariates der CCC in Amsterdam: http://www.cleanclothes.org

Das Europäische Haus „Hermannstadt“

Das Europäische Haus „Hermannstadt“ wurde im Mai 1996 auf Initiative hochgestellter Intellektueller – Mitglieder der Organisation – geschaffen. Dies ist eine non-profit- Organisation, politisch und religiös neutral, und für die Staatsbürger aller Länder gedacht. Es zielt auf die Schaffung eines Zentrums für Information, Ausbildung, Forschung und Dokumentation. Die Programme beschäftigen sich mit den europäischen Problemen im historischen, ökonomischen, juristischen, sozio-politischen, kulturellen und sprachlichen Kontext und nimmt die Gestalt von Treffen, Seminaren, Kolloquien, Vorlesungsreihen, Veröffentlichung von Texten und periodischen Bulletins an.

Das Casa Europei „Hermannstadt“ agiert unabhängig oder in Zusammenarbeit mit anderen Vereinigungen oder Institutionen in der öffentlichen oder privaten Sphäre in Sibiu oder außerhalb, deren Ziele ähnlich seinen eigenen sind. (...)

Die Mitglieder unserer Organisation nahmen an vielen von WORLD LEARNING organisierten Seminaren teil, aus dem von USAID (United States Agency of International Development) von Oktober 1995 bis Mai 1999 subventionierten Rahmenwerk „Demokratienetzwerkprogramm“ mit dem Hauptthema „Das Management von Nichtregierungsorganisationen“ teil.

REGIONALINITIATIVE "MENSCHEN AUS SIBIU FÜR FRIEDEN"

Die von den amerikanischen und rumänischen Moderatoren benutzten Methoden, die der detaillierten Analyse verschiedener Situationen, darunter Kampagnenarbeit und das Ausarbeiten eines tragfähigen Finanzkonzepts, repräsentierten wertvolle Erfahrungen für die Mitglieder unserer Organisation.

Die Regionalinitiative „Menschen aus Sibiu für Frieden“ wendet sich durch die von ihr entwickelten Aktivitäten an alle Personen, die daran interessiert sind, zur Förderung der Idee einer friedlichen Zusammenarbeit beizutragen, zum Verständnis zwischen den Nationen der Welt, zu Verteidigung und Respektierung der Menschenrechte, wie auch der Veränderung der Mentalitäten durch die Wendung von einer Kultur des Krieges zu einer Friedenskultur. Wir wünschen auch, die Optik der Produzenten der Fernsehprogramme zu verändern. Wir finden diese Vorstellung zweckdienlich angesichts dessen, dass die Nachrichten über Konflikte in der Welt einen Anteil von 80% ausmachen.

Die zu entwickelnden Programme / Projekte

Wir müssen die Tatsache unterstreichen, dass kein Programm oder Projekt von irgendeiner qualifizierten Institution finanziell unterstützt worden ist. Alle unsere Projekte sind durch die freiwilligen Beiträge der Mitglieder unserer Organisation sowohl durch Mitgliedsbeiträge als auch durch gelegentliche Spenden finanziert worden. Aufgrund der Naturen unserer Aktionen und Aktivitäten können wir keine Programme mit festgelegter Dauer akzeptieren. Wir entfalten in Korrespondenz mit den Notwendigkeiten der geographischen Region die folgenden Programme:

Das Programm bezüglich der totalen Eliminierung nuklearer Bewaffnung und der Ernennung von Sibiu und den umgebenden Gebieten zur Atomwaffenfreien Zone; Das Programm bezüglich der NICHTZUGEHÖRIGKEIT zu irgendeiner Struktur militärischer Art, und zuallererst der NATO, ohne eine vorhergehende Konsultation der rumänischen Menschen und ohne ein Referendum zu organisieren; Das Programm der Verteilung des Europäischen Passes gegen Rassismus; Das Programm der Erziehung für Frieden und Toleranz; Das Programm der lokalen Beiträge zu Rumäniens Integration in die zivilen Strukturen Europas; Das Programm der Ausbildung und Information der Jugend bezüglich der Möglichkeit, eine zivile Alternative zum obligatorischen Wehrdienst zu wählen.

Die Regionalinitiative „Menschen aus Sibiu für Frieden“ (Initiativa Zonal Geografica „Sibienii Pacifisti“) wurde im Dezember 1989 während der Tage der Rumänischen Revolution gegründet. Der Gründungszweck wurde bestimmt von speziellen Bedingungen unserer geographischen Region.

Den Angriff einiger Terroristen motivierend, eröffnete die Armee, zurückgezogen in den Militärkasernen oder den Einrichtungen der höheren Militärausbildung, das Feuer auf einige mutmaßliche „Ziele“, die in der unmittelbaren Nachbarschaft Zuflucht gesucht hatten. Dann wurden fast 100 Gebäude teilweise oder völlig zerstört, zivile Bürger getötet oder verletzt. Die vernünftige Schaffung einer Form des Protestes der Bürger gegen die Armeeübergriffe, ein organisiertes Gegengewicht der Position der Bürger wurde erwogen. Die offizielle Beurkundung wurde im Januar 1990 begonnen, zusammen mit der Veröffentlichung des mit „Postrevolutionismus“ betitelten Artikels in der lokalen Zeitung „Der Morgen“, welcher das Manifest unserer Organisation konstituiert.

Nach Erhalt der zustimmenden Mitteilung seitens des Justizministeriums, Nr. II/20525/1990, und der Nr. 913/1990 als juristische Person vom Gerichtshof Sibiu haben die 24 Gründungsmitglieder beschlossen dass strukturell nicht nur Bürger aus und um Sibiu als Vereinsmitglieder akzeptiert würden, sondern aus dem ganzen Land. Derzeit, 2002, beträgt die Zahl der eingetragenen Mitglieder 1.264, von denen 726 Beiträge zahlen. Unsere Hauptziele sind mit besonderer Betonung der spezifischen Probleme unseres geographischen Gebietes, Transsylvanien, des Zentrums von Rumänien, definiert.

In Übereinstimmung mit der Satzung kann die Organisation den Titel eines „Ehrenmitglieds“ an Persönlichkeiten oder Institutionen verleihen, die durch dem Frieden gewidmete sozio-humanitäre Aktivitäten, die Verteidigung der Menschenrechte, der Förderung von Zusammenarbeit und Verständnis zwischen Nationen und Menschen auffielen.

Die aktuelle Aktivität wird von drei voll bezahlten Personen in Vollzeit, zwei externen Mitarbeitern mit halber Arbeitszeit und vier bis fünf Freiwilligen in periodischer Anwesenheit anlässlich wichtigerer Aktivitäten getragen. Diese Gruppe ist de facto der Herausgeberkern des Periodikums „Mâine, Morgen, Holnap“ – morgen.

Als Friedensorganisation arbeiten wir für Frieden durch vier Programmthemen: Antimilitarismus, Antirassismus und Verteidigung der Menschenrechte, Erziehung für Frieden und Aufbau des Ansehens der Region Sibiu.

Erlebnisbericht zur Fahrt nach Rumänien Sylvester 2001/2002

Die Hinfahrt

Am Abend des 26. Dezember startet der Treck aus dem Herzen der Stadt Weimar. Über Passau, Wien, Budapest, Kecskemet geht es schließlich nach Ineu. Die Fahrt dauert 26 Stunden und wird durch anhaltendes schlechtes Wetter und längere Zollaufenthalte in die Länge gezogen.

Unser Renault Transporter hat eine Reisegeschwindigkeit von max. 120 km. Die hinteren beiden Rückbänke sind bis unters Dach (in dem Bus kann man stehen) mit bunten Päckchen jeglicher Größe vollgestopft, - es sind etwa 250 im Wert von 740 €. Erster Zollaufenthalt in Ungarn. Wir müssen eine Kaution von 300 € dafür zahlen, dass wir die Päckchen, obwohl ausdrücklich mit „humanitärer Hilfe“ gekennzeichnet (durch mindestens 5 Papiere, die teilweise von der Stadt Weimar beglaubigt sind), durchs Land fahren dürfen. Können wir am anderen Ende nachweisen, dass alles noch da ist, bekommen wir das Geld wieder.  

Ungarn zu durchqueren dauert etwa 8 Stunden, der Zustand der Straßen wird je weiter östlich wir kommen immer schlechter – der Winterdienst kommt nicht mehr hinterher. In einer Mühle stärken wir uns durch Palatschinken, sie schmecken sehr gut, die Karte ist deutsch, die Preise auch. Ich schäme mich, der Toilettenfrau nur Rest DM geben zu können. Sie macht mir klar, dass sie die erst umständlich umtauschen müsse. Ein Paar geborgte Forinten schaffen Abhilfe, die DM darf sie natürlich behalten. Ein verstecktes Lächeln blitzt auf.

An der Grenze warten wir etwa 40 min, bis jemand kommt, um unseren Bus zu inspizieren. Ein kleiner Blick, wir dürfen durch. Nur etwa 30 € bleiben  als „Bearbeitungsgebühr“ in Ungarn.

Rumänien beginnt mit der Grenze.

Seit etwa einem Jahr brauchen EU-Bürger keinen Passport mehr, der Ausweis reicht. Diese Grenzer scheinen das nicht zu wissen, wieder Warten. Auf dem Seitenstreifen stehen wir. Unverhofft klingelt das Handy, eine SMS trudelt ein. „Willkommen bei Connex Rumänien ‘bei Problemen aller Art‘ wenden Sie sich an die Nummer...“ Etwa zwei Minuten klingelt es wieder, das zweite rumänische Netz „Dialog“ meldet sich mit ähnlichem Text (alles in deutsch). Für mich prallen zwei Welten aufeinander!

Schließlich nähern sich zwei Grenzer mit ein paar Zettelchen in der Hand: Die Reisepässe! Ein abgerissener, dünner Block A6 Zettel als Träger eines roten Stempels, der meine Ausweisnummer und das Autokennzeichen umrahmt.

Die Einreise ist geschafft, nun noch der Zoll. In dem Häuschen tummeln sich 5 Leute, die ins Gespräch vertieft sind. Das Einreichen der Papiere bewirkt, das sich einer der Leute aus der Gruppe löst und in den Bus sehen will. Er vermißt die aufgelisteten 7 Fußbälle (die sind im bereits eingereisten Auto) wir erklären, natürlich, dass sie ganz unten liegen. Das stört niemanden, hier gibt es keine Zeit. Wir fangen an das Auto auszupacken, ein paar wackelige Wagen stehen mitten auf der Straße bereit. Etwa 10 min. packen wir aus. Die Zöllner sind ins Gespräch vertieft. Wir beschließen die Taktik zu ändern und den Zöllnern vor der Nase ein Päckchen aufzumachen. Es klappt, die Fußbälle sind vergessen und Medizin haben wir auch nicht. Wir dürfen durch.

Etwa  6 km nach der Grenze, die Polizei hält uns an. Wir hätten ein Stoppschild übersehen und die Führerscheine möchte man sehen. Unserer Fahrerin stellt entsetzt fest, dass sie diese vergessen hat. Mehr als gegen ihre Angst, hat sie gegen ihre Wut sich selber gegenüber zu kämpfen. Wir stehen auf dem Seitenstreifen und suchen das Auto nach dem Führerschein ab – etwa 30 min. Der Polizist hat Zeit, sein Kollege ist mit der Streife weggefahren, er muß jemandem den Weg zeigen. Es ist schweinekalt im Auto, inzwischen wieer dunkel; wir sind seit 24 Stunden unterwegs. Taktikänderung! Wir quatschen den Polizisten voll. Es fallen mal 50 € als Strafe. Doch mit einem Polizisten gibt es viele Themen zu besprechen, der neue Grenzübergang, die wunderschöne Schiller und Goethe Stadt Weimar, das Kinderheim und schließlich Weihnachten. Das Ganze artet in ein Weihnachtsständchen aus und fröhlich fährt der Polizist mit dem wiedergekommen Polizisten davon. Keine Rede von einer Strafe. Wir können es nicht fassen!   

Das Kinderheim

Der erste Anblick des Kinderheimes ist verschieden, im Dunkeln sieht das neue Heim VON AUSSEN gar nicht so schlecht aus. In drei Häusern gibt es 3 Sektoren, auf denen sich jeweils 9 Zimmer befinden, in denen die Kinder leben. Ein Zimmer ist etwa 15 2m groß, wobei davon etwa 3 2m für „sanitäre Anlagen“ abgezogen werden müssen. In einem solchen Zimmer leben mindestens 5 Kinder oder Jugendliche. Das Zimmer ist mit drei Doppelstockbetten, (derb, selbstgebaut), zwei Stahlspinten und einem alten Ausläufer „ausgestattet“. Alle Türen: Haustür, Spindtür Stahlschrank für den Fernseher sind mit Vorhängeschlössern gesichert. Eine „klassische“ Tür mit Schloß und Schlüssel habe ich nirgendwo gesehen. Die Türen schließen auch nicht, sie lehnen an.

Ein so beschriebener Sektor ist im „Gefängnisstil“ gebaut. Langer Flur, links und rechts gehen die Zimmer ab. Die jeweils ersten Zimmer sind für die Erzieher oder stellen den Gemeinschaftsraum dar.

Ansonsten gibt es auf dem Gelände noch eine Turnhalle, die Schule, ein Heizhaus (einmal pro Woche kommt hier das warme Wasser her, ich hatte nie welches), die „Kantine“(Essensraum, so charmant wie eine Sporthalle), ein großes Haus in dem die Ausbildung der jugendlichen Schulabgänger stattfindet und ein paar Gewächshäuser, sowie ein, total verfallenes Schloß, in dem früher mal das Heim war. Das alles quetscht sich auf etwa 2 ha Fläche. Zu dem Heim gehören noch 5 Außenwohngruppen, denen teilweise 16 Personen angehören. Hier werden dann auch die Abgänger aufgefangen, die keinen Job nach der Ausbildung bekommen haben (leider sehr viele). Jeder beschriebene Bereich wird von Tristesse  überzogen. Immer wieder bemerke ich, dass die Gestaltung daran schuld ist. Es scheint sich keiner Gedanken über das Wie zu machen. Die Funktionalität steht im Vordergrund. Von daher ist es nirgendwo schön; weder draußen noch drinne.   

Die Kinder und Jugendlichen

Das Heim ist Lebens - und Ausbildungsstätte von ca. 550 Kindern und Jugendlichen. Etwa 60 von ihnen sind Mädchen. Das Alter der Kinder liegt zwischen 6 und deutlich über 20 Jahren. Viele Kinder sind Waise oder haben keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern. Im Heim bekommen sie ein Bett, Unterricht (pauschal alle an der Hilfsschule), Essen, Kleidung und einen Aufpasser. Individuelle Fürsorge existiert hier nicht, höchstens nach

Vor-/Belieben. Die wenigsten Erzieher haben eine pädagogische Ausbildung, da es in Rumänien jedem Abiturienten möglich ist, als Erzieher zu arbeiten. Das Verhalten der Kinder und Jugendlichen ist sehr verschieden. Von den Kinder, die ich erlebt habe (es waren etwa 200), würde ich sagen, sind mehr als die Hälfte entweder geistig zurück geblieben, oder richtig geistig behindert. Der Jüngste (6)(der uns stolz vorgeführt wurde) äußert meiner Meinung nach erste Anzeichen, autistisch zu werden. Viele Kinder und auch Jugendliche sind sehr anhänglich, versuchen sich auf jede erdenkliche Weise Geltung zu verschaffen, vornehmlich durch „Posing“ zum Fotografieren. Einige sind sehr schüchtern oder haben ausgeprägte Macken. Auffallende Charakter, eher die Größeren, äußern sich vor allem durch Lautstärke, bewusstes Provozieren oder unangemessenes Fordern. Die meisten Kinder sind jedoch gutwillig und „hören“. Angesichts der großen Sprachbarriere ist es allerdings sehr schwer in irgendeiner Weise mit den Kindern umzugehen. Meist hilft da nur eine überdeutliche Artikulation der Sprache und Gesten. Man soll es nicht glauben, aber es ist erstaunlich, wie viel man versteht, verstanden wird, wenn man deutlich spricht und gestikuliert. Auf jeden Fall würden die Kinder nicht auf die Idee kommen jemanden einfach so zu beklauen, oder sonst wie zu schaden.

Einige wenige Jugendliche können richtig gut Englisch, so dass man sich wenigstens etwas unterhalten kann. Fragt man sie dann, wie sie das Englisch lernten (sie haben es nicht in der Schule), so sagen sie, dass sie es sich untereinander beigebracht haben.

So I should spend my hole respect to this youth!!

Äußerst zu respektieren ist auch die Haltung gegenüber der Zukunft. Hier überragt ein ungebrochener Wille, so viel wie möglich lernen zu wollen. Erste Priorität sind Deutsch und Englisch. Die Chancen wirklich gut zu werden sind jedoch äußerst gering, da, selbst wenn der Wille da ist, die Jugendlichen nicht gefördert werden können. Alle gehen, wie schon gesagt, pauschal auf die Hilfsschule. Laut der Jugendlichen im Heim kosten andere Schulen Geld, - das dass Heim nicht hat.

Unsere Hilfe

Ein Weihnachtsmann, jemand von uns, verteilt die Päckchen, aus mehreren Säcken, auf den verschiedenen Sektoren und den Außenwohngruppen. Dabei stellt er vorher Fragen wie: „wart ihr alle artig“ oder „kann ich ein Lied von euch hören“. Egal welches Alter, die Kinder und Jugendlichen sind begeistert, machen ohne zu zögern mit. Ist das Programm absolviert kommen die randvollen Säcke ins Spiel.  Interessant ist zu beobachten, nach welcher Priorität die Kinder die Päckchen „leeren“. Das Öffnen ist eine Fetzparty ohne Vergleich. Ein geöffnetes Päckchen wird systematisch nach wertvoll, nicht wertvoll durchsucht. Dieses Wertgefälle bewegte sich zwischen Ü-Eiern als das Wertvollste, alles was irgendwie technisch aussieht und die weichen Sachen, wie Socken oder Handschuhe als das was es nach unten zu packen gilt. Schulzeug wird zunächst nicht als solches erkannt. Erst nach schriftlichem Verdeutlichen ist den Kindern klar was das soll.

Irgendwie unbeschreiblich ist auch das Gefühle, das mal erlebt, wenn die oberste Grußkarte von Familie Meier „Wir wünschen Dir viel Spass beim Auspacken mit Deinen Freunden! Alles Gute! Deine Familie Meier“ ohne jegliche Beachtung im hohen Bogen durch das Zimmer fliegt. Wie soll man so was deuten? Mir tut das weh, - warum?     

Einige Kinder gehen ruhig in ihr Zimmer um das Päckchen langsam auszupacken, andere sind so fixiert, dass sie sich nicht von der Stelle bewegen.

Die Erzieher bekommen jeweils ein Päckchen Kaffee.

Die restlichen mitgebrachten Güter, ein Sack mit Spielzeugen, mindestens 7 kg Schokolade, Schulzeug, besagte Fußbälle, Duschbad und diverse Privatpakete warten noch auf eine gerechte Verteilung. Gerade an der offenen Schokolade hängt das Gewissen. Sollte ich es mir erlauben davon etwas zu nehmen? Ein Kind bekommt im Jahr vielleicht ein Handvoll. Die Hälfte davon liegt jeweils vor mir.  

Sylvester soll etwas besonderes werden. Wir proben mit den Jugendlichen „Frau Holle“, um dieses dann am 31. aufzuführen. Einen Tag vorher backen wir Plätzchen. Die Küche hat ihren Namen nicht verdient. Es ist alles so versifft, dass wir hoffen, die Hitze möge uns beistehen und die Gasflasche, die zum Glück für fast 10 kg Teig ausreicht. Beim Formen der Plätzchen erlebe ich immer wieder Überraschungen. Die Kinder können kreativ sein. Das hatte ich vorher noch nicht beobachtet. Und die Kinder haben Spass an der Sache, auch wenn es einige zu weit treiben.  

Am Sylvesterabend wird Frau Holle vor den Kleineren aufgeführt, es macht allen Spass. Ein kleiner Junge im Abseits wird von keinem Erzieher beachtet. Er sitz da, wie als ob er in die Ecke gestellt wurde um sich gefälligst zu schämen. Ich hole ihn mit zur Bühne, er freud sich. Nach Frau Holle gibt es Disko für die Kleinen. Fast exakte ATB, Sylver und Scooter Adaptionen, aber eben Rumänisch! Danach beschließe ich, im kleinen Kreis, privat mit ein paar Rumänen außerhalb des Heimes ins neue Jahr hineinzufeiern.

Rückfahrt

Ab dem 01.01.2002 dürfen Rumänen ohne Visa in die EU einreisen, wenn sie in bar beweisen können, dass sie pro EU-Tag mindestens 100 € umsetzten können. Nicht zu rechtfertigende Schweinerei, wie ich finde! Wir haben dem entsprechend schlimme Erwartungen für die Grenze. Im Auto nehmen wir einen Rumänen mit nach Deutschland, er wurde nach Weimar eingeladen. Kurz vor der Grenze besorgt er sich noch eine Auslandskrankenversicherung, die er in einem Bauernhäuschen neben der Straße kauft. An der Grenze muß er sich Sachen wie „Du begehst ja Landflucht, warum stehst Du nicht für Dein Vaterland ein?“ (etwas interpretierte Übersetzung) anhören. Die Ungarn lassen uns erstaunlich schnell passieren und die EU gibt sich mit den Pässen zufrieden, wir hatten Schlimmes wegen des Rumänen erwartet. In Österreich tauschen wir in einer Edelraststätte unsere DM in Euro. Am nächsten Morgen sind wir zuhause.

Jakob Held, Dortmund den 14.01.2002

Mehr Infos natürlich nach Anfrage an mich oder unter: www.junge-gemein.de

Copilul e.V. Hilfe für notleidende Kinder in Fagaras/Rumänien

Ahrensburger Redder 21, D-22926 Ahrensburg - im Juni 2002 -Spenderbrief Nr. 19

 „Erbitte Gottes Segen für Deine Arbeit, aber verlange nicht auch noch, dass er sie tut.“

Dieser Aphorismus des österreichischen Schriftstellers Karl Heinrich Waggerl beschreibt, wie ich finde, sehr gut die Situation in unserem Kinderhilfe-Verein:

Die Berichte der beiden Delegationen, die im April („Wolle-Projekt“) und Mai (Hilfsgüterfahrt zusammen mit der „Siebenbürgenhilfe Großhansdorf“) in Fagaras waren, haben wieder soviel Not gezeigt – aber auch so viele Möglichkeiten, Hilfe zu leisten ...!!

Aus dem Bericht der Reisegruppe „Wolle“ (hier geht es darum, im Spätsommer sechs MultiplikatorInnen die Technik des Wolle-Filzens so beizubringen, dass sie es danach an ihre Klientel weitergeben können): „... Viele Familien (aus dem Projekt ‚Pflegefamilien’) sind zusätzlich in Not geraten, da die Energiepreise drastisch gestiegen sind: Familie E., Sozialbericht vorhanden, Mutter mit 3 Kindern, ohne Einkommen, wohnen im Block, sollten ausziehen, da sie Gas, Wasser und Strom nicht bezahlen konnten; Mutter wollte Kinder ins Heim geben. Copilul hat Gasflasche und Kocher bezahlt. ... Schwester H.: mussten wegen Schulden aus der Wohnung ausziehen, wohnen jetzt bei der Tante, die ... eine sehr kleine Rente hat; kleine Schwester hat Hautkrankheit, Medikamente sehr teuer ... Familie M.: ... Sie haben mit dem Stadtgas Heizlampen betrieben; ... das Copilul-Geld wurde auch hier für die Gasrechnung verwendet. ... eine Zigeunerfam8ilie die im Chemiekombinat in einem verlassenen Gebäude einen ca. 10 qm großen Raum ohne Fenster und Türen für sich hergerichtet hat. Die Familie besteht aus 14 Personen (3 Erwachsene, 11 Kinder) und lebt dort unter unbeschreiblich ärmlichen, unhygienischen Verhältnissen. ... Copilul lässt 100 Euro bei Pfarrer Klein, die er nach eigenem Gutdünken in Form von Geld, Lebensmitteln oder Kleidung in den nächsten 4 Monaten an diese Familie geben kann, quasi als neue Pflegefamilie. ...“

Im Bericht der Mai-Reisegruppe heißt es über ein Kinderheim in Rupea, etwa eine Autostunde von Fagaras entfernt: „Den Heimkindern geht es ... besser als vielen Kindern in deren Familien. Während wir das Haus besichtigten, bekamen wir selbst einen Eindruck: Ein Kind aus dem Dorf war über die Mauer geklettert und wühlte in der Mülltonne des Waisenhauses, um etwas zu finden, das es zu Hause abliefern konnte ... Den Kindern der armen Familien gilt Hellwigs (des Heimleiters) Sorge: Er möchte ihren Familien mindestens ein Brot am Tag (kostet 35 Cent) garantieren und braucht dafür Sponsoren.“

Und vom Bürgermeister von Victoria, einer anderen Kleinstadt etwas weiter entfernt von Fagaras, lesen wir: „Den Kindern (des Waisenhauses) geht es (mittlerweile) gut ... – viel besser als vielen Kindern, die in ihren Familien leben. Die Armut dieser Familien lässt ihn nicht schlafen. Er hat aus seinem mageren Sozialetat einen Mittagstisch für 170 (!) Kinder organisiert; kostet pro Kind/Essen 45.000 Lei (1,50 €). Er hat auch schon Einzelspenden bekommen, jedoch keine regelmäßige Zuwendung. Im August wird sein Etat erschöpft sein und er weiß noch nicht, wie er dieses Projekt weiter finanzieren soll. Ein hochwertiges Essen, das nicht zu teuer ist, soll es sein – darauf legt er großen Wert. Wir sind beeindruckt von diesem Mann. Er sorgt dafür, dass die Hilfe wirklich bei den Kindern ankommt. ...“

Außer den beiden Nahrungshilfe-Ersuchen von Victoria und Rupea hat die Reisegruppe noch 5 weitere Bitten um finanzielle Unterstützung mitgebracht:

- Schulspeisung täglich für mittellose Kinder in Sercaia

- Täglich 1 Brot für 93 Familien ohne Einkommen mit 3 u. mehr Kindern in Fagaras

- Pflegegeld für einen vagabundierenden Jungen in Felmern

- Kauf einer Einzimmerwohnung für eine Pflegefamilie in Not

- Deutschkurs für rum. Pflegehelferinnen im Waisenhaus „Canaan“/Sercaia

Jede einzelne dieser Bitten um Hilfe ist berechtigt und müsste eigentlich erfüllt werden ... aber dafür wären Finanzmittel ihn Höhe von etwa 120.000 € nötig – und das übersteigt unsere Möglichkeiten bei weitem. Wir haben feste finanzielle Zusagen für unsere mittel- und langfristigen Projekte (die Dystrophie im Kinderkrankenhaus, das Pflegefamilienprojekt, die kommunale Sozialarbeit), daneben so förderwürdige und ‚hilfsbedürftige’ Einrichtungen wie die Sonderschule im Chemiekombinat und die Jugendbegegnungsstätte in Seligstadt. So bleibt nur ein geringer Teil unseres jährlichen Spendenaufkommens für „Extra“-Projekte verfügbar. Aber: Wir können vielleicht noch einige zusätzliche Spender rekrutieren!!

Wir haben beschlossen, ein weiteres Projekt – wahrscheinlich zusammen mit „agape e.V.“ in Lockhausen und mit der Diakonie in Fagaras anzupacken:

Schulspeisung für arme Kinder in Sercaia:

In der Elementarschule des Dorfes Sercaia nahe bei Fagaras gibt es bereits eine kleine Schulmahlzeit für Kinder, deren Eltern dafür bezahlen können. Wir wollen, das auch die anderen, die armen Kinder, in den Genuss einer solchen Mahlzeit kommen. Darunter sind Kinder, die oft tagelang keine einzige Mahlzeit bekommen haben – wir haben davon nicht nur gehört, sondern so etwas selbst erlebt! Für diese tägliche Vesper wollen wir die Bezahlung übernehmen, die Bäckerei der Diakonie kann das Brot liefern ... nun müssen wir nur noch genügend Menschen finden, die uns ihr Geld dafür anvertrauen. Ab dem nächsten Wochenende (Stadtfest in Ahrensburg!!) verkaufen wir Brotmarken à 40 Cent bzw. Brotkarten im 10er-Block zu 4 € mit der Aufschrift „Brot für Fagaras“ – wir sind optimistisch und hoffen, dass genügend Menschen hier etwas abgeben für jene Kinder dort in Rumänien. Unser Optimismus ist nicht völlig unbegründet, erfahren wir doch immer wieder erstaunliche Beispiele menschlicher Hilfsbereitschaft: so z.B. die 10.000-Mark-Spende der Firma André Tonn GmbH/Ahrensburg oder die Übernahme einer Patenschaft durch Betreute und Betreuer der sozialtherapeutischen Wohn- und Arbeitsgemeinschaft „Auf’m Hof“ in Belm/Osnabrück.

Der eingangs zitierte Gedanke findet auch im „24-Stunden-Buch“ der Anonymen Alkoholiker seinen Ausdruck: „Verfalle nicht in den Fehler, ‚Herr, Herr’ zu rufen, ohne die Dinge zu tun, die getan werden müssen.“ In diesem Sinne: Lasst uns die Dinge tun, die getan werden müssen – und Seinen Segen dazu erbitten!

Ihr und Euer Achim Keßler-Binder

Spendenkonto: Sparkasse Stormarn, BLZ 230 516 10, Kto.-Nr. 900 33 293; e-mail: info@copilul.de; Info: www.copilul.de

Eine Chance für Waisen im „Land der verlorenen Kinder“

Instrumente gesucht! Vom 18. bis 27. April 2003 wird eine Gemeinschaft hannöverscher Bläserinnen und Bläser nach Rumänien, genauer nach Siebenbürgen reisen, und zwar in eine Region, in der nur noch wenige Deutsche, aber viele Ungarn, Szekler und Roma leben. Musik von Posaunenchören kennt man dort überhaupt nicht. Man kennt Blaskapellen. Sie spielen zu Festen auf, manchmal dürfen sie auch vor einem Gottesdienst draußen spielen. Die Bläsergruppe wird erstmalig in den großen ehemals deutschen Städten in die Kirche hinein dürfen, um zu Ostern Gottesdienste in Schäßburg und Hermannstadt zu blasen, oder um Kirchenkonzerte in Medias, Kronstadt oder Szeklerkreuz zu geben. Eines der größten europäischen Waisenhäuser löst sich inzwischen in „Familienhäuser“ auf. In diesen Häusern werden wir leben. Und jeden Vormittag übt jeder von uns mit den Kindern das chorische Blasen und wir hoffen, auch für jedes Kind, das Interesse hat, ein Instrument zurücklassen (Altinstrumente gesucht!) zu können. Diese Kinder haben Liebe und Zuwendung, weil sie aus dem Heim ins Familienhaus gekommen sind. Aber sie hätten auch so gerne Anregungen, um was auch immer zu lernen, sich zu entfalten, aufeinander zu achten und miteinander etwas zu tun. Warum nicht Blasen? Die Erzieher sagen: alles, was geschieht, ist besser, als wenn nichts geschieht. Es handelt sich also um ein sozialtherapeutisches Projekt mit den Mitteln, die uns Bläsern gegeben sind. Ein Erzieher dort hat Pädagogik und Trompete studiert. Er ist ein ungarischer reformierter Christ. Seine Qualifikation entspricht genau der unserer „Landesposaunenwarte“ – nur, dass man es dort nicht kennt, in Gruppen von „Laien“ zu musizieren. Er wird eingesetzt, zunächst 6 Jahre lang diese Kinder zu unterrichten (und gleichzeitig eines der Familienhäuser mit zu führen) und den ersten balkanischen Posaunenchor ins Leben zu rufen, und damit vielleicht eine ungeahnte Entwicklung zu fördern. Ungeahnt für alle Beteiligten. In ihren weiteren Entwicklungsmöglichkeiten werden die Kinder von Hannover aus gefördert (Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen)

Träger des Projektes: Posaunenwerk der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers (besonders die Konferenz der Landesposaunenwarte), Rumänien-Arbeitsgruppe Hemmingen, Dekade zur Überwindung von Gewalt im Amt für Gemeindedienst. Angefragt: Aktion „Hilfe für den Osten“. Gegenstand des Projektes: Konzertreise nach Siebenbürgen, aus der eine Bläserausbildung für eine große Zahl von Kindern (Sozialwaisen) erwachsen wird. Für ein Land im Osten etwas Unvorstellbares. Für die Kinder eine Chance, sich zu entfalten. Kosten des Projektes: 37.000 €, auf 6 Jahre gerechnet. (Aus DOV-Mitteln wurden bereits 7.500 € bewilligt; eine weitere vierstellige Summe ist durch Spenden aufgebracht. Natürlich würden wir uns sehr über weitere finanzielle Hilfen freuen. Noch mehr aber suchen wir nach Instrumenten, die Sie dem Projekt zur Verfügung stellen könnten. Wir nehmen sie auch dann gerne, wenn begrenzte Reparaturen erforderlich sind.

Literatur zum Hintergrund des Projektes:

Wolfgang Gerts, Unsere kleine Rumänenbande – Kinder a u s  dem Heim! ISBN 3-934117-00-7 –bei der Red. Rumänienrundbrief erhältlich

Weitere Informationen geben: Wolfgang Gerts und Michael Junker in unserem Posaunenwerk. Auch Einzelspenden sind mehr als willkommen! E-Mail: m.gerts@t-online.de   michaeljunker@gmx.de ; Telefon: 0511/1241-460 (Posaunenwerk);   05085/981633 (Gerts)  0491/99239220 (Junker); Spendenkonto: AfG Hannover Posaunenwerk, Ev. Kreditgenossensch. EG Hannover; BLZ 25060701, Kto.: 6955; Stichwort: “Projekt Rumänien”: 6213.14.1910

Knappe Projektbeschreibung:

1. Projekt des Posaunenwerkes

Vom 18. bis 27.4. möchte eine Gruppe, bestehend aus zwei Landesposaunenwarten, Landesobmann und erfahrenen Bläsern nach Siebenbürgen fahren, Einerseits soll der Kontakt zu den traditionellen großen Gemeinden der Ev.-luth. Kirche Augsburgischen Bekenntnisses hergestellt werden, es soll über Ostern in Gottesdiensten geblasen und darüber hinaus einige Bläserkonzerte veranstaltet werden, andererseits soll ein sozialpädagogisch orientiertes Projekt eingeleitet werden, das über mindestens 6 Jahre ehemaligen Heimkindern durch Instrumentalunterricht helfen soll, sich zu entfalten und zu entwickeln, gleichzeitig eigene Möglichkeiten in einer Bläsergruppe gemeinsam zu gestalten. Dieses Projekt wird in einem besonderen Blatt näher beschrieben. Es sei erwähnt, das zwar „Blasmusik“ auch in kirchennaher Gestalt auch den ungarisch reformierten und unierten Gemeinden bekannt ist, aber die Gestalt der Musik und des Auftretens von Posaunenchören, die z.B. auch Gottesdienste bereichern, völlig unbekannt und für die Menschen dort unvorstellbar sind.

Da die Kinder der Waisenhäuser, die mittlerweile durch die Arbeit der RAGH in familiäre Situationen gefunden haben, bereits wesentlich in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt, leiblich und seelisch geschädigt wurden, betrachten wir dieses Projekt als einen Beitrag zur Überwindung „struktureller Gewalt“.

2. Die „Ostkirchenarbeit“

als Fachgebiet im AfG unserer Landeskirche veranstaltet jährlich eine „Rumänien-Konsultation“. Hier finden sich Gruppen in unserer Landeskirche zusammen, die sich miteinander austauschen. In der Regel wird auch ein Vertreter des Kirchlichen Lebens der Kirche eingeladen. Mein Auftrag liegt darin, einmal einen eher zwar kirchlichen, aber auch gesellschaftspolitisch kritischen Vertreter der Kirchengemeinschaft einzuladen. Gedacht wurde an einen Mitarbeiter der „Hermannstädter Zeitung“.

3. Der Verein „Ein Haus für morgen“ (RAGH)

leistet ebenfalls einen sehr wertvollen Beitrag zur Überwindung struktureller Gewalt. Das einstmals drittgrößte Waisenhaus Europas steht vor seiner Einstellung, weil viele der Kinder in Familien oder in familiengleiche Wohnsituationen (Familienhäuser) einen Platz finden, wo sie Liebe, Zuwendung und Entfaltungsmöglichkeiten erfahren. Dieses Beispiel wurde in ganz Rumänien aufgenommen, wird mittlerweile durch den Europäischen Rat mit erheblichen Mitteln gefördert und bedeutet eine wesentliche Alternative zur zerstörenden Existenz „abgegebener“ Kinder im Waisenhaus. Die RAGH setzt ihre Arbeit sowohl in praktischer Kleinarbeit als auch in sozialpolitischer Hinsicht fort. Diese Entfaltung zur Entwicklung einer menschlichen Jugendhilfe bedeutet eine wesentliche Voraussetzung für eine Annäherung Rumäniens an Europa. Die kleine praktische Wirkung von bald fünf Familienhäusern unserer Gruppe mit ihren konkreten Kindern und die politische Auswirkung des Tuns der Gruppe, die von Anfang an versuchte, auch andere von diesem Modell zu überzeugen, sind kaum in einem Atemzug zu beschreiben. Die Gruppe von mir als Teil der Gemeindearbeit gegründet und ist nach meinem Weggang aus Hemmingen ein Verein, der von einem fünfköpfigen Vorstand geführt wird, in dem besonders der Arzt Johannes Leonhardt hervortritt.

4. Holzwerkstatt

Es gibt auch unsere Verantwortung für Jugendliche, die das Waisenhaus verlassen. Eine von uns seit Anfang geförderte Einrichtung ist eine Werkstatt für Holzspielzeug, in der sowohl Jugendliche und junge Erwachsene aus der Stadt wie aus dem Heim eine Existenzmöglichkeit finden. Die Werkstatt beschäftigt derzeit 31 Mitarbeiter. Der Kirchturm-Verlag Martina Gerts e.K. vertreibt Holzkreuze in vielen Gemeinden unserer Landeskirche. Dieser Einsatz bedeutet etwa 10-20 % der Einnahmen der Werkstatt, die gegenwärtig nach Möglichkeiten sucht, die Arbeitsmöglichkeiten mit einem neuen Gebäude zu verbessern. Überschüsse der Einnahmen gehen an den Förderverein „Lasst die Kirche im Dorf“ in Ehlershausen.

5. Socken aus Viscri (Weltgebetstags-Projekt)

Ein Projekt, in dem durch Eigenarbeit (Herstellung von Wollsocken) ca. 130 Frauen – und damit Familien – eines ehemaligen sächsischen Dorfes namens Viscri (Deutschweißkirch) sich etwa die Hälfte eines durchschnittlichen Monatsgehaltes dazu verdienen können. Das Weltgebetstagskomitee hat die Erstellung einer Spinnerei zum Projekt ernannt. Gegenwärtig werden monatlich ca. 1000 Paar Socken hergestellt, was zur Entwicklung eigener Entfaltungsmöglichkeiten von Menschen, die sonst unter der Armutsgrenze leben würden, wesentlich beiträgt.

6. Persönliches Engagement

Vier meiner Kinder stammen aus Rumänien, und es ist absolut notwendig, dass sie zur Entfaltung ihrer Identität den Kontakt zu ihrer Herkunft nicht verlieren. Dies ist der persönliche Anteil dieses und jedes anderen Besuches. Ich versuche, dem zu entsprechen, indem ich zwar um Genehmigung von „Dienstreisen“ für die Fortführung all der genannten Tätigkeiten bitte, aber die Kosten der Reisen größtenteils selbst trage. Die Vernetzung von Dienst, Familie und persönlichem Engagement erscheint mir als unauflösbar.

Das "Brukenthal-Park-Projekt" zu Freck / Avrig

Quelle: www.muenster.org/romania

In Avrig/Freck am Fuße der Südkarpaten nahe Sibiu/Hermannstadt, befindet sich die barocke Parkanlage Samuel Brukenthals (1721-1803) mit Schloss, Orangerie, Garten- und Grünflächen sowie Sumpf (16 ha). Die gemeinnützige Brukenthal-Stiftung in Hermannstadt, seit 1924 unter Vorsitz des jeweiligen Stadtpfarrers (z.Z. Pfr. Dörr) erhielt 1999 die Parkanlage aus staatlicher Hand zurück. Im Schloss befinden sich ein staatliches Sanatorium und Arztpraxen. Für den ungenutzten Teil sucht die Stiftung zeitgemäße Nutzungskonzepte im Sinne Brukenthals, der unter Maria Theresia als Gubernator nicht nur das Steuersystem reformierte, sondern auch Probleme in der Landwirtschaft und im Sozialsystem mit Innovationen löste.

Große Probleme im Land sind, dass nach der Reprivatisierung der Landwirtschaft (LW) sehr viele Flächen brach liegen. Heute gehört das Land ehemaligen, meist arbeitslosen Industriearbeitern, welchen aber das LW-Wissen fehlt, wodurch sich aus der LW kein Einkommen ergibt und die Verarmung fortschreitet. Als weiteres Problem ist die übliche, oberflächennahe Trinkwasserentnahme durch fehlende Kläranlagen bedroht, was die Lebensgrundlage der Menschen zusätzlich verschlechtert.

In enger Zusammenarbeit mit der Brukenthal-Stiftung, deren Partnerverein Initiative Rumänien e.V. Dresden und mit zwei jungen Freiwilligen (Diplomingenieurin/Diplomand für Ökol. Landwirtschaft), die das gesamte Projekt in der Anfangsphase begleiten sollen, entstand nach ausführlicher Problemanalyse folgendes Konzept.

In der Orangerie besteht Wohnraum für die Freiwilligen. Weiterhin soll in der Orangerie eine Bäckerei als finanzielles Standbein für das Projekt eingerichtet werden, welche die bestehende Marktlücke ,Schwarzbrot' abdeckt, sowie später eine Käserei für eventuellen Exportbiomozarella. Die Grünflächen und vorhandene Stallungen sollen wirtschaftlich durch die Büffel- und Schafhaltung genutzt (Käse, Fleisch) werden. Die Reststrukturen der Gärtnerei sollen zur Jungpflanzenanzucht von Gemüse wieder in Betrieb genommen und ausgebaut werden. Das Gemüse soll im Straßenkinderprojekt zu Hermannstadt und im Sanatorium Verwendung finden. Die vorhandenen Obstbestände sollen genutzt und mit der Zeit durch einen Sortengarten, Baumschule und Imkerei erweitert werden. Der durch Hausabwässer entstandene Sumpf soll zur Pflanzenkläranlage umgebaut werden und kann für einen zukunftsweisenden Abwasserumgang werben und Verantwortungsbewusstsein wecken. Mit Pflanzenkläranlagen ist es möglich, mit einfachen Mitteln die Lebensqualität im Bereich Trinkwasser zu sichern. Mit den neusten Erkenntnissen des Ökologischen Landbaus und in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel sollen auf zugepachteten Ackerflächen  bodenschonende, ertragssichernde Anbausysteme standortangepasst entwickelt werden, die zukunftsweisend für einen nachhaltigen Landbau sind.

Die vielseitigen Landwirtschaftsbereiche für ertragssichernden, umweltschonenden Pflanzenbau, kostensenkender artgerechter Tierhaltung, sowie einer direkt angeschlossenen Weiterveredelung der Produkte sind die beste Voraussetzung, um eine pädagogisch /didaktisch erfolgreiche Schulung für Landwirte und Umweltbildung für jedermann in Theorie und Praxis durchzuführen. Das breite Spektrum an Arbeitsbereichen schafft zum anderen die Möglichkeit, aus dem Projekt finanzierte, individuelle Arbeitsplätze und Beschäftigung für die in Hermannstadt bestehenden Arbeitslosen- und Straßenkinderprojekte bereitzustellen. Die im Sommer von der Brukenthal-Stiftung durchgeführten internationalen und interethnischen Jugendworkcamps sollen ausgebaut werden. Durch die auf Marktlücken orientierten Wirtschaftsbereiche und eine zur Selbständigkeit anregende Mitarbeiterführung soll das Projekt von externer Unterstützung unabhängig werden.

Zielsetzung und Zielgruppe des Projekts

Das Hauptziel des Frecker-Park-Projektes ist es, für die genannten Probleme Lösungsansätze zu bieten. Da diese Probleme großteils aus Unwissenheit resultieren, sind sie nur durch gezielte Aufklärung lösbar. Dazu soll das Frecker-Park-Projekt mit einem Bildungszentrum beitragen. Bildungsseminare werden in Rumänien vereinzelt angeboten. Meist ist es aber nicht machbar, die Lehrinhalte auch praktisch zu demonstrieren. Ohne dieses ist es unmöglich, Wissen überzeugend zu verbreiten.

Die Vorrausetzungen für eine gezielte Bildungsarbeit im Frecker-Park-Projekt sind deshalb, vielfältige beispielgebende Wirtschaftbereiche zu etablieren. So soll mit dem Angebot von Schwarzbrot das Bewusstsein in Richtung gesunde Ernährung gelenkt werden. Zusammen mit der Käserei soll die Bäckerei durch die Weiterveredelung neue Wirtschaftswege aufzeigen. Die Büffel- und Schafhaltung hat zum Ziel, ein Allround-Gesundheitsmanagement in Zusammenhang mit artgerechter Tierhaltung zu demonstrieren. Mit der Gärtnerei soll deutlich werden, dass es in Intensivkulturen möglich ist, grundwasserschonend und ertragssichernd zu wirtschaften. Aus dem Bereich des Obstbaus soll resultieren, dass durch standortangepasste Sortenwahl und Sortenkunde einheimisches, vitaminreiches Obst das Jahr über bezahlbar auf den Markt lieferbar ist. Die Pflanzenkläranlage hat zum Ziel, für Ressourcenschutz durch verantwortungsvollen Umgang mit den Abwässern zu werben. Aus dem Bereich des Ackerbaus sollen Anbausysteme hervorgehen, die auf den Erkenntnissen des Ökologischen Landbaus in Deutschland beruhen, aber dem Standort Rumänien angepasst werden und somit den einheimischen Bauern in Rumänien hilfreich sind. Bei den beschriebenen Wirtschaftbereichen besteht der Anspruch, sie am Markt zu orientieren, damit eine schnelle wirtschaftliche Selbständigkeit erreicht wird und aus dem Projekt bezahlte Arbeitsplätze entstehen. In diese Arbeitsplätze sollen Arbeitslose vor Ort, mit dem Ziel der eigenverantwortlichen Ausführung eingelernt werden und die kontinuierliche Weiterführung der Bereiche übernehmen. Hierzu bestehen auch Beziehungen zum Arbeitslosenprojekt in Hermannstadt. Die Menschen sollen wieder die Erfahrung machen, dass sie in der Lage sind aktiv an der Gestaltung ihrer Situation mitzuwirken. Die Freiwilligen können sich so auf die Etablierung neuer Bereiche konzentrieren.

An die Aufbauarbeiten anschließenden sollen mit Gastdozenten fruchtbringende Seminare für Privatpersonen, Landwirte, einkommenslosen Landbesitzern bis hin zu kommunalen Abwasserverantwortlichen u.a. durchgeführt werden. Die Teilnehmer wirken ihrerseits als Multiplikatoren, wodurch sich der Zielpersonenkreis zusätzlich erweitert.

Die Integration der im Hermannstädter Kinderschlupf aufgefangenen Straßenkinder in das Frecker-Park-Projekt hat das Ziel, dass die Kinder die Schönheit der Parkanlage genießen, Spaß an kleinen Arbeiten haben, somit spüren, dass sie gebraucht werden und in einem neuen Umweltbewusstsein aufwachsen. Die von der Brukenthal-Stiftung geleiteten Sommercamps sind darauf ausgerichtet, dass sich Jugendliche verschiedener Kulturkreise in Arbeit, Spiel und Freizeit näher kennen und besser verstehen lernen.

Durch Bildung sollen die Menschen wiedererlernen, wie es sich lohnt die fruchtbaren Äcker zu bewirtschaften und dass ihre Arbeit ein Einkommen erbringt und neue Perspektive soll aufgezeigt werden, so dass aus den dargelegten Frecker-Park-Projekt ein Stück Hoffnung für Osteuropa wächst.

Weitere Informationen zu diesem Projekt erhalten sie von Susanne und MartinKlemm (klemm@logon.ro).

Erster Bericht von Susanne und Martin aus Avrig/Freck

Die Vorgeschichte: Nach dem Studium für Ökologische Landwirtschaft an der Universität Kassel/Standort Witzenhausen beschlossen wir, Martin und Susanne Klemm, in Rumänien tätig werden zu wollen. Meine Großmutter stammt aus Hermannstadt in Siebenbürgen und auf sieben Rumänienreisen habe ich Land und Sprache Stück für Stück kennen gelernt. In Rumänien ist gerade im Bereich Landwirtschaft sehr viel zu tun. Die ehemaligen, nun oft arbeitslosen Industriearbeiter haben nach der Revolution 1989 nun ihr Land zurückerhalten, jedoch sind große Teile landwirtschaftlichen Wissens im Kommunismus verloren gegangen, so dass sich aus der Bewirtschaftung der Felder kein bzw. ein geringer Gewinn ergibt. Oft heißt es, nicht einmal das, was ich für Traktor beim Pflügen, Säen und Dreschen bezahle, verdiene ich am geernteten Korn. Große Teile des Ackerlandes liegen brach. In Zusammenarbeit mit der Initiative Rumänien e.V. Dresden und dem Partner in Siebenbürgen, nämlich Stadtpfarrer von Hermannstadt und Vorsitzender der Brukenthalstiftung Kilian Dörr ist ein Projekt ins Leben gerufen worden, um im Bereich landwirtschafter Bildungsarbeit tätig zu werden. Es entsteht ein Zentrum für Ökologie und Landbau, wo Seminare zu landwirtschaftlichen Themen abgehalten werden, deren Inhalte anhand von Theorie und praktischer Anschauung vermittelt werden sollen. Aus diesem Grund wollen wir einen, den rumänischen Verhältnissen entsprechenden Lehrbetrieb aufbauen, anhand dessen Winterschulungen für Landwirte durchgeführt werden. Für die Bauern ist der Winter die Jahreszeit, wo Zeit für solche Dinge ist. In Freck/Avrig nahe Hermannstadt/Sibiu befindet sich ein 16 ha großer Barockpark, welcher der Brukenthal-Stiftung (Vorsitz Kilian Dörr) 1999 zurückgegeben wurde. Die Planung dieses Projektes begann Mitte März 2002.

Die ersten Schritte in Stichworten: Zuerst haben wir ausgearbeitet, was genau wir vorhaben, um danach bei Stiftungen, Förderprogrammen und sonstigen Finanzquellen anzuklopfen. Wir bekamen großzügige Unterstützung von einer Gemeinde in Lennep, die Stadtpfarrer Kilian Dörr bereits gut kennen, von der Robert-Bosch-Stiftung sowie von Spendern der Initiative Rumänien e.V. Dadurch war es möglich, sich nun um die Anschaffung der benötigten Gerätschaften samt dazugehörigen Zollpapieren, einen LKW sowie um unsere versicherungstechnische Absicherung zu kümmern. Über Pfarrer und Freunde konnten im Stadtrodaer Raum (nahe Hermsdorfer Kreuz) 70 Plakate aufgehängt werden, auf denen nach Landmaschinen für tierische Anspannung gesucht wurde. Dies war Mitte Juli 2002. Aus dem Stadtrodaer Umkreis, Witzenhausen und sogar Cuxhaven bekamen wir geschenkt oder günstig fünfzehn, gut erhaltene, funktionierende Landmaschinen zusammen, sowie eine Teigknetmaschine und einen Holzbackofen für 60 kg Brot. Viele haben uns geholfen, z.B. ein Spediteur, der als Pferdenarr unsere Landmaschinen bei nicht voll beladenen Touren für ein Fahrer-Trinkgeld mitnahm. Gehortet wurde alles bei Martins Eltern in Quirla nahe dem Hermsdorfer Kreuz, einem "strategisch günstigen Fleck". Die Zollgeschichte zog sich nun eine Weile hin. Am 24.August stand im Kalender ABFAHRT! Den Transport übernahm eine Spedition, die Leerfahrten nach Rumänien koordiniert. Aber am festgesetzten Tag waren alle Helfer da, nur der LKW kam nicht. Dafür kam er dann zwei Tage später (Montag) völlig unverhofft, als keine Helfer mehr da waren. Es ging trotzdem alles gut, am Abend passierte unser TIR den dt. Zoll Jena und der Transport war aus unser Hand. Wir selbst fuhren am nächsten Tag mit einem Kommilitonen und seinem PKW dem TIR voraus, um in Freck die Lage zu erkunden und das Abladen vorzubereiten. Der rum. Zoll sah sich ca. 2 min die rostig erscheinenden Landmaschinen und die robuste Teigknetmaschine und entließ uns nach Freck zum Abladen. Auch hier warteten viele helfende Hände und ein Gabelstapler. Am Abend 22 Uhr war alles in der Garage verstaut und wir machten am nächsten Tag frei.

In Freck: Nun ging es erstmal dran sich einzurichten. Dabei fiel auf, dass das Licht dunkel wurde, sobald man den Wasserkocher angeschaltete und die Sicherungskästen in gefährlichen Zustand waren. Ebenso waren die Wasserleitungen sehr marode und an ein Winterfestmachen der Orangerie war nicht zu denken. Es mussten Holzöfen eingebaut (Heizen, Kochen), sowie Möbel beschafft werden. Die Anwesenheit von Arbeitern verschiedener Handwerke hielt uns ca. 4 Wochen in Bewegung. Da Handwerker hier erstens besonders wichtige Werkzeug zu vergessen pflegen, und sich auf des Hausherrn Werkstatt verlassen, und zweitens es nach langen Besprechungen trotzdem so machen, wie es sich ergibt (mit Ausnahmen), empfahl es sich, immer in Nähe zu bleiben und die eigenen Aufgaben nach Abrücken der Handwerker zu erledigen. Da wir Respekt vor dem Winter haben, denn "In Freck erfrieren die Hunde" so dass Sprichwort, begannen wir als nächstes, eine große, abgestorbene Birke zu fällen und auf Meter zu sägen. Jetzt heizt sie uns wunderbar die Stube. Auch weitere Bäume, die in den letzten 10 Jahren wild auf dem zukünftigen Gartenland gewachsen waren, fällten wir und nun trocknen sie auf dem Dachboden dem Kachelofen entgegen. Durch den Park fließen 4 Bäche. Einer davon grenzt an das Gartenland und war versumpft und aufsedimentiert. Also haben wir ihm mit Hilfe der Kirchgemeinde Hermannstadt und Freunden sein altes Bett zurückgegeben. Dies war eine recht anstrengende Aufgabe aber seit dem 20.10. ist es fertig. In einer nächtlichen Aktion haben wir Suru, den Schimmel des Sanatoriums dem Schlachter vor der Nase weggekauft und päppeln in nun auf. Er hat unser ganzes Holz zum Dachboden gezogen, ist sehr vernünftig, aber nicht mehr der Jüngste und auf einem Auge blind UND er war ungeheuer abgeklappert. Aber er macht sich. Neben Kontakten zum Viehhändler bemühen wir uns, Kontakt zu knüpfen, z.B. zu Bauern im Dorf, Landwirtschaftlichen Organisationen in Rumänien usw.

Wie ´geht's weiter: Im Herbst und Winter werden wir die Ställe für Büffel und Pferd herrichteten, die Anbauplanung machen und Saatgut besorgen. Weiterhin soll die Bäckerei (Schwarzbrot) in Betrieb kommen. Wir hoffen zu Weihnachten, Plätzchen für die Kinder der Hermannstädter Gemeinde backen zu können. Aber das ist noch ein gewundener Weg über Architektin, Bauabteilung, und Denkmalpflegeamt uä.. Im Frühjahr wollen wir 2 Büffelkühe mit Kalb, sowie einen jungen Büffelstier für die Feldarbeit und zum Melken kaufen. Danach kann es richtig losgehen mit der Bewirtschaftung des Ackerlandes. Schritt für Schritt können wir uns dann um Referenten und wichtige Themen kümmern für den Winter 2003.

Weitere Informationen zu diesem Projekt erhalten sie von Susanne und Martin Klemm (klemm@logon.ro) Letzte Änderung dieser Seite am 20.11.2002

Rumänien – Ökologie aus dem Blickwinkel der Mütterchen?

von Stephan Drube, veröffentlicht in „Ökozid-Journal“ 2001. Der Autor erhielt die meisten Informationen durch die Zeitung „Romania Libera“ bzw. durch das Leben auf dem Land.

Stephan Drube ist seit über 20 Jahren intimer Rumänienkenner. Er hat mehrere Dokumentationen insbesondere über das Leben der Bauern und über sozioökonomische Probleme erstellt; darunter auch die Ausstellung „STRAINUL APROPIAT“ (Nahe Freunde), die in mehreren rumänischen Städten gezeigt wurde. Seit 1999 ist er mit einer Rumänin verheiratet. Stephan Drube ist langjähriger Mitarbeiter im Rumänienkomitee (Berlin).

Zwölf Jahre nach dem Sturz von Ceausescu sind viele Hoffnungen zerschlagen. Das betrifft nicht nur das gesellschaftliche Leben in Rumänien, sondern auch die Umweltsituation des Landes. Nachdem Iliescu, der Meister der Wasserabzapfung und des Staudammbaus, mit seinen Helfern seit einem halben Jahr wieder an der Macht ist, wird sich die Umweltsituation Rumäniens eher noch weiter verschlechtern. Natürlich mangelt es nicht an vollmundigen Versprechen – aber an weiterhin korrupten Beamten auch nicht.

Die „Babele“, d.h. die alten Frauen, Mütterchen, sitzen am Abend und an Sonn- und Feiertagen auf der Bank vor ihrem Haus. Sie reden mit ihren Nachbarn über Gott und die Welt, schauen, was sich auf der Straße tut. Was sie sagen und denken, wie etwas geschaffen und beschaffen sein muss, ist für viele Dorfbewohner Befehl. So hatten es alle früher gemacht und so machen sie es heute – in einer Art vorauseilendem Gehorsam.

 Auf der Straße fahren Autos. Sie haben vier Räder, rollen und sehen von weitem wirklich wie Autos aus. Einige laufen nicht in der Spur, verlieren Öl, haben nur ein Auge, zerborstene Scheiben und stoßen Qualm aus. Trotzdem sind sie äußerst nützlich und jeder, der so etwas besitzt, schustert und flickt daran solang es geht. Diese Mangelsituation findet man nur noch in Albanien etwas krasser; sie ist ein Kennzeichen der rumänischen Gesellschaft.

Die Erklärungen der Politiker klingen vollmundig. Ihre Taten allerdings dienen meist nur de Bereicherung der jeweiligen Familienclans. Und man wechselt die Parteizugehörigkeit wie einen Mantel – eben nach Bedarf.

Dabei wären die Voraussetzungen gerade für ökologisches Denken eigentlich günstig in einer Gesellschaft, in der jeder alte Nagel so lange gerade geklopft wird, bis er wieder verwendbar ist.

 Die Berggebiete kennzeichnet nach der Rückgabe des vorher kollektivierten Landes eine kleinparzellige Landwirtschaft, die in unseren Augen die Landschaft angenehm konturiert. Rumänische Betriebswirtschaftler rufen jedoch nach einer Flurbereinigung.

Die Bauernfamilien bearbeiten ihre ein bis zwei Hektar Land meist in Handarbeit und verdienen dabei so wenig, dass keinerlei Investitionen, auch nicht für Dünger- oder Chemikalienkäufe, getätigt werden können.

Der Abnahmepreis für einen Liter Milch liegt bei 2800 Lei (28 Pfennig). Ein Liter Coca-Cola kostet im Laden ca. 11.000 Lei (1,10 Mark). Bei einer derartigen Preisgestaltung kann das Geld für den nötigen Futterzukauf nicht verdient werden.

 

 Korrupte Landbesitznahme

Jeder, der sein Land zurückerhalten hat, ist sorgsam darauf bedacht, nicht durch eine Flurbereinigung übervorteilt zu werden. Zu recht, denn bei der Aufteilung der „CAP-urile“ und „IAS-urile“ (landwirtschaftliche Produktionsgenossen-schaften) wurde in vielen Gebieten der beste Grund von den Leitern und Agronomen der Unternehmen in Besitz genommen, die oft gar nicht aus der Gegend stammen. Der Rest wurde unter den Altbesitzern aufgeteilt.

In einigen Bezirken wurde der Waldbestand schon an die früheren Besitzer zurückgegeben. Im Kreis Harghita belaufen sich aber die einschlägigen Forderungen auf 200.000 Hektar Wald, bei einem derzeitigen Bestand von 160.000 Hektar. Das Problem liegt darin, dass einige der Flächen inzwischen aufgeforstet, andere geschlagen sind. So etwas könnte nur durch finanzielle Entschädigungen ausgeglichen werden.

Die Rückgabe des Waldes wird nicht von allen gut geheißen: Einige befürchten massiven Kahlschlag und mangelnde Wiederaufforstung, was die Alten schon aus der Vorkriegszeit kennen. Die überall entstehenden Kleinstsägewerke hinterlassen ihre Spuren nicht nur in den Taschen ihrer Besitzer, sondern auch in Flüssen, an Straßenrändern und auf Wiesen, die voller Schwarten und Sägespäne sind. Nur zögernd werden für die Holzrückstände Öfen und Heizwerke entwickelt.

Italienische Aufkäufer haben den Edelpilzbestand in weiten Gebieten schon fest in ihrer Hand. Früchte werden nicht mehr organisiert gesammelt wie in kommunistischen Zeiten. Statt dessen sprießen an landschaftlich reizvollen Stellen und in Naturschutzgebieten wild gebaute Dörfer und Städtchen – ohne jede Baugenehmigung. Der Versuch des Präfekten in Retezat, eine derartige Ansammlung wild gebauter Villen wieder abzureißen, ist gescheitert. Sie sind erneut entstanden – ohne jede Abfall- oder Abwasserbeseitigung, mit Riesenzäunen und Kahlschlägen.

Der Einzug der westlichen Plastikkultur hinterlässt Abfallberge, die es früher nicht gab. Im Juli 2000 reicht das Hochwasser am Großen Somesch 10 Meter an die Uferbefestigung der Müllhalde der Stadt Nasaud heran, die nicht repariert worden war.

Für die Wiederherstellung der durch Bergwerksaktivitäten beeinträchtigten Flüsse (durch die Absetzbecken von Baia Mare und Baia Borsa) hat sich im Kreis Maramesch ein Konsortium aus Nicht-Regierungs-Organisationen gegründet, dem neben Forschern aus Großbritannien auch Wissenschaftler von der Universität Wels angehören. Hoffentlich kümmert man sich auch um die Zechen in Cavnic und in den Westkarpaten.

80 Kilometer toter Fluss:

Der in den Westkarpaten entspringende Fluss Ariesch ist durch Schadstoffeinleitungen aus Minenbetrieben auf einer Länge von 80 Kilometern bis kurz vor der Mündung in den Muresch als tot zu bezeichnen. Als Folge der fehlenden Abwasseraufbereitung sind die meisten Flüsse eher Kloaken. Müll wird überhaupt gerne an Flussufern abgeladen. Sicher gibt es auch einige saubere, sogar kristallklare Flüsse; meistens aber nur im Oberlauf und nie flussabwärts einer Stadt.

Ein anderes noch zu klärendes Umweltproblem ist das rätselhafte Blattsterben bei Gurken und Tomaten in den Gebieten Maramuresch und Westkarpaten.

Ceausescus Manie, die Gewässer des Landes durch Staudämme für Strom und Bewässerung nutzbar zu machen, ist kaum nachvollziehbar. Im Olt- (Alt) Tal zeigen sich bei Fagarasch deutliche Klimawechsel von einem trockenen zu einem feucht-kalten Klima mit starken Nebelbildungen und Nachtfrösten, was nicht nur die Obsternte beeinträchtigt.

Durch stark zunehmendes Schafwollwaschen im Fluss Saliste (Kreis Sibiu) hat sich dessen Wasserqualität in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert. Forellen und Krebse sind verschwunden. Gemeinsame Kontrollen von Wasserschutz-, Forstbehörde und Polizei sowie eine aus deutschen Mitteln finanzierte Wollwäscherei in Cristian sollen jedoch Abhilfe schaffen.

In Copsa Mica (Kleinkopisch) arbeitet noch das Kupfer und Zink verarbeitende Kombinat. Die Rußfabrik, der man gerade erst neue Filter verpasst hatte, wurde versehentlich als Schrott ins Ausland verkauft, Ursache: mangelhafte Vertragsgestaltung von staatlicher Seite. Die Zerstörung des Waldbestandes ist dort durch andauernde Emissionen trotz eines sehr hohen Schornsteins so schlimm, dass die Forstverwaltung für teure Dollars säureresistente Baumsorten im Ausland einkaufen muss, um die Erosion zu stoppen.

So etwas ist möglicherweise auch bald in Zlatna und Baia Mare von Nöten, denn auch dort mangelt es an Filteranlagen und außerdem wird mit alten Technologien gearbeitet.

Chemiekombinat rottet Fauna aus

Das Chemiekombinat „Azomures“ (Tg. Mures) hat durch seine Abwässer in den letzten Jahren trotz umfangreicher Kontrollen sechs Fisch- und zehn Weichtierarten ausgelöscht. Die auferlegten Strafen dafür sind so gering, dass man gleichwohl in Ruhe weiterproduzieren kann. So oder ähnlich geht es den meisten Kombinaten.

Was vom Atomkraftwerk Cernavoda zu halten ist, muss sich erst noch zeigen. Von den bisher geplanten Blöcken II und III des AKW Cernavoda hängt auch das Schicksal des rumänischen Uranbergbaus ab. Dessen Produktionskosten übersteigen den Weltmarktpreis um ein Drittel und müssten von daher umgehend geschlossen werden. Aber: was folgt aus der Schließung, wie überwacht man sie und verhindert die Kontaminierung der Gewässer?

Die Uranverarbeitungsfabrik in Feldioara müsste umgehend Anteile aus Mitteln der Weltbank erhalten, damit ihre Abraumhalden besser kontrolliert werden können und Abwässer nicht in den Olt (Alt) gelangen.

Die städtischen Heizanlagen schauen eher wie das Höllenfeuer aus und müssen dringend nachgerüstet werden. Viele Haushalte in den Hochhäusern haben sich wegen hoher Heizungskosten von der offiziellen Versorgung abgenabelt und einen mit Holz beheizten Kachelofen in die Wohnung gestellt. Die Städte ersticken in deren Abgasen und denen des Verkehrs. Auch die Einrichtung eines TÜVs hat dem noch nicht Einhalt bieten können, weil sich jeder, so gut es geht, mit „Bakschisch“ um Kontrollen drückt.

„Wasserspechte“ am Werk

In jüngster Zeit hat der rumänische Erfindungsreichtum die Pipelines als sprudelnde Einnahmequelle entdeckt: Diesel- oder Benzin-führende Rohre werden angezapft. Überall, wo die „Rohrspechte“ tätig waren, sind hektarweise die landwirtschaftlichen Flächen vergiftet worden. Die Wiederherstellung bereitet dem Energiekonzern Petrom so hohe Kosten, dass der jetzt ganze Streckenabschnitte von Wachleuten absichern lassen will.

Aber solche Aufpasser hatten schon bei anderer Gelegenheit versagt: als nämlich in der Nach-Wendezeit die Be­wässerungs­systeme gestohlen wurden, von denen jetzt nur noch ein Bruchteil in Funktion ist. Der Berater der Rumänischen Landwirtschaftsgesellschaft, Dr. Harms, glaubt allerdings, dass man mit den künstlichen Bewässerungssystemen ohnehin nur die Böden versalzen würde. Aus rumänischer Sicht stellt das Fehlen allerdings einen großen Verlust dar, vor allem bei solch heißen Sommern wie im Jahr 2000, mit Temperaturen bis 42° Celsius.

Neben den „Kraftstoffspechten“ gibt es noch jene „Wasserspechte“, die im Kreis Braila die städtische Wasserzuführung für ihre Gärten anzapfen. Ein darauf angesprochener Kleingärtner sagt lapidar: „Wenn der Staat uns kein Wasser für unsere Gärten zuteilen kann, müssen wir uns eben selbst helfen.“

Eine Trinkwasserleitung, die die Städte Sibiu, Copsa Mica, Medias und Dumbraveni aus dem Harghita-Gebirge versorgen soll, kann wegen Geldmangel nicht weiter gebaut werden. So hofft man jetzt auf EU-Unterstützung.

Sieht man sich das Dilemma auf der Landkarte an, wird einem das Problem der Wasserabzapfung im Raum Fagaras – Sibiu klar. Hier hat die schnelle Verstädterung mit hohem Wasserkonsum (in welchem rumänischen Haushalt läuft kein Hahn dauernd?) weite Gebiete trockengelegt; und dies vor einer Bergkette mit ca. 2000 Meter Höhe! Bis nach Alba Julia klagen Betreiber von Wassermühlen über zu geringe Wassermengen durch die Staudammbetreiber. Die Mehrzahl der Müller musste ihre Betriebe aufgeben.

Während in einigen Gebieten des Landes noch das Fischen mit Dynamit und Strom „gepflegt“ wird, streiten im Donau-Delta die Ökologen mit den Fischern und Pächtern über Fangquoten; über die Wilderer allerdings schweigt man.

Insgesamt ist Rumänien immer noch ein faszinierendes Land mit weiten, unbesiedelten Hügel- und Berggebieten und einem in Westeuropa unbekannten Artenreichtum an Pflanzen und Tieren – was westliche Forscher immer wieder dazu bewegt, Teile davon illegal auszuführen.

Und die rumänischen Umweltgruppen? Viele davon wurden nur in der Hoffnung auf eine schnelle Fahrkarte in den Westen gegründet und darauf fiel man bei uns auch gehörig. Gute Umweltarbeit wird in kleinem Kreis gemacht, von wirklich Engagierten. In den „grünen“ Parteien scheint sie „anstößig“ zu sein – hier zählen nur die Worte ...

Ökologie als Schulfach gibt es bisher nicht und das ist aus Sicht der Lehrer auch gut so. Wäre es Unterrichtsfach, würden die Inhalte nur für die Prüfung auswendig gelernt und dann vergessen. So kann behutsam daran gearbeitet werden, die Kinder zu erziehen, dass sie nicht mehr alles aus der Hand fallen lassen oder zerschlagen, was Verpackung war – so wie es Väter und Mütter, Großväter und Großmütter bisher taten.

Ein verwunschenes Bad im Karpatenbogen

Von Stephan Drube (Von diesem Bericht fehlte im letzten Heft leider das Ende, deshalb hier noch mal in voller Länge) 

Wenn der Zug sich so langsam zum Dealul Stefanitei hochwindet, könnte der Fremde glauben, es läge an der starken Steigung. Aber dem ist nicht so: Drei Jahre vor dem Tod Ceausescus war die Strecke zur Reparatur vorgesehen und dabei ist es auch geblieben. Genauso gemütlich, mit allen Variationen an Bremsgeräuschen, geht es dann wieder bergab. Schließlich läuft der Zug im „Gara Iza“ ein, den Namen der Station entdeckt man nur, wenn man sein Wagenfenster direkt davor hat, auf einem kleinen Schild.

Aber wir sind noch nicht am Ziel. Wir müssen noch zwei Dörfer weiter mit einem Sammeltaxi, eigentlich nur in die nächste Gemeinde. Aber die, an welcher der Bahnhof steht, fängt hier gerade erst an, und ein Dorf kann sich leicht 5-6 km am Fluss und an der Straße entlangstrecken und so wie der Bahnhof heißt, nennt sich das ganze Tal hier: „Valea Izei“, das heißt Tal der Isa. In eine rumänische Dubita einzusteigen, ist nicht jedermanns Geschmack, aber wir haben keine andere Wahl und so schaukeln wir auf Holzbrettern im Laderaum zwischen Flaschen und Taschen im Geruch des Motors und der Waren unserem Ziel entgegen. Gleich am Anfang von Dragomiresti, kurz hinter der Kurve, wo die Auffahrt zu dem kleinen Kloster links nach oben führt, biegen wir nach 300 Metern ebenfalls links ein und tasten uns vorsichtig zwischen einigen großen Steinen auf dem ungeteerten Weg zum Bad vor, in eine Sackgasse: linker Hand das unscheinbare zartrosa-fleckige Gebäude, da Bad, rechts oben auf der Anhöhe das gleichfarbige Gästehaus, wo auch Leute aus den Nachbarkreisen preisgünstig übernachten können.

Vor dem Badehaus sitzen die beiden Alten, Ion und Maria, auf einer Bank. Sie führen das Bad, was der Gemeinde gehört. Das heißt, sie kümmern sich um das Wasser und dessen Erwärmung, putzen die Wannen so gut sie können, führen Buch über die Anzahl der Gäste und nehmen das Geld an. Umgerechnet DM 1,50 zahlt man für ein Bad, die Übernachtung im sehr bescheidenen Gästehaus macht 3 DM, das wären 30.000 Lei. Von dort aus sieht man über das Badehaus hinauf zum Teich, wo sich die Quelle mit dem „pacura“ (Erdwachs) sammelt und von wo es je nach Bedarf in einen großen höhergelegenen Tank gepumpt wird. In den Heizkessel fließt s durch Gefälle, der mit Holzscheiten den ganzen Sommer von Mitte Mai bis Mitte September erhitzt wird und an jedem Tag ist man zum Bad willkommen. Gäste, die von weither kommen, machen 2-3 Bäder am Tag und loben die Heilwirkung des Erdwachses.

Aber was ist das nun eigentlich? Wie ist die Zusammensetzung? Kein Mensch kann uns Auskunft geben bis wir schließlich zum „Primar“, dem Bürgermeister gelangen. Wir finden ihn in einem graublau verputzten Haus mit drei rumänischen Trikoloren davor und er glaubt, wir wollten das Bad gleich kaufen, Investoren aus „Germania“ und er preist die Heileffekte in der gleichen Art wie die Badegäste. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er einen neuen Kessel einbauen lassen und die Verheizung von Reifen eingestellt. Die neuen Wannen und Leitungen gehen auch auf sein Konto. Eine Wasseranalyse? Davon weiß er nichts, es ist Schwefelwasser und für allerlei Krankheiten gut, vor allem für Rheumatismus, aber welche Zusammensetzung? Er zuckt mit seinen Schultern und sieht uns ganz verständnislos an, als wir ihm bedeuten, dass ohne so etwas wohl kein Investor zu finden ist.

An der orthodoxe Kirche und einigen kleinen Läden vorbei gehen wir die Straße zum Bad zurück, fast bis zum Holzschild der rumänisch - belgischen Dörferpartnerschaft. Dann biege wir rechts in eine kleine Straße ein, gehen ein paar schindelgedeckte Häuser entlang, durch Obstgärten und Felder auf die Anhöhe zum Gästehaus. Von dort oben gibt es den schönsten Blick über Dragomiresti, die silberne Spitze der orthodoxen, danach der Holzturm der griechisch - katholischen Kirche im traditionellen Stil der Maramuresch, in der Ferne glänzt der Spitzturm der orthodoxen Kirche von Bogdan Voda, welcher das Riesenschiff noch überragt, bei gutem Wetter gekrönt von einem Hügelrücken und einer Bergkette, welche die Grenze zur Ukraine hin bildet. Im feinen Licht des Abends (oder auch des Morgens) kann man lange den Blick schweifen lassen und sieht sich nicht satt, so vielfältig sind Besiedlung und Landschaft. Fuhrwerke, Lieferwagen und Busse lärmen von der Straße her, Rufe der Viehhirten und Kinderstimmen mischen sich dazwischen. 

Auf den Feldern arbeiten noch die Leute, hacken Kartoffeln und Mais, mähen Gras, stellen bizarre Astkonstruktionen zum Heutrocknen auf und bereiten sich langsam aufs Nachhausegehen vor. Rauch steigt vom Bad auf und gemahnt uns, endlich zur Tat zu schreiten und ein erstes Bad zu nehmen. „Vreti sa faceti baia?! – „Wollen Sie ein Bad nehmen?“, fragt Maria und versichert uns, alles ist geputzt. Nach den hiesigen Maßstäben vielleicht schon; insgesamt sieht alles sehr ärmlich und heruntergekommen aus: Die sanitären Anlagen verrostet, die Wanne steht auf dem Betonfußboden mit einem kümmerlichen Holzrost mit Bank davor, ein Garderobenbrett an der Wand, eine Glühbirne. Das ist alles.

Das Wasser ist heiß, hat eine gräulich-opaleszierende Farbe und riecht nach Schwefel. Reichlich kaltes Wasser zulaufen zu lassen empfiehlt sich bei den ersten Bädern und – nur zehn Minuten!

Die Augen verweilen auf dem Fleck an der Decke, der wie ein Mandala die Aufmerksamkeit anzieht, aus den Nachbarbädern klingen rumänische Stimmen.

Die Wirkung spürt man erst, wenn man die Wanne verlassen hat. Nach etwa zehn Minuten schießt einem die Hitze in den Kopf und die Beine versagen bei Kreislaufschwäche den Dienst. Wie man bei solch starker Wirkung zwei bis drei Bäder täglich machen kann, ist unerklärlich. Aber es muss für etwas gut sein, denn die Badegäste kommen jedes Jahr wieder hierher, einige sogar aus dem 300 Kilometern entfernten Sibiu.

Ein Vierteljahr später fahren wir wieder in den Ort und machen einen Besuch bei Ion und Maria. Ion war schwerkrank und liegt noch auf dem bett, aber er freut sich genauso über unser unerwartetes Kommen wie seine Frau. Schnaps und Kuchen wird angeboten und bald die Frage gestellt, wie uns denn die Bäder bekommen seien?

Wir sind sehr zufrieden und Ion rät uns, beim nächsten Mal gleich zwei Bäderfolgen einzuplanen, eine am Anfang und eine am Ende des Aufenthalts, „dann werden Sie’s vielleicht ganz los.“ Das ist noch zu erkunden.

Winterüberquerung des Fogarascher Gebirges

Von Reinhold Gutt, (neu aufgeschrieben von Ioana Maruntel)

Eine Kammwanderung durch das Fogarascher Gebirge im Winter ist eine beachtliche Leistung!

Zu den bekannten Schwierigkeiten einer Wintertour kommt der Umstand hinzu, das im Kammbereich Nordwestwinde vorherrschen und es somit empfehlenswert ist, die Route vom Westen nach Osten in Angriff zu nehmen.

Die Marschdauer für die Strecke zwischenden extrem gelegenen Schutzhütten SURU im Westen und Plaiul Foii im Osten  lässt sich nicht genau vorhersagen. Es ist vorgekommen, das eine Seilschaft, vom Schneesturm behindert und Schönwetter abwartend sogar 13 Tage brauchte; bei äußerst guten Schneeverhältnissen ist die strecke  Suru Schutzhütte  - Simbata Schutzhütte  in zwei Tagen zurückgelegt worden. Somit läßt sich weder eine etappenmäßige  Gliederung des Kammes vornehmen, noch der benötigte Proviant abschätzen. Es kann auch sein, das nicht alle Schutzhütten bewirtschaftet sind, Notunterkünfte sind aber gewährleistet. Auskunft erteilt der Bergrettungsdienst SALVAMONT in Sibiu Tel : 0269 / 216 477

Eine bewährte Erfahrung lehrt uns, die Wintertraversierung  im Monat März vorzunehmen, da dann der Tag bereits länger ist, die Temperatur höher liegt und der Schnee sich schon gesetzt hat. Selbstverständlich soll eine Überquerung nach grossen Schneefällen nicht unternommen werden.

Auf einige Wegabschnitte soll aufmerksam gemacht werden. In den Wanderkarten oft blau eingezeichnet, mit Buchstaben versehen und im folgenden Text beschrieben:

A . Von der Abflachung des Frutea – Moaşei – Bergrückens , wo sich das Denkmal des Bergretters Robert Ungurean – Baltres befindet , folgt man nicht der Sommerroute durch den Găvanul – Kessel, sondern steigt  den Grat bergauf zum Hauptkamm des Gebirges . Falls es die Schneelage gestattet, kann man den Suru –Gipfel aber auf  seinen Südhang umgehen.

B. Den Kammabschnitt der Hohen Scharte ( Virful Ciortea ) pflegte man winters äußerst selten zu besteigen. Vom Seesattel ( Şaua Lacului ) steigt man zum Frecker See ( Avrigului –Lac) über den sehr abschüssigen  Berghang hinab, wo sich während großer Schneefälle sehr leicht Lawinen bilden !. Es gibt aber Perioden, in denen der Abstieg leicht ist, weil der Wind den Schnee völlig verweht hat. Information beim Salvamont Bergrettungsdienst in Sibiu / Hermannstadt einholen. ist der daraufolgende Anstieg in den Girbova-Sattel (Şaua Girbovei ) Diese Stecke darf man nur nach reiflicher Überlegung in Angriff nehmen.   Üblicherweise überquert man nicht diesen Nordhang, sondern beginnt ungefähr 300 m nach dem Avrig – See einen direkten Aufstieg auf eine schmalen Bergkante dem östlichen Gipfel der Hohen Scharte zu.

Vom westlichen  Girbova –Sattel umgeht man den Girbova - Gipfel  möglichst nahe der Kammlinie und wechselt auf den Südosthang hinüber, wo wegen der starken Neigung eine der schwerste Strecken zu bewältigen ist.

C. Von dem Şerbota-Gipfel gibt es, je nach Wetter- und Schneelage Möglichkeiten  den Negoui-Gipfel zu besteigen:

-  Überquerung des Kirchendaches (Custura Sărăţii). Diese Route wird selten und nur von sehr guten Bergsteigern gewählt.

-  Bergsteiger pflegen das Kirchendach im Winter zu umgehen, in dem sie in den sehr abschüssigen Steinkessel und nachher in den Mioarelor – Kessel hinabsteigen oder:

entlang des südlichen Ausläufers des Şerbota –Gipfels  das Neguoi -Tal durchqueren und sich direkt dem Frauenkamin ( Strunca Doamnei )  zuwenden. Für den Aufstieg wählt man jenen Abschnitt wo die Felsen aus dem Schnee herausragen .

D.   Um den dunklen, einem Dom ähnlichen Paltinul Turm zu umgehen, steigt man aus dem Doamnei-Sattel in nordwestlicher Richtung in den steilen Doamei – Kessel hinunter. Nachher schwenkt man nach rechts in den Bălea –Sattel  hinauf, aus welchen man mit Leichtigkeit  zum Bălea – See absteigt wo an der Ostseite das neu erbaute BERGHOTEL Cabana Bălea Lac, Tel. 0788-609930 u. 0269-523517   mit Komfortzimmern wartet. Am Bălea – See, rechts neben dem Eingang zu Tunnel  findet man auch das Refugium des Bergrettungsdienst SALVAMONT – eine an den Felsen gebaute Unterkunft, die man am Roten Kreuz auf weißem Grund auf dem Dach erkennt. Auch dort kann übernachtet werden. Ebenso in der Paltinul – Hütte. (ehemals Jagdhaus der Parteielite)

E. Der Aufstieg in den Gemsensattel soll am frühem Morgen erfolgen, um der Lawinengefahr zu entgehen. Vom zugeschneiten Gemsensee (Bergsteigerdenkmal ) steigt man auf dem südlichen Ausläufer des Gemsen – Gipfel hoch , um unterhalb einer krummen Felsnadel, die Revolver genannt wird, in den Fundul-Caprei – Kessel hinab zu steigen. Bei der Ost-West Trassierung des Fogarascher Gebirges ist diese Felsennadel ( Revolver) - bei schönem Wetter ein markantes Orientierungsobjekt.

Die Kammwanderung im Fogarascher Gebirge erfolgt im restlichen Abschnitt meist am Südhang, so dass zu größter Vorsicht ermahnt wird, das der Schnee hier an wärmeren Tagen ( Sonnenschein ) und besonders 24 Stunden nach Neuschnee zu Lawinenbildung neigt.

Eine Winterüberquerung – es handelt sich immerhin um ein Hochgebirge und das ohne die in Europa üblichen Sicherheitstandards -  sollte nur von geübten Bersteigern, in der Gruppe und oder in Begleitung von Salvamontisten (=Mitglieder der Bergwacht, Kontakt in Sibiu: Salvamont, str. N. Balcescu 9 – Büro im Hinterhof, Tel. 0269 / 216 477, mobil 0744 / 691334) erfolgen. 

Ein Handy leistet gute Dienste im Notfall ! Einen Reserveakku mitnehmen!

Nachrichten in Kurzform

ADZ 30.3.2002: Ab Juli sollen neue Postleitzahlen (6 Ziffern) eingeführt werden.? (davon wusste im Juli niemand etwas – d. Red. )

RID - Blick nach Rumänien März 2002: RO-Vignette: Neue Straßengebühr ab 1. 7. 2002 sowohl für rumänische als auch ausländische Transportunternehmen. Für PKW soll die Vignettenpflicht erst ab 1. Januar 2005 gelten.

HZ 2.8.02: 45% aller Rumänen leben 2002 schlechter als im Vorjahr, 76% halten die Politiker grundsätzlich für korrupt, 72-80% haben kein Vertrauen in die Regierung, das Parlament und die politischen Parteien.

Bukarester Gerichtshof verbietet Umbenennung: Die rum. Arbeiterpartei darf sich nicht in Kommunistische Partei umbenennen, weil das Gesetz der nationalen Sicherheit extremistische Aktivitäten kommunistischer und faschistischer Observanz verbietet

HZ 9.8.02: Als erstes Land der Welt hat Rumänien mit den USA ein Abkommen geschlossen, das die Nichtauslieferung amerikanischer Militärangehöriger an den Internationalen Strafgerichtshof vorsieht.

HZ 16.8.02: Auch in Rumänien schwere Schäden durch Unwetter: vom 26.7. bis 12.8. elf Tote. Die Gemeinde Berlesti im Krs. Gorj wurde von einer 10 Meter hohen Flutwelle heimgesucht, die zum Glück nur Ställe und eine Brücke zerstörte. Wahrscheinlich am stärksten getroffen hat es die Gemeinde Facaeni, Krs. Ialomita, wo ein tornadoartiger Wirbelsturm 15 Häuser dem Erdboden gleich machte, von 237 Anwesen die Dächer wegriss, Mauern umlegte und Bäume umknickte. Ein Bus mit Soldaten wurde regelrecht in die Luft gehoben und auf die andere Straßenseite gekippt. Hier starben 3 Personen, 20 wurden verletzt.

HZ 4.10.02: Der IWF berichtet, dass Rumänien 2002 voraussichtlich 4,3% und 2003 sogar 4,9% Wirtschaftswachstum haben wird. Die Inflationsrate wird für 2002 auf 24,2%, für 2003 auf 19,1% geschätzt (2001 waren es 34,5%).

72% der Rumänen vertrauen der Presse (vgl. USA 52%, D 49%, Japan 21%).

(Gallup-Umfrage).

Die Deutsch-Rumänische Gesellschaft Berlin trauert um ihren Präsidenten und Gründer, Herbert Siebold. Er verstarb am 14.11.2002 nach langer Krankheit.

Texte von der Internetseite www.hermannstaedter.ro

Mehr Stimmen, mehr Macht: Der Minister für öffentliche Verwaltung, Octav Cozmanca, gab am Dienstag bekannt, daß vorgezogene Parlamentswahlen im Mai oder Juni 2003 stattfinden könnten. Würde die Verfassung geändert, was beabsichtigt ist, kämen als Termin der September oder Oktober 2003 infrage. Nach Ansicht der Regierungspartei PSD wäre angesichts der umfangreichen Vorbereitungen auf den für 2007 ins Auge gefassten EU-Beitritt Rumäniens eine Regierungskontinuität bis zu jenem Jahr wünschenswert. Sie erhofft sich aber auch einen Machtzuwachs: Im Jahr 2000 hat sie nur ein knappes Drittel der Wählerstimmen erreicht, wären am Sonntag Wahlen - hat kürzlich eine Meinungsumfrage ergeben -, würde die PSD mehr als die Hälfte der Stimmen erzielen. (....) Präsident Ion Iliescu ist ein ausgesprochener Gegner von vorgezogenen Wahlen, und er hat das letzte Wort.  (22. November 2002)

Ost-Erweiterung der NATO schließt Rumänien ein

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat gestern in Prag ein zweitägiges Gipfeltreffen der NATO begonnen. Es nehmen 46 Staats- und Regierungschefs daran teil, darunter auch Ion Iliescu und Adrian Nastase, der Präsident bzw. Premierminister des Beitrittskandidaten Rumänien, dessen Bevölkerung zu über 70 Prozent auf eine NATO-Mitgliedschaft des Landes hofft. Zwei wichtige Themen stehen in Prag auf der Tagesordnung: die Terrorismusbekämpfung und damit eine neue Standortbestimmung der NATO und die Ost-Erweiterung des Bündnisses. Diese hatte 1999 mit Ungarn, Polen und Tschechien begonnen und soll nun - nach den zuletzt geäußerten Wünschen der USA - mit gleich sieben Ländern fortgesetzt werden: Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, Slowenien und Slowakei. Lange Zeit wurde darüber gerätselt, ob fünf oder sieben Staaten aufgenommen werden würden. Rumänien und Bulgarien galten als Wackelkandidaten, doch es scheint, die Regierungen der beiden Länder haben Zusicherungen erhalten, daß sie in Prag nicht vergessen werden. Vor allem die geringen Reformfortschritte und die endemische Korruption schienen Rumäniens Beitrittschancen zu schmälern, doch nach dem 11. September 2002 ist das Land den Amerikanern geostrategisch interessant geworden: Sie könnten die Militärbasen an der Schwarzmeerküste für einen Schlag gegen den Irak nutzen (diese sind ihnen von Bukarest auch versprochen worden). Außerdem hat sich der Beitrittskandidat Rumänien loyaler als ein vollwertiges NATO-Mitglied verhalten: Es unterstützte die Luftangriffe auf Serbien, steht in Bosnien und im Kosovo im Einsatz und hat nach Afghanistan, wie vor wenigen Tagen die Londoner Times feststellte, nicht wie das NATO-Mitglied Ungarn etwa, eine Handvoll Sanitäter geschickt, sondern ein Bataillon Kampftruppen, deren Schlagkraft und Zuverlässigkeit von den Amerikanern gelobt wird.
Rumänien hat somit gute Chancen, Aufnahme in das westliche Verteidigungsbündnis zu finden und einen Schritt weiter zu tun auf dem Wege seiner euroatlantischen Integration. Auf gute Chancen verweist auch der Umstand, daß einen Tag nach dem Prager Treffen, also morgen, der amerikanische Präsident George W. Bush für vier Stunden nach Bukarest fliegen wird. Er wird hier mit Präsident Iliescu sprechen und auf dem Platz vor dem Senatsgebäude eine Ansprache ans rumänische Volk halten.

Die Stadt, berichten die Bukarester Zeitungen, gleicht schon seit Tagen einer Festung. Auf der Besuchstrasse wurden aus Angst vor Bombenattentaten die Kanaldeckel zugeschweißt und die Abfallkörbe beseitigt. Am Besuchstag wird die Straße vom Flughafen stadtwärts gesperrt sein, es ist auch mit weiteren Verkehrsbehinderungen und mit Verspätungen im Flugverkehr zu rechnen.

(Horst Weber) Hermannstädter Zeitung Nr. 1805/22. November 2002