Hallo liebe Leute,
zum Teil aus Kostengründen und zum Teil aus eigener Faulheit habe ich
entschieden, jetzt im Mai keine Druckausgabe herauszubringen. Alle
Abonnenten erhalten in den nächsten Wochen ersatzweise den Rundbrief
der Dresdener Rumänieninitiative zugeschickt,
im Internet unter http://www.muenster.org/romania.
Aus diesem habe ich ohnehin in den letzten Jahren viele Texte übernommen.
Die nachfolgenden Texte sind in diesem Heft nicht enthalten! Evtl. werde ich sie
in die nächste Ausgabe im Herbst 2003 aufnehmen.
Wenn niemand was dagegen hat, überlege ich, auch in Zukunft so zu
verfahren, also im Frühjahr das Dresdener Heft zu verschicken und im Herbst
eine eigene Ausgabe zu machen.
Außerdem angedacht ist ein Sonderheft mit Tipps für Wanderer, ein
Termin steht noch nicht fest.
Jedes dieser Hefte wird den Abonnenten wie ein normaler Rundbrief berechnet.
Das in der letzten Ausgabe angekündigte "Faltblatt 2003"
entfällt wegen zu geringer Resonanz. Die 3-4 Leute, welche für den
Adresseintrag 5 € in Briefmarken geschickt haben, erhalten dafür 3 Ausgaben
des Rumänienrundbriefs gutgeschrieben. (Wer dies nicht möchte, melde sich
bitte, dann schicke ich die Briefmarken zurück)
Mit freundlichen Grüßen Andreas Merker
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NDR Fernsehen 23.45 Uhr
So. 27. April (leider vorbei, aber sicher irgendwann noch mal zu sehen)
1941 im von Deutschen besetzten Osteuropa (Rumänien!): Zunächst scheint es nur
ein böses Gerücht zu sein, aber bald ist es ein unleugbarer Fakt: Die deutschen
Nazi-Soldaten verschleppen komplette jüdische Dörfer, entvölkern ganze Landstriche.
Dorfnarr Schlomo begreift als Erster, dass seine kleine Gemeinde auch bald an der Reihe sein
wird. Er überzeugt den Rabbi, dass das Dorf unverzüglich handeln muss, um nicht
ebenfalls Opfer des Nazi-Terrors zu werden. Beim schnell zusammen gerufenen Ältestenrat wird
beschlossen, den Deutschen zuvorzukommen - mit einem eigenen Deportationszug,
der sich natürlich nicht in Richtung Konzentrationslager, sondern vielmehr ins
Gelobte Land Israel aufmachen soll. Die Bewohner werden unverzüglich in
"Gefangene" und "Nazi-Soldaten" aufgeteilt. Letztere müssen erst mal richtig "deutsch"
lernen. Als Lehrer steht der erfahrene Schmecht zur Verfügung, der den unwilligen Freiwilligen eine korrekte
Aussprache und deutsche Zackigkeit beibringt.
Nachdem der "Deportationszug" nach und nach zusammengekauft und mit
Hakenkreuzen geschmückt worden ist, geht es endlich auf die große Reise in die Freiheit.
Allerdings gibt es auf dem Weg dahin viele Abenteuer zu bestehen. Nicht nur misstrauische
Nazi-Soldaten, sondern auch nationale Freiheitskämpfer sorgen für mehr als eine
brenzlige Situation. Als ob dies nicht genug wäre, bricht im Zug auch noch der
Kommunismus aus.
Da passt es leider gar nicht, dass sich die als Nazi-Bewacher verkleideten Juden
unter der Führung des autoritären Mordechai ein bisschen zu sehr mit ihrer Rolle
identifizieren.
Zug des Lebens - Spielfilm, B, F 1998 Sonntag, 27.04.2003
Beginn: 23.45 Uhr Ende: 01.25 Uhr Länge: 100 Min. VPS: 23.45
Darsteller: Lionel Abelanski (Schlomo), Rufus (Mordechai), Clement Harari
(Rabbi),
Michel Muller (Yossi), Bruno Abraham-Kremer (Yankele), Agathe de la Fontaine
(Esther),
Johan Leysen (Schmecht), Marie-Jose Nat (Sura)
Buch: Radu Mihaileanu
Musik: Goran Bregovic
Orginal Titel: Train de vie
Regie: Radu Mihaileanu
Sehr geehrter Herr Merker,
ich bitte Sie meine Replik auf den in der Ausgabe 15.veröffentlichten Text
"Die Haiduken der Jahrtausendwende?" in Ihrem "Rumänien
Rundbrief" zu veröffentlchen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrer sehr guten und interessanten
Publikation und verbleibe mit besten Grüssen,
Edouard Lalou (per email)
Antwort auf den Text
"Die Haiduken der Jahrtausendwende?" von Von Hellmut Schmitt
Ich halte den Text für einen schmutzigen
Propagandastück, allerdings professionell fabriziert.
Schmutzig, weil offensichtlich gelogen, propagandistisch,
weil mit der klaren Intention geschrieben, Rumänen als Diebe und
Schwerverbrecher darzustellen.
Dabei weiß der Autor sich gut dem journalistischen Arsenal
zu bedienen. So berichtet er z.B., Gespräche mitgehört zu haben, wo
Dorfbewohner des Dorfes Giulesti in Maramuresch (Nordrümänien) mit
unwahrscheinlichem Zynismus über ihre Verbrechen in Deutschland und Frankreich
erzählen: Diebstähle, aber auch organisierte Kriminalität. Mehr noch, der
Autor selbst mischt sich unter den Einheimischen, spricht mit ihnen, sammelt
Informationen aus erster Hand über ein Dorf voller Krimineller.
Ich glaube nicht, dass der Autor Rumänisch kann und bin auch
davon überzeugt, dass er seine schrillenden und unheimlichen Figuren ( "Mihai,
ein junger Mann mit blonden Haaren", "Lucian, der seiner Frau einen
Fernseher mit Bekannten geschickt hatte, der hohl war und voller Schmuck",
"Gheorghe, der drei Jahre in Frankreich zum Stehlen war", die
kollektive Figur der "Männer im schummrigen Licht, die Geschichten von
ihren Diebstählen in Deutschland und Frankreich erzählen") bzw. ihre
Behauptungen einfach frei erfunden hat.
Die Placierung der Geschichte in einem konkreten Dorf
Rumäniens und die Erfindung namentlich genannter Figuren (wer in der Welt
würde dies schon nachprüfen ?!) sollte einen "authentischen" Hintergrund
bilden, welcher der ganzen Konstruktion zur Glaubwürdigkeit verhelfen soll.
Die Tarnung des Propagandatextes als Reportage sollte
übrigens einen zweiten, noch wichtigeren Zweck erfüllen: die Übertragung der
"authentischen" Informationen des Dorfes Giulesti auf ganz Rumänien.
Bereits im ersten Satz der "Reportage" wird festgestellt, dass dieses Dorf
der Diebe und Verbrecher - "ein ganz gewöhnliches Dorf im Norden Rumäniens"
ist. Damit ist schon alles gesagt: die Menschen aus dem Dorf Giulesti und ihre
Verbrechen besitzen eine geradezu archetypale Beispielkraft: so wie in diesem
Dorf geht es in ganzem Lande...
Dabei geht der Autor ganz explizit vor: über den ganzen Text
hindurch wird nahtlos von den Giulesti-Bewohnern generell zu den Rumänen
übergegangen. Fast Absatz für Absatz wird alternierend über die
"Kriminellen aus Giulesti" und über "das kriminelle
Verhalten" der Rumänen berichtet. Die journalistisch gekonnte Verzahnung
von "konkreten" Hinweisen aus einem rumänischen Dorf mit generellen
Behauptungen über angebliche Verbrechen der Rumänen soll die ganze
Konstruktion authentisch und glaubwürdig machen. Dabei fungieren die
freierfundenen Figuren von Giulesti als Verstärker, welche den anderen, noch
unglaubwürdigeren und aus der Luft gegriffenen "Tatsachen" über Rumänen
Verhör verschaffen.
So erfahren wir über Hunderte von Rumänen, die allein in
Frankreich, "in eng belegten Zimmern" sich nur zum Stehlen aufhalten, über
Busse voller Minderjährigen, welche nach Frankreich zum Stehlen geschickt
werden, über viele neue Häuser und Autos, die von Diebstahl im Westen
ergattert wurden, über Rumänenbanden, die mit der Mafia zusammenarbeiten. Die
Behauptungen sind allerdings derart unpräzise formuliert, dass eine direkte
Verantwortung des Autors relativiert werden kann, was auf einen Profi schließen
lässt.
Der Schluss setzt sich fast von alleine durch: viele Rumänen
"sind nach der Wende durch derartige Aufenthalte wohlhabend geworden". Der
Grund liegt auch auf der Hand: Rumänen wollen "ihren Lebensunterhalt ohne
schwere Arbeit finanzieren", auf unsere Kosten, versteht sich.
Die Liste der surrealistischen Behauptungen über das kriminelle Verhalten
der Rumänen ist länger und ich möchte nicht auf alle eingehen, weil der Text
noch weiteres zu bieten hat. Er beschränkt sich nicht nur auf eine
Phänomenologie des rumänischen Verbrechens, sondern beschert uns auch mit
einem Erklärungsrahmen
für die kriminelle Natur der Rumänen. So lernen wir, dass
die Kirche (orthodoxe, wie sonst) sehr wohl vom kriminellen Verhalten der
Rumänen weiß, dabei aber ein Auge zudrückt, ja davon auch kräftig
profitiert. Die Rumänen sind kriminell weil bei ihnen eine Tradition des
Raubens und Stehlens gibt, die sich bis in unsere Zeit fortgesetzt hat: "Natürlich
hat all dies schon Tradition: Die Haiduken, Räuber...".
Schon mal was ähnliches gehört ? Etwa "die
Gewalttradition der Serben" ?! "Die slawischen Untermenschen" lassen
grüßen. Welchem Gedankengut dieser Text verpflichtet ist, wird übrigens noch
klarer bei manchem lächerlichen "Ausrutscher": die Rumänen werden als "die
sonst eher sesshaften, gläubigen (orthodox meist) und clan-orientierten
Bewohner" beschrieben. Also sind diese Rumänen doch eher sesshaft und nicht
etwa alle Nomaden, aber immer noch irgendwie in Stämmen organisiert ! Dämlich.
Apropos Ausrutscher: manchmal, in der Hitze des Kreuzzuges gegen diese
primitiven Bösewichter (denen geht es in unseren Gefängnissen viel besser als
Zuhause !), vergisst man Grundregeln der literarischen Komposition, etwa die der
Raum- und Zeiteinheit, nämlich, dass eine Figur, die jetzt und hier auftaucht,
nicht im übernächsten Absatz nach 2000 Km versetzt werden darf, so wie dem
armen Mihai ergangen ist: kaum war er in Giulesti und erzählte wie er so
Parkometer, öffentliche Telefone und Fotoautomate vergewaltigt, als er schon
aus Frankreich telefonieren musste.
Da ein Propagandastück mit Fakten nichts zu tun hat und
seine Botschaft nur durch emotionale Vektoren transportiert, zeigt dieser Text
in jedem seiner Sätze. Die Fiktion des elenden rumänischen Dorfes bietet ein
einziges Bild des Grauens: düstere Gestalten im "schummrigen" Lichte
erzählen von ihren Verbrechen, "abgewetzte" Menschen die sich nur voll
betrinken, gewaltbereit, zynisch, dumm, böse und primitiv. Eine wahre
Geschichte aus Draculaland !
Ich glaube nicht, dass es reicht, wenn man sich gegen solche
Hass- und Hetzstücke nur mit Ironie wehrt. Deshalb möchte ich hier
feststellen, dass nicht eine einzige der im Text aufgestellten Behauptungen ist,
so wie im Text dargestellt, wahr.
Selbstverständlich gibt es auch eine rumänische
Kriminalität. Es grenzt fast am Wunder, dass vor dem Hintergrund sich
vertiefender und verbreitender Armut im Lande, die rumänische Kriminalität auf
ein relativ tiefem Niveau laut UN- und EU-Statistiken bleibt, nämlich im
unteren Drittel der europäischen Länder was die Anzahl und Gefährlichkeit der
Verbrechen betrifft und somit weniger kriminell als manche reiche Länder.
Rumänische organisierte Schwerkriminalität im Ausland ist nicht signifikant
bzw. gar nicht vorhanden. Im Gegensatz dazu, sind Außenseiter aus Rumänien (ob
Diebe, Kleinkriminelle, Bettler, etc.) sehr auffällig, weil laut, schlecht
angezogen, ärmlich aussehend und nicht zuletzt auch, weil sie zumeist Zigeuner
sind. Die Presse tut dazu auch ihr "Bestes", schließlich leben sie davon.
Nachrichten über organisierte bettelnde rumänische Zigeuner gingen unlängst
durch die französische Presse, wohl vor dem Hintergrund innenfranzösischer
politischer Kämpfe. Ich selber konnte in diesem Sommer beobachten, wie drei
rumänische Kinder (12 - 14 Jährige) einen Parkometer auf einer Pariser Strasse
anzuzapfen versuchten.
Es gibt aber in Rumänien keine Tradition des Stehlens und
Raubens, keine rumänischen Dörfer, die ganz oder auch z.T. vom Stehlen leben,
keinen auf Stehlen im Ausland aufgebauten Wohlstand, keine laxe, ja
komplizenhafte Haltung der Kirche gegenüber Verbrechen, keinen organisierten
Export von Kriminalität und überhaupt, keine endemischen formen des
Verbrechens.
Charakteristisch für schmutzige Propagandastücke wie
"Die Haiduken der Jahrtausendwende?" ist die Vermischung von realen
und erfundenen Elementen (in einer Proportion von 10% - Wahrheit zu 90% -
Propagandalügen): das Ganze wird dann als hautnahe, authentische Reportage
präsentiert und mit "Erklärungen" und "Analysen" gespickt, welche den
Leser zu dem gewünschten Schluss bringen soll. In dem Fall von "Haiduken",
ich glaube aber, dass sich der Autor sich doch ein wenig vergaloppiert hat: so
übertrieben, unglaubwürdig und hasserfüllt kann ein Propagandastück sein
Ziel sogar bei ahnungslosen Lesern kaum erreichen.
Interessant, dass die in der "Vorbemerkung" aufgeführte
Schilderung der Situation eines rumänischen Dorfes aus der tiefen Provinz
korrekt scheint. Von zutreffenden Einsichten auszugehen, um dann an eine solch"
abartige Konstruktion zu gelangen, ist mir noch verwerflicher: der Autor hat
wohl gewusst, was er tat.
Solange der Autor die Quellen seiner im Text angeführten
Behauptungen nicht nennt und seine Recherchen nicht glaubhaft macht, bleibt das
Stück "Haiduken" ein tristes Beispiel faschistoider Hetzte.
Edouard Lalou
eMail von Rennkuckuck:
Hallo Edouard,
Andreas Merker (Herausgeber des Rumänien Rundbriefs) hat mir Deine Entgegnung zu dem Artikel "Die_Haiduken_der_Jahrtausendwende?" im Rundbrief Nr. 15 zur Veröffentlichung zugesandt. Diese Veröffentlichung möchte ich jedoch nicht unkommentiert realisieren:
1. Möglicherweise sind Eure Meinungen ein Diskussionsthema für ein Forum, das ich zu diesem Thema einrichten könnte. Was hältst Du davon?
2. Meine Meinung zum Thema ist folgende:
Der Artikel von Hellmut Schmitt ist nicht halb so abwertend, "schmutzig und propagandistisch", wie Du ihn beschreibst. Ganz sicher kann man mir nicht vorwerfen, auch nur die geringste negative Einstellung zu Rumänien und seinen Bürgern zu haben - was meine WebSite klar beweist. Dennoch kann ich Deine Formulierungen nur darauf zurückführen, daß Du allergisch darauf reagierst, wenn etwas Negatives im Zusammenhang mit Rumänien geäußert wird - so drastisch, wie Du den Autoren des betreffenden Artikels ohne Gegenargumente oder Sachbezüge versuchst niederzumachen.
Auch Andreas Merker ist definitiv frei vom Verdacht auf antirumänische
Propaganda, trotzdem hat er diesen Artikel in den Rundbrief aufgenommen. Er ist
wohl doch nicht so "aus der Luft gegriffen", wie Du meinst. Alle
Freunde Rumäniens bzw. der Rumänen sind empört über die meist einseitige
Berichterstattung hiesiger Medien. Das heißt aber noch lange nicht, daß das
alles unwahr ist - es ist nur eben leider nicht objektiv! Daß sich rumänische
Banditen in Westeuropa herumtreiben und den Ruf eines ganzen Volkes ruinieren,
ist Tatsache.
Du behauptest jedoch, daß das "zumeist Zigeuner sind" -
damit tust Du diesem Volk das gleiche Unrecht, das Du dem Hellmut Schmitt
vorwirfst.
Du schreibst: "Rumänische organisierte Schwerkriminalität im
Ausland ist nicht signifikant bzw. gar nicht vorhanden."
"Gar nicht
vorhanden" ist einfach unwahr und wo stand denn in dem Artikel etwas von
"Schwerkriminalität"? Organisierte Kriminalität muß man aber schon
feststellen, wobei sich da alle anderen (auch west-)europäischen Völker in
keinster Weise hintenanstellen!
Du schreibst auch: " ... mit
unwahrscheinlichem Zynismus über ihre Verbrechen ... ... Ich glaube nicht, dass
der Autor Rumänisch kann ..."
Du kennst ihn nicht und warst nicht dabei. Also was
hat Dich veranlaßt, diesen Artikel, aus dem zwischen den Zeilen nicht wenig
Symphatie spricht, so vehement entgegenzutreten? Schreibe doch bitte auch mal
was über Dich, woher Du weißt, daß das "freierfunden" ist. Ich
freue mich auf eine rege, aber bitte stichhaltige Diskussion. Und denke bitte
mal über meinen Vorschlag mit dem Forum nach.
Gruß Rennkuckuck (rum.-orth. Leon)
reti@rennkuckuck.de
Ahrensburger Redder 21
Hilfe für notleidende Kinder
D 22926 Ahrensburg
in Făgăraş/Rumänien - im Januar 2003 -
Spenderbrief Nr. 20
Das "Hamburger Abendblatt" vom 12. Dezember letzten Jahres titelt: "Deutschland: Kein Platz für Kinder?" und berichtet über den "Kinderreport Deutschland" des Deutschen Kinderhilfswerks. Darin heißt es unter anderem: "Trotz wachsenden Wohlstands haben es Kinder in Deutschland immer schwerer, altersgemäß aufzuwachsen. ... (Sie) ...finden keinen Schonraum, ... würden wie kleine Erwachsene behandelt. Bereits mit zehn lösten sich manche vom Elternhaus, oft mit dramatischen Folgen für ihre Entwicklung. Die Symptome: Handys und eine mit Terminen gespickte "Freizeit" ...Schon ein Drittel der Kinder nimmt Medikamente, 25 Prozent leiden unter Allergien. ...
So viele und solche Probleme mit Kindern in Deutschland, trotz oder gerade wegen wachsenden Wohlstands ! Wie muss es denn dann zugehen in Ländern mit wachsender Not ...?
Rumänien ist - immer noch! - ein Land mit wachsender Not! Zwar gibt die Regierung sich Mühe, auf dem Weg nach Europa alle geforderten Kriterien zu erfüllen --- aber gerade dadurch ist sie gezwungen zu sparen, Lasten und Kosten zu verschieben. Das trifft vor allem die breite "Unterschicht", deren Lebensstandard sowieso erbärmlich ist.
Bei unseren Besuchen in Rumänien werden wir immer wieder konfrontiert mit der großen Not vor allem in Familien mit geringem Einkommen und vielen Kindern (im letzten Spenderbrief wurde geschildert, dass inzwischen Kinder aus solchen Familien die Heimkinder um ihr geregeltes Leben mit guten Mahlzeiten beneiden ...!).
Wo immer wir können, versuchen wir, mit unseren Mitteln diese Not zu lindern:
- Bei Herrn Dr. Mehedinţu in der Kinderabteilung des Spitals von Făgăraş;
- bei Frau Prof. Peptea in der Sonderschule im Kombinat von Făgăraş;
- bei Frau Dr. Strămtu von der Diakonia Făgăraş im Kinderdorf in Şercaia;
- durch Herrn Stampf von der ev. Kirchengemeinde Făgăraş beim Projekt Pflegefamilien;
- durch Frau Dul bei ihrer kommunalen Sozialarbeit an armen kinderreichen Familien;
- durch Pfarrer Dr. Klein in der Jugendbegegnungsstätte Seligstadt;
- und durch unser jüngstes und sehr effektives Projekt 100 Brote für Făgăraş!
Und wenn unsere Mittel auch noch so bescheiden sind: Durch effizienten Einsatz kompetenter und engagierter Mitarbeiter vor Ort, durch die bescheidenen Ansprüche der Adressaten sowie durch das beträchtliche Währungsgefälle ist unsere Hilfe ungewöhnlich effektiv .Und was die bescheidenen Mittel angeht: Bescheiden sind sie nur gemessen am Bedarf, an der Not. Tatsächlich sind sie bemerkenswert groß dank immer wieder großartiger Spenden und großartiger Spender:
5.000 € vom Unesco-Lauf der Heimgartenschule Ahrensburg, 3.300 € vom Adventsbasar des Emil-von-Behring-Gymnasiums Großhansdorf, 2.000 €, 1.000 €, 500 € von privaten Einzelspendern - alles allein im Monat Dezember 2002!!! Und dazu kommen die vielen, vielen und in der Summe dann auch wieder beträchtlichen kleineren Spenden - und vor allem und außerordentlich wichtig für unsere langfristigen Projekte die Spender regelmäßiger monatlicher Beträge ...!!!
Nur durch die Summe aller dieser wunderbaren Anstrengungen können wir (die aktiven Helfer im Verein) die begonnene Arbeit weiterführen und den Adressaten unserer Hilfe solange Unterstützung gewähren, wie sie brauchen bis zu dem Punkt, wo sie aus eigener Kraft weitermachen können.
Beeindruckende Bilder zu dem Projekt 100 Brote für Făgăraş sind auf der Homepage unseres Projektpartners "agape e.V." zu sehen: www.agape-rumaenienhilfe.de. Mit agape teilen wir uns die Kosten von rund 1000 € im Monat. Für dieses Geld werden seit August 2002 in der Bäckerei der Diakonia Făgăraş täglich zusätzlich zum Tagespensum 100 Brote gebacken und nach einem Brotkartensystem kostenlos an die hundert ärmsten Familien mit Kindern verteilt.
Übrigens hat dieses wunderbare Projekt eine "unrühmliche" Vorgeschichte, die zeigt, wie schwierig selbst die bestgemeinten Hilfsangebote sein können: Die Projektidee Schulspeisung für arme Kinder in Şercaia beruhte von Anfang an auf einem Verständigungsfehler:
Tatsächlich gibt es keinerlei Schulspeisung in Şercaia, auch nicht gegen Bezahlung, sondern: Die Diakonie-Bäckerei Făgăraş beliefert einen Laden nahe der Schule in Şercaia mit Backwaren, auch "Kipfel" u.ä., die manche Schulkinder sich in Pausen kaufen (können). Da es mittlerweile in Rumänien seit Anfang 2002 ein staatliches Programm "Jeden Tag ein Glas Milch und einen Kipfel für jedes (Unterstufen-)Schulkind" gibt, schien uns unsere Idee nicht mehr so dringlich und es entstand das oben beschriebene Brot-Projekt.
Zum Thema "schwierig": Auch unsere Projektidee Wolle ist nach ausführlichen Vorbereitungen aus Krankheitsgründen steckengeblieben. Übrigens: Ein Bericht in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien" vom 6. 12. 2002, S.5, über ein gleichartiges Projekt in Heltau zeigt, das mit bedeutend größerem Aufwand letztlich "nur" zwei kleine Nebenerwerbsstellen entstanden sind ...nicht unbedingt ermutigend ...
Nicht entmutigen lassen wir uns bei der Fortsetzung unserer Anstrengungen bei den beschriebenen Projekten. Helfen Sie uns bitte, damit wir weiter helfen können...!!!
Hier nun noch einige aktuelle Termine:
- Nächster Hilfsgütertransport ab Kirche Großhansdorf am 1. April 2002,
Sammlung gebrauchter Textilien ab Sa., 15. März 2003 in den Containern vor der Kirche
- Mitgliederversammlung 2003, zugleich
Info-Veranstaltung für alle Interessierten, die hiermit herzlich eingeladen sind
(es wird u.a. einen Lichtbildervortrag geben!):
Mi., 26. 2. 03, 20 h, Saal der Wohnstätte Gartenholz, Langeneßweg 6, 22926 Ahrensburg
(Mitglieder erhalten eine gesonderte Einladung mit Tagesordnung)
- Jugendfahrt nach Rumänien mit Pastor Christoph Schröder, Großhansdorf
(siehe: www.kirchengemeindegrosshansdorf.de/Projekte),
25.7. bis 5.8.03
- Maifahrt von Siebenbürgenhilfe und Copilul: 10 Tage zwischen 23.5.u. 5.6.03
Übrigens: Der eingangs erwähnte Zeitungsartikel endet mit einem "...Beispiel für ein erfolgreiches Engagement von Kindern". Wo? ".. in der Provinz Belutschistan in Pakistan, wo Pfadfinder erreicht hätten, dass Mädchen zur Schule gehen dürfen.". Lassen wir uns die Kinder als Beispiel dienen und in unseren Anstrengungen nicht nachlassen!!!
Herzliche Grüße von Achim Keßler-Binder
Spendenkonto: Sparkasse Stormarn, BLZ 230 516 10, Kto.-Nr. 900 33 293; e-Mail: info@copilul.de; Info: www.copilul.de
COPILUL E.V.
Hilfe für notleidende Kinder
in Făgăraş/Rumänien
www.copilul.de
"Typisch deutsch" - nämlich "von bewundernswerter Hartnäckigkeit und Regelmässigkeit" nannte Dr. Ion Mehedinţu, Chef der Kinderklinik im Spital von Făgăraş/ Fogarasch, unsere Hilfslieferungen.
Gemeint sind damit Sach- und Geldmittel, die unser Kinderhilfeverein seit seiner Gründung im Jahre 1994 als Ableger der "Siebenbürgenhilfe Großhansdorf" nicht nur seiner Klinik, sondern auch anderen Adressaten in der zentralrumänischen Kleinstadt spenden konnte. So stellte auch die Direktorin der örtlichen Sonderschule, Frau Violeta Peptea, bei einem unserer regelmäßigen Besuche fest, dass ohne unsere Hilfen die Schule einschließlich des Internats "es sehr, sehr schwer hätte mit nichts als den staatlichen Mitteln".
Frau
Juliana Dul, die kommunale Sozialarbeiterin, kommt bei der grassierenden Not vor allem in den kinderreichen Familien mit den spärlichen Haushaltsmitteln hinten und vorne nicht aus. Durch unser Projekt Pflegefamilien helfen wir: Spender unseres Vereins geben solchen Familien Finanzhilfe, die fremde Kinder aufnehmen und ihnen so ein Heimschicksal ersparenNach dem Exodus der Mehrheit der Rumäniendeutschen seit 1989 ist die deutsche evangelische Kirchengemeinde Fogarasch sehr klein geworden. Die Pfarrhäuser der umliegenden Karpatendörfer sind verlassen, stehen leer und drohen zu verfallen. Der Fogarascher Pfarrer, Dr. Johannes Klein, hat Erwachsene und Jugendliche aus Fogarasch und Umgebung dazu motiviert, ein solches verlassenes Pfarrhaus auf- und umzubauen zur Jugendbegegnungsstätte Seligstadt.
Hier finden mehrmals jährlich interethnische Freizeiten als Beitrag zur Völkerverständigung statt.
Den Löwenanteil unserer Hilfen wenden wir der Diakonia Fagaras zu. Sie wurde gegründet auf Initiative von Rüdiger Frodermann, einem Diakon aus Bethel, der 6 Jahre lang mit seiner Familie hier lebte.
Von Anfang an war die Diakonia bemüht, sich selbst zu erhalten. Eine Schusterei, eine Bäckerei und Landwirtschaft in großen Gewächshäusern tragen dazu bei.
Die Diakonia hat im Nachbardorf Şercaia ein Kinderdorf für verlassene Kinder mit Behinderung gebaut. Hier werden mittlerweile 40 behinderte Waisenkinder von rumänischen Frauen betreut, die für diese Aufgabe gut ausgebildet wurden.
Zusammen mit "agape e.V. Lockhausen"
Haben wir das Projekt 100 Brote für Făgăraş begonnen: Seit August 2002 lassen wir täglich 100 Brote in der Bäckerei der Diakonia backen und nach einem Brotmarken-System kostenlos an die ärmsten Familien mit Kindern verteilen.
Unsere Spender sind es, die immer wieder dafür sorgen, dass wir als Beteiligte an den oben beschriebenen Projekten weiterhin wie bisher beitragen können zur
Hilfe zur Selbsthilfe.
Herzlichen Dank an alle -bisherigen und zukünftigen - Beteiligten!!
1- Aktuell 2- Reisetipps 3- Literatur 4- Links 5- Kurz und bündig |
servus andreas,
freue mich, dass ich den rundbrief erhalte. hab dich auch in meinen verteiler
getan. und anbei sind auszuege aus meinen runbriefen, die ich fuer geeignet
halte abgedruckt zu werden.
da ich weiss wie das ist mit dem kein feedback bekommen hab ich selber eine
auswahl getroffen, schicke dir aber in der naechsten mail auch alle meinen
anderen texte, wenn du die brauchen kannst feine sache und wenn nicht dann auch
egal.
das rumaenisch fuer absolute anfaenger halte ich fuer sehr geeignet fuer den
runbrief, habs aber gerade bloss als word dokument hier. wenn du andere
versionen willst dann sag mir bescheid.
pa
frido
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1. Leben im Kinderheim
Meine Kollegin hatte mich schon vorgewarnt. Nach einer 20-minütigen Busfahrt
gingen wir noch 2 Strassen weiter zu Fuss bis zu Casa 6. Es kam mir wie eine
halbe Weltreise vor, wir waren in Ferentari angekommen, einem Armenviertel mit
vielen Romas (oder politisch unkorrekt: Zigeuner) und entsprechenden
Sozialproblemen. Casa 6, ein Mädchenkinderheim, ist im Hinterhof einer Schule
dort und sieht von außen wie eines dieser stinknormalen Blockhäuser aus. Aber
innen kam die wirkliche Überraschung: die Eingangshalle des ersten Kinderheims,
das ich sehe, ist aus echtem Marmor! Echter wohlgemerkt, nicht nur dieser
Möchtegernmarmor aus besserem Plastik, so wie man ihn hier an jeder Bankfassade
sieht. Und das in dieser Gegend.
Laut meiner Kollegin war das Kinderheim letzten Sommer noch eine ziemliche
Bruchbude. Genau einer dieser Stolpersteine weshalb Rumänien nicht der EU
beitreten darf. Da muss sich etwas ändern, sagte sich der Bürgermeister dieses
Stadtbezirks, und renovierte mit Steuergeldern und mit wahrscheinlich schön
viel Zuschuss der EU das Gebäude von Grund auf neu. Natürlich wie er wollte,
nicht wie es laut der verantwortlichen Sozialarbeiter sinnvoll gewesen wäre.
Ich wollte etwas über das Leben in Kinderheimen erfahren, also machte ich das
für mich naheliegendste, ich bot den Mädchen dort Englischkurse an. Die waren
auch zuerst begeistert und offen, nur nicht gerade sehr seriös bei der Sache.
Es war ihnen wohl nicht ganz klar, dass sie auch selber etwas machen sollten,
regelmässig kommen sollten. Ausserdem war es wohl auch für sie eine so neue
Situation wie sie es für mich war. Ich war nicht einer dieser bezahlten
Erzieher, und wenn ich sagte "wenn das so weitergeht komme ich in ein paar
Wochen nicht mehr", dann meinte ich es auch so. Viele hatten sich aus lernen
etwas anderes vorgestellt, wahrscheinlich mit weniger denken verbunden oder so.
Und manche waren mit dem Gedanken "ich mache was ihr wollt" anscheinend
überfordert. Sie nahmen mich offen auf, ich redete viel mit ihnen und aß auch
zu Mittag. Aber auch hier fiel mir zum Beispiel auf, dass mich Alex mit einem
herzlichen Lächeln fragte was ich denn zu Silvester gemacht habe, und ich nicht
mal antwortete, weil ich merkte, dass sie schon gar nicht mehr zuhörte und wohl
an der Antwort von vornherein gar nicht interessiert war. Inzwischen hat sich
die Lage stabilisiert, ich hab mich mit der Situation abgefunden, ich bringe
denen die kommen was bei und hab auch nicht mehr die riesen Ansprüche mehr.
Denn ein beträchtlicher Teil des Problems war wohl auch in meinem Kopf, ich
wollte zuviel. Und ich verlangte anscheinend auch zuviel. Jetzt nehm ich es
nicht mehr so ernst, und überhaupt, wenn alle gut gelaunt nach dem Kurs aus dem
Zimmer gehen hab ich es richtig gemacht. Die Marmoreingangshalle stört mich
jetzt genauso wenig mehr wie die Mädels, ich benutze nämlich wie sie auch nur
noch den Hintereingang.
In den anderen Kinderheimen, in denen ich bisher war, haben sich meine
Erfahrungen im Grunde bestätigt. Alles sieht recht gut aus, ist gut
ausgerüstet, frisch angestrichen, renoviert. Den Kindern kann das recht egal
sein, es fehlt trotzdem Personal. Oder die anwesenden Erwachsenen, die dafür
bezahlt werden Erzieher zu sein, sind so hoch motiviert wie ihr Salär niedrig
ist. Immer wieder an Weihnachten kommen nette Menschen aus dem Ausland, wollen
ein paar Kinder lachen sehen und bezahlen dafür mit Spielzeug, Hygieneartikeln,
Teppichen, was auch immer. Der äussere Eindruck gibt dabei meiner Ansicht nach
ein verzerrtes Bild der Situation wieder.
Eines ist mir noch aufgefallen: Die Kinder sehen das Heim auch nicht als zu
Hause an. Sie sind "institutionalisiert", für mich ein Schimpfwort. Als ich
das letzte mal in Casa 3 war, wo ich einen Englisch- und einen Deutschkurs gebe,
hatten 2 Jungen dort bei einem Kampf wohl mal eben das Doppelbett
zusammengahauen und schliefen seitdem auf dem Sofa. Sie waren auch nicht
besonders am Lernen interessiert. Als ich dann aber sagte, das ich nicht mehr
kommen muss wenn sie eh keinen Bock haben, kam als Antwort, dass sie schon
interessiert wären, weil sie ja doch nichts besseres zu tun haben als den
ganzen Tag Fernseh zu glotzen. In Casa 3 sind auch die Probleme heftiger. Einige
Jungen sind offenslichtlich sprachgestört, können nur 2 oder 3 Wörter auf
einmal sagen wenn sie mit mir reden. Sie haben auch einen ganz anderen
Umgangston miteinander. Ich wollte dort nicht aufwachsen.
Rumänen sind Menschen vom Land. Sie sind sehr mit der Natur verbunden, und da
sind sie auch stolz drauf. Selbst in Bukarest gibt es kaum jemanden, der nicht
in den Ferien zu seiner Familie aufs Land fährt. So wenig Geld sie auch haben,
für einen Strauß Blumen, oder wie jetzt zum Beispiel gerade Flieder, reichts
immer noch.
So paradox das klingen mag, aber genau deswegen ist Umweltverschmutzung hier ein
großes Problem. Wo fast jede Familie sich haupsächlich aus dem eigenen Garten
ernährt, scheint es schwer begreiflich zu sein, warum man so etwas wie
Mülltrennung machen sollte. Die Natur gibts und die Natur nimmts wieder. Nur
leider trifft das nunmal auf die Chipstüte aus Plastik nicht zu. Die wird genau
so an den Straßenrand geworfen wie der Apfelbutzen, aber im Gegensatz zu
selbigem liegt die Tüte nach ein paar Jahren immer noch da. Überall in diesem
Land sieht man deshalb Müll entlang der Srasse, dem Flussufer oder auf
Campingplätzen liegen. Wenn sich mal jemand doch drum kümmert, dann kehrt er
alles zusammen und zündet es an, egal ob Laub oder Batterien. Auf der Fähre
nach Periprava hat mir das Herz weh getan zu sehen wie jung und alt, Mann und
Frau, seinen Eisbecher oder die Bierdose einfach über Bord geschmissen hat. Ihr
von Dosenpfand verwöhnten Deutschen könnt ja gar verstehen wie gut ihr es da
habt. Jedesmal wenn ich einkaufen gehe und der Verkäuferin sage, dass sie mir
doch bitte mein Zeug nicht in die Plastiktüte einpacken, sondern mir so in die
Hand geben soll, bekomme ich als Atwort oft die verschiedensten Reaktionen, von
ungläubbigem Staunen über Unverständnis bis hin zu "Ne das geht nicht, die
ist ja umsonst".
hallo,
ich habe vor einer woche meinen rundbrief geschrieben und ihn heute abgetippt.
er hat eine neuerung: er ist im rtf-format, was es einigen von euch leichter
machen sollte ihn zu oeffnen. wann die version mit bildern kommt kann ich noch
nicht sagen, mein sanner mag mich gerade nicht, kann also noch dauern.
und wie jedes mal wuerde ich mich ueber feedback freuen.
salut
fridolin
___________________________________________________________________________
Fridolin Boost - 4. Rundbrief 26.0404.05.2003
An alle Freunde und Bekannte, Unterstützer und Nichtunterstützer!
Achteinhalb Monate meines Dienstes sind vorbei. Ich hab mir eine Auszeit
genommen, um mal wieder zu mir selbst zu kommen. Bei der Gelegenheit hab ich
auch gleich einen Rundbrief geschrieben.
Halbzeit
1. Überblick:
Mitte August kam ich in Rumänien an. Nach Einleben und Sprachkurs kam das
Einfinden in die Arbeit, was teilweise immer noch andauert. In der Zwischenzeit
konnte ich meine Talente als Englischlehrer, Jugendgruppenleiter, Organisator
und vielem mehr unter Beweis stellen, und war damit mehr als ordentlich
beschäftigt.
2. Was sich bei meiner Arbeit getan hat
Wie schon angekündigt habe ich mir eine Auszeit auf dem Land genommen, genauer
gesagt in einem Fischerdorf im Donaudelta. Hab ich auch nötig. Ich hatte mich
zwar längst daran gewöhnt ständig auf Achse zu sein, kaum freie Tage aber
dafür oft Besuch zu haben, aber ich musste jetzt auch mal wieder davon weg
kommen.
Ich hatte mich eindeutig zu sehr in meiner Arbeit engagiert. Als ich Ende
letzten Jahres anfing mich in Casa Buburuza nützlich zu machen, fand ich ein
mehr oder minder leeres Haus vor, und definierte es füt mich selbst als Ziel,
dieses Haus mit Sinn zu erfüllen. Und dieses Ziel ging ich, wie es wohl meine
Art ist, eher mit zu viel als mit zu wenig Ehrgeiz an.
Anfang diesen Jahres hatte ich auch das Konzept fertig: Zusammen mit meinem
Kollegen Costin wollten wir die Jugendgruppe wieder beleben, die es früher mal
in anderer Form gab, sich aber inzwischen verloffen hatte, weil nichts mehr los
war. Heraus kamen solche Aktivitäten wie die, die ich das letzte Mal
beschrieben hatte, Spiele machen für Kinder. Es gab noch eine ganze Reihe
dieser Aktivitäten: Essen machen mit Kindern, Spielenachmittag, Besuch im
Altenheim für den Muttertag und so weiter. Außerdem machten wir nach wie vor
gewisse Sachen nur für uns: ein Theaterspektakel besuchen, Sport machen oder
einfach nur feiern. Das hört sich recht erfolgreich an, und wenn ich so
darüber nachdenke war jede einzelne Aktivität für sich genommen ziemlich
klasse.
Trotzdem wurde es immer frustrierender. Denn wenn wir kochten, dann kamen nur
die Mädels, die mit den Kindern kochen wollten, wenn wir Sport machten die, die
grade Bock drauf hatten. Die ganze Organisation blieb bei Costin und mir
hängen. Die Jugendlichen kamen zwar, sie zeigten aber keine Eigenitiative. Und
die Idee selbst Verantwortung zu übernehmen war ihnen wohl auch fremd, obwohl
die meisten schon seit Jahren dabei sind. Wir hatten nie einen festen Stamm von
Jugendlichen zusammen. Ich konnte Donnerstags noch so einen guten Film ausleihen
und noch so viel Werbung dafür machen um sie für die darauffolgende Diskussion
übers Wochenende anzulocken, es kamen ja doch nur immer die, die grade Bock
darauf hatten.
Unser Ziel, eine feste Jugendgruppe zu formen, halte ich inzwischen für
gescheitert. Und je öfters ich darüber nachdachte, desto mehr bereitete es mir
Kopfschmerzen. Denn eigentlich lief es nicht schlecht und könnte durchaus so
weiterlaufen, wenn unsere Ziele nur nicht so ehrgeizig gewesen wären. Doch wir
haben eben auch dauernd im Hinterkopf, dass die Hauptfinanzierung von Casa Bubu
Ende des Jahres ausläuft, und wir bis dahin ein Konzept haben sollten, wie es
auch ohne viel Geld und Initiative von außen sinnerfüllt funktioniert. Und
natürlich zieht es einen jedesmal runter in dieses Haus zu gehen und mal wieder
keinen Menschen anzutreffen, außer vielleicht einen meiner Kollegen, der gerade
einen Bericht abtippt oder halt sonstwie Büroarbeit erledigt.
Aber Aufgeben gilt nicht. Unser neuer Versuch ist daher rumänische Freiwillige,
vor allem Studenten, zu gewinnen, und unsere Angebote und Aktivitäten auf die
Basis von Freiwilligenarbeit zu stellen. Der Teil, der mich dabei am meisten
betrifft, sozusagen meine neue "Mission", sind die wöchentlichen
Kindergruppen. Einmal pro Woche kommen Kinder zu uns, spielen, basteln, toben
rum, und werden von ein paar Jugendlichen und neu angeworbenen Freiwilligen
betreut. Die erste Kindergruppe steht bereits, und meine Hauptaufgabe bis zum
Sommer wird sein, die restlichen zum Laufen zu bringen. Am Anfang wird das ganze
noch von mir koordiniert, nach einer Weile sollten die Betreuer aber feste Teams
bilden, sodass ich mich zurück ziehen kann.
Das hätte zwei Vorteile: Zum Einen will ich mich nicht mehr so stark engagieren
wie vorher, ich hätte auch mal wieder gerne so etwas wie Freizeit oder ein
Hobby. Denn ich hatte auch nach Feierabend eigentlich immer die Arbeit im Kopf
und mir fiel es sehr schwer mich davon zu trennen und mal etwas für mich zu
machen, außer wenn ich mit Anderen zusammen war. Zum Anderen ist es das
wichtigste Ziel meiner Arbeit, mich selbst überflüssig zu machen. Denn ich
bleibe ja nicht für immer, und wenn ich wieder gehe wäre es mein großer
Wunsch, dass meine Arbeit nur Anstoß war, und von anderen weitergeführt wird.
3. Was macht mein Englisch?
Nebenher bin ich ja auch noch Englischlehrer. Und das läuft zu meinem Erstaunen
schon äußerst routiniert. Ich habe mich darin so sehr eingearbeitet, dass ich
mir ziemlich gut in der Rolle vorkomme. Mit einer Schülerin hatte ich das
selbst gesteckte Lernziel nach einem halben Jahr schon erreicht: 5 Schuljahre
verpasstes Englisch aufzuholen. Ich habe Flori zum Abschluss eine schriftliche
und mündliche Prüfung machen lassen, was für sie wie für mich einen großen
Erfolg bedeutete.
Zwei Wochen war bei mir auch ein kanadischer Freiwilliger zu Gast, und seit
einiger Zeit habe ich eine engagierte rumänische Freiwillige eingearbeitet, die
wohl einen meiner Kurse übernehmen wird.
4. Über das Leben in Bukarest
Seit etwa einem Monat ist der Winter endgültig vorbei. Ich konnte dem Winter
erstaunlicherweise viele guten Seiten abgewinnen: die Stadt stinkt nicht mehr
so, sobald es geschneit hat sieht man die Hundekacke nicht mehr, es fuhren nicht
mehr so viele Autos rum. Außerdem mag ich auf gewisse Weise Kälte: Ich bin sie
wohl von zu Hause gewöhnt.
Ich habe aber auch andere Seiten vom Winter kennen gelernt: auf einmal fehlt mir
ein Haufen Geld, der für die Heizkosten draufgeht. Und ich kann mir leider nur
allzugut vorstellen wie viele Familien sich keine warme Heizung leisten konnten.
Allein schon bei der Arbeit müssen wir nachts die Gasheizung ausmachen, und
Montag morgens bei Englisch war es öfters mal so kalt, dass selbst im Haus der
Atem gefrierte. Und gestreut wird hier überhaupt nicht. Natürlich weil kein
Geld dafür da ist, aber es würde auch gar nicht gehen, weil der Zement so
schlecht ist, dass Streusalz die Strasse beschädigen würde. Manchmal hatte ich
das Gefühl, ich wäre mit Schlittschuhen schneller auf der Arbeit gewesen als
mit der Strassenbahn.
Jeder Rumäne freut sich dashalb natürlich wenn der Winter vorbei ist. Es gibt
unzählige Lieder über den Frühlingsanfang. Und auf dem Land ist das Erwachen
zu neuem Leben, die neu gewonnene Freiheit nach dem langen Eingeschlossen-sein,
erst recht ein Erlebnis. Auch ich freue mich natürlich, dass zwischen dem
tristen Einheitsgrau der Stadt jetzt wieder grün zu sehen ist. Ich kann endlich
wieder Sport machen. Das hab ich sehr vernachlässigt und habs jetzt auch
ziemlich nötig.
Meinen Frühlingsgefühlen folgend habe ich mich auch dazu entschieden, mir mein
Marimba schicken zu lassen. Ich habe schon seit langem den Traum, rumänische
Volksmusik für Marimba zu arrangieren. Ich habe Kontakt mir dem
Schlagzeugprofessor an der Uni, und halte diesen Traum für durchaus
realisierbar.
Aber auch ohne Sport und Musik machen, eins hatte ich hier noch nie -
Langeweile. Bukarest hat so viel zu bieten - Konzerte, Spektakel, Clubs, Oper -
dass ich immer noch neue Sachen entdecke, die ich noch machen will. Meine Mutter
war Anfang März zu Besuch mit einer Kollegin und wir haben eine schöne Zeit
zusammen verbracht. Es war für mich ein Grund mehr, mal wieder neue Facetten
des kulturellen Lebens zu entdecken. Wir waren unter anderem in einem
Tanztheater, Theatersport und im Ballett. Letzteres hat mich sehr beeindruckt.
Als wir vor ein paar Wochen mal wieder in unserem Lieblingscafe, dem Valea
Regilor, waren, saßen wir am Tisch mit Rumänen, einer Araberin, einem Kurden
und einem Deutschtürken. Wir (Sabine, Andreas und ich) lernen ständig neue
Leute kennen. Wir gehen mal ins Studentenviertel, mal ins Twice, mal ins Kino
oder Billiard spielen. Ich treffe mich auch mal mit den Jugendlichen, mit denen
ich arbeite, wir kennen noch Leute vom Sprachkurs, und teilweise sind noch
Freundschaften aus der letzten Freiwilligengeneration verebt worden. Ich mag das
Leben hier.
5. Sighis(ch)oara - Donaudelta - Mentalität
Doch Rumänien ist nicht nur Bukarest. Im März hatten wir ein
Freiwilligentreffen des Eirene-Ostprogramms. Eine Woche lang tauschten wir
Erfahrungen aus, erholten uns, feierten. Und dabei haben wir alle einen
besonderen Teil von Rumänien erlebt - Siebenbürgen. Die Altstadt von
Sighisoara ist wohl historisch so wertvoll, dass sie gleich vollständig unter
Denkmalschutz gestellt wurde. Diese Stadt - wie die ganze Region ringsum - wurde
erheblich von Deutschen geprägt, die Siebenbürger Sachsen, die sich dort vor
etwa 800 Jahren ansiedelten. So gibt es auch ein Stück deutscher Kultur in
Rumänien.
Und wie schon gesagt befinde ich mich, während ich diesen Rundbrief auf Papier
bringe, gerade im Donaudelta, laut Reiseführer das "wohl größte, noch fast
völlig intakte Ökosystem in Europa". Hier gibt es tatsächlich noch
unberührte Natur. Es gibt viele Vögel, Pelikane zum Beispiel. Und Fische
selbstverständlich. Fliessend Wasser gibt es hier in keinem Haus. Wozu auch,
hat man ja überall um sich rum. Telefone gibts auch nicht. Abends kommt das
Vieh von alleine heimgetrottet. Alle 2 Tage kommt die Fähre vorbei und bringt
mal wieder Menschen und Zeug für den Laden mit. Auch das ist Rumänien.
Rumänen sind Menschen vom Land. Sie sind sehr mit der Natur verbunden, und da
sind sie auch stolz drauf. Selbst in Bukarest gibt es kaum jemanden, der nicht
in den Ferien zu seiner Familie aufs Land fährt. So wenig Geld sie auch haben,
für einen Strauß Blumen, oder wie jetzt zum Beispiel gerade Flieder, reichts
immer noch.
So paradox das klingen mag, aber genau deswegen ist Umweltverschmutzung hier ein
großes Problem. Wo fast jede Familie sich haupsächlich aus dem eigenen Garten
ernährt, scheint es schwer begreiflich zu sein, warum man so etwas wie
Mülltrennung machen sollte. Die Natur gibts und die Natur nimmts wieder. Nur
leider trifft das nunmal auf die Chipstüte aus Plastik nicht zu. Die wird genau
so an den Straßenrand geworfen wie der Apfelbutzen, aber im Gegensatz zu
selbigem liegt die Tüte nach ein paar Jahren immer noch da. Überall in diesem
Land sieht man deshalb Müll entlang der Srasse, dem Flussufer oder auf
Campingplätzen liegen. Wenn sich mal jemand doch drum kümmert, dann kehrt er
alles zusammen und zündet es an, egal ob Laub oder Batterien. Auf der Fähre
nach Periprava hat mir das Herz weh getan zu sehen wie jung und alt, Mann und
Frau, seinen Eisbecher oder die Bierdose einfach über Bord geschmissen hat. Ihr
von Dosenpfand verwöhnten Deutschen könnt ja gar verstehen wie gut ihr es da
habt. Jedesmal wenn ich einkaufen gehe und der Verkäuferin sage, dass sie mir
doch bitte mein Zeug nicht in die Plastiktüte einpacken, sondern mir so in die
Hand geben soll, bekomme ich als Atwort oft die verschiedensten Reaktionen, von
ungläubbigem Staunen über Unverständnis bis hin zu "Ne das geht nicht, die
ist ja umsonst".
6. Nachgezählt
Ich habe diesen Rundbrief mit Halbzeit betitelt. Das ist aber etwas
irreführend, da ich noch nicht genau weiß, wann ich meinen Dienst beenden
werde. Ich habe einen Vertrag für anderthalb Jahre unterschrieben. Aber auch
das ist nicht auf den Tag genau bindend. Und je nachdem wie man noch die ganzen
Seminare und die Projektreise dazuzählt, kommt man erst recht auf kein genaues
Ergebnis. Im Moment kann ich mir am ehesten vorstellen, entweder Anfang Dezember
oder Anfang Februar zurückzukommen. Also auf jeden Fall bleibe ich bis Ende des
Jahres, aber nichts genaues weiß man nicht, hängt auch viel davon ab, was sich
noch bei meiner Arbeit tut.
Zwischendurch heimkommen habe ich übrigens nur dann vor, wenn es für meine
weitere Planung zwecks Uni notwendig ist. Fragt mich hier allerdings auch nicht
nach der Zukunft, die kann meinetwegen noch auf sich warten. Im Hier und Jetzt
habe ich noch weiterhin vor kräftig Frieden zu machen, eine lohnenswerte
Aufgabe finde ich.
Alles Gute,
Fridolin
Nicht vergessen - am besten gleich abschicken an Fax 0345 / 170 12 41
Rumänien-Rundbrief, Ludwigstraße 37, D-06110 Halle/S.
eMail: rumaenienrundbrief@web.de
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